Zusammenfassung
Als Hirnnerven werden zwölf besondere Nerven bezeichnet, die – anders als die Spinalnerven – ihren Ursprung im Gehirn haben. Sie werden entsprechend ihres Austritts aus dem Gehirn von rostral nach kaudal nummeriert und gelten als periphere Nerven. Eine Ausnahme dieser Regel bilden die ersten beiden Hirnnerven: der Nervus olfactorius (I) und der Nervus opticus (II). Sie sind streng genommen Ausstülpungen des zentralen Nervensystems und von Hirnhäuten umhüllt.
Jeder Hirnnerv hat verschiedene Funktionen und Faserqualitäten, die es uns Menschen ermöglichen, auf unsere Umwelt zu reagieren (Efferenzen) oder Informationen zu empfangen (Afferenzen). Im Gegensatz zu Spinalnerven verfügen Hirnnerven über die Besonderheit, dass sensible und motorische Fasern am gleichen Ort in den Hirnstamm ein- und austreten.
Ausfälle einzelner Hirnnerven zeigen sich in bestimmten Hirnnerven-Syndromen, die durch eine gezielte neurologische Untersuchung der Hirnnerven diagnostiziert werden können.
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links".
Entwicklung und Wachstum der Hirnnerven
Die Hirnnerven entstehen ab der 4. bis 5. Woche der Embryonalperiode. Ihre embryologische Herkunft wird in der folgenden Tabelle dargestellt.
Hirnnerven | Embryologische Herkunft | |
---|---|---|
N. olfactorius (I) | Ausstülpungen des Gehirns | |
N. opticus (II) | ||
N. oculomotorius (III) | Grundplatte | |
N. trochlearis (IV) | ||
N. abducens (VI) | ||
N. hypoglossus (XII) | ||
N. vestibulocochlearis (VIII) | ||
N. trigeminus (V) | 1. Kiemenbogen | |
N. facialis (VII) | 2. Kiemenbogen | |
N. glossopharyngeus (IX) | 3. Kiemenbogen | |
N. vagus (X) | 4. + 6. Kiemenbogen | |
N. accessorius (XI) | 6. Kiemenbogen |
Übersicht der Hirnnerven
Die zwölf Hirnnerven
Die zwölf Hirnnervenpaare werden in der Reihenfolge ihres Aus- bzw. Eintritts nummeriert. Je nach Hirnnerv befinden sich die Ein- bzw. Austrittsstellen im Mesencephalon, in der Pons oder in der Medulla oblongata. Ihre Versorgungsgebiete befinden sich v.a. im Kopf-Hals-Bereich; als Ausnahme gilt der N. vagus (X), der bis in den Bauchraum zieht. Die Hirnnervenkerne (insg. 18) sind sowohl die Projektionsorte der sensiblen Hirnnerven als auch die Ursprünge der motorischen Hirnnerven. Entsprechend der Qualität, die ein Nerv leitet, werden bei den Hirnnerven sieben Kategorien unterschieden, nach denen dementsprechend auch die Hirnnervenkerne eingeteilt werden. Einige Hirnnerven besitzen verschiedene Qualitäten und entsprechend mehrere Kerne. Grundsätzlich gilt, dass die somatoefferenten Kerne medial, die somatoafferenten lateral und die viszeroefferenten sowie viszeroafferenten dazwischen lokalisiert sind .
Hirnnerv | Lage des Kerns | Faserqualität | |
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I | Nervus olfactorius | Telencephalon | |
II | Nervus opticus | Diencephalon | |
III | Nervus oculomotorius | Mesencephalon | |
IV | Nervus trochlearis | ||
V | Nervus trigeminus | Pons | |
VI | Nervus abducens | ||
VII | Nervus facialis | ||
VIII | Nervus vestibulocochlearis | Medulla oblongata | |
IX | Nervus glossopharyngeus | ||
X | Nervus vagus | ||
XI | Nervus accessorius | ||
XII | Nervus hypoglossus |
Für die Reihenfolge der Hirnnerven hilft „Onkel Otto operiert tagtäglich, aber feiertags vertritt er gerne viele alte Hebammen.“
Für eine bessere Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit wird der Verlauf der Nerven in diesem Kapitel von ihren Kernen zu den Ästen dargestellt – unabhängig davon, ob es sich um einen afferenten oder efferenten Nerv handelt! (Eine Ausnahme hiervon stellen nur die ersten beiden Hirnnerven dar)
Ganglien der Hirnnerven
Bei den Hirnnerven unterscheidet man zwei verschiedene Arten von Ganglien: sensible und vegetative. Die sensiblen Ganglien enthalten die Perikarya von pseudounipolaren Nervenzellen; in ihnen findet keine Umschaltung statt. Die vegetativen Ganglien sind alle parasympathisch: Einerseits enthalten sie die Perikarya von multipolaren Nervenzellen, andererseits findet in ihnen eine Umschaltung vom 1. auf das 2. Neuron statt.
Hirnnerv | Vegetative Ganglien | Sensible Ganglien |
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N. oculomotorius (III) |
| |
N. trigeminus (V) |
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N. facialis (VII) | ||
N. vestibulocochlearis (VIII) |
| |
N. glossopharyngeus (IX) | ||
N. vagus (X) |
|
Nervus olfactorius (I)
Der Nervus olfactorius ist der Nerv, der dem Riechen dient. Er führt Afferenzen aus der Riechschleimhaut der Nase (1. Neuron) über die Riechbahn zum Bulbus olfactorius (2. Neuron).
Überblick
N. olfactorius (I) | |||
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Qualität (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Struktur | Schädeleintritt |
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Verlauf
- Die marklosen Axone der primären Sinneszellen der Riechschleimhaut bündeln sich zum N. olfactorius
- Schädeleintritt durch die Lamina cribrosa im Os ethmoidale
- Zieht in die vordere Schädelgrube zum Bulbus olfactorius
- Weiterer Verlauf als Tractus olfactorius zum Großhirn
Schädel-Hirn-Trauma
Bei Verletzungen der Lamina cribrosa, z.B. im Rahmen eines Schädelhirntraumas, kann es durch die Schädigung des N. olfactorius zu Riechstörungen (Parosmie, Anosmie) kommen. Typisch ist außerdem das Auftreten einer Rhinoliquorrhö (Ausfluss von Hirnwasser aus der Nase).
Nervus opticus (II)
Der Nervus opticus ist der Nerv, der dem Sehen dient. Er wird von Fortsätzen des 3. Neurons der Sehbahn (Ganglienzellen der Netzhaut) gebildet.
Überblick
N. opticus (II) | |||
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Qualität (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Struktur | Schädeleintritt |
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Verlauf
- Die Axone der Ganglienzellen der Netzhaut (3. Neuron der Sehbahn) vereinigen sich zum N. opticus
- Der N. opticus verlässt die Netzhaut durch die Papilla n. optici
- Durchquerung des Anulus tendineus communis und Schädeleintritt durch den Canalis opticus im Os sphenoidale in die mittlere Schädelgrube
- Zieht zum Chiasma opticum
- Fasern des nasalen Netzhautanteils kreuzen auf die Gegenseite
- Temporale Fasern ziehen ungekreuzt weiter
- Temporale Anteile einer Seite und nasale Anteile der Gegenseite ziehen gemeinsam als Tractus opticus weiter zum Corpus geniculatum laterale im Thalamus, wo sie verschaltet werden
- Als Radiatio optica endet der Nerv in seinem Zielorgan, der primären Sehrinde
Im Chiasma opticum kreuzen die nasalen Fasern des N. opticus (temporales(!) Gesichtsfeld) auf die Gegenseite. Diese Fasern werden zusammen mit den ungekreuzten temporalen Fasern (nasales(!) Gesichtsfeld) als Tractus opticus bezeichnet!
Die Sehbahn läuft über das Corpus geniculatum laterale (wie „Licht“), die Hörbahn hingegen über das Corpus geniculatum mediale (wie „Musik“)!
Störungen der Sehbahn
Der N. opticus kann in seinem Verlauf an verschiedenen Stellen geschädigt werden. Je nach Schädigungsstelle kommt es dabei zu spezifischen Ausfällen. Z.B. kann ein Hypophysentumor die kreuzenden Fasern im Chiasma opticum schädigen, wodurch das temporale Gesichtsfeld beider Augen nicht mehr wahrgenommen wird. Dies wird auch "Scheuklappenphänomen" oder bitemporale Hemianopsie genannt.
Pupillenreflex
Die Untersuchung des Pupillenreflexes gehört zu den neurologischen Standarduntersuchungen. Dafür wird mit einer Lampe die Pupille beleuchtet, die sich daraufhin im Normalfall verengt (direkte Lichtreaktion). Vermittelt wird diese Reaktion durch den N. opticus und N. oculomotorius. Der N. opticus leitet dabei den Lichtreiz von der Retina über den Tractus opticus nicht wie üblich zum Corpus geniculatum laterale, sondern zur Area pretectalis an der Grenze von Mittel- und Zwischenhirn. Dort werden die Impulse umgeschaltet und anschließend zum Ncl. accessorius nervi oculomotorii (Ncl. Edinger-Westphal) weitergeleitet. Dessen efferente Fasern ziehen mit dem N. oculomotorius zurück zur Pupille und innervieren dort die inneren Augenmuskeln (M. ciliaris und M. sphincter pupillae). Eine Besonderheit hierbei ist, dass die Efferenzen der Area pretectalis die Pupillen beider Augen innervieren und es so bei Beleuchtung des einen Auges auch zur Pupillenverengung im Auge auf der Gegenseite kommt. Diesen Vorgang nennt man indirekte oder konsensuelle Lichtreaktion.
Bei einseitiger Schädigung der Afferenz (bspw. N. opticus) sind bei Beleuchtung des Auges der erkrankten Seite die direkte sowie die indirekte Lichtreaktion betroffen, während die Pupillenreaktion bei Beleuchtung des Auges der gesunden Seite unauffällig ist. Bei Schädigung der Efferenz (bspw. N. oculomotorius oder Ganglion ciliare) sind auf der erkrankten Seite die direkte sowie die indirekte Lichtreaktion betroffen, während sie auf der gesunden Seite jeweils auslösbar sind.
Nervus oculomotorius (III)
Der N. oculomotorius führt ausschließlich Efferenzen und innerviert einen Großteil der Augenmuskulatur, teils motorisch (somatoefferent), teils parasympathisch (viszeroefferent).
Überblick
N. oculomotorius (III) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Die Fasern der zwei Kerne vereinigen sich zum N. oculomotorius, der das Mesencephalon ventral durch die Fossa interpeduncularis des Hirnstamms verlässt
- Der Nerv zieht zwischen Schädel und Gehirn in der lateralen Durawand des Sinus cavernosus nach rostral
- Schädelaustritt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita
- Dort Aufzweigung in drei Endäste
- R. superior n. oculomotorii (allgemein somatoefferent): Innerviert motorisch den M. levator palpebrae superioris und den M. rectus superior
- R. inferior n. oculomotorii (allgemein somatoefferent): Innerviert motorisch den M. rectus medialis, M. rectus inferior und M. obliquus inferior
- R. ad ganglion ciliare (allgemein viszeroefferent): Parasympathische Fasern, die im Ganglion ciliare umgeschaltet werden und die die Pupillenmuskeln (M. ciliaris und M. sphincter pupillae) erreichen
Okulomotoriusparese
Bei einem kompletten Ausfall des N. oculomotorius kommt es zu verschiedenen Symptomen:
- Herabhängendes Lid (Ptosis) durch den Ausfall des M. levator palpebrae superioris
- Blick nach unten außen durch intakten M. obliquus superior und M. rectus lateralis
- Weitgestellte Pupille (Mydriasis) durch den Ausfall des M. sphincter pupillae
- Aufgehobene Nahakkommodation durch den Ausfall des M. ciliaris
Nervus trochlearis (IV)
Der N. trochlearis führt ausschließlich motorische Fasern. Er innerviert den M. obliquus superior, der das Auge nach innen rotiert, abduziert und bei Adduktion für die Senkung des Augapfels zuständig ist.
Überblick
N. trochlearis (IV) | |||
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Qualität (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Struktur | Schädelaustritt |
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Verlauf
- Die Fasern des Ncl. n. trochlearis kreuzen noch vollständig intrazerebral auf die Gegenseite und ziehen innerhalb des Mesencephalons nach dorsal
- Die Fasern verlassen den Hirnstamm dorsal am kaudalen Rand der Vierhügelplatte (Lamina quadrigemina)
- Der Nerv zieht weiter in Richtung des Tentorium cerebelli, wo die Fasern in die Dura eintreten
- Verlauf in der lateralen Durawand des Sinus cavernosus
- Schädelaustritt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita
- Dort zieht er zu seinem Zielmuskel: M. obliquus superior
Der N. trochlearis tritt als einziger Hirnnerv dorsal aus dem Hirnstamm aus!
Von allen Hirnnerven ist der N. trochlearis der einzige, dessen Fasern komplett zur Gegenseite kreuzen!
Trochlearisparese
Eine Läsion des N. trochlearis führt zur Lähmung des M. obliquus superior. Aufgrund des resultierenden Übergewichts der übrigen Augenmuskeln ist das betroffene Auge nach oben und innen gerichtet sowie leicht nach außen rotiert. Hierdurch kommt es zu schräg stehenden, vertikalen Doppelbildern, die beim Blick nach nasal unten (z.B. beim Lesen) am stärksten sind. Um die Abweichung des Bulbus (insb. durch die gestörte Innenrotation) zu verringern und die Doppelbilder zu reduzieren, neigen Patient:innen ihren Kopf oft zur gesunden Seite (sog. Bielschowsky-Phänomen ). Anders herum kann die bewusste Neigung des Kopfes zur betroffenen Seite die Doppelbilder und den Bulbushochstand verstärken und diagnostisch genutzt werden.
Nervus trigeminus (V)
Der Nervus trigeminus führt sowohl motorische als auch sensible Fasern für die Innervation des Gesichtes und hat drei große Hauptäste: N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2) und N. mandibularis (V3).
Überblick
N. trigeminus (V) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Zugehöriger Hauptast | Innervierte Strukturen |
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Die Efferenzen des N. trigeminus verlaufen ausschließlich im N. mandibularis!
Gemeinsamer Verlauf
- Die Fasern der vier Kerngebiete treten seitlich aus dem Pons aus und bündeln sich zum N. trigeminus
- Eintritt ins Cavum trigeminale an der Vorderseite des Felsenbeins
- Dort Zusammenlagerung der sensiblen Fasern zum Ganglion trigeminale (Ganglion Gasseri)
- Aufzweigung in die drei Hauptäste
- N. ophthalmicus (V1)
- N. maxillaris (V2)
- N. mandibularis (V3)
Besonderheiten des N. trigeminus
Einige Nerven nutzen den N. trigeminus als Leitstruktur:
- N. facialis
- Parasympathische Fasern des N. facialis lagern sich dem N. lacrimalis (Ast von V1) und dem N. zygomaticus (Ast von V2) an und gelangen so zur Glandula lacrimalis
- Parasympathische Fasern des N. facialis lagern sich dem N. lingualis (Ast von V3) an und gelangen über die Chorda tympani zur Gl. submandibularis und Gl. sublingualis
- Geschmacksfasern des N. facialis lagern sich dem N. lingualis (Ast von V3) an und gelangen so zu den vorderen zwei Drittel der Zunge
- N. glossopharyngeus: Parasympathische Fasern des N. glossopharyngeus lagern sich dem N. auriculotemporalis (Ast von V3) auf dem Weg zur Gl. parotidea an
Kornealreflex (Lidschlussreflex)
Für den sog. Kornealreflex führt der Untersucher einen Wattebausch vom Lidrand an die Cornea heran; bei Berührung der Cornea erfolgt ein Lidschluss. Die Afferenz dieses Reflexes verläuft über den N. trigeminus (N. ophthalmicus).
Nervus ophthalmicus (V1)
Überblick
N. ophthalmicus (V1) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Der N. ophthalmicus zweigt sich aus dem Ganglion trigeminale ab
- Verläuft nach Verlassen des Ganglion trigeminale in der lateralen Wand des Sinus cavernosus
- Abgabe eines rückläufigen R. meningeus recurrens zur sensiblen Innervation der Hirnhaut
- Aufzweigung in drei Äste und Schädelaustritt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita
- N. lacrimalis : Sensible Innervation von Bindehaut, lateralem Oberlid, Tränendrüse
- N. frontalis : Sensible Innervation von Stirn und Oberlid, Schleimhaut der Stirnbeinhöhle
- Gibt zwei kleinere Nebenäste ab: N. supratrochlearis und N. supraorbitalis (Austritt durch das Foramen supraorbitale)
- N. nasociliaris : Sensible Innervation von Augenhäuten, Haut und Schleimhäuten der Nase, Tränensack, Nasenspitze, Siebbeinzellen, Keilbeinhöhle
- Gibt verschiedene kleine Nebenäste ab: R. ad ganglion ciliare, R. communicans cum ganglio ciliari, Nn. ciliares longi, N. infratrochlearis, N. ethmoidalis anterior und N. ethmoidalis posterior
Nervus maxillaris (V2)
Überblick
N. maxillaris (V2) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Der N. maxillaris zweigt sich aus dem Ganglion trigeminale ab
- Verläuft nach Verlassen des Ganglion trigeminale in der basolateralen Wand des Sinus cavernosus
- Gibt intrakraniell einen R. meningeus zur sensiblen Innervation der Hirnhäute ab
-
Zieht durch das Foramen rotundum in die Fossa pterygopalatina und teilt sich dort in folgende Äste auf
- N. zygomaticus: Sensible Innervation der Haut über Joch- und Schläfenbein ; parasympathische Innervation der Tränendrüse über die sog. Tränenanastomose
- Tränenanastomose (R. communicans cum nervo zygomatico): Verbindung zwischen N. zygomaticus (V2) und N. lacrimalis (V1), in der parasympathische Fasern des N. facialis verlaufen
- N. infraorbitalis: Sensible Innervation der Haut zwischen unterem Augenlid und Oberlippe, der Kieferhöhle und der Oberkieferzähne sowie Austritt aus dem Gesichtsschädel durch das Foramen infraorbitale
- Rr. ganglionares ad ganglion pterygopalatinum: Sensible Fasern, die Siebbeinzellen, Schleimhäute der Nase und den Gaumen innervieren und zum Ganglion pterygopalatinum ziehen
- N. zygomaticus: Sensible Innervation der Haut über Joch- und Schläfenbein ; parasympathische Innervation der Tränendrüse über die sog. Tränenanastomose
Nervus mandibularis (V3)
Überblick
N. mandibularis (V3) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädeleintritt bzw. Schädelaustritt |
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Verlauf
- Der N. mandibularis zweigt sich aus dem Ganglion trigeminale ab
- Verläuft in der Schädelgrube bis zum Schädeldurchtritt durch das Foramen ovale
- Zieht weiter durch die Fossa infratemporalis und gibt dort folgende Äste ab
- R. meningeus (allgemein somatoafferent): Er versorgt die vorderen Anteile der Hirnhaut und einen Teil der Keilbeinhöhle sensibel
- Motorische Äste zu den innervierten Muskeln (s.o.)
- N. massetericus (auch sensible Fasern): Versorgt den M. masseter motorisch und das Kiefergelenk sensibel
- Nn. temporales profundi: Versorgen den M. temporalis motorisch
- Nn. pterygoidei: Versorgen den M. pterygoideus medialis und den M. pterygoideus lateralis motorisch
- N. musculi tensoris tympani: Versorgt den M. tensor tympani motorisch
- N. musculi tensoris veli palatini: Versorgt den M. tensor veli palatini motorisch
- Sensible Äste zur Innervation der Unterkieferregion
- N. auriculotemporalis: Sensible Innervation der Haut an Schläfe und Ohr (genauer Schläfenbein, Ohrmuschel, äußerer Gehörgang und Trommelfell)
- N. alveolaris inferior
- Verläuft in der Fossa infratemporalis zwischen M. pterygoideus medialis und M. pterygoideus lateralis, gelangt durch das Foramen mandibulae in den Canalis mandibulae und verlässt den Gesichtsschädel mit seinem Endast (N. mentalis) durch das Foramen mentale
- Motorischer Ast: N. mylohyoideus
- Sensible Äste (Versorgen Zähne, Kinn und Unterlippe): Rr. dentales, R. incisivus und N. mentalis
- N. buccalis: Versorgt Haut an Wange und Mundschleimhaut
- Gemischter Ast zur Innervation von Zunge und Speicheldrüsen
- N. lingualis
- Sensible Äste (versorgen vordere ⅔ der Zunge, den weichen Gaumen und weitere Teile der Mundschleimhaut)
- Geschmacksfasern der vorderen ⅔ der Zunge
- Parasympathische Fasern zur Gl. submandibularis, Gl. sublingualis und Gl. lingualis anterior
- N. lingualis
Der N. maxillaris tritt durch das Foramen rotundum („runder Max“) aus dem Schädel aus, der N. mandibularis durch das Foramen ovale („ovale Mandel“)!
Trigeminusdruckpunkte
Die sog. Trigeminusdruckpunkte liegen an den Austrittsstellen der drei sensiblen Endäste des N. trigeminus (N. supraorbitalis, N. infraorbitalis, N. mentalis) aus dem Gesichtsschädel. Die Austrittsstellen werden entsprechend der Nerven Foramen supraorbitale, Foramen infraorbitale und Foramen mentale genannt. Sie können im Rahmen einer Sinusitis oder Trigeminusneuralgie besonders druckschmerzhaft sein und sollten im Zuge der körperlichen Untersuchung überprüft werden.
Trigeminusneuralgie
Bei der Trigeminusneuralgie kommt es zu blitzartig einschießenden, sehr quälenden Gesichtsschmerzen (wird daher auch Tic douloureux genannt), die bevorzugt im Versorgungsgebiet des zweiten und dritten Trigeminusastes auftreten. Die Schmerzen verschwinden i.d.R. nach wenigen Sekunden wieder, können aber bis zu 100-mal pro Tag auftreten, was einen hohen Leidensdruck für die Patient:innen zur Folge haben kann.
Nervus abducens (VI)
Der N. abducens führt ausschließlich motorische Fasern zu seinem Zielmuskel, dem M. rectus lateralis. Dieser abduziert das Auge, bewegt es also nach außen.
Überblick
N. abducens (VI) | |||
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Qualität (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Struktur | Schädelaustritt |
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Verlauf
- Die Fasern des N. abducens ziehen vom Ncl. n. abducentis im Pons zum Sulcus bulbopontinus und treten ventral zwischen Pons und Medulla oblongata aus
- Der Nerv verläuft weiter an der basalen Oberfläche der Brücke und tritt im Bereich des Clivus durch die Dura hindurch
- Im Sinus cavernosus verläuft er mit der A. carotis interna und schließt sich dem N. oculomotorius und N. trochlearis an
- Schädelaustritt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita
- Dort zieht er zu seinem Zielmuskel: M. rectus lateralis
Nervus-abducens-Läsion
Eine Schädigung des N. abducens hat zur Folge, dass das betroffene Auge nach innen abweicht. Beim Blick nach temporal kann es daher zu einer Einschränkung des Gesichtsfeldes und zu Doppelbildern kommen. Da der Nerv über eine weite Strecke an der Schädelbasis verläuft, kommt als Ursache für eine Nervus-abducens-Läsion v.a. ein Schädelbasisbruch infrage.
Nervus facialis (VII)
Der VII. Hirnnerv ist zweigeteilt: Er besteht aus den Fasern des N. facialis sowie den Fasern, die ihm angelagert und zum N. intermedius zusammengefasst werden . Im N. facialis verlaufen speziell viszeroefferente Fasern aus dem Ncl. n. facialis (zur Innervation der mimischen Muskulatur) und im N. intermedius allgemein viszeroefferente (parasympathische Innervation verschiedener Drüsen) sowie speziell viszeroafferente Fasern (zur Geschmackswahrnehmung). Beide Nerven können auch zum N. intermediofacialis (N. facialis + N. intermedius) zusammengefasst werden.
Überblick
N. facialis (VII) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädeleintritt bzw. Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
Intrazerebral
- Fasern des N. facialis verlaufen vom Ncl. n. facialis zunächst nach dorsal um den Ncl. nervi abducentis herum und bilden das innere Fazialisknie
- Das innere Fazialisknie bildet beidseits eine paramediane Vorwölbung am Boden der Fossa rhomboidea (Colliculus facialis)
- Zusammenlagerung mit N. intermedius aus Ncl. salivatorius superior und Ncl. tractus solitarii (es entsteht der N. intermediofacialis)
- Gemeinsamer Austritt aus dem Hirnstamm im Kleinhirnbrückenwinkel zwischen Pons und Olive
Im Felsenbein
- Verlauf durch den Porus acusticus internus in den Meatus acusticus internus
- Weiterer Verlauf im Canalis n. facialis des Felsenbeins, wo er seine Verlaufsrichtung ändert und somit das äußere Fazialisknie bildet
-
Zusammenlagerung der Fasern zum Ganglion geniculi
- Im Ganglion geniculi liegen die Perikarya der Chorda tympani und des N. auricularis posterior
- Alle anderen Fasern ziehen ohne Verschaltung durch das Ganglion geniculi
- Noch im Felsenbein Abgabe von folgenden Ästen (verlaufen in oder nahe den Wänden der Paukenhöhle)
- N. petrosus major (Durchtritt durch das Foramen lacerum und Verschaltung im Ganglion pterygopalatinum ): Parasympathische Innervation der Glandulae nasales, Glandulae palatinae und Glandula lacrimalis
- N. stapedius: Motorische Innervation des M. stapedius
- Chorda tympani: Verschiedene Faserqualitäten
- Speziell viszeroafferente Geschmacksfasern: Versorgung der vorderen ⅔ der Zunge
- Allgemein viszeroefferente (parasympathische) Fasern: Umschaltung im Ganglion submandibulare und Innervation von Glandula submandibularis, Glandula sublingualis und Glandula lingualis anterior
Extrakraniell
- Der Hauptstamm des N. facialis zieht weiter und tritt durch das Foramen stylomastoideum aus dem Schädel aus
- Aufzweigung in mehrere motorische Äste, von denen der Großteil in der Gl. parotidea den Plexus intraparotideus bildet
- Äste zur mimischen Muskulatur
- N. auricularis posterior (gemischter Nerv!): Innervation der hinteren Ohrmuskeln und des Venter posterior des M. occipitofrontalis, sensible Versorgung der Ohrmuschel
- Plexus intraparotideus
- Rr. temporales: Innervation der mimischen Muskeln von Schläfe, Stirn (u.a. Venter anterior des M. occipitofrontalis) und Augenlidern
- Rr. zygomatici: Innervation der mimischen Muskeln am Unterlid und über dem Jochbein
- Rr. buccales: Innervation der mimischen Muskeln von Wange, Mund- und Nasenöffnung
- R. marginalis mandibulae: Innervation der mimischen Muskeln am Kinn
- R. colli: Innervation des Platysmas
- Bildet eine Anastomose mit dem N. transversus colli aus C3
- Äste zur Mundbodenmuskulatur
- R. digastricus: Innervation des Venter posterior des M. digastricus
- R. stylohyoideus: Innervation des M. stylohyoideus
- Äste zur mimischen Muskulatur
Kornealreflex (Lidschlussreflex)
Die Berührung der Cornea (Hornhaut) des Auges führt reflexartig zum Lidschluss. Der Reiz der Berührung wird über den N. ophthalmicus (Ast des N. trigeminus) weitergeleitet, woraufhin unmittelbar eine Kontraktion des M. orbicularis oculi erfolgt. Dieser wird vom N. facialis efferent innerviert. Er schützt den Augapfel vor Fremdkörpern und Austrocknung und sollte zudem im Rahmen jeder neurologischen Untersuchung getestet werden, um die Funktionen von Teilen des N. trigeminus sowie des N. facialis zu überprüfen.
Fazialisparese
Im Ncl. n. facialis werden die speziell viszeroefferenten Fasern aus dem Gyrus praecentralis (motorischer Kortex) auf das 2. Motoneuron umgeschaltet, die dann im N. facialis zur mimischen Muskulatur führen . Der Ncl. n. facialis lässt sich in zwei Anteile gliedern: Einen oberen Anteil, der sowohl Fasern aus dem kontralateralen als auch aus dem ipsilateralen Gyrus praecentralis erhält, und einen unteren Anteil, den nur Fasern aus dem kontralateralen Gyrus praecentralis erreichen. Aus dem oberen Anteil entstammen die Fasern, die die Stirn- und Augenmuskulatur versorgen, aus dem unteren Teil die Fasern für die untere Gesichtshälfte. Wird nun der Bereich zwischen Gyrus praecentralis und Ncl. n. facialis auf einer Seite geschädigt, so kommt es kontralateral zu einer Lähmung der Muskulatur der unteren Gesichtshälfte. Lediglich das Stirnrunzeln und der Augenschluss sind noch möglich, da diese Funktionen von beiden Großhirnhälften gesteuert werden. Man spricht in diesem Fall von einer zentralen oder supranukleären Fazialisparese. Kommt es dagegen zu einer Schädigung des Bereichs zwischen Ncl. n. facialis und Peripherie, tritt eine Lähmung der gesamten ipsilateralen Muskulatur auf (hängender Mundwinkel, fehlender Lidschluss, Stirnrunzeln nicht möglich) . Diese Art der Schädigung wird als periphere Fazialisparese bezeichnet. Je nach Höhe der Läsion können bei der peripheren Fazialisparese zudem weitere Symptome auftreten: Geschmacksstörung der vorderen ⅔ der Zunge (Läsion vor Abgang der Chorda tympani), verminderte Speichelproduktion (Läsion vor Abgang der Chorda tympani), Hyperakusis durch Ausfall des M. stapedius (Läsion vor Abgang des N. stapedius), verminderte Tränensekretion (Läsion vor Abgang des N. petrosus major) . Welche Symptome genau vorliegen, hängt also davon ab, an welcher Stelle im Verlauf der Nerv geschädigt wird . Eine seltene Sonderform der peripheren Fazialisparese ist die nukleäre Fazialisparese, bei der es aufgrund einer isolierten Läsion der motorischen Kerngebiete im Hirnstamm zu der peripheren Parese kommt.
Felsenbeinfrakturen
Der N. facialis teilt sich im Felsenbein in seine verschiedenen Äste auf. Im Rahmen eines Schädelhirntraumas kann es u.a. zu einer Fraktur des Felsenbeins und damit einhergehend zu einer Schädigung des N. facialis kommen. Dies macht sich dann durch eine periphere Fazialisparese bemerkbar.
Nervus vestibulocochlearis (VIII)
Der N. vestibulocochlearis innerviert das Hör- und Gleichgewichtsorgan und besteht aus zwei Anteilen, dem N. vestibularis und dem N. cochlearis.
Überblick
N. vestibulocochlearis (VIII) | ||||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehörige Kerne | Zugehöriger Nerv | Innervierte Struktur | Schädeleintritt |
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Verlauf und Äste
- Die afferenten Fasern des N. vestibulocochlearis ziehen von den unmittelbar benachbarten Vestibularis- und Kochleariskernen zum Kleinhirnbrückenwinkel und treten dort gemeinsamen aus dem Hirnstamm aus
- Schädelaustritt durch den Porus acusticus internus
- Verlauf in einer gemeinsamen Bindegewebshülle durch den inneren Gehörgang
- Aufteilung in zwei Hauptäste
- N. vestibularis : Übermittelt Gleichgewichtsinformationen der drei Bogengänge und der zwei Makulaorgane
- N. cochlearis : Übermittelt akustische Informationen der Haarzellen des Corti-Organs
Einige Fasern des N. vestibularis ziehen ohne Umschaltung (d.h. an den Vestibulariskernen vorbei) direkt zum Kleinhirn!
Akustikusneurinom
Das Akustikusneurinom ist ein benigner Tumor der Schwann-Zellen des N. vestibulocochlearis, der verdrängend in die Umgebung wächst und so zu einer Kompression des Nerven mit einer langsam fortschreitenden Schwerhörigkeit und Gangunsicherheit führen kann. Im weiteren Verlauf kann es zusätzlich zu einer Kompression der Nn. trigeminus (Parästhesien im Versorgungsgebiet) und facialis (Fazialisparese) kommen (siehe auch: Kleinhirnbrückenwinkel-Syndrom). Zudem können große Tumoren den Hirndruck erhöhen.
Nervus glossopharyngeus (IX)
Der Nervus glossopharyngeus versorgt verschiedene Strukturen im Mund- und Rachenbereich sowohl motorisch als auch sensibel.
Überblick
N. glossopharyngeus (IX) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädeleintritt bzw. Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Die Fasern der fünf Kerngebiete vereinigen sich und treten lateral hinter der Olive aus der Medulla oblongata aus
- Weiterer Verlauf in Richtung Felsenbein
- Verdickung zum intrakraniell liegenden Ganglion superius n. glossopharyngei (allgemein somatoafferent) und Schädeldurchtritt durch das Foramen jugulare
- Kurz unterhalb des Foramen jugulare Verdickung zum extrakraniell liegenden Ganglion inferius n. glossopharyngei (allgemein somatoafferent sowie speziell und allgemein viszeroafferent)
- Zieht zwischen der A. carotis interna und V. jugularis interna sowie hinter dem M. stylopharyngeus zur Zunge und gibt folgende Äste ab
- N. tympanicus: Tritt durch den Canaliculus tympanicus in die Paukenhöhle und bildet den Plexus tympanicus, der das Ganglion tympanicum enthält und die Schleimhaut des Mittelohrs sensibel innerviert
- R. tubarius: Sensible Innervation von Paukenhöhle und Tuba auditiva
- N. petrosus minor: Wird im Ganglion oticum umgeschaltet und innerviert parasympathisch die Gl. parotidea und die Gll. buccales und Gll. labiales
- R. sinus carotici: Erfasst die Viszeroafferenzen aus der Wand des Sinus caroticus und aus dem Glomus caroticum
- R. musculi stylopharyngei: Motorische Innervation des M. stylopharyngeus
- Rr. pharyngei n. glossopharyngei: Bilden mit den gleichnamigen Ästen des N. vagus den Plexus pharyngeus (der Plexus pharyngeus (Nervengeflecht) innerviert parasympathisch die Glandulae pharyngeales, sensibel die Pharynxschleimhaut sowie motorisch den M. constrictor pharyngis, M. salpingopharyngeus, M. palatopharyngeus, M. palatoglossus, M. levator veli palatini und M. uvulae)
- Rr. tonsillares n. glossopharyngei: Sensible Innervation der Tonsilla palatina
- Rr. linguales n. glossopharyngei: Sensible Innervation und Geschmackswahrnehmung vom hinteren Drittel der Zunge
- N. tympanicus: Tritt durch den Canaliculus tympanicus in die Paukenhöhle und bildet den Plexus tympanicus, der das Ganglion tympanicum enthält und die Schleimhaut des Mittelohrs sensibel innerviert
Foramen-jugulare-Syndrom
Der N. glossopharyngeus verlässt gemeinsam mit dem N. vagus und N. accessorius durch das Foramen jugulare den Schädel – im Rahmen von Schädelbasisfrakturen kann es daher zu dem sog. Foramen-jugulare-Syndrom kommen. Dieses Syndrom äußert sich u.a. durch Schluckstörungen, Dys-/Parästhesien in den Innervationsgebieten der beteiligten Nerven, Tachykardie, Obstipation sowie durch erschwerte Kopf- und Schulterbewegungen.
Nervus vagus (X)
Der N. vagus ist der größte Nerv des Parasympathikus und hat das größte Innervationsgebiet aller Hirnnerven. Im Gegensatz zu den anderen Hirnnerven begrenzen sich seine afferenten und efferenten Fasern nicht auf den Kopf-Hals-Bereich, sondern ziehen bis in den Bauchraum.
Überblick
N. vagus (X) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädeleintritt bzw. Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Die paarigen Fasern aus den fünf Kernen treten gemeinsam hinter der Olive ventral aus der Medulla oblongata aus
- Verdickung zum intrakraniell liegenden Ganglion superius n. vagi und gemeinsamer Schädeldurchtritt mit dem N. accessorius durch das Foramen jugulare
- Abgabe sensibler Äste auf Höhe des Ganglion superius
- R. meningeus (allgemein somatoafferent): Sensible Innervation der Dura
- R. auricularis (allgemein somatoafferent): Sensible Innervation des äußeren Gehörgangs
- Abgabe sensibler Äste auf Höhe des Ganglion superius
- Kurz unterhalb des Foramen jugulare Verdickung zum extrakraniell liegenden Ganglion inferius n. vagi und Abgabe gemischter Äste
- N. laryngeus superior (speziell viszeroefferent, allgemein viszeroafferent)
- R. externus: Motorische Innervation des M. cricothyroideus
- R. internus: Sensible Innervation der Larynxschleimhaut oberhalb der Glottis (der Nerv verläuft direkt unter der Schleimhautwand des Recessus piriformis pharyngis)
- R. pharyngeus n. vagi (allgemein und speziell viszeroafferent, speziell viszeroefferent, allgemein somatoefferent)
- N. laryngeus superior (speziell viszeroefferent, allgemein viszeroafferent)
- Weiterer Verlauf in der Vagina carotica zwischen der V. jugularis interna und der A. carotis interna und Abgabe gemischter Äste
- Rr. bronchiales n. vagi (allgemein viszeroefferent, allgemein viszeroafferent): Ziehen zum Plexus pulmonalis
- Rr. cardiaci thoracici n. vagi (allgemein viszeroefferent, allgemein viszeroafferent): Ziehen zum Plexus cardiacus
- N. laryngeus recurrens (speziell viszeroefferent, allgemein viszeroafferent): Zieht um den Aortenbogen (N. laryngeus recurrens sinister) bzw. die A. subclavia (N. laryngeus recurrens dexter) und läuft zurück zum Kehlkopf; hier besteht eine enge topografische Beziehung zur Schilddrüse
- Motorische Innervation der Kehlkopfmuskeln (außer M. cricothyroideus)
- Sensible Innervation der Larynxschleimhaut unterhalb der Glottis
- Rr. cardiaci cervicales superiores et inferiores (allgemein viszeroefferent, allgemein viszeroafferent): Ziehen zum Plexus cardiacus
- Linker und rechter N. vagus ziehen zum Ösophagus und bilden dort den Plexus oesophageus (allgemein viszeroefferent, allgemein viszeroafferent)
- Anschließend bündeln sie sich zum Truncus vagalis anterior (linker N. vagus) und Truncus vagalis posterior (rechter N. vagus)
- Die Trunci vagales ziehen in Form von kleineren Ästen und größeren Nervenplexus zu den Oberbauchorganen und innervieren diese
Kehlkopflähmung (Rekurrensparese)
Der N. laryngeus recurrens innerviert den einzigen Öffner der Stimmritze (M. cricoarytaenoideus posterior). Aufgrund seines Verlaufs unmittelbar hinter der Schilddrüse kann er z.B. im Rahmen von Schilddrüsenoperationen geschädigt werden. Bei einer einseitigen Schädigung kommt es zu Heiserkeit, bei einer beidseitigen zu Atemnot.
Carotissinusreflex
Im Bereich des Sinus caroticus der A. carotis interna und des Aortenbogens liegen Barorezeptoren in der Gefäßwand, die durch Dehnung der Gefäßwand (bspw. durch hohen Blutdruck oder externen Druck) aktiviert werden können. Die Barorezeptoren leiten über den R. sinus carotici und das Ganglion inferius des N. glossopharyngeus sowie über Fasern des N. vagus die Information zum Ncl. tractus solitarii des Hirnstamms weiter. Die efferenten parasympathischen Fasern entspringen aus dem Ncl. dorsalis n. vagi – sowie zu einem geringen Anteil aus dem Ncl. ambiguus – und ziehen über den N. vagus zum Herzen, wo eine reflektorische Senkung des Blutdrucks sowie eine Verlangsamung des Herzschlags erfolgt.
Lungendehnungsreflex (Hering-Breuer-Reflex)
Der N. vagus übermittelt mit seinen afferenten Fasern Dehnungs- und Schmerzreize aus der Lunge an den Hirnstamm. Kommt es beim Einatmen (Inspiration) zu einer Volumenvergrößerung der Lunge um mehr als 1,5 L, werden die im Bronchialbaum liegenden Dehnungsrezeptoren aktiviert und die Inspiration im Atemzentrum reflektorisch gehemmt. Dieser Reflex schützt die Lunge vor Überdehnung.
Nervus-vagus-Läsion
Bei einer einseitigen Schädigung des N. vagus kommt es zu verschiedenen Symptomen in Abhängigkeit zur Schädigungshöhe, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können:
- Schluckstörung (durch den Ausfall der Pharynxmuskulatur)
- Lähmung des Gaumensegels und Abweichung der Uvula zur gesunden Seite (durch den Ausfall der Pharynxmuskulatur; sog. Kulissenphänomen)
- Heiserkeit (durch den Ausfall der Kehlkopfmuskulatur)
Zusätzlich kann es bei einem Ausfall des rechten N. vagus durch den Wegfall der parasympathischen Sinus-Knoten-Innervation zu einer Tachykardie kommen; beim Ausfall des linken N. vagus können hingegen durch den Wegfall der parasympathischen AV-Knoten-Innervation Arrhythmien auftreten.
Nervus accessorius (XI)
Der N. accessorius ist ein rein motorischer Hirnnerv und besteht aus zwei Anteilen: Der Radix cranialis aus dem Ncl. ambiguus und der Radix spinalis aus dem Ncl. spinalis n. accessorii.
Überblick
N. accessorius (XI) | |||
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Qualitäten (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Die Fasern des Ncl. ambiguus bilden die Radix cranialis n. accessorii und treten kaudal des N. vagus und N. glossopharyngeus aus der Medulla oblongata aus
- Die Fasern des Ncl. spinalis n. accessorii treten extrakraniell etwa auf Höhe der Zervikalsegmente C2–C5 aus und ziehen als Radix spinalis n. accessorii durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle
- In der Schädelhöhle erfolgt die Zusammenlagerung der zwei Wurzeln zum Truncus nervi accessorii
- Gemeinsamer Schädelaustritt des Truncus durch das Foramen jugulare
- Aufzweigung in zwei Äste
- R. internus n. accessorii (kraniale Fasern): Lagert sich dem N. laryngeus recurrens des N. vagus an und versorgt mit ihm alle Kehlkopfmuskeln außer den M. cricothyroideus
- R. externus n. accessorii (spinale Fasern): Motorische Innervation des M. trapezius und M. sternocleidomastoideus
Nervus-accessorius-Läsion
Bei einer einseitigen Läsion des N. accessorius – z.B. nach Eingriffen am Hals im Rahmen einer Lymphknotenbiopsie – kann es zu Ausfallerscheinungen der betroffenen Muskeln kommen. Bei Lähmung des M. trapezius ist ein Schultertiefstand der betroffenen Seite die Folge. Zudem haben die Patient:innen Schwierigkeiten, den Arm über 90° anzuheben. Bei Ausfall des M. sternocleidomastoideus kommt es durch eine schlaffe Lähmung der betroffenen Seite zu einem sog. Schiefhals und zu einer erschwerten Kopfdrehung nach kontralateral.
Nervus hypoglossus (XII)
Der N. hypoglossus ist ein rein motorischer Nerv, der die Zungenmuskulatur versorgt.
Übersicht
N. hypoglossus (XII) | |||
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Qualität (Funktion) | Zugehöriger Kern | Innervierte Strukturen | Schädelaustritt |
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Verlauf und Äste
- Die Fasern ziehen vom Ncl. n. hypoglossi weiter nach kaudal durch die Medulla oblongata
- Sie verlassen den Hirnstamm zwischen unterer Olive und Pyramide
- Efferente Fasern aus C1–2 lagern sich dem Nerven an
- Schädelaustritt erfolgt durch den Canalis nervi hypoglossi
- Zwischen dem M. mylohyoideus und dem M. hyoglossus zweigt er sich in seine Äste auf
- Rr. linguales n. hypoglossi: Motorische Innervation der inneren und äußeren Zungenmuskulatur
- Angelagerte Fasern aus den Spinalnerven C1–2: Motorische Innervation des M. geniohyoideus und M. thyrohyoideus
Nervus-hypoglossus-Läsion
Die zentralen Afferenzen der Hypoglossuskerne stammen jeweils vom kontralateralen Gyrus praecentralis. Der rechts gelegene Ncl. n. hypoglossi ist folglich mit dem linken Gyrus praecentralis verschaltet. Liegt nun ein zentraler, supranukleärer Schaden z.B. rechts vor, weicht die Zunge kontralateral zur Läsion nach links ab. Anders ist dies bei einem peripheren Schaden, also einem Schaden innerhalb oder distal der Kerne. Die Fasern sind dann schon gekreuzt und die Zunge weicht zur Seite der Läsion ab (durch Überwiegen des Muskeltonus auf der gesunden Seite).
Wiederholungsfragen zum Kapitel Hirnnerven
Übersicht der Hirnnerven
Die Kerne welcher Hirnnerven liegen im Pons?
Welcher Regel folgt die prinzipielle Anordnung der Hirnnervenkerne im Hirnstamm?
N. opticus
Durch welche Öffnung tritt der N. opticus in den Schädel ein?
Welcher Teil der Sehbahn ist beschädigt, wenn die betroffene Person ein sog. Scheuklappenphänomen (heteronyme bitemporale Hemianopsie) hat?
Welche beiden Nerven sind am Pupillenreflex beteiligt?
Was versteht man unter einer konsensuellen Lichtreaktion?
N. oculomotorius
Nenne die typischen Symptome einer Okulomotoriusparese!
Wo tritt der N. oculomotorius aus dem Hirnstamm aus?
In welchem Ganglion werden die parasympathischen Fasern des N. oculomotorius umgeschaltet und welche Funktion haben sie?
N. trochlearis
Auf welcher Höhe im Hirnstamm liegt der Kern des N. trochlearis ungefähr und was ist die Besonderheit beim Austritt seiner Fasern?
Welche Struktur innerviert der N. trochlearis?
N. trigeminus
Nenne die drei Hauptäste des N. trigeminus! In welchem Hauptast verlaufen seine Efferenzen?
Welcher Kern ist der Ursprung für die motorischen Fasern des N. trigeminus und zu welchen Muskeln ziehen diese?
In welchen Kern projizieren die Fasern des N. trigeminus, die für die Temperatur- und Schmerzempfindung des Gesichts zuständig sind, und welche Hauptäste sind für welchen Bereich verantwortlich?
In welchen Kern projizieren die Fasern des N. trigeminus, die für die propriozeptiven Information von Kaumuskeln, Kiefergelenk, Gaumen und Zähnen zuständig sind und in welchem Hauptast des N. trigeminus ziehen sie?
Was sind die sog. Trigeminusdruckpunkte und wie heißen sie?
Was ist das Innervationsgebiet des N. alveolaris inferior?
N. abducens
Durch welchen duralen Sinus zieht der N. abducens und welches Gefäß begleitet ihn in enger Nachbarschaft dabei?
Welche Struktur innerviert der N. abducens?
An welcher Stelle verlässt der N. abducens den Hirnstamm?
N. facialis
Welche drei Qualitäten hat der N. facialis und welcher ist der jeweilig zugehörige Hirnnervenkern?
Durch welche Öffnung tritt der N. facialis aus dem Schädel aus?
An welcher Stelle tritt der N. facialis aus dem Hirnstamm aus?
Was ist die Funktion der Chorda tympani?
Wo liegen die Perikarya der speziell viszeroafferenten Geschmacksfasern der Chorda tympani?
Was ist die Funktion des N. petrosus major und wo erfolgt seine Umschaltung?
Welche Muskeln werden durch den N. facialis motorisch innerviert?
Warum ist bei einer zentralen (oder auch supranukleären) Fazialisparese auf der gelähmten Seite weiterhin Stirnrunzeln und Augenschluss möglich?
Welche Funktion hat der N. facialis beim Kornealreflex und welcher andere Hirnnerv ist noch beteiligt?
N. glossopharyngeus
Welche fünf Qualitäten hat der N. glossopharyngeus und welcher ist der jeweils zugehörige Hirnnervenkern?
Welche Strukturen versorgt der N. glossopharyngeus sensibel?
Welche Strukturen versorgt der N. glossopharyngeus parasympathisch und in welchem Ganglion erfolgt die Verschaltung?
Welche Muskeln werden durch den N. glossopharyngeus motorisch innerviert?
Was ist der Plexus pharyngeus und was ist seine Funktion?
Welche Faserqualitäten finden sich im Ganglion inferius n. glossopharyngei?
N. vagus
Welche fünf Qualitäten hat der N. vagus und welcher ist der jeweilig zugehörige Hirnnervenkern?
Welche Organe versorgt der N. vagus allgemein viszeroefferent (parasympathisch)?
Welche Funktion hat der N. laryngeus superior?
Was ist der sog. Hering-Breuer-Reflex und welche Funktion übernimmt der N. vagus dabei?
Wie verläuft der N. laryngeus recurrens? Bei Operationen an welchem Organ muss man besonders auf ihn achten?
Wie funktioniert der Carotissinusreflex und welche Hirnnerven sind involviert?
Welche Symptome treten typischerweise bei einer einseitigen N. vagus-Läsion auf und worauf sind sie jeweils zurückzuführen?
Warum kann es bei einer Manipulation des äußeren Gehörgangs zu Husten und Erbrechen kommen?
N. accessorius
Welche Muskeln werden durch den N. accessorius innerviert?
N. hypoglossus
Welche Muskeln werden durch den N. hypoglossus innerviert?
Zu welchem klinischen Bild kommt es typischerweise bei einer Lähmung des N. hypoglossus und welchen Unterschied macht es, ob die Schädigung zentral oder peripher vorliegt?
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
„Kostprobe“: Nervus trigeminus (N. V) – Teil 1 (frei verfügbar)
Nervus olfactorius (N. I)
Nervus opticus (N. II)
Augenmuskelnerven: Nervus oculomotorius (N. III), Nervus trochlearis (N. IV), Nervus abducens (N. VI)
Nervus trigeminus (N. V)
Nervus trigeminus – Teil 1
Nervus trigeminus – Teil 2
Nervus facialis (N. VII)
Nervus vestibulocochlearis (N. VIII)
Nervus glossopharyngeus (N. IX)
Nervus vagus (N. X)
Nervus accessorius (N. XI)
Nervus hypoglossus (N. XII)
Hirnnervenkerne
Hirnnervenkerne: Medulla spinalis
Hirnnervenkerne: Medulla oblongata
Hirnnervenkerne: Pons
Hirnnervenkerne: Mesencephalon
Kopfganglien
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
3D-Anatomie
In Kooperation mit Effigos bieten wir dir die Möglichkeit, Anatomie auch in 3D zu erfahren. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Neben Komplettmodellen bieten wir dir auch sprach- oder textgeführte Exkurse zu einzelnen Themen. In allen Versionen hast du die Möglichkeit, mit den Modellen individuell zu interagieren, z.B. durch Schneiden, Zoomen oder Aus- bzw. Einblenden bestimmter Strukturen. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Anatomische 3D-Modelle. Die unterschiedlichen Pakete zu den 3D-Modellen findest du im Shop.