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Antisepsis

Letzte Aktualisierung: 20.12.2022

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Antisepsis bezeichnet alle Maßnahmen zur Verminderung von Keimzahlen, um somit einer Infektion vorzubeugen. Die häufigste antiseptische Maßnahme ist die Desinfektion mit bioziden Substanzen. Zur Haut- und Schleimhautreinigung werden vor allem Alkohole, Phenole und Iod verwendet. Zur Flächendesinfektion kommen bevorzugt Aldehyde, Halogene, Oxidantien und quartäre Ammoniumverbindungen zum Einsatz. In medizinischen Einrichtungen hat die Händedesinfektion eine besondere Bedeutung, wobei die alltägliche hygienische Händedesinfektion von der chirurgischen unterschieden wird.

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Wirkstoffetoggle arrow icon

  • Alkohole, Polyguanide, (Phenole)
    • Indikation: Vor allem Haut- und Schleimhautreinigung, bspw.
      • Ethanol, Propanol
      • Chlorhexidin – CAVE: Allergische Reaktionen, reversible Geschmacksstörungen, Zahnverfärbungen
      • Phenole (schlechtere Wirksamkeit)
    • Optimale Wirkung bei Konzentration von 60–70 % (reiner Alkohol wird nicht so gut in die Zelle aufgenommen, was insb. ein Überleben der grampositiven Bakterien begünstigt.)
    • Wirkmechanismus: Proteindenaturierung
    • Vorteil: Schneller Wirkeintritt und relativ gute Verträglichkeit
    • Nachteil
      • Unwirksam gegen Bakteriensporen und unbehüllte Viren
      • Hoher Eiweißfehler (Proteine, z.B. aus dem Blut oder anderen Sekreten verringern die Wirkung)
    • Alternative: Iodhaltige Präparate
  • Aldehyde, Halogene, Oxidantien
    • Indikation: Vor allem Flächendesinfektion
    • Wirkmechanismus: Denaturierung zahlreicher Strukturen (Proteine, Nukleinsäuren, Zellkerne)
    • Vorteil: Hohe Wirksamkeit auch gegen Sporen und unbehüllte Viren und nur geringer Eiweißfehler
    • Nachteil: Schlecht verträglich
    • Alternative: Quartäre Ammoniumverbindungen
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Händedesinfektiontoggle arrow icon

Hygienische Händedesinfektion [1][2]

AMBOSS-Video-Tutorial zur hygienischen Händedesinfektion in drei Schritten:

  • Ziele der Händedesinfektion
  • Indikation (5 WHO-Indikationen der Händedesinfektion)
    1. Vor jedem Patientenkontakt
    2. Vor aseptischer Tätigkeit (z.B. Legen eines intravenösen Zugangs, Vorbereiten von Medikamenten, Spritzen und Infusionen)
    3. Nach Kontakt mit potentiell infektiösem Material
    4. Nach jedem Patientenkontakt
    5. Nach dem Kontakt mit der Umgebung des Patienten
  • Substanzen: Alkohol- und Phenolmischungen
  • Händedesinfektion vs. Händewaschen
  • Durchführung
    • Von der WHO wird eine Händedesinfektionszeit von 30 s vorgegeben
    • Eine spezielle Einreibetechnik wird für die hygienische Händedesinfektion nicht mehr vorgeschrieben
      • Ausreichend (3 mL: 2–3 Hübe aus dem Wandspender) Desinfektionsmittel auf die trockene(!) Haut auftragen
      • Unbedingt auch auf Desinfektion von Fingerkuppen, Daumen und Fingerzwischenräumen achten
    • Bei Anwendung von Handschuhen: Hygienische Händedesinfektion vor Anlegen und nach Ablegen von Einmalhandschuhen durchführen
  • Hygienevorschriften und Verhaltensregeln
    • Fingernägel sollten kurz geschnitten sein, künstliche Fingernägel sind nicht gestattet
    • Kein Schmuck an Händen und Unterarmen
    • Desinfektion des Stethoskops nach jedem Einsatz
    • Desinfektion der Hände nach Kontakt mit dem Diensttelefon/Pieper
    • Wandspender sind der Kittelflasche überlegen
  • Hautpflege und Hautschutz
    • Zur Vermeidung von Hautirritationen empfohlen (z.B. in Pausen, nach Arbeitsende)
    • Arbeitgeber müssen geeignete Mittel zur Verfügung stellen
  • Gesundheitsökonomische Bedeutung
    • Durchschnittlicher Desinfektionsbedarf: Ausreichend häufig durchgeführt, muss man sich pro Schicht etwa 150 mal die Hände desinfizieren
    • Kosten nosokomialer Infektionen: Eine Infektion mit einem multiresistenten Erreger (MRE) führt in Deutschland pro Fall zu ca. 12.000 Euro Kosten für das Krankenhaus und das Gesundheitssystem
      • Eine Erhöhung der Händedesinfektionsrate um 18% führt zu 41% weniger Healthcare Associated Infections und zu 68% weniger MRSA-Fällen!
      • Mittlerweile gibt es technologische Assistenzsysteme zur Messung der Händedesinfektion im Rahmen der fünf WHO-Indikationen

Mehr als ein Drittel der nosokomialen Infektionen sind vermeidbar. Die hygienische Händedesinfektion ist dabei die Einzelmaßnahme mit der höchsten Evidenz für die Prävention von nosokomialen Infektionen!

Chirurgische Händedesinfektion

AMBOSS-Video-Tutorial zur chirurgischen Händedesinfektion (inkl. Händewaschung):

  • Ziele der Händedesinfektion: Elimination der transienten und größtmögliche Reduktion der residenten Hautflora
  • Indikation: Vor jedem chirurgischen Eingriff
  • Substanzen: Alkohol- und Phenolmischungen
  • Händedesinfektion vs. Händewaschen
    • Waschen ist nur erforderlich bei offensichtlichen Verunreinigungen oder beim erstmaligen Betreten der Operationsräume; ansonsten kann auf Waschen verzichtet und nur die Desinfektion durchgeführt werden
    • CAVE: Seifenfehler → Seifenreste gründlich abspülen
  • Durchführung
    • Optimalerweise >10 min Abstand einhalten zwischen Händewaschen und -desinfektion
    • Mindesteinwirkzeit des Desinfektionsmittels: Gemäß den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts und Herstellerangaben (meist 1,5–3 min) [2]
    • Anhaltende Benetzung der Haut (v.a. der Hände) über die Dauer der angegebenen Einwirkungszeit
    • Unterarmbereich und Handgelenk komplett miteinbeziehen [2]
    • Desinfektion nach Schema und mit Stoppuhr zur sicheren Einschätzung der Desinfektionszeit
    • Zur systematischen, chirurgischen Desinfektion geeignete Aufteilung in folgende 3 Schritte
      1. Benetzen der Hände , hiervon ausgehend gründliches Einreiben beider Unterarme bis zu den Ellenbogen
      2. Erneutes Benetzen der Hände und gründliches Einreiben dieser mitsamt der Handgelenke
      3. Anschließend Desinfektion der Hände nach Schema der hygienischen Händedesinfektion mit Einbeziehen der Handflächen, Fingerzwischenräume, Fingerkuppen, Nagelfalzen und Daumen
    • Nach Desinfektion: Hände in aufrechter Position ungefähr auf Brusthöhe halten

Für grundlegende Informationen zu Händedesinfektion und Verhalten im OP siehe auch: OP-Basics: Betreten, Einwaschen und Assistieren

Ziel der chirurgischen Händedesinfektion ist die Elimination der transienten Hautflora (z.B. Pseudomonas, Enterobakterien, Viren) und größtmögliche Reduktion der residenten Hautflora (z.B. koagulasenegative Staphylokokken, Corynebakterien)!

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Zugelassene Desinfektionsmitteltoggle arrow icon

Zugelassene Desinfektionsmittel (Auszug aus der VAH-Liste)
Desinfektion Substanzbeispiele
Hände- und Hautdesinfektion
  • Alkohole
  • Quaternäre Verbindungen
  • Guanidine
  • Iodabspaltende Verbindungen
Flächendesinfektion
  • Aldehyde und Aldehydabspalter
  • Alkohole
  • Peroxidverbindung
  • Quaternäre Verbindungen
  • Guanidine
  • Glykolderivate
Instrumentendesinfektion
  • Aldehyde und Aldehydabspalter
  • Quaternäre Verbindungen
  • Phenole
  • Glykolderivate
  • Laugen
Wäschedesinfektion
  • Peroxidverbindungen
  • Aldehyde
  • Chlorabspaltende Verbindungen
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Sterilisationsverfahrentoggle arrow icon

Verfahren für thermostabile Materialien

Bei thermostabilen Materialien kann durch hohe Temperaturen eine Sterilisation erreicht werden, ohne dass eine Gesundheitsgefährdung zu erwarten ist.

  • Autoklavieren
    • Gilt als sicherstes Verfahren
    • Zwei Verfahren werden angewandt
      • 15 min bei 121 °C oder
      • 3 min bei 134 °C
    • Prionen werden bei diesen Verfahren nicht unschädlich gemacht. Um diese unschädlich zu machen, muss 60 min bei 134 °C autoklaviert werden (kein Standard)
  • Heißluftsterilisation
    • Bei gleicher Einwirkzeit sind höhere Temperaturen erforderlich
    • Als Standard werden Arbeitstemperaturen von 160–200 °C angestrebt
  • Reinigungs-und Desinfektionsgerät

Verfahren für thermolabile Materialien

Bei thermolabilen Materialien können keine hohen Temperaturen eingesetzt werden, sodass auf potenziell gesundheitsgefährdende chemische Stoffe zurückgegriffen werden muss.

  • Ethylenoxid
    • Bis 60 °C bei 60% Luftfeuchtigkeit
    • Kanzerogen: Desorptionszeiten (Ausgasungszeiten, Belüftung) von mindestens 4 Stunden bis 14 Tage sind erforderlich
    • Explosiv
  • Formaldehyd
    • Bis 70 °C bei 100% Luftfeuchte
    • Schlechte Penetration der Materialien: Eher für Oberflächensterilisation
    • Gesundheitsschädlich: Schon die für die Sterilisation nötige Konzentration von nur 5% ist gesundheitsschädlich (siehe auch Formaldehydexposition)
  • Plasmasterilisation [3]
    • Mechanismus: Durch freie Radikale, Ionen und UV-Strahlung, die in einem Plasma erzeugt werden, können Mikroorganismen und Viren inaktiviert werden
    • Bei 45–55 °C bei 5% Feuchtigkeit im Gas (i.d.R. Wasserstoffperoxid (H2O2) -Gas)
    • Vorteile
    • Nachteil
      • Geringe Veränderungen der Sterilisationsbedingungen (Anstieg der Feuchtigkeit, Absinken des Vakuums) beenden den Sterilisationsprozess
      • Zusammensetzung des Plasmas muss auf das Sterilisationsgut (Material) abgestimmt werden
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Pasteurisierungtoggle arrow icon

  • Ziel: Reduktion der Keimzahl durch kurzzeitiges Erhitzen, meistens von Milch- und anderen eiweißhaltigen Produkten
  • Verfahren: 40 s bei 72 °C oder 10 s bei 85 °C
  • Wirkspektrum: Abtötung einer Vielzahl von Bakterien, aber keiner hitzeresistenter Sporen
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