Zusammenfassung
Als intrakranieller Druck (ICP) wird der Druck bezeichnet, der innerhalb des Schädels und seiner verschiedenen Kompartimente (z.B. im Subarachnoidalraum und in den Ventrikeln) besteht. Der ICP variiert je nach relativer Position des Kopfes zum restlichen Körper und wird durch physiologische Prozesse beeinflusst (z.B. durch die kardialen Kontraktionen). Erwachsene haben im Liegen normalerweise einen ICP von <10 mmHg. Bei dauerhaften Werten ≥20 mmHg liegt ein pathologisch erhöhter intrakranieller Druck vor.
Der ICP erhöht sich, wenn eine intrakranielle Volumenzunahme nicht mehr durch die Verschiebung von Liquor in den spinalen Subarachnoidalraum kompensiert werden kann. Ursächlich kann bspw. eine intrakranielle Raumforderung, ein Hirnödem oder eine Liquorzirkulationsstörung sein. Die Druckerhöhung kann zu einer Reduktion des zerebralen Perfusionsdrucks (CPP) und zu einer Herniation zerebraler Strukturen führen. Entsprechend der Dynamik der zugrunde liegenden Erkrankung treten unterschiedlich schnell Symptome wie Kopfschmerzen, Erbrechen und Störungen der Vigilanz auf. Sowohl die klinische Untersuchung als auch die Bildgebung können Hinweise auf den erhöhten intrakraniellen Hirndruck geben, ein direkter Nachweis und/oder sicherer Ausschluss sind letztlich aber nur anhand einer invasiven Hirndruckmessung möglich. Therapeutisch sollten neben der Behandlung der Grunderkrankung immer neuroprotektive Maßnahmen angewendet werden. Abhängig von der Ätiologie und dem Ausmaß der Druckerhöhung können u.a. operative Eingriffe und eine Therapie mit osmotisch wirksamen Substanzen erwogen werden.
Ätiologie
Der Hirndruck erhöht sich, wenn eine intrakranielle Volumenzunahme nicht mehr durch die Verschiebung von Liquor in den spinalen Subarachnoidalraum kompensiert werden kann [1].
Ursachen einer intrakraniellen Volumenzunahme
Verschiedene Ursachen können durch eine direkte raumfordernde Wirkung und/oder durch die Ausbildung eines Hirnödems zu einer intrakraniellen Volumenzunahme führen.
- ZNS-Inflammation, -Infektion oder -Abszess
- Raumfordernde ZNS-Läsionen
- Blutungen oder Hämatome
- Aneurysmen
- Intrakranielle Tumoren
- Maligner Mediainfarkt
- Erhöhter venöser Druck (z.B. im Zuge einer dekompensierten Herzinsuffizienz)
- Erhöhter Liquordruck
- Metabolische Störungen (z.B. Hyponatriämie, hepatische Enzephalopathie)
Formen des Hirnödems
Das Hirnödem bezeichnet eine zerebrale Flüssigkeitseinlagerung, wobei 3 Formen unterschieden werden:
- Zytotoxisches Ödem: Folge einer gestörten Na+/K+-ATPase
- Vasogenes Ödem: Folge einer gestörten Blut-Hirn-Schranke
- Interstitielles Hirnödem: Folge einer Liquorabflussstörung mit vermehrtem Einstrom von Liquor ins zerebrale Interstitium
Pathophysiologie
Physiologie des ICP
- Intrakranieller Druck (ICP): Druck im Schädelinneren
- Normwerte im Liegen [1][2]
- Erwachsene und Kinder: <10 mmHg
- Säuglinge: <7,5 mmHg
- Schwankungen: Je nach Kopfposition oder in Abhängigkeit von physiologischen Prozessen (z.B. Herzkontraktionen, Niesen, Husten oder Valsalva-Manöver)
- Erhöhter ICP: Dauerhaft >20 mmHg
- Normwerte im Liegen [1][2]
- Zerebraler Perfusionsdruck (CPP)
- Berechnung: Differenz des mittleren arteriellen und des intrakraniellen Drucks (CPP = MAP - ICP)
- Zweck: Richtwert zur Abschätzung des kraniellen Blutflusses
- Normwert: Ca. >50 mmHg bis <100 mmHg
Pathophysiologie bei erhöhtem ICP [3][4]
- Anatomische Grundlagen
- 4 Kompartimente des Schädels
- Spinalraum
- Hintere Schädelgrube
- 2 supratentorielle Hirnhemisphären (getrennt durch die Falx)
- 3 Komponenten des Hirnvolumens
- 4 Kompartimente des Schädels
- Monro-Kellie-Doktrin: Volumenzunahme einer Komponente bewirkt eine kompensatorische Volumenabnahme der anderen Komponenten, da der starre Schädelknochen den Raum begrenzt; ist dieser Kompensationsmechanismus ausgeschöpft, steigt der intrakranielle Druck an!
- (Begrenzte) zusätzliche Kompensationsmechanismen: Venöser Abfluss↑, Resorption von Liquor↑, Verschiebung von intrakraniellem Liquor in den spinalen Subarachnoidalraum
Reduktion des zerebralen Perfusionsdrucks
- Pathophysiologie: Solange der mittlere arterielle Druck konstant bleibt, sinkt der zerebrale Perfusionsdruck (CPP = MAP - ICP)
- Gefahr: Ischämie zerebraler Strukturen
Cushing-Reflex [5]
- Zweck: Kardiovaskulärer Reflex zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden intrakraniellen Perfusion durch Steigerung des systolischen Blutdrucks
- Physiologie: ICP↑ → CPP↓ → Zerebrale Ischämie und Hypoxie → Systemische Sympathikusaktivierung → Steigerung des systolischen Blutdrucks
- Pathophysiologie: Kardiale Komplikationen durch extremen Blutdruckanstieg (hypertensiver Notfall)
- Cushing-Triade
- Systolischer Blutdruckanstieg (mit breitem Pulsdruck)
- Bradykardie durch Reizung von Barorezeptoren im Sinus caroticus
- Atemdepression (irreguläre Atmung bis Apnoe)
Zerebrale Herniation (Zerebrale Einklemmung)
- Pathomechanismus: Verschiebung von Hirnparenchym innerhalb der Schädelkompartimente durch steigenden ICP, mit Schädigung durch
- Direkte mechanische Einklemmung von Hirngewebe
- Komprimierung zerebraler Gefäße mit nachfolgender Ischämie
- Formen
- Transtentorielle Herniation (obere Einklemmung): Supratentorielle Druckentwicklung mit Entlastung durch den Tentoriumschlitz und resultierender Kompression des Zwischen- und Mittelhirns im Tentoriumschlitz
- Bspw. als Uncusherniation: Mediale Temporallappen werden zwischen Mittelhirn und Tentoriumschlitz komprimiert
- Seltener auch als aszendierende Kleinhirnherniation von infra- in supratentorielle Richtung
- Tonsilläre Herniation (untere Einklemmung): Herniation der Kleinhirntonsillen im Foramen magnum mit Kompression der Medulla oblongata im Foramen magnum
- Hochakut lebensgefährliches Krankheitsbild!
- Subfalxiale Herniation: Herniation von Teilen des Gyrus cinguli unter die Falx cerebri
- Transtentorielle Herniation (obere Einklemmung): Supratentorielle Druckentwicklung mit Entlastung durch den Tentoriumschlitz und resultierender Kompression des Zwischen- und Mittelhirns im Tentoriumschlitz
Symptomatik
Klinische Hirndruckzeichen [5][6]
Die Erhöhung des intrakraniellen Drucks führt grundsätzlich über die Komprimierung von Hirnstrukturen zu klinischen Ausfallerscheinungen. Je nach Ursache und Richtung der Massenverschiebung können sich die Symptomkonstellationen unterscheiden.
- Häufige Befunde
- Kopfschmerzen
- Übelkeit/Erbrechen
- Psychiatrische Auffälligkeiten
- Antriebsstörung, Verlangsamung insb. bei chronischem Hirndruck
- Ggf. Befund einer Stauungspapille
- Quantitative Bewusstseinsstörungen : Im kompensierten Stadium Somnolenz , aber auch Sopor und Koma
- Im Koma: Zunehmend ungerichtete Abwehrreaktion auf Schmerzreize, ggf. Synergismen
- Cushing-Triade
- Einseitige Mydriasis (Anisokorie) und zunehmende Abschwächung bis zum Ausfall des Pupillenreflexes
- Diplopie
- Zusätzliche Hirndruckzeichen bei Kindern
- Makrozephalus
- Gespannte Fontanellen
- „Sunset sign“ (Sonnenuntergangsphänomen): Fixierte Blickparese mit abwärts gerichteten Augäpfeln
- Terminale Symptome
- Cheyne-Stokes-Atmung
- Verlust der Pupillenreaktion
- Streckstellung der Extremitäten
- Atemlähmung bis hin zum Hirntod
Syndrome bei intrakraniellem Druckanstieg
- Gemeinsamer Pathomechanismus: ICP↑ → Sekundäre Kompression von Zwischenhirn und Hirnstamm
- 4 klinisch abgrenzbare Syndrome: Je nach betroffener Struktur, Ursprung und Ausbreitung der ICP-Erhöhung
- Mit zunehmendem Druck fließende Übergänge mit Addition der Symptome
- Bei infratentorieller Druckentwicklung: Zwischenhirnsyndrom und Mittelhirnsyndrom werden übersprungen, da Zwischen- und Mittelhirn zu weit kranial liegen
- Anmerkung: Die im Folgenden aufgeführten klinischen Bilder können auch isolierte Syndrome infolge einer lokalen Schädigung der jeweiligen Struktur ohne ICP-Erhöhung sein . Die Darstellung hier fokussiert sich auf die sekundäre Schädigung durch eine ICP-Erhöhung, bei der sich die Defizite mit zunehmender Ausbreitung des Hirndrucks auf weitere Hirnstammgebiete ausdehnen. Bei isolierten Formen sind die Defizite enger auf die geschädigte Struktur beschränkt
Zwischenhirnsyndrom
- Pathomechanismus
- Axiale Einklemmung des Zwischenhirns in Richtung Tentoriumschlitz
- Symptome ergeben sich aus der Enthemmung der tonusregulierenden Bahnen (rubro- und vestibulospinale Bahnen) und dem beginnenden Ausfall des für die Wachheit zuständigen Teils der Formatio reticularis
- Symptome und Befunde in der klinischen Untersuchung
- Zunehmende quantitative Bewusstseinsstörung
- Dekortikationshaltung: Beuge- und Strecksynergismen mit Beugung der Arme und Streckung der Beine
- Erhöhter Muskeltonus und Nackensteife (Spastik)
- Pupillenreflex erhalten
- Lebhafte Muskeleigenreflexe
- Pathologische Reflexe
- Cheyne-Stokes-Atmung
Mittelhirnsyndrom
- Pathomechanismus: Zunehmender Ausfall der Formatio reticularis und Einklemmung der Zentren für den visuellen Lichtreflex
- Symptome und Befunde in der klinischen Untersuchung
- Dezerebrationshaltung
- Überstreckung vom Rumpf und allen Extremitäten
- Arme adduziert und innenrotiert
- Finger gebeugt
- Erhöhter Muskeltonus mit gelegentlichem Opisthotonus
- Pupillenreflexe träge oder nicht mehr vorhanden
- Lebhafte Muskeleigenreflexe
- Pathologische Reflexe
- Tachypnoe, ggf. als Maschinenatmung
- Dezerebrationshaltung
Pontines Syndrom
Da durch den Pons viele wichtige Strukturen ziehen bzw. in ihm beheimatet sind, können selbst kleine Schädigungen weitreichende Konsequenzen haben. Die Klinik bei Affektion des Pons beinhaltet:
- Koma
- Muskeltonus herabgesetzt
- Pupillen lichtstarr und entrundet
- Bei isolierter pontiner Schädigung: Miosis, ggf. mit noch gering erhaltener Lichtreaktion
- Ausfall des vestibulo-okulären Reflexes
- Kornealreflex erschöpflich oder ausgefallen
Bulbärhirnsyndrom
Zusätzlich zu den Symptomen des pontinen Syndroms weiten sich die Pupillen bei Einklemmung der Medulla oblongata zunehmend, die Hirnstammreflexe fallen aus und der Blutdruck fällt ab. Nach einer Phase der Schnappatmung kommt es zur Atemlähmung.
Bei erhaltener Spontanatmung ist die Medulla oblongata noch intakt. Bei vorhandenem Kornealreflex sind zusätzlich der Pons und bei vorhandenem Pupillenreflex auch das Mesencephalon intakt!
Bei quantitativem Bewusstseinsverlust und beidseitiger maximaler Mydriasis muss differenzialdiagnostisch auch eine akute Intoxikation in Betracht gezogen werden!
Diagnostik
Allgemeine Untersuchungen
- Fokus auf klinische Hirndruckzeichen
- Ggf. augenärztlicher Befund einer Stauungspapille
Die frühesten Hinweise auf einen erhöhten intrakraniellen Druck ergeben sich in den meisten Fällen klinisch. Dabei ist jedes Hirndruckzeichen ernst zu nehmen und durch die Bildgebung mit radiomorphologischen Zeichen abzugleichen!
Kranielle CT/MRT-Bildgebung
- Radiologische Hirndruckzeichen
- Mittellinienverschiebung
- Komprimierung von Ventrikeln
- Hirnödem
- Zerebrale Herniation
- Ggf. Zeichen ursächlicher intrakranieller Läsionen (z.B. intrakranielle Blutung)
Eine kranielle Bildgebung kann morphologische Zeichen eines erhöhten intrakraniellen Druck sichtbar machen, allein aber keinen sicheren Ausschluss einer intrakraniellen Druckerhöhung erbringen! Auch lässt sich aus Befunden der Bildgebung kein Rückschluss auf die tatsächliche Höhe des intrakraniellen Drucks (und damit auch des zerebralen Perfusionsdrucks) ziehen!
Invasives ICP-Monitoring
Die Messung des intrakraniellen Drucks ist nur durch ein invasives Monitoring möglich. Sie kann erfolgen, wenn klinische und/oder radiologische Hirndruckzeichen bestehen oder wenn eine Erkrankung festgestellt wurde, die sehr wahrscheinlich zu einem erhöhten Hirndruck führen wird.
- Indikation
- Erwartbare oder V.a. bestehende intrakranielle Druckerhöhung und
- Eingeschränkte klinische Beurteilbarkeit
- Beginn: Idealerweise vor hirndrucksenkender Medikation
- Kontraindikationen: Keine absoluten Kontraindikationen
- Formen des ICP-Monitorings
- Intraventrikulär (Goldstandard)
- Technik: Implantation einer Druckabnehmersonde im Seitenventrikel
- Vorteile: Akkurate Messwerte, erlaubt gleichzeitig therapeutische Ventrikeldrainage sowie die diagnostische Liquorentnahme über das Drainagesystem
- Nachteil: Infektionsrisiko (5–10%)
- Intraparenchymal
- Technik: Implantation einer Druckabnehmersonde direkt in das Hirnparenchym über eine kleine Bohrlochtrepanation
- Vorteile: Leichtere Anlage, geringeres Infektionsrisiko (<1%)
- Nachteile: Weniger akkurate Messwerte, kein Drainagesystem, höheres Risiko technischer Probleme
- Intraventrikulär (Goldstandard)
Therapie
Ab GCS ≤8 und/oder bei respiratorischer Insuffizienz ist eine endotracheale Intubation indiziert! Siehe: Rapid Sequence Induction - AMBOSS-SOP und Maschinelle Beatmung
- Therapieindikation [2]
- Anhaltende ICP-Werte >20 mmHg [2] oder
- Klinische Hirndruckzeichen
- Zielwerte von ICP und CPP [2]
- ICP <20 mmHg
- CPP >60 mmHg
- Bei SAB mit ausgeprägten perfusionsrelevanten Vasospasmen sollten >80 mmHg angestrebt werden
Konservative Hirndrucksenkung [2][6]
Neuroprotektive Maßnahmen
- Normothermie
- Normoglykämie
- Normotension: Antihypertensive Therapie nur mit ICP-neutralem Blutdrucksenker
- Urapidil
- Betablocker oder zur intensivstationären Dauertherapie ACE-Hemmer
- Normoxie
- Normokapnie
- Bei beatmeten Patient:innen mit ICP-Krise: Ggf. kurze moderate Hyperventilation mit einem paCO2 von 28–35 mmHg hilfreich
- Bei beatmeten Patient:innen mit ICP-Krise: Ggf. kurze moderate Hyperventilation mit einem paCO2 von 28–35 mmHg hilfreich
- Ausgeglichener Elektrolyt- und Wasserhaushalt
Viele Blutdrucksenker (z.B. Calciumantagonisten, Dihydralazin, Nitroprussid und Nitroglycerin) bewirken einen ICP-Anstieg! Geeignet zur antihypertensiven Therapie sind insb. Betablocker, ACE-Hemmer und Urapidil.
Osmotherapeutika zur Hirndrucksenkung
- Kontroverses Therapieprinzip!
- Theoretische Wirkweise: Hyperosmolare Lösungen führen durch einen osmotischen Gradienten zum Wasserausstrom über die Blut-Hirn-Schranke und damit zur Abnahme des Hirnödems
- Limitationen
- Aufbau eines osmotischen Gradienten bei gestörter Blut-Hirn-Schranke nicht möglich
- Osmotischer Gradient kann zu einer Dehydrierung des Hirnparenchyms führen
- Mögliche Steigerung der Osmolalität im geschädigten Hirngewebe bei gestörter Blut-Hirn-Schranke, evtl. dadurch sogar weitere Ödemzunahme
- Potenzielle Nierenschädigung und Rebound-Effekte
- Mangelnde Evidenzlage
- Empfehlungen zum Einsatz
- Nur als kurzfristige und titrierte Bolus-Gabe zur Behandlung von ICP-Spitzen
- Keine prophylaktische Gabe bei normalem oder grenzwertig erhöhtem ICP
- Dosisbestimmung immer gesteuert durch Kontrollen der Serumosmolalität (Mannitol) bzw. der NaCl-Serumkonzentration
- Langsame Reduktion zur Vermeidung eines Rebound-Effekts
- Substanzen
Die Mannitol-Therapie kann (auch bei normaler Nierenfunktion) zu einer schweren Nierenschädigung führen! Die Gabe sollte daher unter engmaschiger Kontrolle der Serumosmolalität erfolgen!
Weitere Empfehlungen
- Oberkörperhochlagerung : Testweise auf 15° und 30° unter Monitoring von ICP und CPP zur Feststellung des individuellen Optimums
- Analgosedierung
- Beachte: Endotracheale Intubation bei GCS ≤8 und/oder respiratorischer Insuffizienz, siehe: Rapid Sequence Induction - AMBOSS-SOP und Maschinelle Beatmung
- Therapeutische Hypothermie : Nur bei therapierefraktärer ICP-Erhöhung im Einzelfall erwägen
- Glucocorticoide: Nur bei Ödemen durch Hirntumoren, nach kranieller Strahlentherapie oder akuter bakterieller Meningoenzephalitis erwägen
Operative und interventionelle Hirndrucksenkung
Dekompressive Kraniektomie [2][7]
- Prinzip: Öffnung der Schädelkalotte, somit Wegfall des harten Widerlagers und Schaffung von Ausweichraum für anschwellendes Hirnparenchym
- Indikation: Insb. bei malignem Mediainfarkt (prophylaktisch innerhalb von 48 h nach Symptombeginn) und schwerem SHT
- Techniken
- Uni- oder bilaterale Hemikraniektomie (Standardverfahren): Entfernung der lateralen Schädelwand
- Bifrontale Kraniektomie: Entfernung des Os frontale von der Schädelbasis bis zur Koronarnaht
- Subokzipitale Kraniektomie: Eröffnung des Os occipitale bei raumforderndem Kleinhirninfarkt
- Weiteres Vorgehen
- Anschließende Duraplastik und Deckung des Hautdefekts
- Nach Rückgang der Schwellung Möglichkeit zur Reimplantation des Knochendeckels
- Komplikationen: U.a.
- Gerinnungsstörungen und schwere Blutverluste (große Wundfläche)
- Kompression der oberflächlichen Hirnvenen durch Schwellung des Hirngewebes über den knöchernen Rand nach Trepanation des Schädels
Entfernung akut raumfordernder Läsionen (z.B. Hämatomevakuation)
- Indikation: Individuelle Entscheidung je nach Größe und Art der Raumforderung, Patientenalter, Vorhandensein klinischer Symptome, operativer Erreichbarkeit
- Zeitpunkt: Frühstmöglich nach Entschluss zum Eingriff
Liquordrainage
Die Liquorableitung kann bei manchen Formen des Hydrozephalus eine wirksame Therapieoption darstellen.
- Hydrocephalus occlusus: Externe Ventrikeldrainage als Primärtherapie
- Zieldruck: 15–20 mmHg
- Durchführung: Operative Anlage in Vorderhorn eines Seitenventrikels
- Funktionen
- Ableitung von Liquor
- Messung des intrakraniellen Drucks über integrierten Druckwandler
- Komplikation: Hohes Risiko für Ventrikulitis und/oder Meningitis von mind. 5%
- Tägliche Kontrolle der Einstichstelle
- Strikte Anwendung aseptischer Arbeitstechniken
- Diagnostische Liquorentnahmen (Entzündungszeichen?) , bei auffälligen Werten Liquorkultur und kalkulierte antibiotische Therapie
- Hydrocephalus malresorptivus: Liquordrainage und ggf. langfristiger ventrikuloperitonealer Shunt
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Hirnödem
- G93.-: Sonstige Krankheiten des Gehirns
- G93.6: Hirnödem
- Exklusive: Hirnödem: traumatisch (S06.1), durch Geburtsverletzung (P11.0)
- G93.6: Hirnödem
- P11.-: Sonstige Geburtsverletzungen des Zentralnervensystems
- P11.0: Hirnödem durch Geburtsverletzung
- S06.-: Intrakranielle Verletzung
- S06.1: Traumatisches Hirnödem
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.