Zusammenfassung
Neben der operativen Behandlung und dem Einsatz von Chemotherapeutika stellt die Strahlentherapie den dritten großen Therapieansatz in der Behandlung von bösartigen Tumorerkrankungen dar. Zum Einsatz kommt sie dabei sowohl in Ergänzung zur kurativen Behandlung (seltener auch als alleiniger Behandlungsansatz) oder aber bei palliativer Situation: Insbesondere die Bestrahlung von Knochenmetastasen ist effektiv bezüglich einer Schmerzlinderung und Stabilisierung des Knochens zur Verhinderung von Frakturen.
Außerhalb der Onkologie besitzt die Strahlentherapie auch Einsatzgebiete. So kann bspw. zur Behandlung einer endokrinen Orbitopathie eine Bestrahlung des Retrobulbärraumes erfolgen.
Indikation
Malignome
- Kurativ
- Neoadjuvante Strahlentherapie zum Downstaging (bspw. Rektumkarzinom)
-
Adjuvante Strahlentherapie, um postoperativ verbliebene Tumorzellen abzutöten (bspw. Mammakarzinom)
- Die Strahlentherapie kann auch intraoperativ zum Einsatz kommen
- Primäre (alleinige) Strahlentherapie (bspw. bei Prostatakarzinom möglich)
- Kombination mit Chemotherapie (Radiochemotherapie) → Durch die Chemotherapie ist es möglich, die Strahlensensibilität des Tumors zu vergrößern
- Palliativ
- Präventive lokale Bestrahlung von osteolytischen Knochenmetastasen → Ziel der Remineralisierung, Prophylaxe von Frakturen
- Strahlentherapie schmerzender Knochenmetastasen zur Symptomlinderung
- Behandlung einer Einflussstauung bei Tumoren des Mediastinums
Weitere
- Endokrine Orbitopathie, Arthrose, ggf. Morbus Cushing u.a.
Ablauf/Durchführung
Grundlagen der Strahlentherapie
- Grundprinzip: Einsatz von ionisierender Strahlung → Hemmung der Zellteilung, Zellzerstörung
- Begriffe
- Konventionelle Strahlentherapie: Konventionelle Fraktionierung
- Fraktionierung: Die Gesamtdosis wird auf tägliche kleine Einzeldosen aufgeteilt (meistens 1,5-2,5Gy)
- Hypofraktionierung
- Erklärung: Höhere Dosis pro Fraktion → Kürzere Gesamtbestrahlungszeit
- Indikation: Z.B. Wunsch des Patienten → Palliativsituation, in der die Liegezeit im Krankenhaus vermindert werden soll
- Hyperfraktionierung
- Erklärung: Weitere Aufteilung einer Tages-/Wochenfraktion in mehrere Unterfraktionen geringerer Dosis bei gleicher Gesamtbestrahlungszeit → Höhere Gesamtstrahlendosis möglich
- Indikation: Tumoren mit hoher Teilungsrate
- Akzelerierung
- Erklärung: Erhöhung der Fraktionsfrequenz bei gleichbleibender Dosis → Kürzere Gesamtbestrahlungszeit und stärkerer Effekt bei mehr Nebenwirkungen
- Indikation: Tumoren mit schneller Entwicklung einer Strahlenresistenz
- Boost-Therapie (Dosisaufsättigung)
- Erklärung: Nach der initialen Strahlentherapie wird die Strahlendosis in dem Bereich erhöht, aus dem der Tumor entfernt wurde
- Ziel: Verringerung der Lokalrezidivrate
- Durchführung: Applikation der Dosis über externe Strahlenquelle (Photonen- oder Elektronentherapie) oder als Brachytherapie
- Indikation
- U.a. Mamma-Karzinom, Prostata-Karzinom, Kopf-Hals-Tumoren, Rektumkarzinom, Ösophaguskarzinom
- Ein Boost wird häufig bei neoadjuvanten Konzepten durchgeführt
- Hypofraktionierung
- Teletherapie (Perkutane Strahlentherapie): Strahlentherapie von außen
- Durchführung: Bestrahlung des Zielgewebes aus mehreren Winkeln zur Schonung des umliegenden Gewebes
- Varianten
- "Konventionelle" hochenergetische Teletherapie: Bestrahlung innerer Organe und ZNS
- Weichstrahltherapie (Nahstrahltherapie): Bestrahlung von dermatologischen Krankheitsbildern (z.B. Basalzellkarzinom, Keloide, Psoriasis)
- Brachytherapie: Strahlentherapie von innen
- Bspw. Einbringen von radioaktiven Seeds (reiskorngroße Strahlenquellen) in ein Zielorgan
- Low-Dose-Bestrahlung möglich
- Bspw. Einbringen von radioaktiven Seeds (reiskorngroße Strahlenquellen) in ein Zielorgan
Komplikationen
- Akute Strahlenreaktion
- Übelkeit, Schwächegefühl, Dysphagie, Erbrechen unmittelbar nach Bestrahlung
- Hautrötung
- Schleimhautentzündung (Stomatitis, Ösophagitis, Enteritis, etc.), Infekte
- Knochenbestrahlung (blutbildendes Knochenmark): Anämie, Thrombozytopenie und Leukozytopenie
- Strahlenpneumonitis: Mehrere Wochen nach Bestrahlung kommt es zu Dyspnoe, trockenem Reizhusten, Hämoptysen und evtl. Fieber
- Frühes Zeichen ist eine hypoxämische respiratorische Insuffizienz
- Chronische Strahlenschäden
- Gewebefibrosierung im Bereich des bestrahlten Tumors
- Bspw. Lungenfibrose (streifenförmig-retikuläre Zeichnungsvermehrung im Röntgen)
- Knochenmark: Anämie, Thrombozytopenie und Leukozytopenie
- Herz: Erhöhte Gefahr eines Myokardinfarkts
- Darm: Funktionsstörung
- Schilddrüsenfunktionsstörungen (Hypothyreose)
-
Fertilitätsstörung
- Fibrosierung der Ovarien mit Amenorrhö
- Azoospermie
-
Schädelbestrahlung
- Leukenzephalopathie: Krankhafte Veränderung der weißen Substanz
- Wachstumsstörung → Wachstumshormonmangel → Substitution mit rekombinantem Somatotropin (rhGH)
- Xerostomie (Bestrahlung der Speicheldrüsen, Funktionsverlust) → Erhöhte Häufigkeit von Strahlenkaries (Caries radiatio)
- Malignom (Lymphom, Schilddrüsenkarzinom u.a.)
- Gewebefibrosierung im Bereich des bestrahlten Tumors
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.