Der Akut- und Notfallmediziner Prof. Philipp Kümpers und das Team der Notaufnahme am Universitätsklinikum Münster (UKM) erhalten für ihre innovative Lösung der nicht-traumatologischen Schockraumversorgung den AMBOSS-Award für herausragende medizinische Initiativen. Sogenannte Superhelden-Protokolle verleihen dem Kollegium dabei geradezu übernatürliche Kräfte.
Köln/Berlin und Münster,
20/9/23
Wann gehören Notfälle in den Schockraum? Keine leichte Frage. Bei Schwerverletzten regelt eine nationale S3-Leitlinie die Schockraumaktivierung – alle darauffolgenden Abläufe sind seit Jahrzehnten fest etabliert. Bei gefährdeten Patient:innen ohne Trauma ist die Lage weit weniger einheitlich: Ein Weißbuch definiert zwar seit Kurzem einheitliche Standards, in der Praxis entpuppen sich vermeintliche „AZ-Verschlechterungen“ aber bis heute oft erst zu spät als kritische Situation.
In der Notaufnahme des UKM regelt die Superhelden-Merkhilfe V2iSiOn, wann ein nicht-traumatologischer Schockraum auszulösen ist. Der Vorteil: Im Gegensatz zum subjektiven ABCDE-Schema basiert es auf objektiven Bewertungskriterien. Das hilft vor allem Notfallneulingen und nicht-ärztlichen Berufsgruppen. Trotz niedrigschwelliger Aktivierungskriterien führt V2iSiOn aber kaum zu Fehlalarmen.
Dank der übrigen „ZNAvengers“ kann das Team der UKM-Notaufnahme auf verschiedenste Versorgungssituationen koordiniert reagieren. Das Iron Man-Protokoll legt in Form einer Checkliste den Ablauf und die Reihenfolge der wichtigsten Maßnahmen im Schockraum fest. Black Widow nimmt das Procedere bei bereits intubierten Patient:innen in den Fokus und Thor bestimmt das Vorgehen bei einer radiologischen Notfalldiagnostik. „Die Avengers aus den Marvel-Comics müssen besonders in gefährlichen Situationen schnell, sicher und zupackend reagieren – die Rettung des Universum erfordert also scheinbar ganz ähnliche Qualitäten wie eine gelungene Schockraumversorgung“, erklärt Prof. Philipp Kümpers augenzwinkernd.
Da inzwischen teils auch der städtische Rettungsdienst die Superhelden-Protokolle benutzt, schließt die „ZNAvengers“-Initiative zudem eine Lücke zwischen Erstversorgung und Notaufnahme. Anmeldungen wie „Wir haben einen V2iSiOn-positiven Patienten, den wir euch als Iron Man bringen“ sind in Münster keine Seltenheit. So beugen die Superhelden-Protokolle Missverständnissen, Fehlern und Diskussionen vor.
Prof. Philipp Kümpers trägt mit seiner „ZNAvengers“-Initiative maßgeblich dazu bei, kritisch kranke Menschen rasch als solche zu erkennen und in der Folge strukturiert zu behandeln. Die von ihm entwickelten Protokolle leisten bereits jetzt einen wichtigen Beitrag zur Patientenversorgung und verbessern die interdisziplinäre Zusammenarbeit entscheidend: Von der Pflege über das ärztliche Personal bis hin zum Patiententransportdienst – alle Beteiligten wissen zu jedem Zeitpunkt, was zu tun ist.
„Mit den ZNAvengers zeichnen wir ein einmaliges Projekt aus“, sagt Dr. med. Sievert Weiss, Mitgründer der AMBOSS GmbH. „Die Initiative baut auf Teamwork, fokussiert das Wesentliche und macht damit einen echten Unterschied.“ Der AMBOSS-Award ist mit 3.000 Euro dotiert und würdigt erstklassige Initiativen in Klinik und Praxis. Einen ausführlichen Einblick in die Welt der „ZNAvengers“ geben Prof. Kümpers und Stationsleitung Sandra Schwenner am 8. Oktober 2023 im AMBOSS-Podcast.
Weitere Informationen über den Preis und die ZNAvengers finden sich hier.
Philipp Winghart | Arzt und Redakteur
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