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Kleinhirn

Letzte Aktualisierung: 11.9.2024

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Das Kleinhirn ist entwicklungsgeschichtlich eine der ältesten Strukturen des Gehirns. Es liegt in der hinteren Schädelgrube und spielt neben der Gleichgewichtskontrolle eine zentrale Rolle für die Abstimmung von Bewegungsabläufen. Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen teilt man das Kleinhirn in mehrere Bereiche ein: Das Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum. Daneben gibt es eine anatomische Einteilung in die beiden Kleinhirnhemisphären und den Kleinhirnwurm.

Über drei Kleinhirnstiele ist das Kleinhirn mit dem Hirnstamm verbunden. Über diese verlaufen afferente und efferente Bahnen, die das Kleinhirn mit anderen zerebralen Strukturen verbinden. Genauso wie das Großhirn lässt sich auch das Innere des Kleinhirns in das Kleinhirnmark (mit den Kleinhirnkernen) und die Kleinhirnrinde gliedern.

In der Kleinhirnrinde erfolgt die Verarbeitung der Informationen. Anschließend werden die integrierten Informationen in den Kleinhirnkernen gesammelt, die den Ausgang des Kleinhirns für die Ansteuerung der Efferenzen darstellen.

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Makroskopische Anatomie des Kleinhirnstoggle arrow icon

Steckbrief

Aufbau

Anatomische Einteilung des Kleinhirns

Untere Einklemmung
Bei gesteigertem intracraniellem Druck kann es zu einer sog. unteren Einklemmung kommen. Hierbei werden die Kleinhirntonsillen zwischen Medulla oblongata und Foramen magnum eingeklemmt, wobei lebenswichtige Strukturen in der Medulla oblongata (z.B. das Atemzentrum) komprimiert werden können.

Gefäßversorgung

Im Kleinhirn verlaufen die arteriellen und venösen Gefäße getrennt voneinander. Die arteriellen Gefäße anastomosieren untereinander, sodass bei Verschluss eines Gefäßes die Versorgung des Kleinhirns weiterhin sichergestellt wird.

Gefäßversorgung
Arteriell

Venös

Topografie

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Mikroskopische Anatomie des Kleinhirnstoggle arrow icon

Das Kleinhirn dient der Koordination und Feinabstimmung von Bewegungsabläufen. Hierfür erhält es Bewegungsinformationen aus unterschiedlichen Bereichen des ZNS, die in der Kleinhirnrinde verschaltet werden. Die integrierten Informationen werden in den Kleinhirnkernen gesammelt und von hier an die Efferenzen des Kleinhirns weitergeleitet.

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Kleinhirnrindetoggle arrow icon

Schichten der Kleinhirnrinde

Die Kleinhirnrinde besitzt einen dreischichtigen Aufbau (von außen nach innen).

Charakteristika Spezifischer Inhalt
Stratum moleculare (=Molekularschicht)
  • Faserreich
Stratum ganglionare (=Purkinje-Zellschicht)
  • Nervenzellreich
Stratum granulosum (Kleinhirn) (=Körnerschicht des Kleinhirns)
  • Sehr Nervenzellreich

Zelltypen der Kleinhirnrinde

In der Kleinhirnrinde kommunizieren verschiedene Nervenzelltypen miteinander. Von diesen Nervenzelltypen bilden die Purkinje-Zellen die zentrale Verschaltungsstelle. Die übrigen Zelltypen sind jeweils auf unterschiedliche Weise mit den Purkinje-Zellen verschaltet und wirken dort überwiegend hemmend.

Neuronentyp Zellname Wirkung Charakteristika
Projektionsneurone
  • Purkinje-Zellen
  • Inhibitorisch (GABA)
Interneurone
  • Cerebelläre Sternzellen
  • Umfeldhemmung
    • Prinzip
    • Ergebnis: Dienen der räumlichen Kontrastverstärkung
  • Korbzellen
  • Golgi-Zellen
  • Körnerzellen
Gliazellen
  • Bergmann-Gliazellen
  • Funktion bislang unbekannt

Die Körnerzellen sind die einzigen erregenden Zellen innerhalb der Kleinhirnrinde!

Die Axone der Purkinje-Zellen wirken hemmend und verlassen als einzige efferente Fasern die Kleinhirnrinde!

Faserarten der Kleinhirnrinde

Afferente Verbindungen

Die Kleinhirnrinde hat zwei Eingangssysteme: das Kletterfasersystem und das Moosfasersystem. Beide Systeme sind exzitatorisch und nutzen hauptsächlich Glutamat als Neurotransmitter. Nach Verarbeitung der Informationen verlassen diese die Rinde über die Fasern der Purkinje-Zellen und gelangen so zu den Kleinhirnkernen.

Die Kletterfasern entspringen im unteren Olivenkernkomplex und sind synaptisch mit dem Dendritenbaum der Purkinje-Zellen verschaltet!

Für die Zuordnung von Kletterfasern zu ihrem Ursprungsort kann helfen: Auf den Olivenbaum kann man klettern.

Efferente Verbindungen

Die Kleinhirnrinde hat nur ein Ausgangssystem: Die Purkinje-Zellen, die die nachgeschalteten Kleinhirnkerne sowie die Ncll. vestibulares hemmen. Die Kleinhirnkerne projizieren anschließend zum motorischen Kortex und zu motorischen Zentren im Hirnstamm.

Verschaltung zwischen Kleinhirnrinde und Kleinhirnkernen

Das Kleinhirn verfügt über zahlreiche Regelkreise mit Rückkopplungsmechanismen. So bildet die Kleinhirnrinde z.B. eine hemmende Schleife, die die Efferenzen der Kleinhirnkerne moduliert.

Informationsfluss und Verschaltungsprinzip zwischen Kleinhirnrinde und Kleinhirnkernen

  1. Bewegungsinformationen gelangen über afferente exzitatorische Bahnen (Moos- und Kletterfasern) zur Kleinhirnrinde
  2. Die afferenten Bahnen geben jeweils Kollateralen zu den Kleinhirnkernen ab
  3. Die Kleinhirnrinde moduliert über die hemmende Schleife (Purkinje-Zellen) die Kleinhirnkerne
  4. Die Kleinhirnkerne leiten die integrierten Informationen über exzitatorische Fasern an unterschiedliche Hirnstammbereiche (u.a. an Vestibulariskerne, Formatio reticularis, Ncl. ruber, Thalamus) und darüber dann an die Großhirnrinde sowie das Rückenmark weiter
  5. Ebenso hemmen die Kleinhirnkerne den Ncl. olivaris inferior (aus diesem entstammen die Kletterfasern)

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Kleinhirnkernetoggle arrow icon

Die Kleinhirnkerne befinden sich im Kleinhirnmark und sind hier in die weiße Substanz eingelagert. Hier endet ein Großteil der Fasern der Purkinje-Zellen. Die Axone der Kleinhirnkerne dienen als "Ausgang" aus dem Kleinhirn; abgesehen von einigen direkten Faserverbindungen stammen alle Efferenzen des Kleinhirns aus den Kernen. Sie bilden somit die zentrale Verschaltungsstelle des Kleinhirns. Je nachdem, mit welchem Kleinhirnanteil die Kerne kommunizieren, kann man ihnen unterschiedliche Funktionen zuordnen.

  • Nucleus dentatus (= Zahnkern)
  • Nucleus interpositus
    • Setzt sich aus zwei Kernen zusammen
      • Nucleus globosus (= Kugelkern)
      • Nucleus emboliformis (= Pfropfkern)
    • Verschaltung: Axone der Purkinje-Zellen aus der sog. paravermalen Zone enden hier
    • Funktionelle Einordnung: Gleichgewichts- und Stützmotorik, Zielmotorik
  • Nucleus fastigii (= First- oder Giebelkern)

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Funktion des Kleinhirnstoggle arrow icon

Das Kleinhirn ist das Regulationsorgan für die Motorik. Funktional kann man es in drei Anteile gliedern: Das Vestibulocerebellum, das Spinocerebellum und das Pontocerebellum. Darüber hinaus kann das Kleinhirn entwicklungsgeschichtlich in das Archicerebellum, Paleocerebellum und das Neocerebellum eingeteilt werden, wobei diese Einteilung nur teilweise mit der funktionellen Einteilung übereinstimmt.

Funktionen der einzelnen Anteile

Funktionen der Kleinhirnabschnitte

Funktionelle Gliederung (und phylogenetische Zuordnung)

Funktion

Zugehöriger Rindenbereich

Angesteuerte Kleinhirnkerne

Vestibulocerebellum (∼Archicerebellum )

  • Erhaltung des Gleichgewichts
  • Koordination von Bewegungsabläufen
  • Feinabstimmung der Augenbewegungen

Spinocerebellum (∼Paleocerebellum )

  • Kontrolle des Muskeltonus
  • Kontrolle der Bewegungsentwürfe, insbesondere für die Zielmotorik

Pontocerebellum (∼Neocerebellum )

  • Koordination der willkürlichen Zielbewegungen
  • Feinabstimmung von Bewegungsabläufen
  • Beide Hemisphären

Funktionsstörungen des Kleinhirns
Zu den klassischen Symptomen bei Kleinhirnschädigungen gehören:

  • Cerebelläre Ataxie: Als Ataxie bezeichnet man einen unkoordinierten Ablauf von Bewegungen
  • Nystagmus (=Blickstabilisierungsstörung)
  • Intentionstremor
    • Als Tremor beschreibt man rhythmische Bewegungen einer oder mehrerer Körperteile
    • Typisch für den Intentionstremor ist, dass das Bewegungsausmaß zunimmt, wenn man sich dem Ziel nähert
  • Dysdiadochokinese: Verlust der Fähigkeit, antagonistische Bewegungen auszuführen (z.B. Pronation/Supination, klassisches Bsp.: Schraube eindrehen)
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Kleinhirnstieletoggle arrow icon

Die afferenten und efferenten Faserverbindungen des Kleinhirns verlaufen über drei paarig angelegte Kleinhirnstiele und verbinden die ventrale Seite des Kleinhirns mit dem Hirnstamm. Sie leiten Informationen zu und von den Kleinhirnabschnitten und sind somit eng mit deren Funktion verknüpft.

Oberer Kleinhirnstiel

Die meisten cerebellären Efferenzen verlaufen im oberen Kleinhirnstiel. Zu diesen zählen der Tractus cerebellothalamicus sowie der Tractus cerebellorubralis. Der Tractus spinocerebellaris anterior leitet propriozeptive Afferenzen an den Kleinhirnwurm.

Faserbahn Ursprung Ziel Funktion Besonderheit
Afferenzen
  • Diese Faserbahn ist somatotop geordnet
Efferenzen
  • Tractus cerebellothalamicus
  • Einfluss auf die Willkürmotorik
  • Dies ist die größte Efferenz des Kleinhirns
  • Tractus cerebellorubralis
  • Ncl. emboliformis
  • Ncl. globosus
  • Contralateraler Ncl. ruber (Pars magnocellularis)
  • Einfluss auf die extrapyramidale Motorik
  • Contralateraler Ncl. ruber (Pars parvocellularis)

Mittlerer Kleinhirnstiel

Der mittlere Kleinhirnstiel enthält nur afferente Fasern. Diese stammen aus dem Pons, kreuzen hier und enden als Moosfasern in der contralateralen Kleinhirnhälfte.

Faserbahn Ursprung Ziel Funktionelle Zuordnung
Afferenzen
  • Fibrae pontocerebellares
  • Überwiegend contralaterale Kleinhirnhemisphärenrinde (als Moosfasern)
  • Vereinzelte Fasern ziehen auch zum Ncl. dentatus und zum Ncl. emboliformis
  • Fasern leiten Bewegungsentwürfe des Kortex ans Kleinhirn

Die Fibrae pontocerebellaris sind eine Fortsetzung der corticopontinen Bahn!

Unterer Kleinhirnstiel

Im unteren Kleinhirnstiel verlaufen die wichtigsten cerebellären Afferenzen. Durch diese entsteht eine Verbindung zwischen dem Kleinhirn, den Vestibulariskernen, der unteren Olive und dem Rückenmark.

Faserbahn Ursprung Ziel Funktionelle Zuordnung
Afferenzen
  • Tractus vestibulocerebellaris
  • Leiten Lageinformationen aus dem Vestibularapparat zum Kleinhirn
  • Tractus olivocerebellaris
  • Untere Olive (Ncl. olivaris inferior)
  • Leiten propriozeptive Informationen aus den unteren Extremitäten und dem Rumpf zum Kleinhirn
Efferenzen
  • Tractus cerebellovestibularis
  • Ncl. fastigii
  • Zusätzlich direkte Faserverbindungen aus der vestibulocerebellären Rinde
  • Koordination von
    • Stützmotorik
    • Augenbewegung
  • Tractus cerebelloolivaris
  • Untere Olive (Ncl. olivaris inferior)

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Embryologietoggle arrow icon

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Wiederholungsfragen zum Kapitel Kleinhirntoggle arrow icon

Mikroskopische Anatomie des Kleinhirns

In welche Schichten ist die Kleinhirnrinde gegliedert und welche charakteristischen Besonderheiten haben diese Schichten?

Welche Zellen bezeichnet man als Projektionsneurone des Kleinhirns und welche Wirkung haben sie?

Was ist die Besonderheit der sog. „Körnerzelle“?

Welche Aufgabe erfüllt die sog. „Golgi-Zelle“?

Nenne die zwei afferenten Fasersysteme des Kleinhirns! Welchen Neurotransmitter nutzen sie?

Welche Ursprünge und Ziele haben die zwei afferenten Fasersysteme der Kleinhirnrinde?

Beschreibe Funktion, Form und Lokalisation des Nucleus dentatus!

Funktion des Kleinhirns

Welche klinische Symptomatik resultiert aus einer Funktionsstörung des Kleinhirns?

Kleinhirnstiele

Welche Faserverbindungen des Kleinhirns verlaufen im mittleren Kleinhirnstiel?

Wo enden die Afferenzen des sog. „Tractus vestibulocerebellaris“ und welche Informationen vermittelt er?

Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.

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