Zusammenfassung
In den paarig angelegten Hoden (lat. testis) werden die für die Fortpflanzung notwendigen Spermien gebildet. Embryologisch entwickelt sich der Hoden im Bauchraum und steigt in den Hodensack ab. Daraus erklärt sich die Gefäßversorgung aus dem Oberbauch sowie die Abstammung der Hodenhüllen von den Bauchwandschichten (siehe Geschlechtsentwicklung). Die wichtigste Aufgabe des Hodens ist die Spermatogenese. Bis zur Pubertät werden die Keimzellen dafür lediglich bis zum Stadium der Spermatogonien entwickelt. Ab der Spermarche bis zum Ende des Lebens werden die Spermatiden dann im Hoden produziert und an den Nebenhoden weitergeleitet, in dem sie sich zu reifen Spermien entwickeln können. Des Weiteren werden im Hoden 95% der männlichen Geschlechtshormone (Androgene) produziert. Übrigens findest du auch eine Histo-Trainer-Folge zu Hoden, Nebenhoden und Samenstrang im Abschnitt zur mikroskopischen Anatomie des Hodens.
Makroskopische Anatomie
Steckbrief
- Funktion: Spermatogenese und Androgensynthese
- Form: Eiförmig
- Körperregion: Regio urogenitalis
- Größe: 40–45 mm lang, 30 mm Durchmesser, 25–30 mL Volumen
- Gewicht: 20–30 g
- Flächen und Ränder
- Margo anterior et posterior (Vorder- und Hinterrand)
- Facies medialis et lateralis (Innen- und Außenfläche)
- Extremitas superior et inferior (oberer und unterer Pol)
Aufbau des Hodens
- Tunica albuginea: Weiß glänzende, derbe Bindegewebskapsel mit zwei Schichten, die den Hoden von außen umgibt
- Äußere Schicht: Derbes Bindegewebe mit glatten Muskelzellen zur Aufrechterhaltung der Kapselspannung
- Innere Schicht: Tunica vasculosa, enthält hauptsächlich Blutgefäße
- Läppchengliederung
- Septula testis (= Hodensepten)
- Bindegewebsstränge mit Blut- und Lymphgefäßen, die von der Tunica albuginea radiär zum Hodengeflecht ziehen
- Unterteilen den Hoden in Läppchen
- Lobuli testis (= Hodenläppchen): Ca. 350 pro Hoden; Bestehen aus Samenkanälchen und umgebendem Interstitium
- Tubuli seminiferi (= Samenkanälchen): Je 2–4 pro Hodenläppchen, Ort der Spermienproduktion
- Tubuli seminiferi contorti: Gewundene Hauptkeimzellkanäle
- Tubuli seminiferi recti: Gerade Endstücke der Keimzellkanäle, die in das Rete testis münden
- Tubuli seminiferi (= Samenkanälchen): Je 2–4 pro Hodenläppchen, Ort der Spermienproduktion
- Septula testis (= Hodensepten)
- Rete testis (= Hodengeflecht): Gemeinsame Endstrecke aller Samenkanälchen
- Ductuli efferentes testis: Ca. 12 aufgewundene Gänge, die das Rete testis mit dem Nebenhoden verbinden
Hodenhüllen
Der Hoden ist von einer mehrschichtigen Hodenhülle umgeben. Da er intraabdominell entsteht und während der weiteren Entwicklung unter Ausstülpung der Bauchwandschichten in den Hodensack deszendiert, haben die Hodenhüllen jeweils ein intraabdominelles Korrelat.
Hodenhüllen (innen → außen) | Beschreibung | Intraabdominelles Korrelat | |
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Tunica vaginalis testis |
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Fascia spermatica interna |
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M. cremaster |
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Fascia spermatica externa |
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Tunica dartos |
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Skrotalhaut |
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Ist der Kremaster froh und munter, hüpft das Testis rauf und runter.
Hydrocele testis
Eine Hydrocele ist eine Wasseransammlung zwischen der Lamina parietalis und Lamina visceralis der Tunica vaginalis testis im Skrotum, die schmerzlos ist und sich meist gut ertasten lässt. Sie kann nach einer Entzündung oder einem Trauma entstehen, bei Kindern aber auch aufgrund einer Obliterationsstörung des Processus vaginalis vorkommen, durch den der Hoden mit dem Bauchraum verbunden bleibt.
Topografie des Hodens
- Lage
- Extraabdominell im Hodensack (= Skrotum)
- Meist höhenversetzt zueinander
- Umgeben von Hodenhüllen
- Lagebeziehungen
- Nebenhoden: Nebenhodenkopf liegt dem oberen Hodenpol an, der Nebenhodenkörper zieht bis zum Hinterrand des Hodens
- Samenstrang: Grenzt an den Hinterrand bis zum unteren Pol des Hodens
Gefäßversorgung und Innervation des Hodens und Nebenhodens
Gefäßversorgung | Besonderheiten | |
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Arteriell |
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Venös |
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Innervation | ||
Autonomes Nervengeflecht |
| |
Lymphabfluss | ||
Lymphstationen |
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Blutversorgung, Innervation und Lymphabfluss des Hodens entstammen dem Oberbauch, was auf den Descensus des Hodens in der Fetalperiode zurückzuführen ist.
Varicocele
Tritt im venösen Gefäßverlauf ein Abflusshindernis auf, kann es zu einem Rückstau von venösem Blut mit abnormer Erweiterung und Schlängelung des Plexus pampiniformis kommen. Die linke Seite ist häufiger betroffen, da an der rechtwinkligen Mündung der V. testicularis in die V. renalis öfter Stauungen auftreten. Ursache können z.B. Infektionen sein, häufig tritt die Varicocele auch idiopathisch auf. Der Hoden ist dabei oft schmerzlos vergrößert und bei der Untersuchung sind Gefäßknäule ("Sack voller Würmer") tastbar. Bei dieser Symptomkombination sollte man aber immer auch an einen Hodentumor denken.
Mikroskopische Anatomie
Die Lobuli testis beherbergen die Hauptkeimzellkanäle, in denen mit Hilfe der Sertoli-Zellen die Spermienreifung stattfindet. Dazwischen liegen im Interstitium die Androgen produzierenden Leydig-Zellen. Reife Spermien werden an das Hodengeflecht abgegeben. Die umgebende Kapsel des Hodens besitzt einen zweischichtigen Aufbau.
- Lobuli testis (Hodenläppchen)
- Tubuli seminiferi contorti: Haben einen zweischichtigen Aufbau aus dem Keimepithel und einer Lamina propria
- Epithelium spermatogenicum (= Keimepithel): Besteht aus Sertoli-Zellen und Keimzellen und gliedert sich in ein basales und ein adluminales Kompartiment
- Sertoli-Zellen
- Aussehen: Einschichtig, hochprismatische Epithelzellen der Samenkanälchen mit homogen gefärbtem, ovalen Zellkern mit deutlichem Nukleolus
- Funktion
- Fungieren als Stützgerüst und ernähren die Keimzellen
- Bildung von Hormonen (Inhibin, Anti-Müller-Hormon (AMH) , Androgen-bindendes Protein (ABP) )
- Keimzellen: Durchlaufen die Spermatogenese im Keimepithel von basal nach luminal
- Sertoli-Zellen
- Lamina propria (= Basalmembran): Besteht aus Kollagenfasern und Myofibroblasten
- Myofibroblasten: Mehrschichtig gelagerte, langgestreckte Zellen mit spindelförmigem Zellkern
- Epithelium spermatogenicum (= Keimepithel): Besteht aus Sertoli-Zellen und Keimzellen und gliedert sich in ein basales und ein adluminales Kompartiment
- Tubuli seminiferi contorti: Haben einen zweischichtigen Aufbau aus dem Keimepithel und einer Lamina propria
- Interstitium: Das bindegewebige Stroma des Hodens umgibt die Keimzellkanäle und enthält neben Nerven, Blut- und Lymphgefäßen die Leydig-Zellen
- Leydig-Zellen: Parakrine Zwischenzellen
- Aussehen: Große, peritubulär gruppierte, zytoplasmareiche Zellen mit charakteristischen Einschlüssen (sog. Reinke-Kristalle)
- Funktion: Androgenbildung (Testosteron, Androstendion, Dehydroepiandrosteron (DHEA)) und parakrine Sekretion
- Leydig-Zellen: Parakrine Zwischenzellen
- Rete testis (Hodengeflecht): Kubisches, einschichtiges Epithel, teils mit Geißeln besetzt
- Geißeln dienen dem Transport der noch unbeweglichen Samenzellen zum Nebenhoden
Histo-Trainer Hoden, Nebenhoden und Samenstrang
Sertoli cells Support Sperm Synthesis.
Das leydige (leidige) Testosteron!
Maligne Hodentumoren
Hodenkrebs tritt häufig bei Männern zwischen 20 und 50 Jahren auf. Zellteilungsrate und Reproduktionsfähigkeit sind in diesem Lebensabschnitt besonders hoch; aufgrund dieser raschen Vermehrung kann es häufig zu Entartungen kommen. Die häufigste Hodenkrebsform bilden die Seminome, welche durch Entartung von Spermatogonien entstehen. Bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie haben Seminome eine gute Langzeitprognose.
Blut-Hoden-Schranke
Die im Keimepithel entstehenden Spermien sind durch Rekombination (Crossing over) während der Meiose nicht mehr genetisch identisch mit den restlichen Zellen des Körpers. Deswegen müssen sie durch die Blut-Hoden-Schranke vor dem Immunsystem des Körpers geschützt werden.
- Aufbau: Isoliertes Mikromilieu durch Tight Junction-Barrieren zwischen den Zellfortsätzen der Sertoli-Zellen
- Funktion: Schutz der Keimzellen
- Die Entwicklung der Keimzellen findet ab der ersten meiotischen Teilung innerhalb der Blut-Hoden-Schranke statt
- Die Blut-Hoden-Schranke ist undurchlässig für Zellen und Antikörper und verhindert dadurch die Autoantikörperbildung gegen Spermien
Spermatogenese
Mit dem Eintritt in die Pubertät zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr beginnt im Hoden die kontinuierliche Produktion von Spermien, während derer sich im Hoden Spermatogonien in vier Entwicklungsschritten zu reifen Spermien ausbilden.
Entwicklungsstadien der Spermatogenese
Die Entwicklung eines reifen Spermiums aus einem Spermatogonium dauert etwa 74 Tage. Während der Ausreifung wandern die Spermien zunehmend lumenwärts in den Tubuli seminiferi, durchwandern die Blut-Hoden-Schranke und differenzieren sich schließlich zu reifen Spermien.
Stadien der Spermatogenese | Bezeichnung der Keimzellen | Vorgänge |
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1. Entstehung |
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Spermatogonien |
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2. Vermehrung (Mitose) | Typ-A-Spermatogonien |
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Typ-B-Spermatogonien |
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3. Maturation (Meiose) | Spermatozyten I |
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Spermatozyten II |
| |
4. Ausdifferenzierung | Spermatiden |
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In 7 Stadien entwickeln sich aus Spermatogonien reife Spermien. Dabei entstehen aus einem Spermatozyten I durch Meiose vier reife Spermien.
Aufbau eines reifen Spermiums (Spermatozoon)
Ein reifes Spermium ist länglich und besteht aus drei Anteilen, dem Spermienkopf, -hals und -schwanz. Der Spermienkopf enthält das Erbgut, eine hydrolytische Kappe und geht in den beweglichen Spermienhals über (Verbindungsglied zwischen Kopf und Schwanz). Der Spermienschwanz (= Geißel) unterteilt sich wiederum in drei Abschnitte . Zentral liegt das Axonem zur Fortbewegung, das im Mittelstück von einer Mitochondrienmanschette zur Energiebereitstellung umgeben ist.
- Gesamtlänge: 50–60 μm
- Spermienkopf: Zellkern mit aufgelagerter Akrosomenkappe
- Akrosom: Kopfkappe des Spermiums
- Entstehung: Aus fusionierten Lysosomen
- Funktion: Enthält hydrolytische Enzyme zur Penetration der Eizelle
- Spermienhals: Kurzes Verbindungsglied mit beweglicher Basalplatte zur Verankerung des Axonems am Spermienkopf
- Funktion: Steuerung der Bewegung
- Enthält die beiden Zentriolen, die die Zellteilung nach Verschmelzung mit der Eizelle ermöglichen
- Spermienschwanz: Zentrales Axonem, das von einer speziellen Wand umgeben wird
- Axonem : Konzentrisch angeordnete Mikrotubuli-Fasersysteme
- Funktion: Fortbewegung des Spermiums
- Mittelstück
- Energieproduktion in der Mitochondrienmanschette zur Fortbewegung des Spermiums
- Schließt zum Hauptstück mit dem Anulus ab
- Dreischichtiger Wandaufbau : Längsfaserscheide , Mitochondrienmanschette , Plasmamembran
- Hauptstück
- Dreischichtiger Wandaufbau : Längsfaserscheide, , Ringfaserscheide, Plasmamembran
- Endstück
- Einschichtiger Wandaufbau: Plasmamembran
- Axonem : Konzentrisch angeordnete Mikrotubuli-Fasersysteme
Zeugungsunfähigkeit (Impotentia generandi) des Mannes
Eine Zeugungsunfähigkeit bei Männern mit bestehendem Kinderwunsch kann vielfältige Ursachen haben. Diese reichen von embryologischen Fehlbildungen der primären Geschlechtsorgane über eine Spermiendysfunktion, postentzündliche Stenosen der Samenwege (insb. Epididymitis und Prostatitis) bis hin zu hormonellen Ursachen (z.B. Fehler in der Testosteronsynthese). Bei nachgewiesenen Störungen in den Samenwegen bei erhaltener Spermatogenese kann eine künstliche Befruchtung versucht werden. Davon zu unterscheiden ist die Impotentia coeundi, bei der eine Unfähigkeit zur Erektion vorliegt.
Hormonelle Steuerung der Spermatogenese
Die Ausreifung der Spermien beim Mann verläuft hormonabhängig. Die Spermatogenese wird zentral im Zwischenhirn durch die Freisetzung der Hormone GnRH, LH und FSH gesteuert. Für die weitere Hormonproduktion im Hoden sind die Sertoli-Zellen und Leydig-Zellen verantwortlich. Detaillierte Informationen zu den Androgenen und zum Hypophysären Regelkreislauf siehe: Androgene.
- Fünf Hormone sind an der Spermatogenese beteiligt:
- GnRH: LH↑, FSH↑
- LH: Stimuliert Leydig-Zellen → Testosteronbildung↑
- FSH: Stimuliert Sertoli-Zellen → Spermatogenese↑
- Inhibin: FSH↓ → Spermatogenese↓ (neg. Rückkopplung)
- Testosteron: Spermatogenese↑, hohe Konzentrationen von Testosteron: GnRH↓ + LH ↓ (neg. Rückkopplung)
Embryologie
Wiederholungsfragen zum Kapitel Hoden
Makroskopische Anatomie
In welche Lymphknoten fließt die Lymphe aus den Hoden und Nebenhoden primär ab? Wie lässt sich das erklären?
Was versteht man unter einer Hydrocele testis und zwischen welchen beiden anatomischen Strukturen befindet sich diese?
Mikroskopische Anatomie
Welche Hormone werden in den Sertoli-Zellen des Hodens gebildet?
Aus welchen Zellen besteht das Keimepithel der Tubuli seminiferi contorti?
Spermatogenese
Was versteht man unter Spermatogenese und wo findet diese statt?
Welche Stadien der Spermatogenese werden unterschieden?
Welche Keimzelltypen entstehen während der Spermatogenese durch die erste und die zweite meiotische Teilung?
Beschreibe Funktion und Aufbau des reifen Spermienschwanzes!
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.