Zusammenfassung
Schenkelhernien sind erworbene Hernien, die eher selten und dann meist bei älteren Frauen auftreten. Sie können sich durch Schmerzen und/oder Schwellungen in der Leiste mit Ausstrahlung in den Oberschenkel äußern, manifestieren sich aufgrund ihres hohen Einklemmungsrisikos jedoch häufig erst durch einen mechanischen Ileus. Die Einklemmung ist eine Indikation für eine Notfalloperation; bei nicht-inkarzerierten Schenkelhernien sollte eine zeitnahe, elektive Operation erfolgen.
Allgemeine Informationen zu Ätiologie, Terminologie und Grundprinzipien der Therapie finden sich im Grundlagenkapitel Hernien.
Allgemeines
- Innere Bruchpforte: Lacuna vasorum , meist medial der V. femoralis
- Verlauf: Entlang des Schenkelkanals (Canalis femoralis)
- Äußere Bruchpforte: Hiatus saphenus
- Besonderheiten
- Schenkelhernien sind immer erworben
- Häufig übersehene Hernie (insb. bei adipösen Patienten)
- Nicht selten gleichzeitiges Vorliegen einer Leistenhernie (insb. bei Männern in >50% der Fälle)
- 30–40% bei Diagnosestellung bereits inkarzeriert
Epidemiologie
- Häufigkeit: Seltene Hernienform (etwa 5–7% aller Hernien)
- Geschlecht: Überwiegend Frauen
- Alter: Typischerweise Frauen im fortgeschrittenen Lebensalter
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Symptomatik
- Evtl. unspezifische Schmerzen im Bereich der Leisten mit Ausstrahlung in den Oberschenkel
- Schwellung
- Unterhalb des Leistenbandes
- Medial der Femoralgefäße, im Bereich des Hiatus saphenus
- Bei Blasenbeteiligung: Evtl. Dysurie und Hämaturie
- Bei Inkarzeration: Rötung, Schwellung, Schmerzen und Ileussymptomatik
Die Schenkelhernie ist häufig asymptomatisch, bis es zu einer Inkarzeration mit Ileussymptomatik kommt!
Diagnostik
- Anamnese
- Schmerzanamnese
- Voroperationen, insb. eine Inguinalherniotomie
- Körperliche Untersuchung
- Schwellung und Druckschmerz
- Lokalisation: Unterhalb des Lig. inguinale
- Sonografie: Zur Diagnosesicherung, insb. bei adipösen Patienten
- CT: Nur in Ausnahmefällen zur Diagnosesicherung, weitestgehend klinische Diagnosestellung
Bei adipösen Patienten ist eine Schenkelhernie häufig schwierig zu tasten, weshalb die Sonografie hier einen wichtigen diagnostischen Stellenwert hat!
Differenzialdiagnosen
- Leistenhernie
- Lipome
- Lymphknotenschwellung
- Femoralarterienaneurysma (pulsierender Tumor)
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Schenkelhernie - Operationsverfahren [1]
Anders als bei der Leistenhernie ist bei der Schenkelhernie immer eine Operation indiziert. Hierbei werden minimalinvasive und offene Operationsmethoden unterschieden. Der Verschluss der Bruchpforte kann mithilfe einer Direktnaht oder eines Kunststoffnetzes erfolgen. Außer bei Notfall-Operationen werden in den letzten Jahren zunehmend netzbasierte minimalinvasive Verfahren verwendet. Nachfolgend ist nur ein Auszug der derzeit gängigsten Operationsverfahren dargestellt.
- Minimalinvasive Operationsverfahren (alle netzbasiert)
- Mit posteriorem Operationszugang
- TAPP (= Transabdominelle präperitoneale Plastik): Minimalinvasive, präperitoneale Netzeinlage von intraperitoneal
- TEP/TEPP (= Total extraperitoneale Plastik/Total extraperitoneale Patch-Plastik): Minimalinvasive, präperitoneale Netzeinlage, ohne Eröffnung des Peritoneums
- Mit anteriorem Operationszugang
- TIPP (= Transinguinale präperitoneale Plastik): Minimalinvasive, präperitoneale Netzeinlage von transinguinal
- Mit posteriorem Operationszugang
- Offene Operationsverfahren [1][2]
- OP nach Lotheissen/McVay (Zugang von inguinal, nahtbasiert)
- Zugang oberhalb des Leistenbandes mit Schnitt analog zur Leistenhernien-OP
- Verschluss der Bruchpforte durch Fixierung von Fascia transversalis, Aponeurose des M. transversus abdominis und des M. obliquus internus abdominis am Cooper-Band
- Selten angewendet
- Modifizierte OP nach Lichtenstein (Zugang von inguinal, netzbasiert)
- Einlage eines Kunststoffnetzes zwischen M. obliquus internus abdominis und Externusaponeurose
- Anders als bei der Leistenhernie: Kaudale Fixation des Netzes am Cooper-Band
- OP nach Fabrizius (Zugang von krural, nahtbasiert)
- Zugang unterhalb des Leistenbandes mit Schnitt in der Leistenbeuge
- Bei Frauen meist ausreichend, da nur selten gleichzeitig ein ipsilateraler Leistenbruch vorliegt
- OP nach Lotheissen/McVay (Zugang von inguinal, nahtbasiert)
Wegen der Gefahr einer Inkarzeration besteht bei der Schenkelhernie immer(!) eine OP-Indikation!
Komplikationen
Inkarzeration
- Häufigkeit: Etwa 30–40% der Schenkelhernien sind bei Diagnosestellung schon inkarzeriert [1]
- Daraus folgende Komplikationen
- Nekrose des inkarzerierten Darms
- Mechanischer Ileus
- Therapie: Notfallmäßige Operation
- Bei fortgeschrittener Inkarzeration mit Peritonitis: Mediane Unterbauchlaparotomie
- Immer sicherstes und einfachstes Verfahren (i.d.R. über inguinalen Zugang)
Insbesondere bei älteren Frauen mit Ileussymptomatik muss immer an eine Schenkelhernie gedacht werden!
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- K41.-: Hernia femoralis
- K41.0: Doppelseitige Hernia femoralis mit Einklemmung, ohne Gangrän
- K41.1: Doppelseitige Hernia femoralis mit Gangrän
- K41.2: Doppelseitige Hernia femoralis ohne Einklemmung und ohne Gangrän
- Doppelseitige Hernia femoralis o.n.A.
- K41.3: Hernia femoralis, einseitig oder ohne Seitenangabe, mit Einklemmung, ohne Gangrän
- K41.4: Hernia femoralis, einseitig oder ohne Seitenangabe, mit Gangrän
- K41.9: Hernia femoralis, einseitig oder ohne Seitenangabe, ohne Einklemmung und ohne Gangrän
- Hernia femoralis (einseitig) o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.