Zusammenfassung
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt bei Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit die Kosten aller notwendigen Maßnahmen – bspw. die Auszahlung eines Krankengeldes nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Als wichtige Organe der gesetzlichen Krankenversicherung werden hier weiterhin der medizinische Dienst der Krankenkassen (Beratung und Prüfung), die kassenärztliche Vereinigung als unabhängiges verwaltendes Organ (Vertretung der Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen) und der gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen und Kassenärzte (höchstes Selbstverwaltungsorgan im Gesundheitswesen) dargestellt.
Allgemeines
- Funktion: Versicherungsträger bei Krankheit und Arbeitsunfähigkeit
- Finanzierung per Umlageverfahren: Aktuelle Ausgaben der Sozialversicherungen (wie bspw. Krankenversicherungen) werden größtenteils mit Versichertenbeiträgen gedeckt. Da die meisten Menschen in Deutschland gesetzlich versichert sind, stellen die gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge den größten Anteil dar
- Grundlegende Prinzipien
- Versicherungspflicht: In Deutschland besteht eine generelle Krankenversicherungspflicht [1]
- Grundsätzlich gilt das Solidaritätsprinzip!
- Ausnahme: Äquivalenzprinzip bei Krankengeld, Unterhaltsgeld, Übergangsgeld und Arbeitslosengeld
- Paritätsprinzip: Der Beitrag der Versicherten wird zu je 50% von Arbeitgeber und Arbeitnehmer übernommen.
- Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12, Abs. 1, SGB V): Behandlung nach dem Grundsatz „das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten“
- Die Leistungen müssen
- Ausreichend sein
- Zweckmäßig sein
- Wirtschaftlich sein
- Die Leistungen müssen
- Prinzip der freien Kassenwahl
- Kontrahierungszwang: Gesetzliche Krankenkassen sind vom Gesetzgeber dazu gezwungen, jeden Beitrittswilligen aufzunehmen, um die Ablehnung von schwerkranken Personen zu vermeiden.
- Sachleistungsprinzip: Dies bedeutet, dass die Leistungen dem Versicherungsnehmer (also dem Patienten) von der GKV in Form von Dienstleistungen zur Krankenbehandlung bereitgestellt werden (im Gegensatz zur Kostenerstattung, bei der dem Versicherungsnehmer Ausgaben erstattet werden).
- Kostenerstattungsprinzip (in der GKV): Auf Wunsch kann auch ein gesetzlich versicherter Patient eine Rechnung des Arztes nach der sog. Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erstellen lassen, um sie bei seiner Krankenversicherung einzureichen, wobei nur Kosten in der Höhe erstattet werden, die die Krankenkasse auch in Form einer Sachleistung erbracht hätte.
Arbeitsunfähigkeit
Rechtliche Grundlage nach § 92, Abs. 1, Satz 2, Nr. 7, SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie)
- Wann liegt Arbeitsunfähigkeit vor?
- § 2
- Absatz 1: „Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. […]“
- Eine Teilarbeitsunfähigkeit ist vom Gesetzgeber weder geregelt noch vorgesehen. Ein arbeitsunfähig gemeldeter Arbeitnehmer darf vom Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet werden, seine Arbeit in reduziertem Umfang zu verrichten.
- Absatz 6: „Rentnerinnen und Rentner können, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben, arbeitsunfähig nach Maßgabe dieser Richtlinie sein.“
- Absatz 1: „Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. […]“
- § 2
- Wann liegt keine Arbeitsunfähigkeit vor?
- § 3
- Absatz 1: „Arbeitsunfähigkeit besteht nicht, wenn andere […] Gründe [als eine Krankheit des Versicherten] Ursache für eine Arbeitsverhinderung […] sind.“
- Absatz 2: „Arbeitsunfähigkeit liegt insb. nicht vor
- Bei Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes. […]
- Für Zeiten, in denen ärztliche Behandlungen zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken stattfinden […]“
- § 3
- Kann eine Krankschreibung verlängert werden?
- § 5, Absatz 2: „Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Erstbescheinigung angegeben, ist nach Prüfung der aktuellen Verhältnisse eine Folgebescheinigung auszustellen. Folgen zwei getrennte Arbeitsunfähigkeitszeiten mit unterschiedlichen Diagnosen unmittelbar aufeinander, dann ist für die zweite Arbeitsunfähigkeit eine Erstbescheinigung auszustellen. […]“
- Kann eine Krankschreibung rückdatiert werden?
- § 5, Absatz 3: „Die Arbeitsunfähigkeit soll für eine vor der ersten ärztlichen Inanspruchnahme liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigt werden. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu 3 Tagen zulässig.“
- Für welchen Zeitraum kann eine Krankschreibung ausgestellt werden?
- § 5, Absatz 4: „Die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit soll nicht für einen mehr als zwei Wochen im Voraus liegenden Zeitraum bescheinigt werden. Ist es auf Grund der Erkrankung oder eines besonderen Krankheitsverlaufs sachgerecht, kann die Arbeitsunfähigkeit bis zur voraussichtlichen Dauer von einem Monat bescheinigt werden.“
Rechtliche Grundlage nach § 49 SGB V
- Wann muss die Krankschreibung bei der Krankenkasse gemeldet werden?
- § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V: „Der Anspruch auf Krankengeld ruht, […] solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, […]“
Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit
- I.d.R. elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
- Ausstellung durch
- Vertragsärzte bzw. deren Vertretung
- Krankenhausärzte bei Entlassung eines Patienten (Bescheinigung für max. 7 Tage, Folgebescheinigung bei Anschluss über Vertragsarzt)
Praktische Hinweise zum Ausstellen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
- Angaben
- Diagnose (ICD-10-verschlüsselt)
- Beginn der Arbeitsunfähigkeit
- Voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit
- Elektronische Unterschrift des Arztes mit elektronischem Heilberufsausweis (eHBA)
- Elektronischer Versand der AU durch Arzt an Krankenkasse
- Arbeitgeber
- Werden durch die betroffene Person über die Dauer der AU in Kenntnis gesetzt
- Rufen Daten der AU über die Krankenkasse ab
- Für detaillierte Informationen siehe: Arbeitsunfähigkeit
Lohnfortzahlung/Krankengeld
Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber
- Anspruch in den ersten 6 Wochen: Gegenüber dem Arbeitgeber besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe des normalen Lohns vom 1. Krankheitstag an über die Dauer von 6 Wochen (sofern das Beschäftigungsverhältnis bereits länger als 4 Wochen besteht)
- Beginnt eine Arbeitsunfähigkeit im Ausland, sind der Arbeitgeber und die Krankenkasse sofort über voraussichtliche Dauer und Adresse am Aufenthaltsort zu unterrichten; bei der Rückkehr sind Arbeitgeber und Krankenkasse ebenfalls zu benachrichtigen
- Anspruch nach 6 Wochen
- Anspruch gegenüber Arbeitgeber erlischt
- Üblicherweise Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse (siehe unten)
Sonderfall: Lohnfortzahlung bei Erkrankung eines Kindes
- Wenn vertraglich nicht anders geregelt, besteht ein Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf bezahlte Freistellung zur Pflege eines erkrankten Kindes von bis zu 5 Arbeitstagen pro Jahr
Krankengeld durch die Krankenkassen: Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld (§ 46 SGB V)
- Definition: Entgeltersatzleistung der Krankenversicherung
- Höhe: 70% des letzten Bruttoeinkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze
- Beginn
- Mit Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bzw. (bei Erhalt einer Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber) nach 6 Wochen Arbeitsunfähigkeit oder
- Im Zuge einer ersten stationären Behandlungsmaßnahme (Krankenhausbehandlung oder auch Rehabilitation)
- Dauer: Krankengeldanspruch besteht innerhalb von 3 Jahren für maximal 78 Wochen wegen derselben Krankheit (de facto also 72 Wochen Leistung durch die Krankenversicherung)
Sonderfall: Krankengeld bei Erkrankung des Kindes (§ 45 SGB V)
- Anspruch gegenüber den Krankenkassen: Krankengeld bei Erkrankung des Kindes („Kinderpflege-Krankengeld“)
- Absatz 1: „Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. “
- Absatz 2a: „Anspruch […] besteht in dem Kalenderjahr 2024 und [...] 2025 für jedes Kind längstens für 15 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 30 Arbeitstage. Der Anspruch […] besteht für Versicherte [mit mehreren Kindern] für nicht mehr als 35 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 70 Arbeitstage.“
- Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber: Unbezahlter Urlaub bei Erkrankung eines Kindes
- Absatz 3: „Versicherte […] haben für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus dem gleichen Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. […]“
Hamburger Modell zur stufenweisen Wiedereingliederung ins Arbeitsleben nach längerer Arbeitsunfähigkeit (§ 74 SGB V, § 44 SGB IX)
- Anspruch gegenüber der Krankenkasse
- „Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, sollen die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen entsprechend dieser Zielsetzung erbracht werden.“
- Patienten gelten weiterhin als arbeitsunfähig und erhalten das volle Krankengeld
- Anspruch auf Übergangsgeld kann bei Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation oder bei der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben gegenüber der Rentenversicherung geltend gemacht werden.
- Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber: Der Arbeitnehmer hat während der Wiedereingliederung keinen Anspruch auf Lohn gegenüber dem Arbeitgeber
- Dauer der Maßnahme: I.d.R. Wenige Wochen bis mehrere Monate
Die Wiedereingliederung ist nicht zu verwechseln mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM). Im Rahmen der BEM soll geklärt werden, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und [...] erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann“ (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Im Gegensatz zur Wiedereingliederung ist der Arbeitgeber zu einem BEM-Prozess verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres mind. 6 Wochen arbeitsunfähig war. Innerhalb des BEM-Prozesses kann entschieden werden, eine stufenweise Wiedereingliederung umzusetzen.
- Für detaillierte Informationen zu Lohnfortzahlung und Krankengeld, Kinderkrankentage und Kinderkrankengeld sowie der stufenweisen Wiedereingliederung siehe: Arbeitsunfähigkeit
Anspruch auf Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln
Die gesetzlichen Grundlagen, auf welche medizinischen Hilfsmittel gesetzlich Versicherte Anspruch haben und worum es sich bei den einzelnen Hilfsmitteln handelt, ist in § 31ff SGB V sowie in den Heilmittel- und Arzneimittelrichtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses abgehandelt (alle Gesetzestexte und Richtlinien; siehe: Tipps & Links zum Thema).
Arzneimittel
- Grundsatz (§ 31, SGB V): „Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien […] ausgeschlossen sind […]“.
- § 34, SGB V: „Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen“ → Kostenübernahme durch den Patienten
- Umfang der Leistungen (Arzneimittel-Richtlinie): Die Arzneimittel-Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses legt den Inhalt und den Umfang der Leistungen (in Bezug auf Arzneimittel) fest, die von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden müssen
- Zuzahlungsregelungen: Gesetzlich Versicherte sind i.d.R. verpflichtet, einen Teil der Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente mitzutragen
Arzneimittelpreisbildung
- Ziel: Reduktion der stark gestiegenen Kosten für Arzneimittel, insb. für neue, teure Originalpräparate
- Arzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG)
- Festlegung geringerer Festbeträge für Arzneimittel
- Krankenkassen können mit Arzneimittelherstellern Rabattverträge abschließen, sodass Patienten auch Arzneimittel mit Kosten über dem Festbetrag ohne Mehrkosten erhalten können
- Keine Abgabe kostenloser Medikamente an Apotheken
- Bonus-Malus-Regelung für Ärzte
- GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
- Kosten-Nutzen-Bewertung durch Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im deutschen Gesundheitswesen mit der Möglichkeit, Höchstpreise für patentgeschützte Arzneimittel festzulegen
- Krankenkassen können Rabattverträge aushandeln, wobei Apotheken verpflichtet sind, diese rabattierten Arzneimittel abzugeben
- Reform der Arzneimittelpreisbildung
- Hersteller muss dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) einen Zusatznutzen nachweisen → G-BA legt Frühbewertung fest, die über das weitere Vorgehen entscheidet
- Kein Zusatznutzen: Höchstpreis wird an ähnlichen Präparaten orientiert durch Krankenkassen festgelegt
- Zusatznutzen vorhanden: Verhandlung zwischen Hersteller und Krankenkasse
- Hersteller muss dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) einen Zusatznutzen nachweisen → G-BA legt Frühbewertung fest, die über das weitere Vorgehen entscheidet
Hilfsmittel
- Umfang der Leistungen (§ 33, Abs. 1, SGB V): „Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen […]“.
- Brillen (§ 33, Abs. 2, SGB V): „Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie 1. nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mind. der Stufe 1 oder 2. einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. […]“
- Kontaktlinsen (§ 33, Abs. 3, SGB V): „Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. […]“
Heilmittel
- Nach § 2 der Heilmittel-Richtlinie sind Heilmittel
- „persönlich zu erbringende medizinische Leistungen“
- „die einzelnen Maßnahmen der Physikalischen Therapie“
- „die einzelnen Maßnahmen der Podologischen Therapie“
- „die einzelnen Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie“
- „die einzelnen Maßnahmen der Ergotherapie“
- Arzneimittel sind nach deutschem Recht keine Heilmittel
Kassenärztliche Vereinigung (KV)
- Kurzbeschreibung: Verwaltendes Organ aller Ärzte und Psychotherapeuten, die zur ambulanten Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherungen zugelassen sind. Die Zulassung erfolgt ebenfalls durch die kassenärztliche Vereinigung.
- Verwaltungsstruktur: Die kassenärztlichen Vereinigungen unterstehen den Landesministerien für Gesundheit und sind rechtlich Körperschaften des öffentlichen Rechts
- Aufgaben
- Sicherstellung der ambulanten kassenärztlichen Versorgung (bspw. Organisation der Krankheits- und Urlaubsvertretung, sowie Notdienst in sprechstundenfreien Zeiten)
- Vertretung der Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen
- Abrechnung von ambulanten und belegärztlichen Leistungen
Abrechnung von ambulanten und belegärztlichen Leistungen
Jede Abrechnung einer ambulanten ärztlichen Leistung, die die gesetzlichen Krankenversicherungen für ihre Versicherten übernehmen, bedarf einer Zulassung durch die kassenärztliche Vereinigung
- Die Abrechnung kassenärztlicher Leistungen findet nicht direkt zwischen Arzt und Patient oder Arzt und Krankenkasse statt. Stattdessen handeln die KVs der einzelnen Bundesländer Kollektivverträge mit den Krankenkassen aus. Dabei wird im Voraus ein Betrag festgelegt, mit dem alle zu erbringenden Leistungen vergütet werden
- Abrechnung zwischen Vertragsärzten und KV: Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) : Dies stellt ein Vergütungssystem in Form eines Verzeichnisses dar, in dem vertragsärztlich erbrachten, ambulanten Leistungen gewisse Punktwerte zugewiesen werden, die später als Abrechnungsgrundlage für die Vergütung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) dienen.
-
Vergütung der KV durch die Krankenkassen: Gesamtvergütung
- Grundlage (§ 85, Abs. 1, SGB V): „Die Krankenkasse entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung […] eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder […].“
- Diese Leistungen bestehen aus einem budgetierten und einem nicht-budgetierten Anteil
- Budgetierter Anteil anhand von Kopfpauschalen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV)
- Nicht-budgetiert sind besonders förderungswürdige Maßnahmen wie bspw. Prävention und Impfungen
- Überwachung der Pflichten der Vertragsärzte
- Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Vertragsärzte
Grundformen der Vergütung
- Festbetrag: Vergütung nach Dauer der Arbeitszeit
- Schafft keine besonderen Anreize zur Über- oder Unterversorgung von Patienten
- Versorgung der Patienten besonders abhängig vom individuellen ärztlichen Engagement
- Schafft keine besonderen Anreize zur Über- oder Unterversorgung von Patienten
- Kopfpauschale: Vergütung nach Anzahl der eingeschriebenen Patienten unabhängig vom Behandlungsaufwand und unabhängig davon, ob der Arzt aufgesucht wurde oder nicht
- Schafft Anreize für die Einschreibung möglichst vieler Patienten
- Senkung des durchschnittlichen Behandlungsaufwands pro Patient mit Gefahr der Unterversorgung
- Überweisung von Patienten mit überdurchschnittlichem Behandlungsaufwand
- Vermeidung der Einschreibung von Patienten mit überdurchschnittlichem Behandlungsaufwand
- Anreiz zur Durchführung präventiver Maßnahmen gegeben
- Schafft Anreize für die Einschreibung möglichst vieler Patienten
- Fallpauschale: Vergütung nach Zahl der Behandlungsfälle unabhängig vom Behandlungsaufwand
- Schafft Anreize für die Behandlung möglichst vieler Patienten mit Gefahr der Unterversorgung
- Senkung des durchschnittlichen Behandlungsaufwands pro Patient
- Geringere Anreize für die Durchführung präventiver Maßnahmen
- Schafft Anreize für die Behandlung möglichst vieler Patienten mit Gefahr der Unterversorgung
- Einzelleistungsvergütung: Vergütung nach Menge der einzelnen Leistungen
-
Schafft Anreize für die Erhöhung der Menge an erbrachten Leistungen
- Senkung des durchschnittlichen Behandlungsaufwands pro erbrachter Leistung mit Gefahr der „Durchschleusung“ möglichst vieler Patienten
- Gefahr der Überversorgung mit nicht-indizierten, aber gewinnbringenden Leistungen
- Geringere Anreize für die Durchführung präventiver Maßnahmen
-
Schafft Anreize für die Erhöhung der Menge an erbrachten Leistungen
Medizinischer Dienst (MD, geregelt in § 275 ff., SGB V)
- Prinzipien
- 15 medizinische Dienste auf Landesebene (vor 2021 regionale Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen)
- Koordination durch den Medizinischen Dienst Bund (vor 2022 Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS))
- Körperschaften des öffentlichen Rechts
- Sozialmedizinischer Beratungs- und Begutachtungsdienst für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung mit gesetzlichem Auftrag
- Ärztliches Personal des MD ist nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen
- Begutachtung erfolgt unabhängig und orientiert sich lediglich am ärztlichen und pflegerischen Gewissen
- Aufgaben
- Begutachtung bei Auffälligkeiten
- Häufige Gutachten erfolgen zu
- Arbeitsunfähigkeit
- Hilfsmittelverordnungen (Arznei-, Verband-, Hilfs- und Heilmittel)
- Rehabilitationsmaßnahmen
- Häuslicher Krankenpflege
- Häufige Gutachten erfolgen zu
- Beratung für die GKV in grundlegenden Fragen
- Qualitätssicherungsprozesse, Krankenhausplanung
- Entwicklung der Vergütungssysteme
- Beratung in Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitsfragen
- Begutachtung bei Auffälligkeiten
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
- Prinzipien
- Höchstes Selbstverwaltungsorgan im Gesundheitswesen
- Entscheidet über viele Fragen der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenkasse
- Zusammenschluss von Organen, u.a. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), GKV-Spitzenverband (GKV-SV)
- Aufgaben
- Erstellung und Aktualisierung von Richtlinien
- Einschränkung von Leistungen bei unklarem medizinischem oder wirtschaftlichem Nutzen
- Entscheidung über Zulassung von neuen Diagnostiken, Therapien und Medikamenten für die gesetzliche Krankenversicherung
- Rechtsaufsicht: Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
- Prinzipien
- Unabhängiges wissenschaftliches Institut
- Aufträge dürfen nur vom Bundesministerium für Gesundheit oder vom Gemeinsamen Bundesausschuss angenommen werden
- Finanzierung über die Beiträge der Gesetzlichen Krankenversicherung
- Die Aufgabenbereiche sind im SGB V festgelegt
- Aufgaben
- Untersuchung und Bewertung von Schaden und Nutzen medizinischer Maßnahmen
- Bereitstellung von allgemein verständlichen Gesundheitsinformationen für alle Bürgerinnen und Bürger
Risikostrukturausgleich (RSA)
- Finanzieller Ausgleichsmechanismus der Krankenkassen, um die sog. Risikoselektion abzumildern. Die 1994 eingeführte freie Krankenkassenwahl führte zu stärkerem Wettbewerb der Krankenkassen um "risikoarme" Versicherte, da keine Risiko-bezogene Vergütung erfolgt. So zahlen Krankenkassen mit guter Risikostruktur ihrer Versicherten einen Ausgleich an die Krankenkassen mit schlechterer Risikostruktur.