Aufgaben im PJ, in der Famulatur

Welche Aufgaben darfst und kannst du im PJ oder in der Famulatur rein rechtlich gesehen übernehmen?

In der Approbationsordnung sind die Aufgaben für Studierende leider nicht eindeutig geregelt. Dort heißt es: Studierende im PJ sollen “entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen“. Und je weniger geregelt ist, desto mehr Ärzte und Studierende in einer rechtlichen Grauzone. Es gibt einige Universitäten, die deswegen Curricula erstellt haben, die die Aufgaben im PJ und in der Famulatur besser eingrenzen.

Grundsätzlich gilt, dass die “Ausübung der Heilkunde” der Ärztin, dem Arzt vorbehalten ist. Studierende, selbst wenn sie sich schon im PJ befinden, dürfen also noch nicht als vollwertige Ärztin, als vollwertiger Arzt, agieren!

Was bedeutet das für dich?

  • Die Verantwortung und Aufsichtspflicht liegt bei der delegierenden Ärztin, dem delegierenden Arzt.
  • Die ausbildende Ärztin, der ausbildende Arzt muss sich der Qualifikation der Studierenden, an die sie oder er delegiert, vergewissern.  Sie müssen also prüfen, ob du der Aufgabe die du übernimmst, gewachsen bist.
  • Die anordnende Ärztin, der anordnende Arzt sollte zudem in Rufweite sein. Bei einigen ärztlichen Aufgaben besteht sogar direkte Aufsichtspflicht. Prominente Beispiele  sind die Kreuzprobe oder das Anhängen von Blutkonserven. Der Arzt oder die Ärztin muss diese Aufgaben direkt beaufsichtigen.
  • Das Übertragen von Aufgaben kann grundsätzlich nur “ad personam” erfolgen. Das heißt, dass dir als PJler niemand sagen kann: “Dr. Hase hat gesagt, du sollst Das und Das machen”. Das müsste Dr. Hase dir dann schon persönlich sagen.

Solange du das tust, was die delegierende Ärztin, der delegierende Arzt dir erlaubt, bewegst du dich auf rechtlich sicherem Terrain. Theoretisch darfst du also vieles tun, wenn die anleitenden Ärzte die Verantwortung und die Aufsicht übernehmen!

Als grundsätzlich delegationsfähig gelten unter anderem folgende Aufgaben:

  • Die Anamnesevorbereitung mit anschließender Überprüfung im Gespräch mit der Ärztin, dem Arzt
  • Aufklärung (in Anwesenheit der Ärztin, des Arztes!)
  • Blutentnahmen (venös und kapillär, nach Anleitung auch arteriell)
  • Dauerkatheterwechsel
  • Durchführung von EKG, Lungenfunktion, Ton- und Sprachaudiometrie oder ähnlichen Messverfahren, die Befundung muss allerdings von einer Ärztin, einem Arzt durchgeführt oder überprüft werden!
  • Impfungen
  • I.v.-Injektion mit der Ärztin, dem Arzt in Rufweite. Außer die erstmalige i.v. Injektion eines Medikamentes – die ist nicht delegierbar!
  • Infusion (delegierende Person in Rufweite)
  • Intramuskuläre Injektionen
  • Pricktest (delegierende Ärztin, Arzt in Rufweite)
  • Subkutane Injektionen
  • Versorgung unkomplizierter Wunden
  • Versorgung komplizierter Wunden, wenn eine regelmäßige  ärztliche Kontrolle erfolgt
  • Zweite oder Dritte Assistenz bei Operationen
  • Invasive Maßnahmen wie zum Beispiel Aszites-oder Pleurapunktion: Assistenz und Durchführung unter Aufsicht

Alle diese Augaben sind nur dann übertragbar, wenn der Einzelfall keine ärztliche Durchführung erfordert und die Studierenden ausreichend qualifiziert sind.

Als grundsätzlich nicht delegationsfähig gelten unter anderem:

  • Arzneimittelverschreibung
  • Anamnese (das, was du als Student oft tust, nennt sich “Anamnesevorbereitung” –  dein Ausbilder wird deine Anamnesevorbereitung nochmal überprüfen und die tatsächliche Anamnese selbst vornehmen)
  • Angehörigengespräche
  • Aufklärung (delegationsfähig wenn dann nur in Anwesenheit von Ärzten)
  • Begutachtung
  • Beratung
  • Beurteilung von komplizierten Wunden, alleiniges Wundmanagement
  • Diagnosestellung
  • Indikationsstellung
  • invasive Therapien
  • Kommunikation mit anderen ärztlichen Fachdisziplinen
  • Konsilmanagement, inklusive Arztbriefe (wenn du die Briefe schreibst, und diese noch einmal gegengelesen werden, ist  aber nichts dagegen einzuwenden)
  • Management von auftretenden Komplikationen
  • Therapieentscheidung
  • Therapie mit Körperersatzstoffen, Hormonen etc.
  • Transfusionen (Abnahme von Kreuzblut, Durchführen der Kreuzprobe, Anhängen von Erythrozytenkonzentraten nur unter direkter ärztlicher Aufsicht!)
  • Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Maßnahmen (die körperliche Untersuchung, die du in der Famulatur und im PJ oft machst, muss immer nochmal von ärztlicher Seite her überprüft werden!)
  • Operationen
  • Versorgung von Thoraxdrainagen
  • Zentralvenöse Zugänge legen

Weitere Informationen zum Thema “Delegieren ärztlicher Aufgaben” findet du in den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Delegation und in diesem Artikel im Deutschen Ärzteblatt.

Es ist wichtig, dass du im PJ, in der Famulatur nur das tust, was du auch wirklich kannst und dir zutraust.

Sage ruhig ganz selbstbewusst: “ ja, das kann ich machen, aber ich müsste das noch einmal gezeigt bekommen”; oder auch “Nein, das traue ich mir nicht zu”. Im Zweifel lieber einmal zuviel fragen als einmal zuwenig.

Sehr wichtig ist auch, dass du nur das tust, wozu du beauftragt bist, und nicht eigenmächtig handelst!

In den Medien findest du bekannte Fälle, in denen unsachgemäßes und eigenmächtiges Handeln zu schweren Komplikationen führte. Dies solltest du niemals tun – neben der Gefahr für den Patienten machst auch du dich dabei strafbar! Falls dir Unterlagen zum Unterschreiben hingehalten werden, weil gerade keine Ärztin, kein Arzt in der Nähe ist – deine Unterschrift ist rechtlich nicht bindend.

Wer haftet?

Die delegierende Ärztin, der delegierende Arzt haftet dem Patienten gegenüber nicht nur für eigene Behandlungsfehler, sondern auch für Pflichtverletzungen, die bei delegierten Aufgaben an Studierende vorkommen könnten.

Der Delegierende haftet auch für die ordnungsgemäße Auswahl derer, an die er oder sie delegiert. Genauso für Anleitung und Überwachung.

Falls etwas passiert, wird meistens der Krankenhausträger oder die  ausbildende Ärztin, der ausbildende Arzt verklagt. Beide Parteien sind in der Regel gut versichert. Trotzdem ist es sehr ratsam, sich auch im PJ schon um eine Berufshaftpflicht zu kümmern.

Brauche ich überhaupt eine berufliche Haftpflichtversicherung?


Ganz klar ja. Wenn du im Krankenhaus arbeitest oder Famulant/PJler bist, hat das Krankenhaus meist eine Versicherung für dich mit abgeschlossen. Das solltest du aber in jedem Fall nochmal überprüfen. Falls das Krankenhaus eine Versicherung für dich abgeschlossen hat – wunderbar! Allerdings ist eine zusätzliche berufliche Haftpflichtversicherung trotzdem empfehlenswert, da du ja auch abseits deiner Tätigkeit im Krankenhaus beruflichen Gefahren ausgesetzt bist (z. B. als Notfall-Helfer bei einem Unfall im Straßenverkehr oder bei der Behandlung eines Passagiers auf einer Flugreise).

Worauf sollte ich beim Abschluss einer Haftpflichtversicherung achten?


Es gibt sehr viele verschiedene Anbieter von Haftpflichtversicherungen, die wiederum viele verschiedene Tarife anbieten. Private Haftpflichtversicherungen lassen sich sehr gut über diverse Vergleichsrechner im Internet miteinander vergleichen. Während deines Studiums hast du vielleicht schon eine kostenfreie Haftpflichtversicherung von Finanzberatern angeboten bekommen. Diese beinhalten meistens eine Kombination aus privater und beruflicher Haftpflichtversicherung.

Sobald du aber privatärztlich arbeitest (z.B. in der Impfberatung) oder ehrenamtlich ärztliche Tätigkeiten ausführst, solltest du mit der Versicherung abklären, ob auch diese Tätigkeiten versichert sind. In den gängigen günstigen oder kostenlosen Paketen ist dafür oft kein umfangreicher Schutz vorgesehen. Außerdem solltest du beachten, dass diese günstigen oder kostenlosen Pakete auch gerne deshalb angeboten werden, weil der Finanzberater darauf spekuliert, dir weitere Produkte verkaufen zu können.

Was kostet eine Haftpflichtversicherung?


Abhängig vom Versicherer und dem gewählten Tarif spielen weitere Faktoren bei der Frage nach den Kosten eine Rolle. Handelt es sich um eine Single- oder um eine Familienversicherung? Arbeitest du im öffentlichen Dienst? Geht es um eine Kombination aus privater und beruflicher Haftpflichtversicherung oder nur um eins von beiden? Wie hoch ist die Versicherungssumme?

Grob kann man sagen, dass die gängigen Pakete für Studenten maximal bis zu 10 € im Jahr kosten, wenn sie nicht gar kostenlos angeboten werden. Gängige Pakete aus privater- und beruflicher Haftpflichtversicherung zur Assistenzarztzeit liegen bei ca 60 € pro Jahr. Für eine rein private Haftpflichtversicherung zahlt man schon mal 50 bis 70 € im Jahr und bei einer Berufshaftpflicht für Fachärzte, Oberärzte usw. hängen die Kosten von der Fachrichtung ab – sind aber in der Regel deutlich höher (die Versicherung für einen Facharzt der Radiologie ist beispielsweise günstiger als die für einen Gynäkologen).

Worum geht es eigentlich genau?


Eine Haftpflichtversicherung kommt für den finanziellen Schaden auf, wenn du jemand anderen schädigst.

Es wird zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden unterschieden. Die deutsche Gesetzgebung kennt keine Begrenzung der Haftung. Im schlimmsten Fall verursachst du also einen sehr hohen finanziellen Schaden und bist dazu verpflichtet, diesen solange zurück zu zahlen, bis er beglichen ist. Im Zweifel dauert das dein ganzes Leben lang und übersteigt die Summe, die du jemals aufbringen kannst. Solch hohe Schadenersatzforderungen treten aber eher bei Schäden auf, die andere Menschen verletzen und töten, also Personenschäden. Hohe Schadenersatzforderungen sind aber  auch bei anderen Schadensarten nicht ausgeschlossen. Ohne entsprechende Absicherung kann ein Schaden also langfristig und dauerhaft alle finanziellen Ziele und Wünsche zunichte machen.

Wann leistet eine Haftpflichtversicherung?


Die Haftpflichtversicherung leistet Schadensersatz bei Personen-, Sach- und Vermögensschäden. Grundsätzlich haftet sie immer dann, wenn der Geschädigte einen gesetzlichen Haftungsanspruch hat. Das ist wichtig zu wissen, weil es einige denkbare Schadensfälle gibt, die in einer üblichen Haftpflichtversicherung nicht abgedeckt sind, eben weil der Geschädigte keinen gesetzlichen Haftungsanspruch hat. Nehmen wir an, du leihst dir von einem Freund ein Fahrrad und dieses wird dir leider geklaut. Das ist kein Sachverhalt aus dem sich ein gesetzlicher Haftungsanspruch ergibt und im Zweifel zahlt deine Haftpflichtversicherung nicht. Somit musst du dir überlegen, ob du deinem Freund ein neues Fahrrad auf deine Kosten kaufen möchtest. Einen gesetzlich belegbaren Haftungsanspruch hat er dir gegenüber aber nicht.

Ansonsten leistet die Haftpflichtversicherung Schadensersatz i.d.R. auch für Schäden, die aus grober Fahrlässigkeit entstanden sind. Was genau als grob fahrlässig gewertet wird oder nicht, hängt im Zweifel von der Entscheidung eines Richters ab. Darüber hinaus bezahlt deine Haftpflichtversicherung Kosten für Rechtsstreitigkeiten. Jedenfalls dann, wenn es sich um unberechtigte Ansprüche dir gegenüber handelt.

Und brauche ich wirklich eine private Haftpflichtversicherung?


JA! Ein Schadensfall tritt manchmal schneller ein, als man denkt. Das neue Handy deines Kumpels ist dir schnell mal aus der Hand gerutscht. Allerdings sollte das nicht der Hauptgrund sein, eine solche Versicherung abzuschließen. Bist du schonmal versehentlich über eine rote Ampel gegangen? Vielleicht auf einer öffentlichen Treppe gestolpert?

Wenn du hierbei jemand anderen verletzen würdest, ggf. sogar schwer, geht es schnell um hohe Schadensersatzforderungen, mit denen du konfrontiert werden könntest.