Zusammenfassung
Die Thromboseprophylaxe nimmt einen wichtigen Stellenwert in der Arbeit als Pflegekraft ein. Neben der ggf. ärztlich angeordneten medikamentösen Thromboseprophylaxe führen Pflegekräfte v.a. Bewegungsübungen mit den Patient:innen durch, um den venösen Rückfluss anzuregen. Zudem übernehmen sie die Überwachung sowie die Durchführung physikalischer Maßnahmen im Sinne einer Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen und Wickeln der Beine.
Für weitere Informationen zu den Risikofaktoren einer Thrombose siehe auch: Virchow-Trias.
Für weitere Informationen zur medikamentösen Thromboseprophylaxe siehe auch: Medikamentöse Thromboseprophylaxe.
Basismaßnahmen zur Thromboseprophylaxe
- Aktive Bewegungsübungen/Muskelpumpe: Mind. 3×/Tag, bei hohem Risiko 4–6×/Tag
- Füße kreisen, beugen und strecken, Fußwippe
- Zehen auseinanderspreizen und einkrallen
- Beine beugen und strecken, aufstellen und ablegen
- Oberschenkelmuskulatur intermittierend anspannen
- Bettfahrrad
- Fußsohlen gegen das Bettende drücken und dabei Wadenmuskulatur anspannen
- Brücke
- Weitere Übungen
- Passive Bewegungsübungen: Ärztlich verordnet, durch Physiotherapeut:innen durchgeführt
- Atemübungen und tiefes Einatmen: Als zusätzliche Maßnahme und zur Pneumonieprophylaxe (siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pneumonieprophylaxe)
- Frühmobilisation nach Operationen: Ggf. En-bloc-Mobilisation
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Beine erhöht positionieren: 10–15 min im 30°-Winkel, ggf. Bettende dauerhaft leicht erhöhen
- Kontraindikationen : Herzinsuffizienz, bereits bestehende Thrombose, Beinödeme, pAVK
- Einschnürende Kleidung vermeiden
- Ausstreichen der Beine: Umstritten, da ggf. Thromben gelöst werden können
Auch wenn es keine Evidenz für die Basismaßnahmen gibt, besteht gemeinhin Einigkeit, dass sie bei jeder Thromboseprophylaxe durchgeführt werden sollten!
Physikalische Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe
Unter physikalischen Maßnahmen werden sämtliche Varianten der komprimierenden Therapie verstanden.
- Kontraindikationen für physikalische Maßnahmen
- Absolut
- Relativ
- Fortgeschrittene periphere Neuropathie (z.B. bei Diabetes mellitus)
- Nässende Wunden bzw. Infektionen der Haut
Komprimierende Strümpfe
Zur Thromboseprophylaxe werden medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe verwendet, die sowohl im Liegen als auch im Stehen wirken und bei Inaktivität getragen werden sollen. Sie verhüten maßgeblich ein übermäßiges „Versacken“ von Blut in den Venen der unteren Extremität. Davon abzugrenzen sind medizinische Kompressionsstrümpfe, die nur bei Bewegung der Beine wirksam sind. Sie dienen als Widerlager für die venöse Muskelpumpe und unterstützen aktiv den venösen Rücktransport, weshalb sie nur zu aktiven Zeiten getragen werden und bspw. nicht im Schlaf.
- Medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (Anti-Thrombose-Strümpfe)
- Strumpf entfaltet einen hohen Ruhedruck (Druck ohne Bewegung) durch hohe Elastizität
- Einsatz auch bei Bettlägerigkeit möglich
- Ggf. mehrmaliges Ausmessen beider Beine nötig
- Ärztliche Anordnung nötig
- Medizinische Kompressionsstrümpfe
- Strumpf entfaltet einen von distal nach proximal abnehmenden Druck bei Bewegung der Beine
- Einsatz nur bei erhaltener Mobilität effektiv
Abzugrenzen zu medizinischen Strümpfen sind Stützstrümpfe: Diese sind frei verkäuflich, können bei „Venengesunden“ mit schweren Beinen eingesetzt werden und ersetzen keine Kompressionsstrümpfe!
Allgemeine Verwendungstipps für komprimierende Strümpfe
- Richtigen Sitz kontrollieren
- Faltenfreiheit
- Gute Durchblutung der Zehen
- Richtige Länge
- Keine Einschnürungen
- Kompressionsstrümpfe morgens oder nach längerer Liegezeit anziehen : Patient:in sollte sich vorher mind. 30 min hinlegen
- Regelmäßiges Waschen nach entsprechender Waschanleitung (um Elastizitätsverlust vorzubeugen)
- Ggf. zusätzlich Anziehhilfe nutzen
- Augenmerk auf Hautpflege
- Beine täglich waschen und gut abtrocknen
- Hautpflege mit rückfettenden Lotionen
- Mitgebrachte Strümpfe (insb. maßangefertigte Kompressionsstrümpfe) nicht in die Krankenhauswäsche geben oder in den Müll schmeißen!
Medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe anpassen
- Ausmessen am „entstauten“ Bein: Morgens oder nach mind. 30-minütiger Liegezeit
- Positionierung: Fuß im 90°-Winkel, entspannte Wadenmuskulatur
- Auf Herstellerangaben achten: Verschiedene auszumessenden Bereiche werden vom Hersteller festgelegt
- Reihenfolge des Ausmessens: Vom Fuß zum Oberschenkel, erst den jeweils größten Umfang, dann die Länge
- Kompressionsverbände: Bei Beinen mit größerem Umfang, Fuß- und Beindeformitäten
Strümpfe anziehen
- Rückenschonendes Arbeiten: Bett auf Arbeitshöhe bringen
- Ferse des Strumpfes greifen und Strumpf nach außen stülpen, ohne die Ferse loszulassen
- Strumpf leicht weiten und über den Vorfuß bis zur Ferse ziehen
- Dann den Rest des Strumpfes über das Bein ziehen
Intermittierende pneumatische Wadenkompression (IPK)
- Durchführung: Angelegte Beinmanschetten werden in festgelegten Zeitabständen mit Luft befüllt (Zieldruck: 45 mmHg) und wieder entleert
- Trotz sehr guter Datenlage: Im klinischen Alltag bisher nicht etabliert
Kompressionstherapie mit Binden
- Die Kompressionstherapie erfolgt nach ärztlicher Anordnung
- I.d.R. wird mit Polsterung, Kompressionsbinden und Fixierbinden gearbeitet
- Je größer der Wadenumfang, desto höher sollte der Druck sein
- Verbandarten
- Wechselverband: Tägliche Erneuerung der Binden, nachts keine Kompressionstherapie
- Dauerverband: Kompressionstherapie durchgängig für bis zu 7 Tage tagsüber und nachts
- Bindenarten
- Kurzzugbinde: Am häufigsten verwendet
- Hoher Arbeitsdruck (bei Bewegung), niedriger Ruhedruck
- Geben innerhalb von 24 h nach: Tägliches Erneuern in der Akutphase notwendig
- Langzugbinde
- Niedriger Arbeitsdruck (bei Bewegung), hoher Ruhedruck
- Halten den Druck aufrecht über längere Zeit: Bei immobilen Patient:innen auf Einschnürungen achten
- Vom alleinigen Einsatz der Langzugbinden ohne weitere Bindenarten wird in der Kompressionstherapie abgeraten
- Mehrkomponentenbinde (Fertigbinde, Mehrkomponentensystem)
- Kombination aus Polster-, Kompressions- und Fixierbinden
- Einfachste Handhabung: Optische Markierungen vereinfachen die Einstellung des gewünschten Drucks
- Konstanter Druck bis zu 7 Tage möglich
- Kurzzugbinde: Am häufigsten verwendet
- Einfachere Anwendung bei älteren Menschen: Binden mit Klettverschlüssen am Ende , geringe Elastizität, hohe Materialfestigkeit, reduzierter Anpressdruck
- Anleitung zur Selbstanlage des Verbandes: Nur bei Patient:innen sinnvoll, die sich selbst die Schuhe an- und ausziehen können
Wickeltechnik (nach Fischer) am Bein
- Nur an „entstauten“ Beinen, Patient:in sollte sich vorher mind. 30 min hinlegen
- Schlauchmull aus Baumwolle über das Bein ziehen
- Fuß und Bein mit Polsterwatte verbinden
- Insb. Knochenvorsprünge und Schienbein sowie größere Absenkungen/Dellen zusätzlich abpolstern
- Oberes Sprunggelenk in 90°-Stellung bringen
- Kompressionsbinde an den Großzehengrundgelenken auflegen
- Bindenanfang mit zwei Touren fixieren
- Fuß einschließlich der Ferse einwickeln
- Binde mit kontinuierlichem, leichtem Zug wickeln, Zug sollte vom Fuß aus Richtung Oberschenkel leicht abnehmen
- Touren 1–2 cm überlagern lassen
- Bis zum Kniegelenk wickeln
- Zweite Binde ggf. gegenläufig anwickeln, ebenfalls mit abnehmendem Druck von unten nach oben
- Verband mit Pflasterstreifen fixieren
- Überstehenden Schlauchverband vom Fuß aus über das Bein ziehen
- DMS-Kontrolle am Fuß durchführen, Druckstellen vermeiden