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Diabetes mellitus

Letzte Aktualisierung: 18.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Als Diabetes mellitus wird eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen bezeichnet, deren gemeinsames Merkmal eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels ist (Hyperglykämie). Die beiden wichtigsten Vertreter der Gruppe sind Diabetes mellitus Typ 1 und 2. Beim Typ-1-Diabetes werden die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse durch eine Autoimmunreaktion zerstört, wodurch es zu einem absoluten Insulinmangel kommt. Die Ätiologie des Typ-2-Diabetes hat eine starke genetische Komponente und ist zudem häufig mit Adipositas assoziiert. Durch eine verminderte Insulinwirkung an den Körperzellen (periphere Insulinresistenz) kommt es dabei zunächst zu einem relativen Insulinmangel mit kompensatorisch erhöhter Insulinsekretion der Betazellen. Im weiteren Verlauf nimmt die endokrine Pankreasfunktion jedoch kontinuierlich ab, woraus wiederum ein absoluter Insulinmangel resultiert. Bei allen Diabetesformen können die anhaltend erhöhten Blutzuckerspiegel mit mikro- sowie makroangiopathischen Schädigungen einhergehen und so schwerwiegende Komplikationen auslösen, insb. von Herz, Kreislauf, Nieren, Augen und Nervensystem.

Therapeutisch sollte der Glucosestoffwechsel möglichst normalisiert und weitere Risikofaktoren für Komplikationen behandelt werden (bspw. eine arterielle Hypertonie). Beim Typ-1-Diabetes ist dafür der konsequente Ausgleich des absoluten Insulinmangels durch Insulininjektionen notwendig. Mithilfe verschiedener Therapieschemata wird der Grundbedarf durch Basalinsulin gedeckt und abhängig von der Kohlenhydrataufnahme zu den Mahlzeiten Bolusinsulin verabreicht. Betroffene müssen intensiv geschult werden, um eine gute Blutzuckereinstellung zu erreichen und potenziell lebensgefährliche Blutzuckerentgleisungen zu vermeiden. Bei Typ-2-Diabetes können Lebensstilanpassungen wie eine Gewichtsnormalisierung, körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung ausreichen, um eine Manifestation und das Voranschreiten der Erkrankung zu verhindern. Häufig ist allerdings eine medikamentöse Therapie mit Metformin sowie ggf. anderen Antidiabetika oder Insulininjektionen erforderlich.

Für eine Übersicht zu Themen der Krankenpflege siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Diabetes mellitus

Für pädiatrische Inhalte siehe: Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter und Diabetische Ketoazidose im Kindes- und Jugendalter - AMBOSS-SOP

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Steigende Prävalenz in den letzten Jahren
  • Geografisch deutliche Unterschiede
  • Lebenszeitprävalenz (D): Ca. 8% der 18- bis 79-Jährigen, ab einem Alter von 60 Jahren deutlich zunehmend

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Diabetes mellitus Typ 1 [1]

Diabetes mellitus Typ 2 [2]

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Klassifikationtoggle arrow icon

Nach WHO und American Diabetes Association (ADA)

  1. Diabetes mellitus Typ 1 (früher auch „juveniler Diabetes“ genannt)
  2. Diabetes mellitus Typ 2 (früher auch „Altersdiabetes“ genannt)
  3. Diabetes mellitus Typ 3 (weitere spezifische Diabetestypen)
  4. Gestationsdiabetes (Diabetes mellitus Typ 4)
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Pathophysiologietoggle arrow icon

Physiologische Wirkung von Insulin

  • Sekretion: Mehrschrittiger Prozess
  • Wirkung: Vielfältig (z.B. Energiereserven aufbauen, Serumglucosespiegel senken und Gewebe mit Glucose versorgen)

Diabetes mellitus Typ 1

Diabetes mellitus Typ 2

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Symptomatiktoggle arrow icon

Allgemeine Symptome eines Diabetes mellitus

  • Leistungsminderung, Müdigkeit
  • Polyurie (Glucosurie mit osmotischer Diurese) , ggf. Dehydratation
  • Polydipsie
  • Wadenkrämpfe
  • Pruritus
  • Sehstörungen (durch osmotisch-bedingtes Aufquellen der Augenlinse bei Blutzuckerschwankungen)
  • Ggf. Gewichtsveränderungen ohne nutritive Ursache
    • Absoluter Insulinmangel: Gewichtsabnahme
    • Relativer Insulinmangel: Gewichtszunahme

Charakteristika des Diabetes mellitus Typ 1

Charakteristika des Diabetes mellitus Typ 2

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Diagnostiktoggle arrow icon

Indikationen [2]

  • Screening: Allgemeines Gesundheitsscreening alle 3 Jahre im Alter ≥35 Jahre
  • Erhöhtes Diabetesrisiko: Ermittelt bspw. anhand von Risikoscores
    • Gängige Risikoscores: Deutscher Diabetes-Risiko-Score (DRS) und FINDRISK-Score (Links siehe: Tipps & Links)
    • Vorgehen: Abweichende Empfehlungen verschiedener Fachgesellschaften [2]
      • DEGAM und AkdÄ : Reguläres Screening ausreichend, wenn kein klinischer oder laborchemischer Verdacht besteht
      • DDG und DGIM : Mind. zweifache Bestimmung des Nüchternblutzuckers und Verlaufskontrollen
  • Verdacht auf Diabetes mellitus: Insb. bei diabetesspezifischen Symptomen, diabetesassoziierten Folgeerkrankungen oder auffälligen Blutzuckerwerten als Zufallsbefund (Nüchternblutzucker oder HbA1c)

Nachweis einer Glucosestoffwechselstörung [2]

  • Beurteilung verschiedener Blutzuckerparameter
    • Nüchternblutzucker: Bestimmung der Blutzuckerkonzentration mind. 8 h und max. 12 h nach der letzten Kalorienzufuhr
    • HbA1c: Maß für den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 3 Monate
    • Gelegenheitsblutzucker: Bestimmung der Blutzuckerkonzentration zu einem beliebigen Zeitpunkt
    • Oraler Glucosetoleranztest (oGTT): Venöse Blutzuckerbestimmung unmittelbar vor und 2 h nach der oralen Einnahme von 75 g Glucose
      • Indikation: Bei unklarer Diagnose oder zum Ausschluss einer pathologischen Glucosetoleranz
      • Durchführung: Am Morgen nach 8–12 h Nahrungs-, Nikotin- und Alkoholkarenz sowie zuvor ≥3-tägiger Kohlenhydratbelastung (≥150 g/d)
  • Diabetes mellitus Typ 1: Nachweis ≥1 eindeutig pathologischer Blutzuckerparameter
    • Bei widersprüchlichen oder grenzwertigen Ergebnissen: 2 pathologische Werte, ggf. oGTT
  • Diabetes mellitus Typ 2: Nachweis ≥2 eindeutig pathologischer Blutzuckerparameter
    • Bei widersprüchlichen oder grenzwertigen Ergebnissen: 3 pathologische Werte, ggf. oGTT
Parameter zur Diagnose einer Glucosestoffwechselstörung
Bestimmung aus venösem Blutplasma Gesund Prädiabetes Diabetes mellitus
Nüchternblutzucker <100 mg/dL (<5,6 mmol/L) 100–125 mg/dL (5,6–6,9 mmol/L) = Abnormer Nüchternblutzucker ≥126 mg/dL (≥7,0 mmol/L)
HbA1c <5,7% (<39 mmol/mol) 5,7–6,4% (39–47 mmol/mol) ≥6,5% (≥48 mmol/mol)
Gelegenheitsblutzucker ≥200 mg/dL (≥11,1 mmol/L)
oGTT <140 mg/dL (<7,8 mmol/L) 140–199 mg/dL (7,8–11,0 mmol/L) = Pathologische Glucosetoleranz ≥200 mg/dL (≥11,1 mmol/L)

Differenzierung zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und 2 [2][4]

Typische Merkmale von Diabetes mellitus Typ 1 und 2
Merkmal Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes mellitus Typ 2
Häufigkeit 5–10% 90–95%
Genetik HLA-Assoziation Keine HLA-Assoziation, aber starke genetische Disposition
Pathogenese Absoluter Insulinmangel durch Autoantikörper Insulinresistenz und -sekretionsstörung
Alter Kindes- bis Erwachsenenalter Erwachsenenalter
Körpergewicht Eher Normalgewicht Meist Übergewicht oder Adipositas
Klinische Manifestation

Akuter Verlauf: Polyurie, Polydipsie, schwere Hyperglykämie, Ketoazidose

Schleichender Verlauf: Moderate Hyperglykämie, i.d.R. schon Folgeerkrankungen vorhanden
C-Peptid (Insulin) Niedrig bis fehlend Anfangs hoch, dann vermindert
Autoantikörper Ja Nein
Stoffwechsellage Labil Stabil
Ketoseneigung Ja Nein
Therapie Insulintherapie immer erforderlich Lebensstilanpassungen, orale Antidiabetika, ggf. Insulintherapie

Basisdiagnostik bei Diabetes mellitus [2]

Parameter zur Klassifizierung des Diabetes mellitus [4]

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

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Therapieziele und Ernährungtoggle arrow icon

Festlegung der Therapieziele

Partizipative Entscheidungsfindung [1]

  • Initiale und wiederholte gemeinsame Evaluation und ggf. Anpassung der allgemeinen und individuellen Therapieziele
  • Verständliche Kommunikation über Vor- und Nachteile der Therapieoptionen
  • Berücksichtigung personen- und umweltbezogener Kontextfaktoren
    • Ggf. spezifische Unterstützungsangebote oder Schulungen bei verfehlten Therapiezielen aufgrund bestimmter Kontextfaktoren

Individuelle Therapieziele

  • Mögliche Ziele
    • Lebensqualität und Unabhängigkeit erhalten bzw. wiederherstellen
    • Funktionseinschränkungen verhindern bzw. reduzieren (bspw. Sehstörungen, reduzierte Mobilität, erektile Dysfunktion)
    • Arbeitsfähigkeit erhalten
    • Beschwerden reduzieren

Alle beeinflussbaren Symptome bzw. Folgen der Erkrankung können als individuelles Therapieziel dienen!

Therapieziele - Diabetes mellitus Typ 2 [2]

Allgemeine Empfehlungen

Ernährung

Es gibt keine „Diabeteskost“ im eigentlichen Sinne – was für alle gesund ist, tut auch Diabetiker:innen gut!

Bei der Behandlung des Diabetes mellitus beim älteren Patienten >75 Jahre soll die Zielgröße eines HbA1c an die funktionellen Fähigkeiten des Patienten angepasst werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)

Brennwert von Grundnährstoffen

Brennwert kcal/g kJ /g
Kohlenhydrate ≈ 4 ≈ 17
Proteine ≈ 4 ≈ 17
Fett ≈ 9,3 ≈ 39
Ethanol ≈ 7,2 ≈ 29

Therapieziele - Diabetes mellitus Typ 1 [1]

Allgemeine Therapieziele

  • Schulung von Betroffenen und ggf. betreuenden Personen
  • Subjektive Lebensqualität und berufliche bzw. gesellschaftliche Teilhabe erhalten
  • Therapiezufriedenheit bzw. -akzeptanz sicherstellen
  • Stabile Stoffwechsellage mit geringen Blutzuckerschwankungen
  • Akutkomplikationen und Folgeerkrankungen vermeiden
  • Adipositas vermeiden bzw. reduzieren
  • Weitere Risikofaktoren optimieren

Ernährung

Glykämische Zielwerte

  • HbA1c-Wert: Orientierend
    • Bei sehr niedrigem Hypoglykämierisiko : ≤6,5% (≤48 mmol/mol)
    • Ohne schwere Hypoglykämien: ≤7,5% (≤58 mmol/mol)
    • Bei schweren Hypoglykämien, mangelnder Therapiesicherheit oder Komorbiditäten : ≤8,5% (≤69 mmol/mol)
  • CGM-abhängige Zielwerte
    • Time in Range (70–180 mg/dL bzw. 3,9–10,0 mmol/L): >70%
    • Time below Range
      • <70 mg/dL bzw. <3,9 mmol/L: <4%
      • <54 mg/dL bzw. <3 mmol/L: <1%
    • Time above Range
      • >180 mg/dL bzw. >10 mmol/L: <25%
      • >250 mg/dL bzw. >13,9 mmol/L: <5%

Alle Patienten mit Diabetes mellitus sollen bei Einleitung einer medikamentösen Therapie eine spezifische Schulung erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der Endokrinologie)

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Therapie des Diabetes mellitus Typ 2toggle arrow icon

Therapieprinzipien

  • Schulung: Von Betroffenen und ggf. betreuenden Personen
  • Lebensstilanpassung
    • Dauer: Von Beginn an, Fortführung auch unter medikamentöser Therapie
    • Maßnahmen: Bspw. körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung, Rauchentwöhnung
    • Indikation: Immer bei Typ-2-Diabetes
  • Adäquate Therapie von Begleiterkrankungen: Bspw. arterielle Hypertonie und kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Medikamentöse Therapie
    • Indikation: Individuelles Therapieziel trotz Lebensstilanpassung nicht erreicht
    • Wirkstoffauswahl: Individuell
    • Dauer: Mind. 3–6 Monate, danach Re-Evaluation des individuellen Therapieziels
  • Therapie eskalieren: Bei Nicht-Erreichen des individuellen Therapieziels nach 3–6 Monaten
    • Begleitend: Ursachen für das Nicht-Erreichen des individuellen Therapieziels ermitteln
  • Therapie deeskalieren bzw. umstellen: Regelmäßig überprüfen, insb. in folgenden Situationen
    • Nebenwirkungen stärker als der Nutzen der Therapie
    • Aktuelle Lebensqualität steht im Vordergrund (nicht die Langzeitprognose)
    • Individuelles Therapieziel unterschritten
    • Multimorbidität und Polymedikation
    • Auftreten akuter Erkrankungen

Risikofaktoren für diabetesassoziierte Komplikationen (kardiovaskulär und/oder renal)

Medikamentöser Therapiealgorithmus nach Risikoprofil

Medikamentöse Therapieoptionen bei Diabetes mellitus Typ 2

Antidiabetika bei Diabetes mellitus Typ 2 – Übersicht [6][7]
Substanzklasse (Applikationsform) Wirkstoff HbA1c-Senkung [7] Vorteile Nachteile Spezifische Kontraindikationen Bevorzugte Einsatzgebiete
Bevorzugt eingesetzte Antidiabetika
Biguanide (oral) Metformin 1–2%
  • Langjährige Erfahrung
  • Effektive Blutzuckersenkung
  • Geringes Hypoglykämierisiko
  • Keine Gewichtszunahme
  • Geringe Therapiekosten
Sulfonylharnstoffe (oral) Glibenclamid 1–2%
  • Langjährige Erfahrung
  • Effektive Blutzuckersenkung
  • Geringe Therapiekosten
  • Hohes Hypoglykämierisiko
  • Ggf. Gewichtszunahme
  • Potenziell erhöhtes kardiovaskuläres Risiko
  • Niedriges bis mittleres kardiovaskuläres Risiko
  • Keine Hypoglykämieneigung
Glimepirid
Gliclazid
Gliquidon
DPP4-Inhibitoren (oral) Sitagliptin 0,5–1%
  • Sehr gute Verträglichkeit
  • Keine Gewichtszu- oder -abnahme
  • Geringes Hypoglykämierisiko
  • Mittleres kardiovaskuläres Risiko
  • Eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion
Vildagliptin
Saxagliptin
SGLT2-Inhibitoren (oral) Dapagliflozin 0,5–1%
  • Ausgeprägte kardiovaskuläre und renale Risikoreduktion
  • Geringes Hypoglykämierisiko
  • Blutdrucksenkung
  • Moderate Gewichtsreduktion
Empagliflozin
Ertugliflozin
GLP1-Analoga (subkutan) Liraglutid 1–2%
  • Ausgeprägte kardiovaskuläre und renale Risikoreduktion
  • Effektive Blutzuckersenkung
  • Geringes Hypoglykämierisiko
  • Ausgeprägte Gewichtsreduktion
Exenatid
Dulaglutid
Semaglutid
Lixisenatid
GLP1-Analoga (oral)

Semaglutid

  • Zusätzlich: Keine subkutane Injektion notwendig
Insulin
Insulin (subkutan) >2%
  • Sehr effektive Blutzuckersenkung
  • Individuell titrierbar
  • Keine spezifischen Kontraindikationen
  • Subkutane Injektion notwendig
  • Hohes Hypoglykämierisiko
  • Häufig Gewichtszunahme
Keine
  • Alle anderen Therapieoptionen ausgeschöpft
  • Akute Stoffwechselentgleisungen
  • Perioperative Therapie
  • Erstmanifestation, insb. wenn Typ-1-Diabetes nicht ausgeschlossen werden kann
Weitere Antidiabetika
Glinide (oral) Repaglinid 1–2%
  • Eingeschränkt erstattungsfähig
Nateglinid
α-Glucosidasehemmer (oral) Acarbose 0,5–1%
  • Geringe Therapiekosten
  • Untergeordnete Rolle
  • Ggf. ergänzende Gabe bei guter Verträglichkeit und unzureichender Blutzuckereinstellung unter anderen Antidiabetika
Glitazone (oral) Pioglitazon 1–2%
  • Effektive Blutzuckersenkung
  • Geringe Therapiekosten
  • Keine [9]

Die Auswahl medikamentöser Therapieoptionen erfolgt individuell und sollte neben Zielwerten und präventiven Aspekten auch die Lebensqualität, relevante Nebenwirkungen und eine adäquate Adhärenz berücksichtigen!

Metformin ist bei einer eGFR <30 mL/min kontraindiziert! Unter Berücksichtigung des jeweiligen Zulassungsstatus und der Fachinformationen sollten folgende Wirkstoffe verwendet werden: DPP4-Inhibitoren, SGLT2-Inhibitoren, GLP1-Analoga, Glinide oder Insulin!

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Insulintherapietoggle arrow icon

Grundlagen der Insulintherapie

Indikationen

Berechnungsgrundlagen

  • Kohlenhydrateinheit (KE): 1 KE10 g Kohlenhydrate → Blutzuckeranstieg um ca. 30–40 mg/dL (1,7–2,2 mmol/L)
    • Kohlenhydrat-Austauschtabellen: Übersicht, wie viel Gramm eines Lebensmittels einer KE entsprechen
      • 1 Glas Bier (0,33 L): Ca. 1 KE
      • 1 Glas Orangensaft (0,25 L): Ca. 2 KE
    • Veraltet: Broteinheit: 1 BE12 g Kohlenhydrate1,2 KE (1 KE0,83 BE)
  • Insulintagesbedarf: Durchschnittlicher Tagesbedarf ca. 40–50 Insulineinheiten (IE) [1]
    • Basalinsulin : Ca. 50–60% des Tagesbedarfs
    • Prandialinsulin : Ca. 40–50% des Tagesbedarfs
      • Mahlzeitenfaktor: Menge an Insulin (in IE), die zur Mahlzeit gespritzt wird, um die Blutzuckersteigerung durch 1 KE auszugleichen
        • Faustregel: 1 IE pro 1 KE
          • Eine IE Insulin senkt den Blutzucker um ca. 30–40 mg/dL (1,7–2,2 mmol/L), sofern keine Insulinresistenz vorliegt
        • Tageszeitabhängigkeit: Notwendige Anpassung des Mahlzeitenfaktors im Tagesverlauf
          • Morgens: Mahlzeitenfaktor × 2–3
          • Mittags: Mahlzeitenfaktor × 1
          • Abends: Mahlzeitenfaktor × 1,5–2
          • Insulinbedarf pro KE ändert sich im Tagesverlauf
      • Korrekturfaktor
        • Faustregel: 1 IE senkt den Blutzucker um 30–40 mg/dL (1,7–2,2 mmol/L)

Eine Kohlenhydrateinheit (KE) entspricht etwa 10 g Kohlenhydraten und erhöht den Blutzucker (BZ) um ca. 30–40 mg/dL (1,7–2,2 mmol/L)!

Faustformel: Eine Insulineinheit (IE) senkt den Blutzucker um ca. 30–40 mg/dL (1,7–2,2 mmol/L), sofern keine Insulinresistenz vorliegt!

Besonderheiten der Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes

Besonderheiten der Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes

  • Insulintagesbedarf: I.d.R. 0,5–1 IE/kgKG [10]
  • Dosis des Basalinsulins: Abhängig von individueller Kohlenhydrataufnahme und körperlicher Aktivität
    • Therapiebeginn: Eher vorsichtige Dosierung
    • Dosissteigerung: Schrittweise um 2–4 IE/d alle 2–3 d (nach Nüchternblutzuckerwerten)
  • Gewichtszunahme durch Insulin: Ggf. ergänzende therapeutische Strategien sinnvoll

Der Insulinbedarf sollte immer individuell ermittelt werden. Es gibt orientierende Angaben, aber keinen allgemeingültigen Standard!

Glucosemonitoring

Blutzuckermessungen

Arterielle oder venöse Blutzuckermessung

Kapilläre Blutzuckermessung

  • Prinzip: Wiederholte Einzelwertbestimmung
    • Selbstmessung: Messung aus Kapillarblut mittels kompakter Selbstmessgeräte durch geschulte Patient:innen
    • Behandlungspflege zur Messung: Bei Patient:innen, die eine Messung und Injektion nicht selbst vornehmen können
  • Indikation und Frequenz: Bei jeder intensivierten Insulintherapieform (z.B. ICT) mehrfach täglich
  • Messzeitpunkte bei Insulintherapie
    • Vor allen Insulininjektionen (und Mahlzeiten)
    • Vor und nach größeren körperlichen Anstrengungen
    • Vor dem Autofahren (bzw. vergleichbaren Tätigkeiten)
    • Vor dem Schlafengehen
    • In allen unklaren Situationen, z.B. Unwohlsein, Infekte, Durchfallerkrankungen, Wechsel des Tagesablaufs (z.B. auf Reisen)
    • Bedarfsgerecht: Bei (selbstständiger) Therapieanpassung
    • Bei V.a. nächtliche Hypoglykämien: Nächtliche Messungen (um ca. 3:00 Uhr)
  • Messzeitpunkte bei anderen Therapieformen

Blutzuckertagesprofil

  • Prinzip: I.d.R. 4–6 kapilläre Blutzuckermessungen zu unterschiedlichen Tageszeiten
  • Indikation: Beurteilung des Blutzuckers im Tagesverlauf, bspw.
    • Während der Blutzuckereinstellung (antidiabetische Therapie)
    • Bei stationärer Behandlung aufgrund schwerer Erkrankungen
  • Typische Messzeitpunkte
    • Nach dem Aufstehen (Nüchternblutzucker)
    • Vor und 2 h nach den Hauptmahlzeiten
    • Beim Schlafengehen
    • Nachts (zwischen 2:00 und 4:00 Uhr)

Kontinuierliches Glucosemonitoring (Continous Glucose Monitoring; CGM)

  • Prinzip: Wiederholte interstitielle Glucosemessung alle 1–5 min mittels Glucosesensor im subkutanen Fettgewebe
  • Indikation
  • Sensorparameter
    • „time in range“ (Zeit im Zielbereich; TiR): 70–180 mg/dL bzw. 3,9–10,0 mmol/L)
    • „time below range“ (Zeit unter Zielbereich; TbR): <70 mg/dL bzw. ≤3,9 mmol/L
    • „time above range“ (Zeit über Zielbereich; TaR): >180 mg/dL bzw. >10 mmol/L
  • Vorteile: Glucoseprofil statt Einzelmesswerte → Tiefergehendes Verständnis der Glucosedynamik
    • Viel mehr Messpunkte
    • Standardisierte Auswertung mit AGP (ambulantes Glucoseprofil)
    • Trendanzeige
    • Warnhinweise
    • Einfachere Handhabung
    • Kopplung mit Insulinpumpen möglich
    • Erweiterung der Telemedizin
  • Nachteil

Bei klinischem V.a. Hypo- oder Hyperglykämie sowie bei starken Glucoseschwankungen sollten die Werte immer mittels kapillärer Blutzuckermessung kontrolliert werden!

Insulintherapieschemata

Basal unterstützte orale Therapie (BOT) [2]

Supplementäre Insulintherapie (SIT, prandiale Insulintherapie) [2]

  • Prinzip: Insulininjektionen zu den Mahlzeiten zusätzlich zur bisherigen antidiabetischen Therapie
  • Indikation: Typ-2-Diabetes mit gut eingestelltem Nüchternblutzucker, aber hohen postprandialen Blutzuckerwerten
  • Durchführung
  • Vorteile
    • Flexible Anpassung an Mahlzeiten und Tagesablauf möglich
  • Nachteile
    • Erhöhter Schulungsaufwand
    • Relativ hohes Hypoglykämierisiko

Konventionelle Insulintherapie [1]

  • Prinzip: Injektion fester Insulindosierungen morgens und abends sowie feste Vorgaben zur Nahrungsaufnahme
  • Indikation
    • Typ-1-Diabetes: Intensivierte Insulintherapie kann nicht durchführt werden oder wird nicht gewünscht
    • Typ-2-Diabetes: Bisherige antidiabetische Therapie nicht ausreichend wirksam
  • Durchführung
    • Insulininjektion: 2× täglich Kombinationsinsulin (Fixkombination aus kurz- und langwirksamem Insulin )
      • Aufteilung: ⅔ der Tagesdosis vor dem Frühstück, ⅓ vor dem Abendessen injizieren
      • Spritz-Ess-Abstand: Ca. 30 min
    • Blutzuckermessungen: 3–4× täglich, bspw. zu den Mahlzeiten und beim Schlafengehen, zusätzlich bedarfsgerecht
  • Vorteile
  • Nachteile
    • Wenig flexible Therapie, nur bei festem Ernährungsplan Erfolg versprechend
    • Erhöhtes Hypoglykämierisiko, ggf. Zwischenmahlzeiten erforderlich

Intensivierte Insulintherapie

Intensivierte konventionelle Insulintherapie (Basis-Bolus-Prinzip, ICT) [1]

  • Prinzip: Injektion von Basal-, Prandial- und Korrekturinsulin mittels Insulinpen
  • Indikation
    • Typ-1-Diabetes: Standardtherapie
    • Typ-2-Diabetes: Bisherige antidiabetische Therapie nicht ausreichend wirksam
  • Durchführung
  • Vorteile
    • Höhere Flexibilität bei den Mahlzeiten und im Tagesablauf
    • Kurz- und langfristige Verbesserung der Stoffwechsellage
    • Senkung des Risikos von Spätkomplikationen
    • Kombination mit CGM möglich und hilfreich
  • Nachteile

Insulinpumpentherapie (CSII ) und automatisierte Insulintherapie (AID )

  • Prinzip
  • Indikationen
    • Allgemein
      • Bei Typ-2-Diabetes i.d.R. selten indiziert
      • Ausgeprägtes Dawn-Phänomen
      • Instabile Stoffwechsellage
      • Rezidivierende und/oder schwere Hypoglykämien
      • Wechselnde körperliche Aktivität im Tagesverlauf, Schichtarbeit
      • Beginnende oder manifeste diabetische Folgeerkrankungen
      • Probleme bei der Umsetzung der ICT
      • Sehr niedriger Insulinbedarf
      • Schwangerschaft bzw. Patientinnen mit konkretem Kinderwunsch
    • Automatisierte Insulintherapie
      • Typ-1-Diabetes: Nicht-Erreichen der individuellen Therapieziele unter ICT oder CSII
    • Insulinpumpentherapie ohne AID
      • Bei Indikation zur Insulinpumpentherapie ohne Möglichkeit einer CGM
      • Unsicherheiten im Umgang mit AID bzw. individueller Wunsch
  • Vorteile
    • Verbesserung der Stoffwechsellage
    • Reduktion von Hypoglykämien
    • Höhere Flexibilität im Alltag
    • Verbesserung der Lebensqualität
  • Nachteile
    • Intensive Schulung
    • Anbindung an eine diabetologische Einrichtung mit Anwendungserfahrung erforderlich
    • Verstopfen des Insulinkatheters mit (initial unbemerktem) Insulinmangel möglich

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Probleme bei der Insulintherapietoggle arrow icon

Morgendliche Hyperglykämie

  • Dawn-Phänomen
    • Häufigkeit: Häufig (insb. junge Menschen mit Typ-1-Diabetes betroffen)
    • Definition: Frühmorgendliche Hyperglykämie durch erhöhten Insulinbedarf in der 2. Nachthälfte aufgrund vermehrter Wachstumshormonsekretion
    • Diagnostik: CGM
    • Therapieanpassung
  • Somogyi-Effekt
    • Häufigkeit: Selten
    • Definition: Reaktive morgendliche Hyperglykämie nach nächtlicher Hypoglykämie (durch hormonelle Gegenregulation nach zu hoher abendlicher Insulindosis)
    • Diagnostik: CGM
    • Therapieanpassung: Abendliche Verzögerungsinsulindosis reduzieren

Insulinbedarf bei körperlicher Anstrengung

  • Bei moderater körperlicher Anstrengung (insb. mit Muskelaufbau)
    • Allgemein: Insulinbedarf eher abnehmend, da die Skelettmuskulatur vermehrt Glucose aufnimmt (Insulineffektivität steigt)
    • Typ-2-Diabetes: Vermehrte körperliche Aktivität kann bei Beibehaltung hoher Insulindosierungen zu Hypoglykämien führen
  • Bei extremer körperlicher Anstrengung
  • Anpassung der Insulindosis
    • Bei kürzerer Ausdauerbelastung (z.B. 30 min Ausdauersport im aeroben Leistungsbereich)
      • Reduktion der Insulindosierung um 25–50%
      • Bei für den nächsten Tag geplanten Aktivitäten: Basalinsulindosierung bereits am Vortag (Vorabend) reduzieren
    • Bei intensiverer und längerer Belastung
      • Individuelles Vorgehen
  • Anpassung der Kohlenhydratzufuhr: Während der Aktivitäten Kohlenhydrate bereithalten und zuführen
  • Körperliche Anstrengung meiden bei
    • Blutzucker <100 mg/dL (<5,6 mmol/L) oder >250 mg/dL (>13,9 mmol/L)
    • Ketonkörpernachweis im Urin

Menschen mit Diabetes mellitus können und sollen Sport treiben. Intensivere Belastungen oder Leistungssport erfordern jedoch i.d.R. eine individuelle Anpassung der Therapie!

Insulinbedarf bei veränderten Lebensbedingungen oder Erkrankungszuständen

Situative Einflüsse auf den Insulinbedarf
Erhöhter Insulinbedarf
Verminderter Insulinbedarf

Psychosoziale Aspekte der Insulintherapie [11]

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Stationäre Behandlung bei Diabetes mellitustoggle arrow icon

Stationäre Behandlung bei Diabetes mellitus - Grundlagen [12][13]

  • Therapiestrategie: Bisherige Strategie und aktives Diabetesmanagement möglichst beibehalten
  • Gründliche Dokumentation: Insb. Diabetesform, bisherige und aktuelle Therapiestrategie sowie Blutzuckerwerte
  • Vorrangiges Therapieziel: Vermeidung von Hypoglykämien
  • Blutzuckerzielwert: Nüchternblutzucker 140–180 mg/dL (7,8–10 mmol/L)
  • Blutzuckermessungen: Individuell festlegen
    • HbA1c bestimmen: Wenn kein Wert aus den letzten 3 Monaten bekannt ist [1]
    • Bei stabiler Stoffwechsellage: 4× täglich i.d.R. ausreichend
      • Bei V.a. nächtliche Hypoglykämien: Zusätzlich nächtliche Messung (um 2:00–3:00 Uhr)
      • Bei ICT und konventioneller Insulintherapie: Ggf. zusätzlich 2 h nach den Hauptmahlzeiten
    • Bei instabiler Stoffwechsellage , längeren Nüchternphasen oder periinterventionell: Messfrequenz erhöhen (bspw. 7× täglich)
    • Bei fehlender Nahrungsaufnahme: Alle 4–6 h
    • Bei intravenöser Insulingabe: Alle 30–120 min
  • Aufklärung: Insb. über Änderungen der Therapiestrategie
  • Zur Entlassung: Blutzuckereinstellung überprüfen und ggf. Optimierungen empfehlen

Stationäre Behandlung bei Diabetes mellitus - Therapiestrategien

  • Typ-1-Diabetes: Insulintherapie nicht pausieren
    • Etabliertes Therapieschema möglichst fortsetzen und ggf. anpassen [1]
    • Bei unzureichender Nahrungsaufnahme: Nur Basal- und ggf. bedarfsgerecht Korrekturinsulin verabreichen
    • Bei akut lebensbedrohlicher Erkrankung: Kontinuierliche Insulingabe i.v. (siehe: Insulinperfusor)
  • Typ-2-Diabetes und andere Diabetesformen: Ggf. passagere Insulintherapie erforderlich (insb. wenn orale Antidiabetika pausiert werden müssen)

Stationäre Behandlung bei Diabetes mellitus - Orale Antidiabetika [12][13]

Passagere Insulintherapie [12][13]

Insulinkorrektur bei Hyperglykämie

Insulinkorrekturschema
Blutzuckerwert Insulindosis
<180 mg/dL (<10 mmol/L) Keine Korrektur
180–250 mg/dL (10–13,9 mmol/L) 2 IE
251–300 mg/dL (14–16,7 mmol/L) 4 IE
301–350 mg/dL (16,8–19,4 mmol/L) 5 IE
351–400 mg/dL (19,5–22,2 mmol/L) 6 IE
>400 mg/dL (>22,2 mmol/L) 8 IE

Insulinperfusor [12][13]

  • Prinzip: Kontinuierliche intravenöse Insulingabe
  • Indikationen
    • Blutzuckerkontrolle auf Intensiv- und Überwachungsstationen
    • Invasive Eingriffe
      • Kurze und einfache Eingriffe: Subkutane Insulingaben beibehalten und ggf. anpassen
      • Lange und komplexe Eingriffe: Umstellung auf intravenöse Gabe am OP-Tag (insb. bei Typ-1-Diabetes)
  • Durchführung: Insulingabe mit einem Perfusor (Standardkonzentration: 1 IE/mL )
  • Umstellung auf subkutane Gabe
    • Zeitpunkt: Bei gebessertem Gesundheitszustand und zufriedenstellenden Blutzuckerwerten
    • Durchführung
      • Überlappende Gabe: Intravenöse Insulingabe nach erster Basalinsulin-Injektion noch für 2 h fortsetzen
      • Dosierung: 60% der letzten intravenösen Tagesgesamtdosis als Basalinsulin, 40% als Prandialinsulin

Therapiesteuerung bei Insulinperfusoren nach „Updated Yale Insulin Infusion Protocol [14]

  • Indikation: Hyperglykämische Erwachsene auf der Intensivstation
  • Therapiebeginn: Berechnung von Bolusdosis und initialer Laufrate
    1. Quotienten bestimmen: Aktueller Blutzucker (in mg/dL)/100
    2. Quotienten runden: Auf die nächste halbe Zahl runden
    3. Therapie beginnen: Bolusgabe und Perfusorlaufrate gemäß gerundetem Wert
  • Zielwert: 120–160 mg/dL (6,7–8,9 mmol/L)
  • Blutzuckermessung
    • Stündlich: Bis mind. 3 Messungen im Zielbereich
    • Zweistündlich: Wenn mind. letzte 3 Messungen im Zielbereich
    • Vierstündlich: Wenn Blutzucker über 12–24 h stabil
  • Therapiesteuerung: Schematisch anhand aktuellem Blutzucker und Veränderung zum Vorwert
Insulinperfusor - Therapiesteuerung gemäß „Updated Yale Insulin Infusion Protocol [14]
Änderung der Perfusorlaufrate (anhand Blutzuckerveränderung zum Vorwert) Aktueller Blutzuckerwert
100–119 mg/dL (5,6–6,6 mmol/L) 120–159 mg/dL (6,7–8,8 mmol/L) 160–199 mg/dL (8,9–11 mmol/L) ≥200 mg/dL (>11,1 mmol/L)

Erhöhung um 2 Δ

Anstieg >60 mg/dL (3,3 mmol/L) Anstieg
Erhöhung um 1 Δ Anstieg >40 mg/dL (2,2 mmol/L) Wert unverändert oder Wert unverändert oder
Anstieg um max. 60 mg/dL (3,3 mmol/L) Abfall um max. 20 mg/dL (1,1 mmol/L)

Keine Änderung

Anstieg

Anstieg um max. 40 mg/dL (2,2 mmol/L) oder Abfall um max. 40 mg/dL (2,2 mmol/L) Abfall von 21–60 mg/dL (1,2–3,3 mmol/L)
Wert unverändert oder
Abfall um max. 20 mg/dL (1,1 mmol/L)

Reduktion um 1 Δ

Wert unverändert oder Abfall von 21–40 mg/dL (1,2–2,2 mmol/L)

Abfall von 41–60 mg/dL (2,3–3,3 mmol/L)

Abfall von 61–80 mg/dL (3,4–4,4 mmol/L)
Abfall um max. 20 mg/dL (1,1 mmol/L)
Reduktion um 2 Δ und 30 min Perfusorpause Abfall >20 mg/dL (1,1 mmol/L) Abfall >40 mg/dL (2,2 mmol/L) Abfall >60 mg/dL (3,3 mmol/L) Abfall >80 mg/dL (4,4 mmol/L)
Höhe des Δ (gemäß aktueller Perfusorlaufrate)
Aktuelle Perfusorlaufrate (mL/h) 1 Δ (mL/h) 2 Δ (mL/h)
<3 0,5 1
3–6 1 2
6,5–9,5 1,5 3
10–14,5 2 4
15–19,5 3 6
≥20 4 8
Insulinperfusor - Therapiesteuerung bei Blutzuckerwerten <100 mg/dL (5,6 mmol/L) [14]
Maßnahmen Aktueller Blutzuckerwert
75–99 mg/dL (4,2–5,5 mmol/L) 50–74 mg/dL (2,8–4,1 mmol/L) <50 mg/dL (2,8 mmol/L)

1. Insulingabe beenden

Perfusor pausieren!

2. Glucosegabe

12,5 g Glucose i.v. 25 g Glucose i.v.

3. Blutzuckermessungen

Alle 15 min bis Blutzucker ≥90 mg/dL (5 mmol/L), dann stündlich bis Blutzucker ≥140 mg/dL (7,8 mmol/L)
4. Insulingabe fortsetzen Weitere 30 min warten, dann Fortsetzung mit
75% der letzten Laufrate 50% der letzten Laufrate

Die Vermeidung von Hypoglykämien ist i.d.R. wichtiger als eine sehr rasche Blutzuckersenkung! Insb. bei intravenöser Insulingabe sollten daher etablierte Protokolle angewendet werden.

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Komplikationentoggle arrow icon

Akute Komplikationen

Diabetische Makroangiopathie

Diabetische Mikroangiopathie

Entscheidend zur Vorbeugung einer diabetischen Mikroangiopathie ist eine strenge Blutzuckereinstellung!

Weitere Komplikationen

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Diabetische Nephropathietoggle arrow icon

Frühsymptom der diabetischen Nephropathie ist die Albuminurie Grad A2. Das Ausmaß der Albuminurie korreliert mit der Höhe des kardiovaskulären Risikos!

Verlaufsuntersuchungen bei Risikopatienten sollen Kreatinin-Bestimmungen und Urinstatus beinhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)

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Diabetische Retinopathietoggle arrow icon

  • Definition: Krankhafte Veränderung der Netzhautgefäße durch die bei Diabetes mellitus auftretende Mikroangiopathie
  • Epidemiologie
    • Ca. 90% der Personen mit Typ-1-Diabetes und ca. 25% der Personen mit Typ-2-Diabetes entwickeln nach spätestens 15 Jahren eine Retinopathie
    • Häufigste Erblindungsursache im erwerbsfähigen Alter (in Deutschland)
  • Symptome: Lange symptomlos, später Sehverschlechterung bis Erblindung
  • Diagnostik: Regelmäßige augenärztliche Vorstellungen
  • Ophthalmoskopischer Befund und Klassifikation
  • Therapie
    • Bei proliferativer Retinopathie sowie ggf. bereits bei schwerer nicht-proliferativer Retinopathie
      • Panretinale Laserkoagulation in mehreren Sitzungen
        • Risiken der Lasertherapie: Einschränkungen des Nachtsehens, Gesichtsfeldreduktion, Zunahme der narbigen Schrumpfung mit Netzhautablösung
      • Vitrektomie bei Traktionsamotio
    • Makulaödem: Zentrale Laserbehandlung des hinteren Pols (fokale Laserkoagulation)
      • Bei Foveabeteiligung : Intravitreale Applikation von VEGF-Inhibitoren (Zulassungsstatus beachten!), evtl. auch intravitreale Steroidapplikation
    • Hilfsmittel
      • Verordnung von Leselupen mit Lichtquelle
      • Klärung des häuslichen Unterstützungsbedarfs
Nicht-proliferative diabetische Retinopathie - Schweregrade
Mild
  • Mikroaneurysmen
Mittel
  • Mikroaneurysmen +
    • Vereinzelte intraretinale Blutungen
    • Kaliberschwankungen der retinalen Venen
Schwer
  • >20 Mikroaneurysmen und/oder intraretinale Einblutungen in allen 4 Quadranten
  • Und/oder Kaliberschwankungen der Venen in mind. 2 Quadranten
  • Und/oder intraretinale mikrovaskuläre Anomalien (IRMA) in mind. einem Quadranten

Zum Vergleich: Normalbefund

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Diabetische Neuropathietoggle arrow icon

  • Definition: Unter dem Begriff „diabetische Neuropathie“ werden an den peripheren Nerven auftretende Schädigungsmuster zusammengefasst, die infolge eines Diabetes mellitus auftreten

Formen der diabetischen Neuropathie

Diagnostik

  • Fortwährende Aufmerksamkeit bei Visiten, ambulanten Konsultationen und Verlaufsuntersuchungen
  • Screening auf sensomotorische Polyneuropathie
    • Plussymptome: Schmerz, Dysästhesie mit gestörter Reizwahrnehmung
    • Minussymptome: Taubheitsgefühl, „einschlafende Füße
    • Fußkomplikationen beachten
    • Neurologische Basisdiagnostik: Stimmgabeltest, Testung der Druck- und Berührungsempfindlichkeit
  • Screening auf autonome Polyneuropathie
    • Ruhetachykardie
    • Gastrointestinale und urogenitale Funktionsstörungen erfragen
      • Bei V.a. diabetische Gastroparese: Magenszintigrafie
    • Auffälliges Schwitzverhalten prüfen (ggf. Sudometrie)

Therapie

Eine kausale Therapie besteht nicht!

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Diabetische Fußsyndrometoggle arrow icon

Diagnostik

Kontrollintervalle für den Fußbefund je nach individuellem Risikoprofil [15]
Risikokategorie Neuropathie Weiteres Risikoprofil Intervall
0 Alle 12 Monate
1 Ja Alle 6 Monate
2 Ja pAVK und/oder Fußdeformität Alle 3–6 Monate
3 Ja Ulkus oder Amputation in der Vorgeschichte Alle 1–3 Monate

Man kann einem Diabetiker nicht oft genug auf die Füße schauen!

Krankheitsbilder nach Grunderkrankung

Neuropathisches diabetisches Fußsyndrom [16]

Ischämisches diabetisches Fußsyndrom

Tastbare Fußpulse sind kein Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer pAVK! Bei Diabetikern können aufgrund einer Mönckeberg-Mediasklerose sogar falsch-hohe ABI-Werte vorkommen!

Bei etwa ⅓ der Patienten mit diabetischem Fußsyndrom handelt es sich um eine kombinierte Form aus ischämischem und neuropathischem Fuß! So können typische ischämische Symptome bei gleichzeitiger neuropathischer Komponente fehlen!

Pflege bei diabetischem Fußsyndrom

  • Fußpflege (ggf. regelmäßige podologische Sitzungen)
    • Tägliche Pflege
    • Verletzungen vermeiden
    • Nagelpflege

Wunden bei diabetischen Fußsyndromen [15][17]

Epidemiologie

  • Jährliche Inzidenz: 2,2–6,4% bei Personen mit Diabetes mellitus
  • Lebenszeitinzidenz: 15–25% bei Personen mit Diabetes mellitus
  • Infektionsentwicklung >50%
  • Hohe Rezidivrate
    • 40% nach 1 Jahr
    • 60% nach 3 Jahren

Ätiologie und Pathophysiologie [18][19]

  • Neuropathie
    • Sensorische Neuropathie
    • Motorische Neuropathie → Muskelatrophie → Fehlstellungen und eingeschränkte Gelenkmobilität → Hohe Druck- und Scherkraftbelastungen
    • Autonome Neuropathie → Lähmung der Vasomotorik → Arteriovenöse Shunts → Periphere Minderperfusion → Gangrän
  • Angiopathie
  • Psychosoziale Faktoren: Bspw. Depression, Vernachlässigung, fehlende soziale Unterstützung
  • Prädisposition und epigenetische Faktoren: Bspw. eingeschränkte zelluläre Antwort auf hypoxische Bedingungen → Chronische Entzündungen

Spezifische Diagnostik

Klassifikationen

  • Standardisierte Befunderhebung [16]
    • Klassifikation nach Wagner: Nach dem Ausmaß der Gewebezerstörung
    • Klassifikation nach Armstrong: Nach Vorliegen einer Infektion und/oder Ischämie
    • PEDIS-Klassifikation: Bei infizierten Wunden
Kombinierte Wagner-Armstrong-Klassifikation
Wagner-Grad 0 1 2 3 4 5

Keine Wunde, ggf. Fußdeformation oder Zellulitis / prä- oder postulzerativer Fuß

Wunde oberflächlich Wunde bis zur Sehne/Kapsel Wunde bis zum Knochen/Gelenk Nekrose von Fußteilen Nekrose des gesamten Fußes

Armstrong-

Stadium

A Ohne Infektion
B Mit Infektion
C Mit Ischämie
D Mit Infektion und Ischämie
Beispiele Wunde bis zur Sehne (Wagner 2) mit Infektion (Armstrong B) → Wagner-Armstrong-Klassifikation Stadium 2B
PEDIS-Klassifikation [20]
Grad Perfusion Ausdehnung Tiefe Infektion Sensibilität

1

keine pAVK Haut intakt Haut intakt Keine Erhalten
2 pAVK, ohne Ischämie <1 cm2 Oberflächlich Oberflächlich Aufgehoben
3 Ischämie 1–3 cm2 Faszie, Muskel, Sehnen Abszess, Fasziitis, Arthritis
4 >3 cm2 Knochen SIRS

Therapie

  • Ziele: Akutbehandlung und Rezidivprophylaxe
  • Lokaltherapie
  • Kausaltherapie der Grunderkrankung

Bei mangelhafter Durchblutung sollte von einer Exzision eines diabetischen Ulkus ohne vorherige, erfolgreiche Revaskularisation abgesehen werden, da aufgrund der schlechten Wundheilung die Gefahr besteht, dass hierdurch ein noch größerer Defekt geschaffen wird!

Die Entwicklung tiefer Infekte ist der Hauptgrund für Majoramputationen! [17]

Spezifische Wunden

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Ambulante Versorgungtoggle arrow icon

Allgemeines Vorgehen

Kontrolle der Stoffwechseleinstellung

Die Leitlinienempfehlungen hinsichtlich der Untersuchungsintervalle unterscheiden sich teilweise von den vorgegebenen Intervallen im Rahmen des DMP Diabetes mellitus!

Screening auf diabetische Folge- und Begleiterkrankungen [1][2]

Screeningintervalle diabetischer Folge- und Begleiterkrankungen
Erkrankung Intervall
Diabetes mellitus Typ 1 Diabetes mellitus Typ 2
Kardiovaskuläre Erkrankungen Mind. jährlich, inkl. Lipidstatus (Blutdruckmessung mind. alle 3 Monate )
Diabetische Nephropathie Mind. jährlich
Diabetische Neuropathie Jährlich Risikoadaptiert alle 1–2 Jahre
Diabetische Fußsyndrome

Keine periphere sensomotorische Polyneuropathie oder pAVK: Jährlich

Periphere sensomotorische Polyneuropathie und/oder pAVK: Alle 3–6 Monate
Diabetische Retinopathie und Makulopathie Risikoadaptiert alle 1–2 Jahre
Lipodystrophien Mind. jährlich (bei Insulintherapie)
Psychische Komorbiditäten (insb. unipolare Depression) Mind. jährlich

Kardiovaskuläre Risikofaktoren und Erkrankungen

Diabetische Nephropathie

Diabetische Neuropathie

Diabetische Fußsyndrome

  • Intervall: Je nach Komorbiditäten
  • Durchführung
  • Vorbeugung: Tragen von weichem Schuhwerk (um Verletzungen zu vermeiden) und medizinische Fußpflege empfehlen, ggf. verordnen

Diabetische Retinopathie und Makulopathie

  • Intervall: Risikoadaptiert
    • Keine diabetische Netzhautveränderung und geringes Risiko: Alle 2 Jahre
    • In allen anderen Fällen: Jährlich
  • Risikofaktoren
  • Vorgehen: Augenärztliche Vorstellung (Untersuchung von Sehschärfe und vorderen Augenabschnitten, beidseitige Fundoskopie)

Lipodystrophien (bei Insulintherapie)

  • Intervall: Mind. jährlich, bei Auffälligkeiten häufiger (insb. bei unerklärlichen Blutzuckerschwankungen)
  • Durchführung: Inspektion von Injektionsstellen und Palpation der Haut

Unipolare Depression und andere psychische Komorbiditäten

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DMP Diabetes mellitustoggle arrow icon

Für allgemeine Informationen zu DMP siehe auch: Disease-Management-Programme

Ablauf Diabetes mellitus Typ 1

Aktuelle Anamnese und Diagnostik

  • Dokumentation
    • 1. Indikationsübergreifender Teil (inkl. Körpergewicht, Blutdruckmessung)
    • 2. Indikationsspezifischer Teil
      • Anamnese mit Fokus auf
        • Spätfolgen
        • Relevante Ereignisse
        • Schwere Hypoglykämien
        • Stationäre notfallmäßige Therapie
  • Vorgesehene Untersuchungen (siehe auch: Diabetes mellitus - Ambulante Versorgung)
    • Blutdruckmessung: Alle 3 Monate (mind. 1× jährlich)
    • Injektionsstellen untersuchen: Alle 3 Monate (bei starken Blutzuckerschwankungen häufiger), mind. 2× jährlich
    • Fußstatus
      • Keine sensible Neuropathie: Mind. 1× jährlich
      • Bei sensibler Neuropathie: Mind. alle 6 Monate
      • Bei sensibler Neuropathie und Zeichen einer pAVK oder anderen Risiken : Alle 3 Monate oder häufiger
    • Labordiagnostik
    • Augenärztliche Untersuchung : 1–2× jährlich

Behandlungsplanung

  • Prozedere
    • Therapieplanung
    • Überprüfung
    • Ggf. Anpassung
  • Individuelle Therapieziele definieren anhand
    • Allgemeiner Therapieziele
    • Individueller Risikoabschätzung
    • Folgeerkrankungen
    • Komorbiditäten
  • Ziel-HbA1c (Erwachsene): ≤7,5% (≤58 mmol/mol Hb)
  • Therapeutische Maßnahmen bei Diabetes mellitus (siehe: Therapie des Diabetes mellitus)
  • Überweisungen/Einweisung, ggf. Einleitung einer Rehamaßnahme
  • Erhöhung der Adhärenz: Durch Information über Verlauf, Einbeziehung in Behandlungsplanung

Ablauf Diabetes mellitus Typ 2

Aktuelle Anamnese und Diagnostik

  • Dokumentation
    • 1. Indikationsübergreifender Teil (inkl. Körpergewicht, Blutdruckmessung)
    • 2. Indikationsspezifischer Teil
      • Anamnese mit Fokus auf
        • Spätfolgen
        • Relevante Ereignisse
        • Schwere Hypoglykämien
        • Stationäre notfallmäßige Therapie
  • Vorgesehene Untersuchungen (siehe auch: Diabetes mellitus - Ambulante Versorgung)
    • Blutdruckmessung: Alle 3 Monate (mind. 1× jährlich)
    • Ggf. Injektionsstellen untersuchen: Alle 3 Monate (bei starken Blutzuckerschwankungen häufiger), mind. 2× jährlich
    • Fußstatus
      • Keine sensible Neuropathie: Mind. 1× jährlich
      • Bei sensibler Neuropathie: Mind. alle 6 Monate
      • Bei sensibler Neuropathie und Zeichen einer pAVK oder anderen Risiken : Alle 3 Monate oder häufiger
    • Labordiagnostik
      • HbA1c: Alle 3 Monate (mind. 2× jährlich)
      • eGFR: Mind. 1× jährlich
    • Augenärztliche Untersuchung : 1–2× jährlich

Behandlungsplanung

  • Prozedere
    • Individuelle Therapieplanung (partizipativ)
    • Überprüfung
    • Ggf. Anpassung
  • Individuelle Therapieziele definieren anhand
    • Allgemeiner Therapieziele
    • Individueller Risikoabschätzung
    • Alter
    • Folgeerkrankungen
    • Komorbiditäten
  • Therapeutische Maßnahmen bei Diabetes mellitus Typ 2 (siehe auch: Therapie des Diabetes mellitus)
  • Überweisungen/Einweisung, ggf. Einleitung einer Rehamaßnahme
  • Erhöhung der Adhärenz: Durch Information über Verlauf, Einbeziehung in Behandlungsplanung

Ablauf Diabetes mellitus Typ 1: Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre

Aktuelle Anamnese und Diagnostik

  • Dokumentation
    • 1. Indikationsübergreifender Teil (inkl. Körpergewicht, Blutdruckmessung)
    • 2. Indikationsspezifischer Teil
      • Anamnese mit Fokus auf
        • Spätfolgen
        • Relevante Ereignisse
        • Schwere Hypoglykämien
        • Stationäre notfallmäßige Therapie
  • Vorgesehene Untersuchungen
    • Blutdruckmessung:
      • Ab 10 Jahren
      • Mind. 1× jährlich
    • Injektionsstellen untersuchen: Alle 3 Monate (bei starken Blutzuckerschwankungen häufiger), mind. 2× jährlich
    • Fußstatus: Optional
    • Labordiagnostik
    • Augenärztliche Untersuchung
      • Nach 5 Jahren Diabetesdauer
      • Frühestens ab 10 Jahren
      • 1–2× jährlich

Behandlungsplanung

Kinderwunsch und Schwangerschaft [22]

Interdisziplinäre Therapieplanung im spezialisierten Setting erforderlich

Diabetes mellitus Typ 1 und 2 - Dokumentation
Lfd. Nr.* Dokumentationsparameter Ausprägung
Anamnese- und Befunddaten
1 HbA1c-Wert Wert in % / mmol/mol
1a Nur bei Diabetes mellitus Typ 1: Pathologische Albumin-Kreatinin-Ratio Ja / Nein / Nicht untersucht
2a eGFR Wert in mL/min/1,73 m2 KOF / Nicht bestimmt
3 Fußstatus

1. Pulsstatus: Unauffällig / Auffällig / Nicht untersucht 2. Sensibilitätsprüfung: Unauffällig / Auffällig / Nicht untersucht 3. Weiteres Risiko für Ulkus: Fußdeformität / Hyperkeratose mit Einblutung / Z.n. Ulkus / Z.n. Amputation / Ja / Nein / Nicht untersucht 4. Ulkus: Oberflächlich / Tief / Nein / Nicht untersucht 5. (Wund)Infektion: Ja / Nein / Nicht untersucht

3a Injektionsstellen (bei Insulintherapie) Unauffällig / Auffällig / Nicht untersucht
3b Intervall für künftige Fußinspektionen (bei Patient:innen ab 18 Jahren) Jährlich / Alle 6 Monate / Alle 3 Monate oder häufiger
4 Spätfolgen Diabetische Nephropathie / Diabetische Neuropathie / Diabetische Retinopathie
Relevante Ereignisse
5 Relevante Ereignisse Nierenersatztherapie / Erblindung / Amputation / Herzinfarkt / Schlaganfall / Keines der genannten Ereignisse
6 Schwere Hypoglykämien seit der letzten Dokumentation Anzahl
8 Stationäre notfallmäßige Behandlung wegen Diabetes mellitus seit der letzten Dokumentation Anzahl
Medikamente
9 Nur bei Diabetes mellitus Typ 2: Insulin oder Insulinanaloga Ja / Nein
11 Nur bei Diabetes mellitus Typ 2: Metformin Ja / Nein / Kontraindikation
12 Nur bei Diabetes mellitus Typ 2: Sonstige antidiabetische Medikation Ja / Nein
12a Nur bei Diabetes mellitus Typ 2: SGLT2-Inhibitor Ja / Nein / Kontraindikation
12b Nur bei Diabetes mellitus Typ 2: GLP-1-Rezeptoragonist Ja / Nein / Kontraindikation
13 Thrombozytenaggregationshemmer Ja / Nein / Kontraindikation / Orale Antikoagulation
Schulung
18 Schulung empfohlen (bei aktueller Dokumentation) Diabetes-Schulung / Hypertonie-Schulung / Keine
18a Schulung bereits vor Einschreibung ins DMP wahrgenommen Diabetes-Schulung / Hypertonie-Schulung / Keine
19 Empfohlene Schulung(en) wahrgenommen Ja / Nein / War aktuell nicht möglich / Bei letzter Dokumentation keine Schulung empfohlen
Behandlungsplanung
20 HbA1c-Zielwert Zielwert erreicht / Zielwert noch nicht erreicht
21 Ophthalmologische Netzhautuntersuchung seit der letzten Dokumentation Durchgeführt / Nicht durchgeführt / Veranlasst
22 Behandlung / Mitbehandlung in einer für das diabetische Fußsyndrom qualifizierten Einrichtung Ja / Nein / Veranlasst
23 Diabetesbezogene stationäre Einweisung Ja / Nein / Veranlasst
*Zeile 2,7,10,14-17: Weggefallen
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Prognosetoggle arrow icon

  • Entscheidend für die Prognose ist die Blutzuckereinstellung sowie die Mitbehandlung von Komorbiditäten (Hypertonie, Hyperlipidämie)
    • Bei Typ-1-Diabetes ist insb. die Güte der Blutzuckereinstellung für die Verhinderung mikroangiopathisch vermittelter Folgeschäden entscheidend
    • Bei Typ-2-Diabetes steht meist die Makroangiopathie mit entsprechenden Folgen im Vordergrund, die insb. durch die Behandlung von Komorbiditäten günstig beeinflusst werden kann; wenngleich auch beim Typ-2-Diabetes die Blutzuckernormalisierung mikrovaskuläre Folgeschäden reduziert, sind diese bei den meist älteren Menschen prognostisch weniger relevant
    • Die Prognose des Typ-2-Diabetes kann durch Gewichtsnormalisierung stark verbessert werden, oft ist aber die mangelnde Therapieadhärenz Betroffener das entscheidende Problem
  • Todesursachen sind meist Myokardinfarkt und Nierenversagen
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Präventiontoggle arrow icon

  • Screening der Nüchternblutzuckerwerte bei „Gesunden“ (Personen im Alter ≥35 Jahre, alle 3 Jahre)
  • Gewichtsnormalisierung, körperliche Aktivität
  • Siehe auch: Diabetes mellitus Typ 1 - Prävention
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Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes, GDM)

Allgemeines

Risikofaktoren

Diagnostik

Lag in früheren Schwangerschaften bereits ein Gestationsdiabetes vor, bestehen Risikofaktoren (bspw. höheres Alter und Gewicht) oder Symptome einer Diabeteserkrankung (Polyurie/Polydipsie), sollte das Diabetes-Screening bereits im 1. Trimenon stattfinden (siehe auch: Diabetes-Screening in der Schwangerschaft).

Therapie des Gestationsdiabetes

  • Ersttherapie: Ernährungsumstellung und körperliche Aktivität (sofern keine Kontraindikationen vorliegen)
  • Indikationen für eine Insulintherapie: Bei Versagen der Lebensstiländerung (Ernährung und körperliche Aktivität) innerhalb von 1–2 Wochen
    • Zu beachten: Berücksichtigung des fetalen Abdomenumfangs
  • Insulinbedarf in der Schwangerschaft
    • Erstdiagnose und Einstellungsphase: Ca. 0,3–0,5 IE/kgKG als Tagesbedarf
    • 1. Trimenon: Ca. 0,7 IE/kgKG als Tagesbedarf
    • 2. Trimenon: Ca. 1 IE/kgKG
    • 3. Trimenon: Ca. 1,5 IE/kgKG
    • Peripartal: Verminderter Insulinbedarf, nahezu unberechenbare Dynamik (engmaschige Kontrollen!)
    • Individuelle Dosistitration immer(!) erforderlich
  • Bei abruptem Abfall des Insulinbedarfs zwischen 35.–37. SSW: Zeichen einer Plazentainsuffizienz [24][25]
  • Therapie-Zielbereiche der Blutzuckereinstellung bei Diabetes in der Schwangerschaft
    • Nüchtern, präprandial: 65–95 mg/dL (3,6–5,3 mmol/L)
    • 1 h postprandial: ≤140 mg/dL (≤7,8 mmol/L)
    • 2 h postprandial: ≤120 mg/dL (≤6,7 mmol/L)
  • Therapieschema: Intensivierte Insulintherapie immer anstreben

Komplikationen

Geburtsmanagement [23][27]

  • Setting
    • Insulinpflichtig: Perinatalzentrum Level 1 oder 2
    • Nicht-insulinpflichtig: Abteilung mit diabetologischer Erfahrung
  • Geburtseinleitung
    • Insulinpflichtiger GDM: Individuelles Vorgehen, Einleitung zwischen 38+0 und 40+0 SSW (neonatale Morbidität berücksichtigen!)
    • Diätisch eingestellter GDM: Individuelles Vorgehen
      • Wenn keine Risikofaktoren vorliegen: Terminüberschreitung erwägen
  • Postpartal: Erneuter oGTT nach 6–12 Wochen (bei normalen Blutzuckerwerten)

Prognose und Prävention

  • Prognose: In den meisten Fällen verschwindet diese Form des Diabetes mellitus nach Beendigung der Schwangerschaft wieder
  • Prävention: Präkonzeptionelle Gewichtsreduktion bei Frauen mit Adipositas [23]

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Präexistenter Diabetes mellitus in der Schwangerschafttoggle arrow icon

Epidemiologie [24]

Präkonzeptionelle Beratung [24]

Therapie [24]

Kontrollen der diabetesassoziierten Begleiterkrankungen in der Schwangerschaft [24]

Fetale Zustandsdiagnostik [24]

Geburtshilfliches Management [24]

Mögliche Folgen für das Kind [23][26]

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Studientelegramme zum Thematoggle arrow icon

HOMe Studientelegramme Innere Medizin

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Insuline: Blutzucker sicher senken (November 2023)

Diabetes und Depression – Hintergründe einer vernachlässigten Komorbidität (November 2021)

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Patienteninformationentoggle arrow icon

Diabetes mellitus Typ 1

Diabetes mellitus Typ 2

  • Broschüre: Wer hilft bei Diabetes?
  • Diabetes mellitus Typ 2

Selbsthilfegruppen

  • Diabetes Selbsthilfe Interessengemeinschaft

Gestationsdiabetes

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In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Diabetes: Pathophysiologie und Klinik

Diabetes: Diagnostik

Klassifikationen

Diabetes Typ 1

Diabetes Typ 2

Diabetes Typ 3 (MODY)

Diabetes Typ 4 (Schwangerschaft)

Diabetologische Notfälle

Diabetologische Notfälle – Teil 1

Diabetologische Notfälle – Teil 2

Antidiabetika

Neue orale Antidiabetika

Metformin

Sulfonylharnstoffe

Insulin

Insulin: Hormon, Freisetzung, Rezeptor, Effekte

Insulin: Präparate

Insulin: Klinische Aspekte

Insulin: Pharmakologie

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Diabetes mellitus (E10E14)

Die folgenden vierten Stellen sind bei den Kategorien E10-E14 zu benutzen

Die folgenden fünften Stellen 0 und 1 sind mit den Subkategorien .2-.6 sowie .8 und .9 bei den Kategorien E10-E14 zu benutzen

  • 0: Nicht als entgleist bezeichnet
  • 1: Als entgleist bezeichnet

Die folgenden fünften Stellen 2-5 sind ausschließlich mit der Subkategorie .7 bei den Kategorien E10-E14 zu benutzen

  • 2: Mit sonstigen multiplen Komplikationen, nicht als entgleist bezeichnet
  • 3: Mit sonstigen multiplen Komplikationen, als entgleist bezeichnet
  • 4: Mit diabetischem Fußsyndrom, nicht als entgleist bezeichnet
  • 5: Mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet

Folgeerkrankungen

  • G59.-*: Mononeuropathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • G59.0*: Diabetische Mononeuropathie (E10-E14, vierte Stelle .4†)
    • G59.8*: Sonstige Mononeuropathien bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • G63.-*: Polyneuropathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • G73.-*: Krankheiten im Bereich der neuromuskulären Synapse und des Muskels bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • G99.-*: Sonstige Krankheiten des Nervensystems bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • H28.-*: Katarakt und sonstige Affektionen der Linse bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • H36.-*: Affektionen der Netzhaut bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • I79.-*: Krankheiten der Arterien, Arteriolen und Kapillaren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • I79.2*: Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
      • Periphere diabetische Angiopathie (E10-E14, vierte Stelle .5†)
  • M14.-*: Arthropathien bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • M14.2*: Diabetische Arthropathie (E10-E14, vierte Stelle .6†)
      • Exklusive: Neuropathische Arthropathie bei Diabetes mellitus (M14.6*)
    • M14.6*: Neuropathische Arthropathie
  • N08.-*: Glomeruläre Krankheiten bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
    • N08.3*: Glomeruläre Krankheiten bei Diabetes mellitus (E10-E14, vierte Stelle .2†)
  • R73.-: Erhöhter Blutglukosewert

O24.-: Diabetes mellitus in der Schwangerschaft

  • Inklusive: Bei Geburt und im Wochenbett
  • O24.0: Vorher bestehender Diabetes mellitus, Typ 1
  • O24.1: Vorher bestehender Diabetes mellitus, Typ 2
  • O24.2: Vorher bestehender Diabetes mellitus durch Fehl- oder Mangelernährung [Malnutrition]
  • O24.3: Vorher bestehender Diabetes mellitus, nicht näher bezeichnet
  • O24.4: Diabetes mellitus, während der Schwangerschaft auftretend
    • Gestationsbedingter Diabetes mellitus o.n.A.
  • O24.9: Diabetes mellitus in der Schwangerschaft, nicht näher bezeichnet

P70.-: Transitorische Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels, die für den Fetus und das Neugeborene spezifisch sind

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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