Zusammenfassung
Thoracic-Outlet-Syndrom ist ein Überbegriff für neurovaskuläre Engpasssyndrome des Schultergürtels, die durch Einengung von Strukturen des Plexus brachialis sowie der A. subclavia symptomatisch werden. Ursächlich ist meist eine Halsrippe, eine Muskelhypertrophie oder eine Kallusbildung nach Rippen- oder Claviculafraktur. Durch die Kompression arterieller Gefäße treten insbesondere bei Über-Kopf-Arbeiten Blässe, Pulslosigkeit und Schmerzen des betroffenen Armes auf. Bei Kompression von Anteilen des Plexus brachialis stehen hingegen Dysästhesien und Muskelschwäche im Vordergrund. Kommt es zu einer Kompression der V. subclavia, wird häufig vom Thoracic-Inlet-Syndrom gesprochen, da der Rückfluss des Blutes in den Thorax erschwert wird. Klinisch stehen hier die Schwellung und Blaufärbung des betroffenen Armes im Vordergrund, die von einer Armvenenthrombose (mögliche Komplikation) abgegrenzt werden müssen. Bei geringer Symptomatik sollte zunächst ein konservativer Therapieansatz mittels Physiotherapie durchgeführt werden, alternativ kann eine chirurgische Resektion der verursachenden Strukturen erfolgen.
Definition
Das Thoracic-Outlet-Syndrom (TOS) ist ein Überbegriff für alle neurovaskulären Engpasssyndrome des Schultergürtels, bei denen es zur Kompression der A. subclavia bzw. axillaris oder V. subclavia oder Anteilen des Plexus brachialis kommt
Es bestehen zahlreiche parallel gebräuchliche Definitionen des Thoracic-Outlet-Syndroms!
Klassifikation
Je nach Lokalisation der Engstelle werden verschiedene Formen des Engpasssyndroms unterteilt. Von proximal nach distal sind dies:
- Skalenus-Syndrom: Einengung des Gefäßnervenbündels in der hinteren Skalenuslücke
- Ursache: Halsrippe oder Muskelhypertrophie
- Kostoklavikular-Syndrom: Einengung des Gefäßnervenbündels zwischen Clavicula und erster Rippe
- Ursache: Kallusbildung oder Fehlstellung der Clavicula nach Fraktur
- Sonderform: Thoracic-Inlet-Syndrom (von engl. inlet = „Einströmung“, „Einlass“)
- Durch Kompression der V. subclavia wird der venöse Rückfluss des Blutes behindert, der arterielle Blutfluss und die Nervenleitung sind nicht beeinträchtigt
- Sonderform: Thoracic-Inlet-Syndrom (von engl. inlet = „Einströmung“, „Einlass“)
- Ursache: Kallusbildung oder Fehlstellung der Clavicula nach Fraktur
- Hyperabduktions-Syndrom (= Pectoralis-minor-Syndrom): Einengung des Gefäßnervenstranges unter dem M. pectoralis minor bzw. dem Proc. coracoideus
- Ursache: Maximale Elevation und Retroversion des Armes (z.B. während des Schlafens mit hinter dem Kopf gekreuzten Armen)
Symptomatik
- Symptome werden insbesondere durch Über-Kopf-Arbeit ausgelöst und ergeben sich aus der Kompression der jeweiligen anatomischen Struktur
- Kompression der A. subclavia → Blässe und kalte Haut
- Kompression von Anteilen des Plexus brachialis → Sensibilitätsstörungen, unspezifische Armschmerzen, Muskelschwäche
- Kompression der V. subclavia → Armschwellung, Blaufärbung, Schweregefühl, Gefahr der Armvenenthrombose
Bei Schwellung und Blaufärbung eines Armes muss differenzialdiagnostisch auch an eine Armvenenthrombose gedacht werden!
Diagnostik
Allgemeine Diagnostik
- Anamnese und körperliche Untersuchung
- Fokus auf Sensibilität und Motorik der oberen Extremität
- Siehe auch: Neurologische Untersuchung
- Bildgebung
- Duplexsonografie
- Evtl. Bildgebung mittels Röntgen/CT oder MRT
Provokationsmanöver [1][2]
- Adson-Test
- Durchführung
- Einnehmen einer entspannten sitzenden Haltung, Hände auf den Knien abgelegt
- Tiefe Einatmung, dann Anheben des Kinns und Drehung des Kopfes zur betroffenen Seite
- Positives Ergebnis: Abnahme der Pulsamplitude oder des Pulses
- Durchführung
- Modifizierter Adson-Test = 90° AER-Test
- Durchführung: Arm der betroffenen Seite wird in Abduktion und 90° Außenrotation gehalten
- Positives Ergebnis: Symptome innerhalb von 60 s
- Modifizierter Upper Limb Tension Test (ULTT) of Elvey
- Durchführung
- Beide Arme mit extendiertem Ellenbogen in 90° Abduktion halten
- Beide Handgelenke nach dorsal extendieren
- Abwechselnde Neigung des Kopfes zu beiden Seiten
- Positives Ergebnis: Symptome auf der ipsilateralen Seite ohne Kopfneigung, Beschwerden auf der kontralateralen Seite bei Kopfneigung
- Durchführung
Ein positives Ergebnis in einem Provokationsmanöver ist nicht ausreichend für die Diagnose eines TOS!
Therapie
- Bei leichten Beschwerden: Physiotherapie
- Bei Versagen der konservativen Therapie ist ein chirurgisches Vorgehen mit Entfernung der einengenden Struktur indiziert
- Transaxilläre Resektion von Halsrippe, erster Rippe oder überschießendem Kallus
- Durchtrennung des M. pectoralis minor
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- G54.-: Krankheiten von Nervenwurzeln und Nervenplexus
- G54.0: Läsionen des Plexus brachialis
- Thoracic-outlet-Syndrom [Schultergürtel-Kompressionssyndrom]
- G54.0: Läsionen des Plexus brachialis
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.