Zusammenfassung
Bei der konservativen Frakturversorgung erfolgt - falls notwendig - zunächst eine geschlossene Reposition der Fraktur, die anschließend in einer Gipsschiene oder Orthese ruhig gestellt wird. Die Immobilisation ermöglicht im Anschluss eine dauerhafte Adaptation der Knochenfragmente und somit die Heilung der Fraktur. Dabei sollte auf eine möglichst baldige Frühmobilisation geachtet werden, um Versteifungen der Gelenke vorzubeugen. Weitere Komplikationsmöglichkeiten beinhalten das Entstehen von Durchblutungsstörungen durch einen zu engen Verband sowie das gesteigerte Thrombose- und Embolierisiko bei Ruhigstellung einer unteren Extremität.
Übersicht
Je nach Lokalisation der Fraktur divergiert die Zeit bis zur Heilung, wobei im Schnitt eine sechswöchige Ruhigstellung bei konservativer Therapie zu veranschlagen ist. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass im Gegensatz zu verschiedenen operativen Osteosyntheseverfahren nur eine übungs-, nicht jedoch eine vollständig belastungsstabile Situation erreicht werden kann. Da auch im Verlauf ein Abkippen der Fraktur, z.B. bei erneutem Sturz, möglich ist, sollten bis zur Ausheilung regelmäßig radiologische Kontrollen erfolgen. Weiterhin ist auf ausreichende Analgesie und frühzeitige Mobilisationsübungen zu achten.
- Gipsverband
- Prinzip: Ruhigstellung der Fraktur und benachbarter Gelenke
- Polsterung beachten!
- Gipskontrolle inkl. pDMS-Status am Folgetag
- Ggf. Spaltung bei zirkulär angebrachtem Gips
- Thromboseprophylaxe bei Ruhigstellung einer unteren Extremität
- Komplikationen
- Kompressionsschäden
- Thrombose
- Volkmann-Kontraktur: Beugefehlstellung im Handgelenk mit Klauenhand infolge einer Atrophie der Hand- und Fingerbeugemuskulatur durch zu engen Gips oder Gefäß-Nervenläsionen im Rahmen der Fraktur oder des Repositionsmanövers
- Prinzip: Ruhigstellung der Fraktur und benachbarter Gelenke
- Gilchrist-Verband
- Indikation: Immobilisation des Schultergelenks oder des Humerus
- Prinzip: Ruhigstellung der Schulter bei rechtwinklig angewinkeltem Arm
- Keine vollständige Immobilisation der Schulter → Funktionelle Belastung möglich
- Desault-Verband
- Indikation
- Scapulafraktur in der akuten Schmerzphase
- Läsionen des Schultergelenks oder des Humerus
- Durchführung: Fixierung der betroffenen Schulter bei am Rumpf anliegendem Arm über elastische Binden, die in Touren um Thorax, Oberarm, Schulter- und Ellenbogengelenk gewickelt werden
- Prinzip: Ruhigstellung des Schultergelenks
- Indikation
- Rucksack-Verband
- Indikation: V.a. mediale Klavikulafraktur
- Prinzip: Der Verband drückt auf die Klavikula und die Retraktion der Schulterblätter führt zur Ruhigstellung des Schultergürtels
- Dachziegel-Verband
- Indikation: Zehenfrakturen
- Durchführung: Dachziegelartig überlappende Anordnung von Tape-Verbänden (Pflasterverband) ggf. mit Schienung des frakturierten Zehs durch den benachbarten gesunden Zeh
- Weitere Immobilisationstechniken siehe: Immobilisation der oberen Extremität und Immobilisation der unteren Extremität
Die Überprüfung von peripherer Durchblutung, Motorik und Sensibilität (pDMS) ist vor und nach jeder Operation bzw. Gipsanlage und bei jeder Visite durchzuführen!
"Der Patient mit Gips hat immer Recht!" Im Zweifel Gips abnehmen und neu anlegen!
Merksatz aus der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU, 1999)