Zusammenfassung
Je nach Modell ersetzen Hüftendoprothesen das komplette Gelenk (Totalendoprothese) oder nur den Hüftkopf (Hemiendoprothese). Die Totalendoprothese zeigt langfristig bessere funktionelle Ergebnisse als Hemiprothesen, folglich weisen die Patienten eine höhere Lebensqualität auf und müssen weniger häufig revidiert werden. Die Hemiprothese hingegen dauert im Vergleich kürzer und geht mit einem geringeren intraoperativen Aufwand und Blutverlust einher. Deshalb ist bei Patienten mit geringerem funktionellen Anspruch diese Prothesenform zu bevorzugen.
Typische Indikationen für einen Gelenkersatz der Hüfte sind die proximale Femurfraktur und die Koxarthrose. Je nach Grunderkrankung gibt es Unterschiede in Bezug auf Dringlichkeit und präoperatives Prozedere (siehe hierzu auch: Proximale Femurfraktur und Koxarthrose). Da der Gelenkersatz der Hüfte ein sehr invasiver Eingriff ist, sollte in jedem Fall eine sorgfältige präoperative Vorbereitung mit Entnahme von Kreuzblut und Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten erfolgen.
Zugänge für Hüft-Endoprothesen
Aktuell existiert kein Goldstandard für den Zugang bei Implantation einer Hüft-Endoprothese. Hier aufgelistet sind häufig verwendete Zugänge für diese Indikation.
Anteriorer Zugang zum Hüftgelenk (Direct Anterior Approach = DAA) [1][2][3][4]
- Lagerung: Rückenlagerung
- Landmarken: Spina iliaca ant. sup. und M. tensor fascia lata
- Durchführung
- Palpation der Spina iliaca ant. sup.
- Hautinzision: Ca. 2 cm lateral und 5 cm distal der Spina iliaca ant. sup. über 6–9 cm nach distal entlang des medialen Randes des M. tensor fasciae latae
- Präparation des subkutanen Fettgewebes
- Inzision der Fascia lata
- Intermuskuläre, stumpfe Präparation auf die anteriore Gelenkkapsel: Zwischen M. rectus femoris und M. sartorius (medial) und M. tensor fasciae latae (lateral)
- Exzision der anterioren Kapselanteile
- Vor- und Nachteile
- Technisch: Gute Darstellung der Gelenkpfanne und Schonung der posterioren Gelenkkapsel sowie der umgebenden Weichteilstrukturen , aber anspruchsvollere Präparation des Femurs
- Gefährdete Strukturen: N. cutaneus femoris lateralis und M. tensor fasciae latae
Anterolateraler Zugang nach Watson-Jones [2][5]
- Lagerung: Seiten- oder Rückenlagerung
- Landmarke: Tuberculum innominatum des Trochanter major
- Durchführung
- Palpation des Trochanter major
- Hautinzision: Ca. 3 cm ventral des Tuberculum innominatum beginnend, über insg. ca. 6–10 cm entlang des hinteren Randes des M. tensor fasciae latae nach proximal, leicht Richtung Spina iliaca ant. sup. ansteigend [6][7]
- Präparation des subkutanen Fettgewebes bis auf die Fascia lata
- Inzision der Faszie mit einem tiefen Skalpell und Spaltung der Fascia lata mit der Schere am hinteren Verlauf des M. tensor fasciae latae
- Tasten der Lücke zwischen M. tensor fasciae latae und M. gluteus medius mit dem Zeigefinger: Palpation der anterioren Seite des Schenkelhalses
- Einsatz der Hohmann-Hebel nach superior und inferior sowie auf den Pfannenrand nach medial
- Exzision des anterioren Kapseldrittels (bzw. T-förmige Inzision bei geplanter Kapselnaht)
- Versatz der Hohmann-Hebel nach intraartikulär
- Vor- und Nachteile
- Technisch: Guter Zugang zur Gelenkpfanne, aber keine Implantation von Geradschäften möglich, da die Glutealmuskulatur den Femureingang verdeckt
- Gefährdete Strukturen: M. gluteus medius und N. gluteus superior
Lateraler, transglutealer Zugang nach Bauer [2][4][8][9]
- Lagerung: Rücken- oder Schrägseitenlage
- Landmarke: Trochanter major
- Durchführung
- Hautinzision: Ca. 10–20 cm langer, gerader Schnitt über dem Trochanter major im Verlauf der Femurschaftachse
- Durchtrennung des Subkutangewebes bis auf die Fascia lata
- Faszienspaltung: Über dem Trochanter major im Faserverlauf
- Stumpfes Lösen des ventralen Drittels des M. gluteus medius und M. gluteus minimus vom Trochanter major
- Längsspaltung des M. gluteus medius und M. gluteus minimus
- Ventrale, T-förmige Kapsulotomie oder Kapsulektomie
- Vor- und Nachteile
- Gute Darstellung von Femur und Hüftpfanne
- Zum Teil unzuverlässige Refixation der Mm. glutei medius und minimus mit konsekutiver Insuffizienz der Glutealmuskulatur
- Gefährdete Strukturen: N. gluteus superior
Posterolateraler Zugang zum Hüftgelenk [5][10]
- Lagerung:Seitenlagerung
- Landmarken: Trochanter major, Spina iliaca post. sup.
- Durchführung
- Palpation des Trochanter major und der Spina iliaca post. sup.
- Hautinzision: Von ca. 6 cm distal des Trochanter major entlang der Femurschaftachse über den Trochanter major bogenförmig nach proximal und dorsal
- Präparation des subkutanen Fettgewebes bis auf die Fascia lata
- Inzision der Fascia lata und Durchtrennung dieser mit der Schere im Verlauf des Hautschnittes
- Stumpfe Präparation in dem Intervall zwischen M. gluteus medius und M. gluteus maximus
- Darstellung der kurzen Außenrotatoren und ihrer Insertion am proximalen Femur
- Haltenaht an der Sehne des M. piriformis und der gemeinsamen Ansatzsehne der Mm. gemelli und des M. obturator internus anbringen
- Durchfeuchtung der Sehne des M. piriformis und der gemeinsamen Ansatzsehne der Mm. gemelli und des M. obturator internus
- Durchtrennung der Ansatzsehnen direkt am proximalen Femur und Schonung des N. ischiadicus
- Dorsale, T-förmige Kapsulotomie oder Kapsulektomie
- Vor- und Nachteile
- Gute Darstellung von Gelenkpfanne und Femur
- Erhöhte Luxationstendenz als ventralere Zugänge
- Gefährdete Strukturen: N. ischiadicus
Seltenere Zugänge
- Posteriorer Zugang nach Watson-Langenbeck
- Minimalinvasiv
Bipolare Hemi-Endoprothese: Duokopfprothese
Allgemein [9]
- Indikation
- Proximale Femurfrakturen mit einer kürzeren Lebenserwartung <5 Jahre und geringerem funktionellen Anspruch und Aktivitätsniveau
- Seltener: Fortgeschrittene Gelenkdestruktion
- Prinzip: Resektion des Femurkopfes und -halses, Implantation einer bipolaren Hemi-Endoprothese (Schaftprothese mit kleinem Gelenkkopf, auf die ein größerer, beweglicher Prothesenkopf aufgesetzt wird) unter Belassen der Gelenkpfanne
Prozedere [9]
Präoperative Planung, Lagerung und Zugang
- Planung von Prothesentyp und -größe
- Lagerung nach Zugangsart
- Zugang und Darstellung der Fraktur (siehe: Zugänge bei Hüft-Endoprothesen)
Osteotomie und Femurkopfresektion
- Resektion des Schenkelhalses mit der oszillierenden Säge: Osteotomie von knapp über dem Trochanter major bis ca. 1,5 cm kranial des Trochanter minor in ca. 45°-Neigung
- Anbohren des Hüftkopfs mit korkenzieherförmigem Bohrer und Extraktion des Hüftkopfs
- Darstellung der Gelenkpfanne: Versatz der OP-Haken vom Trochanter minor an den unteren Pfannenrand und zwischen hinteren Pfannenrand und das Trochantermassiv
- Ausmessen des Femurkopfes mit der Schubleere, ggf. Einsetzen eines Probeduokopfes
Präparation des Femurschafts
- Bei Rückenlage : Umlagerung des Beins in die Vierer-Position (90° Flexion des Kniegelenks , Außenrotation und Adduktion des Oberschenkels)
- Eröffnung des Markraums mit bspw. der Weller-Fasszange und einer geraden Ahle: Von lateral dorsal nach distal
- Präparation des Markraums mit Raspeln unterschiedlicher Größe unter Berücksichtigung des Antetorsionswinkels (ca. 12–15°)
- Bei festem Sitz der Raspeln : Probereposition und Röntgenkontrolle in zwei Ebenen
Zementierung des Prothesenschafts
- Entfernen der Raspel, Einbringen des Markraumstoppers und Jet-Lavage
- Anmischen und Einbringen des Knochenzements und des endgültigen Prothesenschafts: Informierung der Anästhesie vor Einbringen des Zements aufgrund der Gefahr einer Knochenzementreaktion
- Entfernung von überschüssigen Zementanteilen und Lavage der Hüftpfanne
Einbringen des Duokopfes
- Nach Aushärten des Zements: Einbringen eines Probe-Duokopfes, Reposition und Röntgenkontrolle in zwei Ebenen (a.p. und lateral)
- Luxation, Entfernen des Probekopfes und Wechsel auf den endgültigen Prothesenkopf
- Abschließende Röntgenkontrolle
Wundverschluss
- Blutungskontrolle, ggf. -stillung
- Schichtweise Wundverschluss mit Refixation von Muskulatur je nach Zugang (siehe: Zugänge bei Hüft-Endoprothesen)
- Faszienverschluss, Subkutan- und Hautnaht
Hüft-Totalendoprothese (Hüft-TEP)
Allgemein [11]
- Indikation [12]
- Proximale Femurfrakturen mit einer höheren Lebenserwartung >5 Jahre
- Koxarthrose im fortgeschrittenem Stadium bei konservativer Therapieresistenz und Beschwerdepersistenz
- Aseptische Hüftkopfnekrose im Erwachsenenalter
- Rheumatoide Arthritis
- Unzementierte Hüft-TEP: Bei jungen, aktiven Patienten (geringere Knochendestruktion bei geplantem Prothesenwechsel und stabilere Knochen-Prothesen-Verbindung)
- Zementierte Hüft-TEP: Bei älteren Patienten mit bspw. ausgeprägter Osteoporose oder zu schneller Mobilisierung
- Prinzip: Resektion der knorpeligen Hüftpfanne, des Femurkopfes und -halses mit anschließendem Ersatz des Femurkopfes und der Hüftpfanne durch verschiedene Prothesentypen (zementiert, teilzementiert und zementfrei)
Prozedere [11]
Präoperative Planung, Lagerung und Zugang
- Zugang und Darstellung der Fraktur (siehe: Zugänge bei Hüft-Endoprothesen)
- Lagerung nach Zugangsart
- Planung von Prothesentyp und -größe
Osteotomie und Femurkopf-Resektion
- Resektion des Schenkelhalses mit der oszillierenden Säge: Osteotomie von knapp über dem Trochanter major bis ca. 1,5 cm kranial des Trochanter minor in ca. 45°-Neigung
- Anbohren des Hüftkopfs mit korkenzieherförmigem Bohrer und Extraktion des Hüftkopfs
Präparation der Pfanne
- Präparation des Acetabulums: Exzision der Gelenkkapsel bzw. von Kapselanteilen, Darstellen der Pfannenzirkumferenz und schrittweise Auffräsen des Acetabulums nach medial bis zum inneren Pfannenboden
- Einbringen einer Probeschale und Testung dieser auf Stabilität
- Entfernung der Probeschale und Einbringen der Prothesenpfanne : Angestrebte Inklination 40–45°, angestrebte Anteversion 15–20°
- Auswahl der Pfanne: Zementierte Pfanne (PE-Pfanne), unzementierte Pfanne (Schraubpfanne, Pressfit-Pfanne)
- Bei zementierter Pfanne: Jet-Lavage, Anmischen des Zements, manuelles Einbringen der Pfanne und Entfernen der überschüssigen Zementanteile
- Informierung der Anästhesie vor Einbringen des Zements aufgrund der Gefahr einer Knochenzementreaktion
- Kapsel-Release an der Fossa piriformis und dem posterosuperioren Schenkelhals
Präparation des Femurschafts
- Bei Rückenlage: Umlagerung des Beins in die Vierer-Position (90° Flexion des Kniegelenks , Außenrotation und Adduktion des Oberschenkels)
- Eröffnung des Markraums mit Weller-Fasszange bzw. Kastenmeißel und langer Ahle: Von lateral dorsal nach distal
- Präparation des Markraums mit Raspeln unterschiedlicher Größe unter Berücksichtigung des Antetorsionswinkels (ca. 12–15°)
- Bei festem Sitz der Raspeln : Probereposition und Röntgenkontrolle in zwei Ebenen
Einbringen des Prothesenschafts
- Bei zementiertem Prothesenschaft
- Entfernen der Raspel, Einbringen des Markraumstoppers und Jet-Lavage
- Anmischen und Einbringen des Knochenzements: Informierung der Anästhesie vor Einbringen des Zements aufgrund der Gefahr einer Knochenzementreaktion
- Entfernung von überschüssigen Zementanteilen und Lavage der Hüftpfanne
- Einbringen des Prothesenschafts
- Bei zementiertem Schaft: Entfernung von überschüssigen Zementanteilen und Lavage der Hüftpfanne
Einbringen des Prothesenkopfes
- Einbringen eines Probekopfes, Reposition und Röntgenkontrolle in zwei Ebenen (a.p. und lateral)
- Luxation, Entfernen des Probekopfes und Wechsel auf den endgültigen Prothesenkopf
- Abschließende Röntgenkontrolle
Wundverschluss
- Blutungskontrolle, ggf. -stillung
- Schichtweise Wundverschluss mit Refixation von Muskulatur je nach Zugang (siehe: Zugänge bei Hüft-Endoprothesen)
- Faszienverschluss, Subkutan- und Hautnaht
Nachsorge
Die Nachsorge variiert je nach zugrunde liegender Erkrankung oder Verletzung: