Zusammenfassung
Dystonien gehören zu den extrapyramidalen Bewegungsstörungen und zeichnen sich durch prolongierte und insbesondere unwillkürliche Kontraktionen einzelner Muskeln oder Muskelgruppen aus. Diese treten häufig fokal begrenzt im Gesichts- und Halsbereich (z.B. Torticollis spasmodicus) oder an Hand und Fuß, seltener aber auch generalisiert (z.B. Torsionsdystonie) auf. Die Ursachen sind vielfältig: genetisch oder metabolisch bedingt, medikamentös induziert oder posttraumatisch. Fokale Dystonien können gut mit regelmäßigen Botulinumtoxin-Injektionen in den betreffenden Muskel behandelt werden, Antipsychotika-induzierte akute Dystonien (Frühdyskinesien) hingegen sehr erfolgreich mit Biperiden.
Ätiologie
- Alle Arten von Hirnschädigungen
- Antidopaminerge Substanzen (bspw. Antipsychotika, MCP)
- Hereditär
Symptomatik
Fokale Dystonie
- Torticollis spasmodicus
- Definition: Idiopathische primär fokale zervikale Dystonie
- Epidemiologie: Krankheitsgipfel: 30.-50. Lebensjahr
- Klinik
- Krampfhafte, schmerzhafte Kontraktion des M. sternocleidomastoideus (fokal)
- Neigung des Kopfes zur kranken und Blick zur gesunden Seite
- Intermittierend auftretend
- Unterdrückung durch den Patienten mittels Geste antagoniste
- Für weitere Informationen siehe auch: Torticollis
- Blepharospasmus
- Laryngeale Dystonie (spasmodische Dysphonie/Sprechkrampf)
- Klinik
- Adduktortyp: Gepresste und abgehackte, abbrechende Stimme
- Abduktortyp (seltener): Flüstersprache und Versiegen der Sprache
- Klinik
Segmentale Dystonie
- Meige-Syndrom
- Definition: Blepharospasmus in Kombination mit oromandibulärer Dystonie (segmentale Ausbreitung)
- Epidemiologie: Vornehmlich Frauen im 7. Lebensjahrzehnt
- Auftreten durch verschiedene Stimuli begünstigt (z.B. Lichtreize, emotionale Anspannung, Müdigkeit)
Generalisierte Dystonie
- Torsionsdystonie
- Langsame, stereotype, kraftvolle Rotationsbewegungen v.a. von Rumpf, Nacken und Extremitäten
- Dystonie kann mehrere Stunden anhalten
- Athetotische Fingerbewegungen
- L-Dopa-sensitive Dystonie (Segawa-Krankheit)
- Hereditäre myokloniforme Dystonie
- Dystonie mit Myoklonien
- Teilweise nur fokale Dystonie
- Die hereditäre Variante ist meistens durch eine Loss-of-function-Mutation bedingt und wird autosomal-dominant vererbt
Dystonien kommen am häufigsten lokal begrenzt vor; davon sind die akuten Verläufe meist iatrogen durch Einnahme von Antipsychotika zu erklären!
Therapie
- Allgemein
- Physiotherapie mit Bewegungsübungen
- Ergotherapie
- Fokale Dystonien
- Lokale, wiederholte Botulinum-Toxin-Injektion in den betroffenen Muskel (kaum Nebenwirkungen), ggf. EMG-Kontrolle
- Generalisierte Dystonie
- Antipsychotika-induzierte akute Dystonien (Frühdyskinesien): Biperiden
Antipsychotika-induzierte akute Dystonien (Frühdyskinesien) lassen sich neben einer Anpassung der auslösenden Medikation i.d.R. gut durch die Gabe von Biperiden beheben.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- G24.-: Dystonie
- Inklusive: Dyskinesie
- Exklusive: AthetotischeZerebralparese (G80.3)
- G24.0: Arzneimittelinduzierte Dystonie
- Dyskinesia tarda
- G24.1: Idiopathische familiäre Dystonie
- Idiopathische Dystonie o.n.A.
- G24.2: Idiopathische nichtfamiliäre Dystonie
- G24.3: Torticollis spasticus
- Exklusive: Tortikollis o.n.A. (M43.6)
- G24.4: Idiopathische orofaziale Dystonie
- Orofaziale Dyskinesie
- G24.5: Blepharospasmus
- G24.8: Sonstige Dystonie
- G24.9: Dystonie, nicht näher bezeichnet
- Dyskinesie o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.