Zusammenfassung
Das knöcherne Gerüst des Unterarms bilden Elle (Ulna) und Speiche (Radius), die über das Radioulnargelenk miteinander in Verbindung stehen. Über das Ellenbogengelenk ist der Unterarm mit dem Oberarm, über das Handgelenk mit der Hand verbunden. Zahlreiche Muskeln des Unterarms ermöglichen die präzisen Bewegungen der Hand. Die sehr variantenreichen Gefäße des Unterarms haben schon viele Medizinstudierende zur Verzweiflung gebracht bei der Suche nach einem Punktionsort für venöse Blutentnahmen, venöse Zugänge, oder arterielle Punktionen.
Knochen
Ulna (=Elle)
Die Ulna lässt sich von proximal nach distal in folgende wichtige Abschnitte und Strukturen gliedern.
- Proximale Epiphyse
- Olecranon
- Processus coronoideus
- Incisura radialis
- Incisura trochlearis
- Tuberositas ulnae
- Corpus ulnae (Ulnaschaft)
- Caput ulnae (Ulnakopf)
- Proc. styloideus ulnae
- Circumferentia articularis
Radius (=Speiche)
Der Radius lässt sich von proximal nach distal in folgende wichtige Abschnitte und Strukturen gliedern.
- Caput radii (Radiuskopf)
- Corpus radii (Radiusschaft)
- Tuberositas radii
- Distale Epiphyse
- Proc. styloideus radii
- Facies articularis carpalis
- Incisura ulnaris
- Tuberculum dorsale
Distale Radiusfraktur
Die distale Radiusfraktur ist mit 25% aller Frakturen die häufigste Fraktur des erwachsenen Menschen. Häufigste Ursache ist der Sturz auf die gestreckte Hand (sog. Colles-Fraktur). Therapeutisch reicht nach Reposition meist eine Ruhigstellung in der Gipsschiene für 4–6 Wochen.
Gelenke und Bänder
Radioulnargelenk
Das Radioulnargelenk besteht aus einem proximalen und einem distalen Teil. Beide sind Radgelenke und bilden eine funktionelle Einheit für die Pronation und Supination der Hand. Das proximale Radioulnargelenk gehört außerdem zum dreiteiligen Ellenbogengelenk siehe dafür: Oberarm und Ellenbogen. Das Gelenk zwischen Radius, Ulna und proximalen Handwurzelknochen wird beim Thema → Handgelenk (Kapitel „Hand“) besprochen.
- Definition: Funktionelle Einheit aus proximalem und distalem Radioulnargelenk
- Funktion
- 1 Freiheitsgrad: Pronation/Supination (90°/0°/90°)
- Gelenktyp: Radgelenk
- Beteiligte Strukturen des proximalen Gelenks
- Knöchern: Circumferentia articularis des Caput radii liegt der Ulna in der Incisura radialis an
- Bindegewebig: Lig. anulare radii (ringförmiges Band)
- Ursprung und Ansatz ist jeweils die Incisura radialis ulnae
- Beteiligte Strukturen des distalen Gelenks
- Knöchern: Circumferentia articularis des Caput ulnae liegt dem Radius in Incisura ulnaris an
- Bindegewebig
- Schlaffe Gelenkkapsel, die die umfassende Bewegung der Pronation/Supination ermöglicht
- Ligg. radioulnaria palmare et dorsale
SUPination ist die Bewegung mit der man SUPpe löffelt! PROnation bringt den Handrücken wie beim BROtschneiden nach oben!
Membrana interossea antebrachii
- Definition: Bindegewebige Verbindung zwischen den sich gegenüberliegenden Längskanten von Radius und Ulna (Margo interosseus radii/ulnae)
- Funktion
- Verhindert Längsverschiebung von Radius und Ulna gegeneinander (Sicherung des Radioulnargelenks)
- Bei Supination (wenn die Knochen parallel zueinander liegen) ist sie gespannt
- Bei Pronation ist sie entspannt
- Weitere beteiligte Strukturen: Proximal wird sie durch eine dem Faserverlauf entgegengesetzte Chorda obliqua verstärkt
Muskeln
Die Muskeln des Unterarms lassen sich in die ventrale Gruppe der Flexoren und die dorsale Gruppe der Extensoren gliedern. Beide Gruppen können zusätzlich in oberflächliche und tiefe Muskelgruppen unterteilt werden. Die einzelnen Gruppen sind jeweils durch Faszienzüge voneinander getrennt.
Flexoren des Unterarms
Oberflächliche Flexoren des Unterarms
Die Muskeln sind in der Tabelle von radial nach ulnar angeordnet.
Name | Ursprung | Ansatz | Funktion | Innervation |
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M. pronator teres |
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M. flexor carpi radialis |
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M. palmaris longus (variabel ausgeprägt) | ||||
M. flexor carpi ulnaris |
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M. flexor digitorum superficialis |
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Der M. pronator teres ist der Leitmuskel des N. medianus, der M. flexor carpi ulnaris der des N. ulnaris!
Legt man den linken Daumen auf den Ursprung der oberflächlichen Flexoren (Epicondylus medialis humeri) und die restliche Hand auf dem Unterarm ab, so ergibt sich von radial nach ulnar folgende Zuordnung: Pass-Fail-Pass-Fail: Zeigefinger = Pronator teres; Mittelfinger = Flexor carpi radialis; Ringfinger = Palmaris longus; Kleiner Finger = Flexor carpi ulnaris!
Tiefe Flexoren des Unterarms
Die Muskeln wurden nach ihrem Ursprung von proximal nach distal angeordnet.
Name | Ursprung | Ansatz | Funktion | Innervation |
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M. flexor digitorum profundus |
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M. flexor pollicis longus |
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M. pronator quadratus |
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Der N. medianus verläuft zwischen der oberflächlichen und der tiefen Flexorengruppe und innerviert alle Flexoren des Unterarms, außer den M. flexor carpi ulnaris und den ulnaren Teil des M. flexor digitorum profundus, die beide vom N. ulnaris innerviert werden!
Extensoren des Unterarms
Bei den Extensoren kann man neben der Radialisgruppe noch die oberflächliche und tiefe Gruppe abgrenzen. Die Radialisgruppe liegt dem Radius unmittelbar lateral an.
Radialisgruppe
Alle Muskeln der Radialisgruppe beginnen am Humerus und sind im Folgenden nach ihrem Ursprung dort von proximal nach distal aufgeführt. Der M. brachioradialis ist der Leitmuskel für die radiale Gefäß-Nerven-Straße: Zwischen seinem Sehnenansatz und der Sehne des M. flexor carpi radialis verlaufen die A. radialis (Puls hier gut tastbar) und der R. superficialis des N. radialis (sensible Fingerinnervation).
Name | Ursprung | Ansatz | Funktion | Innervation |
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M. brachioradialis |
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M. extensor carpi radialis longus |
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M. extensor carpi radialis brevis |
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Oberflächliche Extensoren des Unterarms
Die oberflächlichen Extensoren haben einen gemeinsamen Ursprung am seitlichen Gelenkkopf des Humerus und sind nach ihrem Ansatz an der Hand von radial nach ulnar sortiert.
Name | Ursprung | Ansatz | Funktion | Innervation |
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M. extensor digitorum |
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M. extensor digiti minimi |
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M. extensor carpi ulnaris |
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Die oberflächlichen Flexoren entspringen an der medialen, die oberflächlichen Extensoren an der lateralen Epikondyle des Humerus!
Epicondylitis radialis humeri
Beim sogenannten Tennisarm treten Schmerzen am Epicondylus lateralis humeri auf. Durch übermäßige Beanspruchung der oberflächlichen Extensoren des Unterarms werden die Sehnen der dort entspringenden Muskeln gereizt und schmerzen.
Tiefe Extensoren des Unterarms
Die tiefen Extensoren sind nach ihrem Ursprung von proximal nach distal sortiert. Der M. supinator ist der Leitmuskel des N. radialis.
Name | Ursprung | Ansatz | Funktion | Innervation |
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M. supinator |
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M. abductor pollicis longus |
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M. extensor pollicis brevis |
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M. extensor pollicis longus |
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M. extensor indicis |
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Sämtliche Extensoren des Unterarms werden vom N. radialis innerviert!
Supinatorsyndrom
Bei diesem relativ seltenen Engpasssyndrom wird der motorische Ast (Ramus profundus) des N. radialis im Supinatortunnel zwischen den beiden Muskelköpfen des M. supinator eingeklemmt, was vor allem zu einer Schwäche der Fingerstrecker führt. Ursache können Traumata oder eine Überbeanspruchung des M. supinator sein.
Gefäßversorgung und Innervation
Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die Gefäßversorgung und Innervation des Unterarms. Für genauere Informationen zu den beteiligten Gefäßen und Nerven siehe auch: Leitungsbahnen der oberen Extremität.
Gefäßversorgung | |
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Arteriell | |
Venös |
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Innervation | |
Motorisch/sensibel |
Wiederholungsfragen zum Kapitel Unterarm
Muskeln
In welche Gruppen lassen sich die Muskeln des Unterarms einteilen?
Zu welchen Bewegungen führt die Kontraktion des M. pronator teres?
Welche Muskeln am Unterarm werden durch den N. medianus innerviert?
Welcher Muskel ermöglicht eine Flexion der Endgelenke des 2.–4. Fingers?
Welche Muskeln am Unterarm werden durch den N. radialis innerviert?
Welche Leitmuskeln haben der N. ulnaris und der N. medianus?
Was ist das sog. Supinatorsyndrom?
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Radialisgruppe
Oberflächliche Extensoren des Unterarms
Tiefe Extensoren des Unterarms
Oberflächliche Flexoren des Unterarms
Tiefe Flexoren des Unterarms
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3D-Anatomie
In Kooperation mit Effigos bieten wir dir die Möglichkeit, Anatomie auch in 3D zu erfahren. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Neben Komplettmodellen bieten wir dir auch sprach- oder textgeführte Exkurse zu einzelnen Themen. In allen Versionen hast du die Möglichkeit mit den Modellen individuell zu interagieren, z.B. durch Schneiden, Zoomen oder Aus- bzw. Einblenden bestimmter Strukturen. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Anatomische 3D-Modelle. Die unterschiedlichen Pakete zu den 3D-Modellen findest du im Shop.