Zusammenfassung
Für ein Spermiogramm wird das Ejakulat bei der Ejakulation vollständig aufgefangen und anschließend mikroskopisch und laborchemisch untersucht. Die Klassifizierung erfolgt anhand der WHO-Referenzwerte. Indikationen sind u.a. die Abklärung der männlichen Fertilität und die Sicherung einer Sterilität nach einer Vasektomie.
Dieses Kapitel behandelt ausschließlich die Abklärungen mittels Spermiogramm. Für detailliertere Informationen bzgl. einer Sterilitätsabklärung siehe: Sterilität, Infertilität und Impotenz.
Spermienkategorien
Die WHO teilt die Spermienqualität nach Motilität in drei (neue) Kategorien ein. Die wichtigsten Parameter neben der Motilität sind die Spermienzahl und die Spermienmorphologie. Siehe hierzu: Normales Spermiogramm und pathologisches Spermiogramm.
Kategorien der Spermienmotilität [1] | |||
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Neue Kategorien | Alte Kategorie | Motilität | Befund |
PR (progressiv) | A |
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B |
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NP (nicht-progressiv) | C |
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IM (immotil) | D |
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Indikation
-
Abklärung der Fruchtbarkeit des Mannes
- Siehe auch: Sterilitätsabklärung beim Mann [1]
- Kryokonservierung vor gonadotoxischer Therapie (bspw. Chemotherapie oder Radiatio)
- Beurteilung der Samenqualität (Samenspender)
- Nachweis der Sterilität nach Sterilisation
Durchführung
Die hier aufgeführten Informationen dienen der Übersicht. Für ausführlichere Informationen verweisen wir auf das „WHO-Laborhandbuch zur Untersuchung und Aufbereitung des menschlichen Ejakulates“ von 2021 sowie auf die DGGG-Leitlinie „Diagnostik und Therapie vor einer assistierten reproduktionsmedizinischen Behandlung“ von 2019 (siehe unter Tipps & Links). [1][2][3][4]
- Allgemeines
- Ausführliche Anamnese und (körperliche) Untersuchung
- Siehe auch: Sterilitätsabklärung beim Mann
- Zeitpunkt: Nach sexueller Karenzzeit von 2–7 Tagen
- Anzahl: Mind. 2 Spermiogramme im Abstand von 6–12 Wochen
- Ausführliche Anamnese und (körperliche) Untersuchung
- Untersuchung des Ejakulats (für Referenzwerte siehe: Normales Spermiogramm) [1]
- Ggf. mikrobiologische Untersuchung
- Inkubation des Ejakulats für 30–60 Minuten
- Makroskopische Untersuchung: Beurteilung von Volumen, Konsistenz, Farbe, Geruch, pH-Wert
- Ggf. Bestimmung der Seminalplasmamarker
- Mikroskopische Untersuchung
- Beurteilung von Motilität und Vitalität
- Test auf Spermienautoantikörper und Leukozytenanteil
- Spermienkonzentration: Verdünnung und Auszählung in spezieller Zählkammer
- Beurteilung der Morphologie: Herstellung fixierter Ausstrichpräparate
Normales Spermiogramm
Referenzwerte nach WHO 2021. Liegen die drei Parameter Gesamtspermienzahl, Motilität (PR) und Morphologie im Normbereich, liegt eine Normozoospermie vor. [1][2][3]
- Ejakulatvolumen: ≥1,4 mL
- Gesamtspermienzahl: ≥39 Millionen pro Ejakulat
- Spermienkonzentration: ≥16 Millionen/mL Ejakulat
- Motilität (siehe auch: Kategorien der Spermienmotilität)
- Vitalität: ≥53% lebende Spermien
- Morphologie: ≥4% mit regulärer Form
- Seminalplasmamarker [1]
- Fructose: ≥13 μmol/Ejakulat im Seminalplasma
- Bei Erniedrigung: Hinweis auf Verschluss der ableitenden Ductus ejaculatorii oder auf Fehlfunktion der Bläschendrüse
- Zink: ≥2,4 μmol/Ejakulat
- α-Glucosidase: ≥20 mU/Ejakulat
- Fructose: ≥13 μmol/Ejakulat im Seminalplasma
- pH-Wert: >7,2–8,0 [1]
- >8,0 bei Entzündungen der Prostata, Samenwege oder Geschlechtsdrüsen
- <7,2 bei Fehlfunktion der Bläschendrüse bzw. Verschluss der Ductus ejaculatorii
- Weitere zu beurteilende Faktoren
- Leukozytenanteil
- Spermienautoantikörper [5]
Pathologien
- Aspermie: Kein Ejakulat
- Hypospermie: <1,4 mL Gesamtejakulat
- Azoospermie: Keine Spermien im Ejakulat (obstruktiv oder durch gestörte Spermatogenese, bspw. genetisch bedingt durch Azoospermiefaktor(AZF)-Deletion)
- Kryptozoospermie: <1 Millionen Spermien/mL Ejakulat
- Oligozoospermie: <16 Millionen Spermien/mL Ejakulat
- Asthenozoospermie: <30% der Spermien zeigen progressive Motilität (Spermienkategorie PR, siehe auch: Kategorien der Spermienmotilität)
- Teratozoospermie: <4% morphologisch normale Spermien
- Oligoasthenoteratozoospermie (OAT-Syndrom): Kombination aus Oligozoospermie, Asthenozoospermie und Teratozoospermie
- Nicht selten mit Chromosomenauffälligkeiten einhergehend → Humangenetische Diagnostik vor geplanter Kinderwunschbehandlung indiziert
Ursache für Pathologien
An dieser Stelle wird auf Ursachen für mangelnde Spermaqualität eingegangen. Für weitere mögliche Ursachen einer männlichen Sterilität siehe: Männliche Sterilitätsursachen.
- Bakterielle Infekte (z.B. Chlamydien), entzündliche Prozesse im männlichen Genitaltrakt [5]
- Maldescensus testis
- Varikozele testis
- Virusinfektionen (z.B. Mumps)
- Stress [5]
- Sexuelle Abstinenzzeit [1]
- Fehlfunktionen/Störungen der Prostata oder Bläschendrüse [5]
- Fehlfunktionen/Störungen des Nebenhodens, gestörte Spermienbildung, Stoffwechselstörungen der Spermien [5]
- Androgenmangel [5]
- Medikamente (bspw. Anabolika, Antihistaminika, Antidepressiva, Testosteron) [1]
- Übergewicht [4]
- Nikotinkonsum, Alkohol- und Drogenkonsum [4]
- Hitzeexposition [4]
- Spermienautoantikörper [5]
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- N46: Sterilität beim Mann
- Inklusive: Azoospermie o.n.A., Oligozoospermie o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.