Zusammenfassung
Die arterielle Blutgasanalyse (BGA) stellt den Goldstandard zur Bestimmung des Oxygenierungsstatus des Blutes dar und liefert zudem Aussagen über den Säure-Basen-Haushalt. Zur Gewinnung arteriellen Blutes kann eine Arterie punktiert oder ein bereits liegender arterieller Katheter genutzt werden. Insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern bietet sich auch die Entnahme von arterialisiertem Kapillarblut an.
Dieses Kapitel soll einen Überblick über die Gewinnung arteriellen Blutes für eine Blutgasanalyse geben. Zur Interpretation der Blutgasanalyse siehe: Arterielle Blutgasanalyse. Für Informationen zur Anlage eines arteriellen Katheters siehe: Arterieller Katheter - Klinische Anwendung.
Indikation
- Intensiv- und Notfallmedizin
- Dyspnoe
- Verdacht auf Hyperkapnie
- Hyperventilation
- Sauerstoffsättigung <94%
- Überwachung einer Beatmungstherapie
- Bestimmung, Abklärung und Monitoring des pH-Werts
- Stoffwechselentgleisungen
- Intoxikationen
- Schnelle Hämoglobinbestimmung
- Früherkennung kardiovaskulärer oder pulmonaler Erkrankungen
- Verlaufskontrolle chronischer pulmonaler Erkrankungen
- Präoperative Diagnostik bei pulmonalen Risikopatienten z.B. mit
Kontraindikation
- Durchblutungsstörungen
- Bei Punktion der A. radialis: Pathologischer Allen-Test
- Lokale Weichteilinfektionen an der Punktionsstelle
- Schwere Blutungsneigung
- Pathologische Gerinnungsparameter
- Bei Punktion der A. femoralis: Inguinale Lymphadenopathie
Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Vorbereitung
Auswahl der Entnahmestelle
- Zur Auswahl stehen grundsätzlich drei Möglichkeiten
- Direkte Punktion von Arterien
- A. radialis
- Einfach zugänglich, nach Punktion gut komprimierbar
- Bevorzugte Punktionsstelle
- Nicht-dominante Hand des Patienten wählen
- A. femoralis
- Aufgrund größeren Durchmessers besser als A. radialis punktierbar
- Keine Rasur notwendig
- Nachblutungen können leichter übersehen werden
- Für Patienten psychologisch ggf. problematisch
- Selten: A. ulnaris und A. brachialis
- A. radialis
- Entnahme aus einem arteriellen Zugang
- Entnahme von arterialisiertem Kapillarblut aus Ohrläppchen, Ferse, Großzehe, Fingerbeere
- Insb. bei Säuglingen und Kleinkindern
- Direkte Punktion von Arterien
- Vorteile der arteriellen gegenüber einer kapillären BGA
- Genaueres Ergebnis
- Auch bei zentralisiertem Kreislauf valide Ergebnisse
Bei Zentralisation des Kreislaufs liefert die Entnahme von arterialisiertem Kapillarblut keine validen Ergebnisse!
Material zur Durchführung
- Desinfektionsmittel
- Untersuchungshandschuhe
- Keimarme Tupfer
- Abwurf
- Patientenidentifikation z.B. in Form eines Patientenetiketts
Weitere Materialien (je nach Entnahmestelle)
Arterielle Punktion | Entnahme aus einem arteriellen Zugang | Entnahme von arterialisiertem Kapillarblut |
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Ablauf/Durchführung
Jede Blutentnahme stellt im juristischen Sinne eine Körperverletzung dar und darf (außer in Notfällen oder nach richterlicher Anordnung) nur mit entsprechender Aufklärung sowie Einwilligung des Patienten erfolgen!
Zur Interpretation der Blutgaswerte siehe: Arterielle Blutgasanalyse. Für Informationen zur Anlage eines arteriellen Katheters siehe: Arterieller Katheter - Klinische Anwendung.
Punktion der A. radialis
- Allen-Test
- Zweck: Nachweis einer ausreichenden arteriellen Versorgung der Hand
- Vorgehen: Abdrücken beider versorgender Arterien A. radialis und A. ulnaris → Wiederholter Faustschluss → Einzelne "Öffnung" der beiden Arterien → Prüfung der Kollateralversorgung über die Hohlhandbögen (Arcus palmaris superficialis und Arcus palmaris profundus)
- Interpretation
- Hand färbt sich zügig rosig: Allen-Test ist negativ (unauffällig)
- Hand bleibt ganz oder teilweise blass: Allen-Test ist positiv (pathologisch)
- Limitationen [1][2]
- Aussagekraft des Tests ist umstritten
- Im Zweifel anschließend Doppler-Sonografie durchführen
- Lagerung
- Sitzend oder in Rückenlage
- Arm ist nach außen rotiert und liegt komplett auf einer Unterlage auf
- Handgelenk in Dorsalextension fixieren
- Auffinden einer Punktionsstelle
- Ca. 2–4 cm proximal des Handgelenks
- Palpation der A. radialis
- Aseptisches Arbeiten
- Hygienische Händedesinfektion
- Einmalhandschuhe benutzen
- Punktionsstelle desinfizieren Einwirkzeiten des verwendeten Hautdesinfektionsmittels beachten. Danach keine erneute Palpation der Punktionsstelle!
- Punktion im 30–45° Winkel nach proximal
- Aspiration von Blut
- Hellrotes Blut gelangt aktiv und pulsatil in das BGA-Röhrchen
- Ca. 0,5 mL Blut aspirieren
- Entfernung und Sicherung der Kanüle
- Je nach Nadelsystem: Direkte Entsorgung im Abwurf oder zunächst Schutz auf Nadel klappen
- Kompression der Punktionsstelle für 3–5 min
- BGA-Röhrchen entlüften und verschließen
- Es sollte keine Restluft in der Spritze verbleiben!
- Sofortiger Probentransport und Analyse
- Interpretation: Siehe arterielle Blutgasanalyse
Die Blutprobe muss so schnell wie möglich analysiert werden. Es darf zudem keine Restluft in der Spritze sein!
Punktion der A. femoralis
- Lagerung
- Auf dem Rücken liegend
- Bein gestreckt und Oberschenkel leicht nach außen rotiert
- Bei Behaarung keine Rasur erforderlich
- Palpation der A. femoralis
- Kaudal des Leistenbandes, tief unter der Haut
- Anatomie: Medial der A. femoralis verläuft die V. femoralis und lateral der N. femoralis. Merkhilfe: IVAN (Innen: Vene, Arterie, Nerv)
- Schritte 4–11 analog zur Punktion der A. radialis
- Ausreichende Kompression der Punktionsstelle
- Manuell mind. 5 min komprimieren
- Ggf. Druckverband oder Sandsack verwenden
Entnahme von Blut aus einem arteriellen Zugang
- Aseptisches Arbeiten
- Hygienische Händedesinfektion
- Einmalhandschuhe benutzen
- Dreiwegehahn desinfizieren
- Alarm am Monitor pausieren
- Blutentnahme
- Tupfer unter den Dreiwegehahn legen
- Einige Milliliter Blut aspirieren und verwerfen
- BGA-Röhrchen anschließen und befüllen
- Spülen des Dreiwegehahns
- Dreiwegehahn desinfizieren und mit neuer Verschlusskappe verschließen
- Alarmpause am Monitor beenden
- Sofortiger Probentransport und Analyse
Entnahme von arterialisiertem Kapillarblut
- Ggf. Hyperämisierung der Punktionsstelle
- Lagerung
- Gewählte Punktionsstelle sollte gut erreichbar sein (z.B. Ohrläppchen, Ferse, Großzehe, Fingerbeere)
- Möglichst bequeme Lagerung
- Desinfektion der Punktionsstelle
- Punktionstechnik
- Tiefer Einstich mit einer Lanzette
- Ersten Bluttropfen verwerfen
- Quetschen des umliegenden Gewebes vermeiden
- Aspiration von Blut in eine heparinisierte Kapillare
- Lanzette im Abwurf entsorgen
- Verschluss beider Enden der Kapillare mit Plastikstopfen
- Sofortiger Probentransport und Analyse
- Interpretation: Siehe arterielle Blutgasanalyse
Komplikationen
Komplikationen einer arteriellen Punktion
- Intravasale Thrombenbildung
- Hämatom, Nachblutungen
- Gefäßspasmus
- Aneurysma spurium
- Infektionen
Besonders bei sehr traumatischen (z.B. Anwendung der "Durchstechungstechnik") und wiederholten Punktionen entsteht eine erhöhte Gefahr für Komplikationen!
Komplikationen einer Blutentnahme aus einem arteriellen Zugang
- Mangelndes Durchspülen → Gerinnselbildung im Schlauchsystem
- Unzureichende Hygiene → Infektionen
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.