Zusammenfassung![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Der Ileus ist eine Störung der Darmpassage, die aufgrund eines mechanischen Hindernisses oder einer funktionellen Störung entstehen kann. Es erfolgt daher eine Unterscheidung in einen mechanischen und einen paralytischen Ileus. Die Symptome sind insbesondere von der Lokalisation der Passagestörung abhängig. Dazu gehören abdominelle Schmerzen, Stuhlverhalt, Übelkeit und Erbrechen. Im Röntgen-Abdomen zeigt sich charakteristischerweise eine Spiegelbildung. Der Ileus ist als Notfall zu behandeln, da es zur Nekrose des Darmabschnitts mit lebensbedrohlichen Komplikationen kommen kann. Abhängig von der Ursache wird ein Ileus operativ oder konservativ therapiert.
Definition![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Störung der Darmpassage im Bereich von Dünn- oder Dickdarm
Klassifikation
- Mechanischer Ileus: Störung der Darmpassage aufgrund eines mechanischen Hindernisses
- Ausprägung der Darmpassagestörung
- Kompletter Ileus: Aufgehobene Darmpassage
- Inkompletter Ileus (Subileus): Eingeschränkte Darmpassage
- Lokalisation
- Dünndarmileus
- Dickdarmileus
- Ausprägung der Darmpassagestörung
- Paralytischer Ileus : Störung der Darmpassage aufgrund einer Motilitätsstörung des Darms
Ätiologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Mechanischer Ileus
- Passagestörung durch Auslöser im Darmlumen
- Stenose durch Tumoren
- Kotstein bei schwerer Koprostase
- Invagination
- Fremdkörper (wie z.B. Bezoare, Parasiten, Bodypacking)
- Gallenstein
- Pädiatrisch / Neonatologisch
- Mekoniumileus
- Darmatresie
- Passagestörung durch Kompression des Darmes von außen
- Verwachsungen in Form von Adhäsionen oder Briden (Bridenileus)
- Inkarzerierte Leistenhernie bzw. andere inkarzerierte Hernien
- Peritonealkarzinose
- Retroperitonealfibrose (Morbus Ormond, Strahlenfibrose)
- Passagestörung infolge einer angeschwollenen oder vernarbten Darmwand
- Entzündliche Prozesse (Morbus Crohn, Divertikulitis)
- Postentzündliche Strikturen
- Intramural wachsende Tumoren (gastrointestinaler Stromatumor)
- Entzündliche Prozesse (Morbus Crohn, Divertikulitis)
Sonderformen mit Gefäßstrangulation
Neben einem Passageproblem besteht bereits initial eine Strangulation der zu- und/oder abführenden Gefäße, sodass eine Ischämie der betroffenen Darmabschnitte vorliegt.
- Invagination
- Volvulus
- Gefäßstrangulation
Grundsätzlich führt jeder komplette mechanische Ileus über eine zunehmende Abschnürung der Gefäßversorgung zu einer Ischämie mit konsekutiver Nekrose des betroffenen Darmabschnittes – wenn nicht zeitgerecht behandelt wird!
Häufigkeiten nach Lokalisation eines mechanischen Ileus [1]
- Dünndarmileus in 80% der Fälle: Ursache sind meist operationsbedingte Verwachsungen (65%) oder Hernien (15%)
- Dickdarmileus in 20% der Fälle: Ursache sind meist malignombedingte Stenosen (70%) oder entzündliche Prozesse (10%)
Paralytischer Ileus
- Primäre Formen (selten)
- Neuropathien und Aganglionose (Morbus Hirschsprung)
- Myopathien
- Sekundäre Formen (häufig!)
- Reflektorisch: Durch Manipulation, Trauma oder entzündliche Reizung im Rahmen peritonitischer Prozesse
- Postoperative Atonie des Darmes
- Peritonitis bei bspw. Appendizitis oder Cholezystitis
- Atonie bei Pankreatitis oder Urolithiasis
- Atonie bei Schmerzen (bspw. nach Wirbelkörperfraktur)
- Atonie bei retroperitonealem Hämatom
- Elektrolytstörung: Hypokaliämie, Hyperkalzämie, selten auch Hyperkaliämie
- Medikamentöse Ileus-Auslöser: Insb. Opioide
- Opioide (siehe auch Opioid-induzierte Obstipation)
- Langzeitanwendung von Laxanzien
- Tranquilizer, Sedativa und Hypnotika
- Antipsychotika
- Anticholinergika bzw. anticholinerge Nebenwirkungen anderer Medikamente (insb. trizyklischer Antidepressiva)
- Katecholamine
- Vaskulär: Insb. Darmischämie bzw. Mesenterialischämie
- Neurogen: Bspw. bei Kompression des Rückenmarks
- Autonome Neuropathie: Insb. bei Diabetes mellitus
- Neurologische Grunderkrankung: Insb. Morbus Parkinson und atypische Parkinson-Syndrome
- Metabolisch: Bspw. Urämie, Akute intermittierende Porphyrie
- Reflektorisch: Durch Manipulation, Trauma oder entzündliche Reizung im Rahmen peritonitischer Prozesse
Pathophysiologie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Mechanischer Ileus
Stase im Darmlumen → Dehnung der Darmwand (Darmdistension) → Hypoxie & Ödem → Hoher Flüssigkeitsverlust , Bakterien durchwandern Darmwand → Peritonitis/Sepsis → Hypovolämischer und/oder septischer Schock
Paralytischer Ileus
Aktivierung der α- und β-Rezeptoren (durch Stress bzw. Trauma ) → Hemmung der Peristaltik → Zunehmende Dehnung der Darmwand (Darmdistension) → Weitere Abläufe wie beim mechanischen Ileus
Symptomatik![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Allgemeine Symptome
- Schmerzen
- Übelkeit, „schwallartiges“ Erbrechen: Lokalisationsabhängig
- Zusammensetzung: Bspw. galliges Erbrechen bei Lokalisation distal der Papilla Vateri
- Zeitpunkt des Einsetzens: Früh bei hohem Dünndarmverschluss, spät bei tiefem Kolonverschluss
- Meteorismus, Stuhl- und Windverhalt → prall geblähtes Abdomen
- Peritonismus/Abwehrspannung möglich
- Schock
- Inkomplette Symptomatik bei Subileus
Lokalisationsabhängige Symptomatik
- Hoher (Dünndarm‑)Ileus: I.d.R. akuter Beginn, starke kolikartige Schmerzen, ggf. „schwallartiges“ Erbrechen
- Initial häufig kein Stuhl- und Windverhalt
- Tiefer (Dickdarm‑)Ileus: Häufig protrahierter, symptomarmer Verlauf mit langsam ansteigenden Beschwerden, häufig absoluter Wind- und Stuhlverhalt bei Vorstellung
- Erbrechen eher im späteren Stadium, Miserere als Extremform
Eine typische Symptomatik kann bestehen, ist aber kein absolut verlässliches Kriterium. Auch kann ein tiefsitzender Ileus wie ein hochsitzender erscheinen und andersherum!
Verlaufs- und Sonderformen![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Opioidinduzierter paralytischer Ileus
Postoperativer Ileus [2][3]
- Definition: Akut postoperativ auftretende funktionelle Darmpassagestörung ohne mechanisches Korrelat und ohne Peritonismus
- Pathophysiologie: Multifaktoriell, insb.
- Physiologische inflammatorische/immunologische Antwort auf operativen Eingriff → Darmatonie
- Schmerzreize, freigesetzte Neurotransmitter und inhibitorische Reflexe → Störung des vegetativen Nervensystems
- Perioperative Medikation (insb. Opioide) → Zusätzliche Hemmung der Darmmotilität
- Auftreten: Hohe Inzidenz insb. nach abdominellen Eingriffen/Kolonchirurgie (10–15%) [3]
- Symptome/Klinik: Übelkeit, Erbrechen, aufgetriebenes Abdomen, Maximum der klinischen Symptomatik um den 3. bis 5. postoperativen Tag
- Siehe auch entsprechend: Symptome des Ileus
- Diagnostik: I.d.R. klinisch
- Differenzialdiagnose: Ileus als Folge einer anderen postoperativen Komplikation
- Bei Zweifeln an Diagnose
- Erweiterte Diagnostik (Laborwerte und Bildgebung), siehe: Diagnostik bei Ileus
- Zielgerichteter Ausschluss anderer Komplikationen
- Bei Zweifeln an Diagnose
- Therapie: Supportiv (i.d.R. selbstlimitierender Verlauf)
- Prävention
- Frühzeitig Laxanzien [4]
- Siehe: ERAS-Konzept
Ileus bei Peritonealkarzinose
- Definition: Bei simultan diagnostizierter bzw. bekannter Peritonealkarzinose auftretender Ileus
- Diagnostik: Grundsätzlich analog zur Ileus-Diagnostik, Klärung ob mechanische oder paralytische Ileusform
- Therapie: Immer Patientenwillen und in Rücksprache mit Onkologen prognostische und palliative Faktoren berücksichtigen
- Operative Therapie bei Notfallindikationen
- Palliative endoskopische Interventionen
- Medikamentöse Therapie bei Opioid-induzierter Obstipation
- Therapieversuch mit Prokinetika bei Ileus zur Behandlung paralytischer Ileusformen
- Ausschöpfung palliativer Therapieoptionen
- Ggf. Somatostatinanaloga
- Antiemetika
Akute intestinale Pseudoobstruktion![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Akute intestinale Pseudoobstruktion (Ogilvie-Syndrom, ACPO)
- Definition: Sonderform des paralytischen Ileus
- Ätiologie: Nicht gänzlich geklärt, eine Funktionsstörung des enterischen Nervensystems wird angenommen, das Auftreten ist assoziiert mit:
- Hospitalisation schwer erkrankter Patienten
- Hohem Alter und schweren Vorerkrankungen
- Traumata und chirurgischen Eingriffen
- Abdominalchirurgie und Thoraxchirurgie
- Wirbelsäulenchirurgie
- Symptome / Klinik
- Massiv aufgetriebenes/distendiertes Abdomen
- Abdominelle Schmerzen
- Ggf. Übelkeit, Erbrechen
- Ggf. Stuhlunregelmäßigkeiten (Obstipation, paradoxe Diarrhö)
- Kreislaufdysregulation
- Komplikation: Perforation, Durchwanderungsperitonitis mit Sepsis
Diagnostik
- Körperliche Untersuchung: Leitbefunde
- Geblähtes Abdomen
- Meist finden sich Darmgeräusche in der Auskultation
- Tympanitischer Klopfschall
- Apparative Diagnostik: Labordiagnostik s. nächste Sektion
Therapie
Konservatives Management
- Voraussetzungen
- Monitoring: Engmaschige Überwachung
- Klinik
- Röntgen Abdomen: Alle 12–24 h zur Beurteilung des Kolondurchmessers und Ausschluss einer Perforation
- Supportive Maßnahmen: Siehe Basistherapie des Ileus
- Rektale Entlastungssonde („Kleines Darmrohr“) zur Ausleitung von Luft
- Medikamentöse Therapie
- Indikation: Kolondurchmesser <12 cm, keine Verbesserung unter supportiven Maßnahmen
- Neostigmin
- Koloskopische Darmdekompression
- Indikation: Kein klinischer Erfolg konservativer Maßnahmen und/oder weitere Zunahme des Kolondurchmessers innerhalb 24–72 h
- Kontraindikationen: Peritonitis, (V.a.) Perforation
- Durchführung: Koloskopisches Absaugen von Luft und Sekret und Einlegen einer (multipel perforierten) Entlastungssonde aus flexiblem Kunststoff
Operative Therapie
- Indikation
- Kolonperforation
- Ischämie
- Persistierender Kolondurchmesser >12 cm trotz Ausschöpfung der konservativen Therapieformen
- Operative Therapieoptionen
- Transkutane Kolostomie bzw. Zäkumfistel zur Entlastung
- Perkutane endoskopische Zäkostomie (PEZ): Perkutanes Einbringen einer Entlastungssonde in das Zäkum unter koloskopischer und diaphanoskopischer Kontrolle
- Bei Perforation oder Nekrosen auch Resektionen bis hin zur Diskontinuitätsresektion nach Hartmann
Diagnostik![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Anamnese
- Voroperationen am Abdomen → Briden als häufige Ursache eines Ileus!
- Zeitpunkt und Befund der letzten Koloskopie → Ggf. Hinweis auf Karzinom
- Divertikulitiden in der Vorgeschichte → Rezidivierende Divertikulitiden als Hinweis auf mögliche Stenose
- Stuhlverhalt? Obstipationsneigung?
- Winde abgehend?
- Blut im Stuhl? → Mesenterialischämie, Gefäßstrangulation, Invagination? Tumor?
- Medikamentenanamnese (vgl. medikamentöse Ileus-Auslöser)
- Erfassen von Risikofaktoren der Mesenterialischämie [5]
- Vorhofflimmern, ggf. zusätzlich nicht regelrechte Antikoagulation
- Hohes Alter [6]
- Erkrankungen aufgrund von Arteriosklerose bzw. Atherosklerose
- Herzinsuffizienz
Bei jeglichem Verdacht auf eine mesenteriale Ischämie als Ileus-Ursache sollte die Indikationsstellung zum CT-Abdomen mit Kontrastmittel großzügig und rasch erfolgen!
Klinische Untersuchung
- Inspektion: Prall geblähtes Abdomen
- Auskultation des Abdomens
- Mechanischer Ileus: Hochgestellte, klingende, gesteigerte Darmgeräusche
- Paralytischer Ileus: „Totenstille“
- Palpation: Abwehrspannung? Raumforderung? Hernie? Meteorismus?
- Nach Hernien tasten: Leistenhernie mit peristaltischen Bewegungen fühlbar?
- Rektale Untersuchung: Bei Ileus häufig schmerzhaft (Ampulle leer? Tastbares Rektumkarzinom?)
Laboruntersuchung
- Blutbild
- Elektrolyte: Natrium, Kalium, Calcium
- Transaminasen, Cholestaseparameter, Lipase
-
Entzündungsparameter: Leukozyten, CRP
- Procalcitonin (auch als Ischämiemarker) [7]
- Retentionsparameter: Kreatinin, GFR
- TSH
- Gerinnung: INR, aPTT .
- Laktat: Als Hinweis auf eine Darmischämie
- BGA: Azidose als Hinweis auf schwere Erkrankung
- Blutkulturen: Bei Entzündungszeichen bzw. vor etwaiger Einleitung einer kalkulierten antibiotischen Therapie
Bildgebung
Basis-Bildgebung
- Indikation: In jedem Fall, außer die Schwere des Krankheitsbildes drängt auf eine primäre CT-Diagnostik (z.B. bei Sepsis bzw. Verdacht auf akute Mesenterialischämie)
- Vorzugsweise bei klinisch stabilen Patienten ohne Infektionszeichen
- Röntgen-Abdomen im Stehen oder in Linksseitenlage bei nicht stehfähigen Personen
- Leeraufnahme im Stehen: Leitbefunde sind Überblähung, erweiterte Darmschlingen und Spiegelbildung
- Zentrale Spiegel → Dünndarmileus
- Spiegel im (außen liegenden) Kolonrahmen → Dickdarmileus
- Freie Luft im Abdomen → Perforation
- Im Anschluss Gastrografin®-Passage: Gabe von wasserlöslichem Kontrastmittel p.o. und sequenzielle Abdomenübersichtsaufnahmen, vereint Diagnostik und Therapie
- Diagnostisch: Zur Darstellung der Passage und Lokalisation etwaiger Passagehindernisse (Ileus inkomplett oder komplett?)
- Therapeutisch: Abführende Wirkung bei inkompletten Ileusbildern
- Leeraufnahme im Stehen: Leitbefunde sind Überblähung, erweiterte Darmschlingen und Spiegelbildung
- Sonografie Abdomen: Ergänzend und bei Durchführung durch einen erfahrenen Untersucher ggf. wegweisend
- Leitbefunde: Verdickte Darmwand, deutlich gefüllte Darmschlingen
- Freie Flüssigkeit im Abdomen
- Ggf. Darstellung von Hernien möglich
- Strickleiter-Phänomen (bzw. Klaviertasten-Phänomen)
- Mechanischer Ileus
- Pendelperistaltik
- Kalibersprung, z.B. bei Bridenileus am Dünndarm
- Paralytischer Ileus: Fehlende Peristaltik
- Leitbefunde: Verdickte Darmwand, deutlich gefüllte Darmschlingen
- MR-Sellink: Keine Akut-Diagnostik! Als Dünndarm-Darstellung insb. bei rezidivierendem Dünndarm-Subileus zur Abklärung eines Passagehindernisses, ggf. präoperativ bei elektiver Intervention im entzündungsfreien Intervall
Bei schlechter Schallbarkeit der abdominellen Strukturen (abdominelle Distension, Gasüberlagerung) und klinisch kranken Patienten keine Zeit verschwenden – Kontrastmittel-CT anmelden!
Definitive Bildgebung
- CT-Abdomen mit oraler und i.v. Kontrastierung: Goldstandard bei Diagnostik des mechanischen Ileus, großzügige Indikationsstellung insb. bei instabilen und/oder älteren Patienten mit klinisch vermuteter komplexer Pathologie
- Zusätzliche Indikation: Ausbleibende Besserung unter konservativem Therapieversuch eines paralytischen oder inkompletten Ileus nach Basis-Bildgebung
- Aussagekraft: Erlaubt den Nachweis bzw. Ausschluss einer manifesten mechanischen Obstruktion → Entscheidung für einen konservativen Therapieversuch oder dessen Abbruch zugunsten einer Notfalloperation!
- Ggf. Nachweis einer Perforation
- Ggf. Nachweis von Aszites, Peritonealkarzinose, Gefäßstrangulationen und -verschlüssen
Differenzialdiagnosen![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Siehe: Differenzialdiagnosen des akuten Abdomens
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Basistherapie des Ileus (supportiv und symptomatisch)
- Indikation: Bei jedem Ileus!
- Behandlung der Hypovolämie: Infusion kristalloider Vollelektrolytlösung
- Behandlung von Elektrolytstörungen: Ätiologisch relevante Elektrolytstörungen sind die Hypokaliämie, Hyperkaliämie und die Hyperkalzämie
- Analgesie: Vorzugsweise Nicht-Opioid-Analgetika
- Legen einer Magensonde: Bei Erbrechen
- Nahrungskarenz!
- Antibiotische Therapie: Bei Sepsis oder Zeichen der Infektion
- Stationäre chirurgische Aufnahme: Die Überwachung eines Ileuspatienten sollte durch ein chirurgisches Team erfolgen!
Wichtig ist bei Durchführung der stabilisierenden Maßnahmen zeitgleich auf eine fokussierte und zügige Komplettierung der Diagnostik hinzuwirken, um die richtige Entscheidung zur weiteren Therapie treffen zu können!
Konservative Therapie des paralytischen Ileus
- Voraussetzungen
- Kein absoluter Passagestopp in der bildgebenden Diagnostik
- Klinisch stabiler Patient ohne Notfall-Operationsindikation
- Sicherstellung engmaschiger chirurgischer Reevaluation des Patienten („Der Chirurg muss um das Bett schleichen“)
- Gastrografin®-Passage: Gabe von wasserlöslichem Kontrastmittel über die Magensonde und sequenzielle Röntgenaufnahmen des Abdomens über 24(–48) h
- Diagnostisch zur Klärung einer Operationsindikation (absoluter Passagestopp? Verschlechterung der Klinik nach KM-Applikation?)
- Bei paralytischem Ileus gelingt häufig das Abführen sowie die Zunahme der Motilität
- Leitbefund: Passage des Kontrastmittels in das Kolon binnen 4–24 h spricht gegen die Notwendigkeit einer operativen Therapie [8]
- Prokinetika bei Ileus: Bei paralytischem Ileus als Therapieversuch möglich, bei mechanischem Ileus kontraindiziert (in allen Fällen Off-Label Use)
- Kombinationstherapie mit Metoclopramid und Neostigmin 1–2×/Tag
- Bei Magenentleerungsstörung: Ergänzend Erythromycin erwägen
- Tachyphylaxie beachten: Nach einer Anwendung über 2–3 Tage lässt der Effekt prokinetisch wirksamer Substanzen nach
- Kombinationstherapie mit Metoclopramid und Neostigmin 1–2×/Tag
Therapie des mechanischen Ileus
- Operative Ileustherapie: Binnen 6 h absolute Operationsindikation bei absolutem Passagestopp, Gefäßstrangulation und/oder Ischämie, insb. bei klinisch schwerer Krankheit
- Ileus-Risikoscore nach Schwenter [9]: Bei Zutreffen von ≥3 Faktoren ist eher zugunsten einer Notfalloperation zu entscheiden.
- Protrahierter Symptomverlauf mit Bauchschmerzen über 4 Tage
- Peritonismus und Vollbild des akuten Abdomens
- CRP >75 mg/L
- Leukozytose > 10.500/μL
- Freie Flüssigkeit >500 mL im Abdomen
- Reduzierte KM-Aufnahme der Darmwand
- Kolonileus: Zumeist operative Ileustherapie notwendig
- Bei rektumnahen Stenosen: Ggf. überbrückend bis zur Operation oder in palliativer Situation Einlage einer entlastenden Sonde bzw. eines die Passage stützenden Stents
- Siehe auch: Perioperatives Management bei Ileus
- Ileus-Risikoscore nach Schwenter [9]: Bei Zutreffen von ≥3 Faktoren ist eher zugunsten einer Notfalloperation zu entscheiden.
- Konservativer Therapieversuch: Bei Fehlen absoluter Operationsindikationen und klinisch stabilen Patienten möglich
- Gastrografin-Passage: Bei inkomplettem mechanischem Dünndarmileus Abführerfolg und klinische Besserung in bis zu 80% der Fälle
- Ausreichende Flüssigkeitsgabe: 2–3 L kristalloider Infusionslösung/24 h
- Engmaschige klinische Kontrollen: „Ärztliche Bauchvisite“ alle 2–4 h, bei Verschlechterung der Symptomatik sofortige Reevaluation des Falles
- Das früher postulierte „Über einem Ileus darf die Sonne weder auf- noch untergehen“, das für die operative Versorgung jeglicher mechanischer Ileusformen ein Therapiefenster von 12 h vorgegeben hat, ist veraltet. Heutzutage wird insbesondere der paralytische Dünndarmileus häufig erfolgreich konservativ therapiert.
Die Entscheidung über Art und Zeitpunkt der Ileusbehandlung ist eine der schwierigsten viszeralchirurgischen Aufgaben!
Allgemeines operatives Vorgehen
- Bestandteile der operativen Therapie
- Beseitigung der Ileusursache: Nach Identifizierung der Ursache bspw. durch Adhäsiolyse, Herniotomie
- Vitalitätsprüfung des Darmes
- Resektion avitaler Darmanteile
- Rekonstruktion der Passage: Anastomosierung anzustreben, jedoch unter Beachtung des Risikos für Anastomoseninsuffizienzen
- Risikofaktoren der Anastomoseninsuffizienz: Peritonitis, Immunsuppression, schwere Grunderkrankungen und hohes Lebensalter
- Passagere oder dauerhafte Ausleitung des Darmes
- Laparoskopische Techniken: Bevorzugen, wenn eine Expertise vorliegt und die Ursache laparoskopisch vollständig behandelbar ist
Operatives Vorgehen bei KRK-bedingtem Ileus
- Onkologische Resektion des betroffenen Darmabschnitts
- Mit primärer Anastomosierung ohne protektives Stoma: Zu erwägen bei gutem Allgemeinzustand, Stenose im Colon ascendens oder der rechten Flexur bzw. bei wenig dilatiertem Darm
- Vorteile: Einzeitiges Vorgehen , kein Stoma → Höhere Lebensqualität, keine Malabsorption
- Nachteile: Im Falle einer Anastomoseninsuffizienz schlechteres Outcome
- Mit primärer Anastomosierung mit (ggf. passagerem) protektivem, doppelläufigem Stoma
- Vorteile: Schnelle Genesung, niedrige Rate an Anastomoseninsuffizienzen
- Nachteile: Ggf. zweizeitiges Vorgehen, da potenziell Rückverlagerung des Stomas mit einhergehender Morbidität erfolgt.
- Malabsorptionssyndrom und Hautirritation insb. bei Ileostomata
- Eingeschränkte Lebensqualität
- Mit Anlage eines endständigen Kolostomas: Diskontinuitätsresektion nach Hartmann ohne primäre Anastomosierung des Darms
- Mit primärer Anastomosierung ohne protektives Stoma: Zu erwägen bei gutem Allgemeinzustand, Stenose im Colon ascendens oder der rechten Flexur bzw. bei wenig dilatiertem Darm
Absolute Operationsindikationen: Ischämie, Gefäßstrangulation, absoluter Passagestopp!
Perioperatives Management bei Ileus![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Präoperatives Management
- Aufklärung
- Art des Eingriffs , laparoskopisches oder konventionelles Vorgehen
- Ggf. erforderliche Erweiterung des Eingriffes unter intraoperativer Erkenntnis
- Allgemeine Operationsrisiken: Blutung, Nachblutung, Thrombose, Embolie, Wundheilungsstörungen, Narbenhernien, Verletzung umliegender Organe
- I.d.R. Einlage von Drainagen und Blasenkatheter
- Besonderheit Darmresektion
- Anastomoseninsuffizienz
- Ggf. Anlage eines (passageren) Stomas / ggf. zweizeitiges operatives Vorgehen
- Weiteres Prozedere (Überwachung, Kostaufbau, Mobilisation) abhängig von Operation und Verlauf
- Art des Eingriffs , laparoskopisches oder konventionelles Vorgehen
- Thromboseprophylaxe
- Bestimmung der Blutgruppe und Abnahme von Kreuzblut
- Besonderheit geplante Stomaanlage: Präoperativ Stoma anzeichnen
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
Postoperatives Management
- Variiert je nach Operation / Verlauf
- Häufig postoperative Überwachung auf Intensivstation erforderlich
- Allgemein
- Regelmäßige Kontrolle von klinischem Befund, Drainagesekreten, Urinausscheidung, Wunden, (eventuellem) Stoma, Laborwerten
- Frühzeitige Mobilisation anstreben
- Bedarfsorientierte Schmerzmedikation
- Ggf. Anschlussheilbehandlung planen
- Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
AMBOSS-Pflegewissen: Ileus![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Bei unklaren Bauchschmerzen (insb. bei verringerter/fehlender Stuhlfrequenz) sollte immer eine zeitnahe Abklärung durch ärztliches Personal erfolgen. Bis die Diagnose gesichert ist, sollten keine Abführmaßnahmen durchgeführt werden. Einläufe und Abführmittel sind insb. bei V.a. mechanischen Ileus kontraindiziert, da sie den Darm zusätzlich dehnen und das Risiko einer Darmperforation erhöhen. Bei einem mechanischen Ileus erfolgt eine zeitnahe Operation, während ein paralytischer Ileus i.d.R. mit darmanregenden Mitteln und rektalen Abführmaßnahmen behandelt wird.
- Siehe auch
Beobachten/Überwachen
- Basismonitoring: I.d.R. 2–3×/d, Überwachung insb. bzgl. Warnsymptomen
- Herzfrequenz: Tachykardie
- Blutdruck: Hypotonie
- Temperatur: Erhöht
- Flüssigkeitshaushalt: Fokus auf Flüssigkeitsbilanz nach ärztlicher Anordnung
- Ausscheidungen
- Stuhlgang: Blähungen bzw. Abgang von Gasen, Stuhlausscheidung
- Erbrechen: Ableitung i.d.R. über nasogastrale Sonde
- Sekret auf Menge und Aussehen beobachten und dokumentieren
- Trotz nasogastraler Sonde ist ein Erbrechen möglich: Nierenschale und Zellstoff bereithalten und Patient:innen ggf. beim Erbrechen unterstützen und Mundpflege nach dem Erbrechen anbieten
- Insb. nach Erbrechen Lagekontrolle der Magensonde
- Siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Erbrechen
- Auskultation der Darmgeräusche: I.d.R. ärztliche Tätigkeit
- Schmerzen: Bedarfsgerechte Versorgung mit Schmerzmedikation, bauchdeckenentspannende Positionierung
Medikamentöse Therapie
- Infusionstherapie überwachen: Nach ärztlicher Anordnung
- Parenterale Ernährung, Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
- Ggf. Antibiotikatherapie
- Bei paralytischem Ileus:
- Peristaltikstimulierende Medikamente
- Rektale Abführmaßnahmen: Hebe-Senk-Einläufe
- Für einen erleichternden Abgang von Blähungen kann nach ärztlicher Rücksprache intermittierend ein Darmrohr gelegt werden
Keine Abführmaßnahmen durchführen, bis ein mechanischer Ileus ausgeschlossen wurde! Nur bei einem paralytischen Ileus sind Abführmaßnahmen sinnvoll, beim mechanischen Ileus können sie zu weiteren Komplikationen führen!
Weitere pflegerische Maßnahmen
- Mobilisation/Bewegung: Nach ärztlicher Anordnung ggf. Bettruhe
- Positionierung: Bauchdeckenentspannend
- Körperpflege
- Bei ärztlich angeordneter Bettruhe und/oder reduziertem Allgemeinzustand: Unterstützung bei der Körperpflege im Bett
- Bei paralytischem Ileus: Kolonmassage durchführen
- Prophylaxen: Bedarfsgerecht, insb.
- Thromboseprophylaxe und Dekubitusprophylaxe bei Bettruhe
- Soor- und Parotitisprophylaxe bei Nahrungskarenz und daraus resultierender Mundtrockenheit
- Postoperativ AMBOSS-Pflegewissen: Obstipationsprophylaxe
- Pneumonieprophylaxe insb. wegen Zwerchfellhochstand
- Ernährung: I.d.R. Nahrungskarenz
- Psychische Unterstützung der Patient:innen: Belastende Situation für Patient:innen und Angehörige
Prognose![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- Mechanischer Ileus
- Hohe Letalität: ca. 5–25%
- Paralytischer Ileus
- Je nach Grunderkrankung sehr unterschiedlich
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
- K56.-: Paralytischer Ileus und intestinale Obstruktion ohne Hernie
- Exklusive: Anal-oder Rektumstenose (K62.4), Angeborene Striktur oder Stenose des Darmes (Q41–Q42), Duodenalverschluss (K31.5), Ischämische Darmstriktur (K55.1), Mekoniumileus (E84.1), Mit Hernie (K40–K46), Postoperativer Darmverschluss (K91.3)
- K56.0: Paralytischer Ileus
- Akute kolonische Pseudoobstruktion
- Ogilvie-Syndrom
- Paralyse:
- Exklusive: Gallensteinileus (K56.3), Ileus o.n.A. (K56.7), Obstruktionsileus o.n.A. (K56.6)
- K56.1: Invagination
- K56.2: Volvulus
- Achsendrehung
- Strangulation
- Torsion
- K56.3: Gallensteinileus
- Darmverschluss durch Gallensteine
- K56.4: Sonstige Obturation des Darmes
- K56.5: Intestinale Adhäsionen [Briden] mit Obstruktion
- Bridenileus
- Peritoneale Adhäsionen mit Darmverschluss
- K56.6: Sonstige und nicht näher bezeichnete intestinale Obstruktion
- Enterostenose
- Obstruktionsileus o.n.A.
- Okklusion
- Stenose
- Striktur
- Exklusive: Sonstige und nicht näher bezeichnete Darmverschlüsse beim Neugeborenen, klassifizierbar unter P76.8 oder P76.9
- K56.7: Ileus, nicht näher bezeichnet
- P75*: Mekoniumileus bei zystischer Fibrose (E84.1†)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.