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Patientenversorgung und Gesundheitssystem

Letzte Aktualisierung: 13.1.2025

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Ärzt:innen betreuen im Laufe ihres Berufslebens eine Vielzahl von Patient:innen. Es ist dabei wichtig, die patientenseitige Sicht zu berücksichtigen, der i.d.R. keine medizinische Bildung vorausgeht, um zu bestmöglicher Zufriedenheit zu behandeln. Patient:innen durchlaufen vom ersten Verspüren eines Symptoms bis hin zur ärztlichen Betreuung verschiedene Schritte der ambulanten und stationären Versorgung. Hier wird auf diese eingegangen, ebenso wie auf bedeutende Grundprinzipien des deutschen Gesundheitssystems.

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Stadien des Hilfesuchenstoggle arrow icon

Vom ersten Bemerken eines Symptoms bis zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe durchlaufen Patient:innen verschiedene Stadien:

  1. Symptomwahrnehmung
  2. Hilfesuche im Laiensystem
  3. Inanspruchnahme professioneller Hilfe
  4. Hilfesuche in alternativen medizinischen Angeboten

Symptomwahrnehmung

Die Entscheidung, wegen eines bestimmten Symptoms ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, wird von unterschiedlichen Faktoren begünstigt. Aus dem Bereich der Symptomwahrnehmung sollte man folgende Begriffe zuordnen können:

  • Steigerung der Symptomaufmerksamkeit durch:
    • Starke Schmerzen
    • Sichtbare Symptomatik
    • Wiederkehrendes Symptom oder Andauern über einen langen Zeitraum
    • Gefühlte Bedrohung durch die Krankheit
    • Ängstliche Stimmung
    • Erwartete Einschränkungen durch die Krankenrolle kollidieren nicht mit der aktuellen Lebenssituation
  • Laienätiologie: Überlegungen der Betroffenen über Ursachen und mögliche Behandlungsansätze für ihre Symptome als Teil ihrer sog. subjektiven Krankheitstheorie, möglicherweise Stellen einer eigenen Diagnose
  • Mögliche Reaktionen auf das wahrgenommene Symptom
    • Abwertung des Symptoms
      • Bagatellisierung: Herunterspielen der Beschwerden – „Stört mich gar nicht!“
      • Verleugnung: Abwehrmechanismus – „Ich merke gar nichts davon!“
    • Entschluss zur Selbstbehandlung: Selbstmedikation mit rezeptfreien Medikamenten oder verbliebenen Medikamenten früherer Erkrankungen, Verwendung von Hausmitteln etc.
    • Hilfesuchen im Laiensystem
    • Inanspruchnahme professioneller Hilfe

Hilfesuche im Laiensystem

Haben Betroffene ein Symptom wahrgenommen, laienätiologisch analysiert und es als ernst zu nehmend eingestuft, können sie sich zunächst weitere Informationen und Hilfe im sog. Laiensystem suchen.

  • Laiensystem: Nicht-medizinisches Umfeld wie Partner:in, Familienangehörige, Bekannte
  • Funktion: Bei einer arztaversiven Haltung des Umfelds kann zunächst eine Zuweisung zu weiteren Instanzen des Laiensystems folgen , im nächsten Schritt wenden sich Betroffene ans ärztliche Versorgungssystem

Inanspruchnahme professioneller Hilfe

Mit der Inanspruchnahme professioneller Hilfe (Aufsuchen eines Arztes oder einer Ärztin) verlassen Betroffene das Laiensystem und werden zu Patient:innen. Verschiedene Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sich Betroffene dazu entscheiden, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen:

  • Subjektiv schlechter Gesundheitszustand
  • Gesicherte oder als sicher eingeschätzte Finanzierung des Arztbesuchs
  • Gute ärztliche Erreichbarkeit
  • Positive Einstellung gegenüber dem Gesundheitssystem, evtl. aufgrund positiver Erfahrungen

Hilfesuche in alternativen medizinischen Angeboten

Aufgrund von Weltanschauung, Misstrauen in die Schulmedizin oder schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit können sich von Symptomen Betroffene dazu entscheiden, alternative Heilkunde in Anspruch zu nehmen.

  • Alternative Heilkunde: Abseits der wissenschaftlich orientierten „Schulmedizin“ entwickelte Heilkunden, z.B. Homöopathie, Akupunktur, Pflanzenheilkunde, Ayurveda
  • Komplementäre Heilkunde: Verwendung alternativer Heilverfahren als Ergänzung zu schulmedizinischen Maßnahmen
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Nachfrage, Bedarf und Versorgungtoggle arrow icon

Um die Zusammenhänge zwischen Nachfrage, Bedarf und Versorgung innerhalb des Gesundheitssystems zu verstehen, ist es wichtig, die Bedeutung einiger Begriffe im medizinischen Kontext zu kennen.

Definitionen

  • Nachfrage: Subjektive Befindlichkeit von Betroffenen und Wunsch nach medizinischer Versorgung
  • Bedarf: Tatsächliches (objektives) Vorhandensein einer Krankheit oder Funktionseinschränkung, die eine medizinische Versorgung notwendig macht
  • Versorgung: Vorhandenes verfügbares medizinisches Angebot
    • Bedarfsgerechte Versorgung: Sowohl aus Sicht des Betroffenen (subjektiv), als auch aus ärztlicher (objektiver) Sicht existieren genügend Versorgungsmöglichkeiten
    • Unterversorgung: Nachfrage und Bedarf übersteigen das Angebot an Versorgung , in Deutschland insb. bei psychischen und chronischen Erkrankungen
    • Überversorgung: Versorgungsangebot übersteigt Nachfrage und Bedarf (bspw. Bildgebung bei Rückenschmerzen ohne Warnsymptome)

Diskrepanz zwischen Nachfrage und Bedarf

Die Begriffe „Under-“, bzw. „Over-Utilization“ bezeichnen die Differenz zwischen Bedarf und Nachfrage.

  • Under-Utilization: Nachfragemangel trotz objektivem Bedarf
  • Over-Utilization: Nachfrage trotz mangelndem objektivem Bedarf

Hypochondrische Störung
Personen mit hypochondrischer Störung leiden an großer Angst, an einer bestimmten bedrohlichen Erkrankung (meist eines Organsystems) zu leiden, ohne tatsächlich davon betroffen zu sein. Sie empfinden teils wahnhaft die entsprechenden Symptome. Zahlreiche Arztbesuche können die Folge sein („Big File Patient“), u.a. auch deswegen, weil negativen Befunden kein Glauben geschenkt wird. In einem solchen Fall handelt es sich um „Over-Utilization“. Auch die Symptomaufmerksamkeit (s.o.) ist bei Personen mit hypochondrischer Störung stark erhöht, da Körper und Befinden auf die erwarteten Symptome hin untersucht (sog. „checking Behaviour") werden.

Steigerung der Nachfrage

Eine Steigerung der Nachfrage ist häufig angebotsinduziert:

  • Ärzteangebot: Durch eine erhöhte Arztdichte in einer Region steigt die Nachfrage nach medizinischer Versorgung
  • Angebotsinduzierte Nachfrage: Ärzt:innen erzeugen durch Angebote die Bedürfnisse nach einer bestimmten medizinischen Leistung bei Patient:innen, bspw. aus finanziellen Interessen
    • Krankenkassen können eine dadurch entstehende Überversorgung mindern, etwa durch:
      • Restriktionen von Arzneimittelbudgets
      • Zahlungen von Prämien für Versicherte, die keine ärztlichen Leistungen in einem bestimmten Zeitraum in Anspruch genommen haben

Fehlversorgung

Die Fehlversorgung kann auf verschiedene Art und Weise geschehen. Zwei (prüfungsrelevante) Phänomene fallen darunter:

  • Medikalisierung: Phänomene des normalen Lebens geraten in den Zuständigkeitsbereich der Medizin, indem sie als Störungen betrachtet werden
  • Ärztliche Entscheidungsregeln: Möglichst genaue Fällung von Urteilen über Diagnose und Therapie. Vermieden werden sollen dabei die folgenden Fehler.
    • Fehler 1. Art: Stellen einer „falsch-positiven“ Diagnose → Zieht weitere, möglicherweise gesundheitsschädliche und kostenverursachende Untersuchungen und Therapien nach sich
    • Fehler 2. Art: Stellen einer „falsch-negativen“ Diagnose → Ggf. verspätete oder ineffiziente Therapie
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Patientenversorgung im Primärarztsystemtoggle arrow icon

Mit der Suche nach professioneller Hilfe wird der Beginn der „Patientenkarriere“ markiert, während der verschiedene Stationen des Gesundheitssystems durchlaufen werden. Die Patientenkarriere sollte im Idealfall beim sog. Primärarzt bzw. bei der sog. Primärärztin beginnen. Von dort kann die gezieltere Betreuung und Behandlung durch Spezialist:innen koordiniert werden.

Primärversorgung

  • Primärarzt/Primärärztin: Leistet die Grundversorgung und ist die erste Anlaufstelle (z.B. Allgemeinmediziner:innen, Gynäkolog:innen oder Kinderärzt:innen)
  • Funktion: Untersuchung der Patient:innen und Einschätzen der Situation, dann:
    • Behandlung oder
    • Überweisung an niedergelassene Spezialist:innen (Sekundärversorgung) oder
    • Einweisung ins Krankenhaus (Tertiärversorgung)
  • Ziel: Zusammenlaufen aller Informationen bei einer Person

Sekundärversorgung durch Spezialist:innen

  • Sekundärarzt/Sekundärärztin: Niedergelassene Spezialist:innen oder Ambulanz/Poliklinik einer größeren Klinik
  • Grundlage: Primär- und Sekundärärzt:innen sind für eine optimale Versorgung dringend notwendig, sonst drohen:
    • Unterversorgung (z.B. durch Informationsverluste)
    • Überversorgung (z.B. durch Wiederholung von Untersuchungen)

Schnittstellenproblematik bei chronisch Kranken

Die zunehmende Anzahl chronisch kranker Personen stellt die Versorgung und auch die Betroffenen selbst vor einige Schwierigkeiten:

  • Viele beteiligte Versorgungseinheiten (Primärärzt:innen, Spezialist:innen, stationäre Versorgung, Physiotherapie, Pflege etc.), dadurch:
    • Erschwerte Kommunikation
    • Patient:innen wissen nicht, welches Anliegen wohin gehört
    • Patient:innen müssen Informationen (z.B. Krankengeschichte) wiederholt vortragen → Informationsverluste
      • Enge Kooperation zwischen den Versorgungseinheiten
      • Zeitnahe Dokumentation (Arztbriefe usw.)
  • Versorgung durch Angehörige:
    • Knapp drei Viertel der chronisch Pflegebedürftigen werden von ihren Angehörigen zu Hause versorgt
    • Dabei wird rund ein Viertel von ambulanten Pflegediensten unterstützt
    • Rund die Hälfte der Pflegebedürftigen wird von ihren Angehörigen komplett allein versorgt
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Gesundheitssystem in Deutschlandtoggle arrow icon

Durch das Auftreten von Krankheiten können bestimmte gesellschaftliche Funktionen (bspw. die Ausübung des Berufs) nicht mehr übernommen werden. Das Gesundheitssystem sichert rechtlich die Weiterversorgung bei Krankheit ab und ist dabei durch verschiedene Prinzipien geregelt.

Überblick über die Gesundheitssysteme

  • Sozialversicherungssystem (Bismarck-Modell): In Deutschland geltendes System, nach dem die gesetzliche Krankenversicherung Gesundheitsleistungen finanziert. Für die Erbringung dieser Leistungen sind öffentliche und private Anbieter (Krankenhäuser, Ärzt:innen) verantwortlich.
  • Staatlicher Gesundheitsdienst (Beveridge-Modell ): In Großbritannien geltendes System, bei dem der Staat durch Steuereinnahmen öffentliche Versorgungseinrichtungen finanziert. Die Behandlung ist für alle Bürger:innen kostenlos.
  • Marktwirtschaftlich orientiertes System: Bei diesem System wird der Großteil der medizinischen Versorgung privat finanziert und es gibt keine Versicherungspflicht.
  • Semashko-Modell: Zentralistisch-planwirtschaftliches, hierarchisch organisiertes System mit vollständiger staatlicher Lenkung, das in sozialistischen Staaten des 20. Jhd. bestand und allen Bürger:innen freien Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglichen sollte (inzwischen nicht mehr existent). Die Finanzierung erfolgte durch allgemeine Steuern.

Zur gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland zählen neben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch die Unfall-, Renten-, Arbeitslosen- und die 1995 als Letztes eingeführte Pflegeversicherung!

Grundlagen des deutschen Gesundheitssystems

Die Krankenversicherung ist in Deutschland eine Pflichtversicherung. Dadurch wird gesichert, dass den Kranken bei Arbeitsunfähigkeit keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen. Etwa 90% der Bürger:innen sind gesetzlich versichert, die restlichen 10% privat.

Krankenversicherung

In Deutschland sind alle Bürger:innen verpflichtet, einer Krankenversicherung beizutreten (Pflichtversicherung). Je nach Einkommen besteht jedoch die Wahl zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist Teil der Sozialversicherung (neben Unfall-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) und regelt die medizinische Versorgung nach dem Solidaritätsprinzip. Versicherte erhalten durch ihren Beitrag das Recht auf medizinische Versorgung, wobei die Leistungen der Krankenkasse sich nach der individuellen Bedürftigkeit richten. Alle Versicherten erhalten dabei gleichermaßen Zugang zu medizinischen Leistungen. In der privaten Krankenversicherung richtet sich die Höhe des Beitrags nicht nach dem Solidaritätsprinzip wie bei der GKV, sondern nach dem Äquivalenzprinzip. Auch die Begleichung von Behandlungskosten wird hier anders geregelt (Kostenerstattungsprinzip).

  • Versicherungsformen
    1. Gesetzliche Krankenversicherung (GKV): 90% aller Versicherten sind gesetzlich versichert. Die GKV basiert auf folgenden Prinzipien:
      • Solidaritätsprinzip
        • Der Beitragssatz für die gesetzlichen Krankenkassen wird einkommensabhängig berechnet und beträgt derzeit 14,6% (bzw. ermäßigt 14,0%) des Bruttoeinkommens
        • Teil dieses Prinzips ist zudem die beitragsfreie Mitversicherung der eigenen Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung (sog. Familienversicherung)
        • Die Leistungen richten sich nach Bedürftigkeit
      • Paritätsprinzip: Der Beitrag wird zu je 50% übernommen von
      • Sachleistungsprinzip: Leistungen werden den Versicherten (also den Patient:innen) von der GKV in Form von Dienstleistungen zur Krankenbehandlung bereitgestellt, d.h. ohne direkte finanzielle Transaktion (im Gegensatz zur Kostenerstattung, bei der den Versicherten Ausgaben erstattet werden)
      • Prinzip der freien Kassenwahl: Gesetzlich Versicherte können seit dem 01.01.1996 aus weitgehend allen Krankenkassen frei wählen
        • Erhöhter Wettbewerbsdruck zwischen den Krankenkassen soll Wirtschaftlichkeit und Service für die Versicherten steigern → Verbesserung der medizinischen Leistungen
      • Umlagefinanzierung: Aktuelle Ausgaben der Krankenversicherungen (sowie der anderen Zweige der Sozialversicherung) werden mit den aktuellen Einnahmen gedeckt
      • Risikostrukturausgleich: Finanzieller Ausgleich über den sog. Gesundheitsfond zwischen den Krankenkassen zur Kompensation von Unterschieden bezüglich der Krankheitsrisiken der Versicherten.
    2. Private Krankenversicherung (PKV): 10% aller Versicherten sind privat versichert. Die PKV basiert auf folgenden Prinzipien:
      • Äquivalenzprinzip: Beitragshöhe wird äquivalent zum individuellen Risiko und dem gewünschten Leistungsspektrum bemessen
      • Kostenerstattungsprinzip: Nach einem ambulanten Arztbesuch bezahlen die Versicherten zunächst die Rechnung und bekommen den Betrag nachträglich von der privaten Krankenversicherung zurückerstattet
      • Personenversicherungsprinzip: Für jede versicherte Person muss ein eigener Beitrag gezahlt werden (keine Familienversicherung)

In Deutschland müssen alle Bürger:innen krankenversichert sein (Pflichtversicherung)!

Solidaritätsprinzip: Alle gesetzlich Krankenversicherten haben unabhängig von den gezahlten Beiträgen den gleichen Anspruch auf Leistungen!

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheidet als höchstes Selbstverwaltungsorgan im deutschen Gesundheitswesen über viele Fragen der Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenkasse. Gebildet wird er von den 4 großen Selbstverwaltungsorganisationen im Gesundheitssystem: Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und GKV-Spitzenverband (GKV-SV).

Trennung in ambulanten und stationären Bereich

  • Ambulante Versorgung: Ca. ⅓ der Ärzt:innen sind niedergelassen (Stand 2015)
    • Vertragsärzt:innen
      • Haben eine Zulassung der regionalen KV (s.u.) zur Betreuung gesetzlich versicherter Personen
      • Der Großteil der Niedergelassenen sind Vertragsärzt:innen, da 90% der Bürger:innen gesetzlich versichert sind
    • Private Praxen: Für Versicherte der PKV und Selbstzahlende
  • Stationäre Versorgung: Krankenhäuser

Recht auf freie Arztwahl

  • Prinzip: Gesetzlich Versicherte können ihre Ärzt:innen selbst wählen, sofern es sich um Vertragsärzt:innen handelt
    • Vorteil: Große patientenseitige Freiheit
    • Nachteil: Gute Kooperation zwischen beteiligten Ärzt:innen erforderlich

Arbeitsunfähigkeit

Eine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die arbeitnehmende Person ihrer Tätigkeit vorübergehend wegen Krankheit nicht mehr nachgehen kann oder sie die eigene Gesundheit durch die weitere Ausübung des Berufs gefährdet.

  • Bescheinigung: Durch die ärztliche Krankschreibung
  • Lohnfortzahlungsgesetz: Sichert die Weiterbezahlung
    • Der Arbeitgeber zahlt die ersten sechs Wochen nach der Krankschreibung den normalen Lohn weiter
    • GKV: Im Anschluss bekommt die gesetzlich krankenversicherte Person von der Krankenkasse ein Krankengeld ausgezahlt
    • PKV: Je nach Vereinbarungen beim Abschluss einer sog. Krankentagegeldversicherung

Patientenrechte

Die Patientenrechte wurden durch das 2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz erstmals zusammengefasst und im BGB verankert. Ziel des Patientenrechtegesetzes ist es, die Position der Patient:innen gegenüber Leistungserbringenden und Krankenkassen zu stärken.

  • Ziele des Patientenrechtegesetzes
    • Gestärkte Verfahrensrechte bei Behandlungsfehlern
    • Gestärkte Rechte gegenüber Leistungsträgern
    • Bessere Information der Patient:innen

Kassenärztliche Vereinigung

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) gewährleistet die ambulante Versorgung der gesetzlich Versicherten. Die Aufgaben der KV sind nicht mit denen der Ärztekammern zu verwechseln, die die komplette Ärzteschaft vertreten. Im Folgenden werden die Aufgaben beider Institutionen verglichen. Für weitere Informationen zu den Ärztekammern siehe: Beziehung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen.

Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung und Ärztekammer im Vergleich
Kassenärztliche Vereinigung Ärztekammer
  1. Vereinbarung von Verträgen mit Krankenkassen
  2. Gewährleistung der ambulanten medizinischen Versorgung (Sicherstellungsauftrag)
  3. Vergabe des Gesamthonorars an die Kassenärzt:innen
  4. Organisation von Behandlungsstandards/Qualitätssicherung
  5. Begutachtung der Wirtschaftlichkeit der Patientenversorgung durch die Kassenärzt:innen
  6. Abrechnungsprüfung ärztlicher und psychotherapeutischer Behandlungen
  7. Interessenvertretung der Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen gegenüber den Krankenkassen
  1. Teilnahme an politischen Belangen im Gesundheitswesen
  2. Vertretung der beruflichen Interessen der Ärzteschaft
  3. Organisation der Fort- und Weiterbildung (Weiterbildungsordnung)
  4. Vorgabe von Normen für die Berufsausübung (Berufsordnung) und Beaufsichtigen der ärztlichen Berufspflichten
  5. Erlassung von Sanktionen bei Nicht-Einhalten der Berufsordnung oder -pflichten

Aufgabe der kassenärztlichen Vereinigung ist die Sicherstellung der ambulanten Versorgung!

Wandel von Versorgungsformen

In den letzten Jahren hat der Einfluss der Krankenkassen durch Änderungen seitens des Gesetzgebers zugenommen. Im Folgenden werden einige wichtige neue Versorgungsmodelle vorgestellt.

  • Disease-Management-Programme
  • Integrierte Versorgung
    • Definition: Fächerübergreifende Vernetzung von verschiedenen Leistungserbringenden, die miteinander kooperieren und sich austauschen
    • Ziele
      • Bessere flächendeckende Versorgung
      • Bessere Koordination der Behandlung einzelner Patient:innen
    • Eigenschaften
      • Bei Teilnahme an dem Programm erhalten die Versicherten je nach Krankenkasse einen Bonus von dieser
      • Selektivvertrag: Direkte Verträge zwischen Leistungserbringenden und Krankenkassen als Kostenträgerinnen
  • Medizinische Versorgungszentren
    • Definition: Räumlicher Zusammenschluss verschiedener Vertragsärzt:innen und anderer Therapeut:innen
    • Ziel
  • Hausarztmodelle
    • Definition: Im Rahmen dieses Modells ist der Besuch einer fachärztlichen Praxis nur nach Überweisung durch Allgemeinmediziner:innen möglich
    • Ziel: Bessere Koordination der Facharztbesuche
    • Eigenschaften: Bei Teilnahme an dem Modell erhalten die Versicherten je nach Krankenkasse einen finanziellen Bonus von dieser
  • Tagesklinische oder teilstationäre Behandlungsformen
    • Ermöglichen eine intensivere Behandlung im Vergleich zu einer rein ambulanten Betreuung
    • Im Vergleich zu einer vollstationären Behandlung werden Kosten gespart

Entwicklung der Krankenhauslandschaft

Einige Parameter der Krankenhausnutzung haben sich innerhalb der letzten 20 Jahre deutlich geändert. Teilweise sind diese Änderungen auf politische Maßnahmen wie die Einführung der Fallpauschalen im Jahre 2004 zurückzuführen. Diese Maßnahme diente dazu, die Effizienz der Krankenhausbehandlungen zu steigern, indem Fälle pauschal vergütet werden, unabhängig von der Verweildauer im Krankenhaus.

  • Abnahme der Verweildauer im Krankenhaus um rund 50% seit 1991
  • Abnahme der Bettenzahl
  • Zunahme der Fallzahl

Verständnis von Gesundheitsberufen als Dienstleistungsberufen

Gesundheitsberufe – und somit auch der ärztliche Beruf– sind Dienstleistungsberufe, in denen Dienste für einen einzelnen Menschen oder die Gesellschaft allgemein geleistet werden.

  • § 1 der Bundesärzteordnung: „Der Arzt dient der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes.“
  • Das Gesundheitswesen hat sich zu einem großen Wirtschafts- und Dienstleistungsbereich entwickelt.
    • Über 90% der Deutschen sind gesetzlich krankenversichert und somit berechtigt, Leistungen des Gesundheitswesens in Anspruch zu nehmen.
    • 12% der erwerbstätigen Deutschen sind im Gesundheitswesen beschäftigt (Stand 2011).
  • IGeL (Individuelle Gesundheitsleistungen)
    • Zusätzliches Dienstleistungsangebot
    • Dürfen von Vertragsärzten angeboten werden
    • Kosten werden von Krankenkassen nicht übernommen, sondern müssen selbst getragen werden
    • Bspw. zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen, reisemedizinische Beratungen

Vergütung im Gesundheitssystem

Die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems erzeugt direkte sowie indirekte Kosten. Die direkten Kosten werden dabei mithilfe der DRGs abgerechnet, d.h. Patient:innen werden einer bestimmten DRG zugeordnet, die wiederum mit einem festen Satz verknüpft ist.

Direkte vs. indirekte Gesundheitskosten

  • Indirekte Gesundheitskosten: Anfallende Kosten durch nicht-erbrachte Leistungen einer erkrankten arbeitnehmenden Person (Produktivitätsausfall)
  • Direkte Gesundheitskosten: Kosten, die durch die Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung anfallen
    • Aktuell jährlich ansteigend aus verschiedenen Gründen (z.B. demografischer Wandel, teure Behandlungsmethoden u.a.)
  • Leistungsarten mit den größten Ausgaben (absteigend)
    1. Pflegerische/therapeutische Leistungen
    2. Waren
    3. Ärztliche Leistungen

Vergütungssysteme

Mithilfe von Vergütungssystemen werden die erbrachten ärztlichen Leistungen mit den Krankenkassen abgerechnet.

  • Krankenhaus: Diagnosis Related Groups (DRG)
    • Seit 2004 verpflichtend für die Abrechnung der Krankenhäuser mit den Krankenkassen
    • Abrechnung der Leistungen nach diagnosebezogenen Fallgruppen/Fallpauschalen und nicht mehr nach Tagessätzen .
    • Seit Einführung: Deutlich kürzere Verweildauer im Krankenhaus
  • Ambulanter Bereich

Gesundheitsausgaben

Bei den Gesundheitsausgaben wird nach Ausgabenträgern, Einrichtungen und Leistungsarten unterschieden. Dabei entstehen die höchsten Kosten jeweils bei:

  • Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern: Gesetzliche Krankenversicherung
  • Gesundheitsausgaben nach Einrichtungen
    • Ambulant: Arztpraxen und Apotheken
    • (Teil‑)stationär: Krankenhäuser
  • Gesundheitsausgaben nach Leistungsarten: Pflegerische/therapeutische Leistungen
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Qualitätsmanagement im Gesundheitssystemtoggle arrow icon

Die Gewährleistung der Qualität in der medizinischen Versorgung ist von enormer Wichtigkeit, insbesondere in Anbetracht von Kürzungen finanzieller Mittel in der Gesundheitsversorgung. Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin hat den Qualitätsbegriff im Gesundheitswesen wie folgt definiert:

  • Qualitätsbegriff im Gesundheitswesen: „Qualität im Gesundheitswesen bedeutet eine ausreichende und zweckmäßige, d. h. patienten- und bedarfsgerechte, an der Lebensqualität orientierte, fachlich qualifizierte, aber auch wirtschaftliche medizinische Versorgung mit dem Ziel, die Wahrscheinlichkeit erwünschter Behandlungsergebnisse bei Individuen und in der Gesamtbevölkerung zu erhöhen.“ (Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin)

Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität

Zur Bewertung von Qualität im Gesundheitssystem werden drei unterschiedliche Qualitätsdimensionen in die Bewertung einbezogen. Im Folgenden sind diese mit den je beispielhaften Parametern aufgeführt.

  1. Strukturqualität: Rahmenbedingungen für die medizinische Versorgung
    • Anzahl der Hausärzt:innen einer Region
    • Ausstattung mit Räumen und Apparaturen
    • Anzahl und Qualifikation des Personals einer Klinik
    • Bettenanzahl auf einer Station
  2. Prozessqualität: Beurteilung der Abläufe innerhalb der
    • Therapie
    • Pflege
    • Diagnostik
    • Weniger einfach messbare Parameter
  3. Ergebnisqualität: Beurteilung, inwieweit die Ziele der medizinischen Versorgung erreicht wurden, z.B. in folgenden Parametern
    • Objektive Parameter
    • Subjektive Parameter
      • Patientenzufriedenheit (s.u.)
      • Lebensqualität nach einer Behandlung

Evidenzbasierte Medizin (EBM)

Bei der EBM handelt es sich um ein Konzept, dessen Ziel die medizinische Behandlung auf der Basis von wissenschaftlich gestützten Kenntnissen ist. Mittlerweile haben sich die Ansprüche der EBM als Standard etabliert.

  • Definition der evidenzbasierten Medizin: „Evidenzbasierte Medizin (EbM = beweisgestützte Medizin) ist demnach der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten.“ (Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.)
  • Ablauf der EBM im Idealfall
    1. Erfassung einer konkreten klinischen Fragestellung
    2. Systematische Suche nach Evidenz zur Beantwortung der Fragestellung in der medizinischen Literatur
    3. Kritische Evaluation der Validität der Evidenz
    4. Bewertung des beobachteten Effekts
    5. Anwendung der Evidenz an den Patient:innen
    6. Selbstevaluation
  • Begriffe zur Beurteilung medizinischer Maßnahmen:
    • Effectiveness: Wirksamkeit unter den Bedingungen der Routineversorgung
    • Efficacy: Wirksamkeit unter Idealbedingungen
  • Evidenzklassen: Einteilung medizinischer Kenntnisse nach ihrer Evidenz
Klasse Evidenz
I Ia

Evidenz aufgrund mindestens einer Übersichtsarbeit (Metaanalyse) aus randomisierten kontrollierten Studien

Ib

Evidenz aufgrund mindestens einer randomisierten kontrollierten Studie hoher gesicherter Qualität

II

IIa

Evidenz aufgrund mindestens einer nicht-randomisierten kontrollierten Studie hoher gesicherter Qualität

IIb

Evidenz aufgrund mindestens einer quasi-experimentellen Studie oder einer Kohortenstudie

III

Evidenz aufgrund deskriptiver Studien

IV

Evidenz aufgrund Expertenmeinungen, Erfahrungen und Berichten

Qualitätssicherung

Für die Qualitätssicherung stehen mehrere Maßnahmen zur Verfügung.

  • Peer Reviews: Prüfung einer wissenschaftlichen Arbeit durch unabhängige Kolleg:innen desselben Fachbereichs
  • Second Opinions: Zweitmeinungen anderer Expert:innen
  • Supervision: Leistungskontrolle durch Ausbildende („Supervisor:in“) mit Vorstellung und Diskussion aktueller Fälle
  • Qualitätszirkel: Diskussion von Problemen und Suche nach Lösungen mit Kolleg:innen im Sinne einer internen Qualitätskontrolle
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Wiederholungsfragen zum Kapitel Patientenversorgung und Gesundheitssystemtoggle arrow icon

Nachfrage, Bedarf und Versorgung

Was versteht man unter einer angebotsinduzierten Nachfrage?

Wann liegt eine Überversorgung vor?

Patientenversorgung im Primärarztsystem

Was ist im deutschen Gesundheitssystem die Funktion von Primärärzt:innen?

Von wem werden chronisch Pflegebedürftige in Deutschland hauptsächlich versorgt?

Gesundheitssystem in Deutschland

Nach welchem Modell ist die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland aufgebaut und nach wem ist es benannt?

Wodurch wurde das Semashko-Modell finanziert?

Auf welchen sechs wichtigen Prinzipien beruht die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland?

Was wird im Paritätsprinzip festgelegt?

Was versteht man unter dem Solidaritätsprinzip im Gegensatz zum Äquivalenzprinzip?

Wie unterscheidet sich das Sachleistungs- vom Kostenerstattungsprinzip? Von welcher Kassenform werden sie jeweils angewandt?

Wozu wurde das Prinzip der freien Kassenwahl in Deutschland eingeführt?

Wie hoch ist der Anteil niedergelassener an allen ärztlich tätigen Mediziner:innen in Deutschland?

Welche Aufgaben haben die Kassenärztlichen Vereinigungen?

Welche Aufgaben erfüllen die Ärztekammern?

Was versteht man unter Disease-Management-Programmen? Wozu wurden sie eingeführt?

Welches Prinzip steht hinter dem Begriff „integrierte Versorgung“ und was soll dadurch erreicht werden?

Was ist der Unterschied zwischen einem medizinischen Versorgungszentrum und einer Gemeinschaftspraxis?

Wozu dienen Diagnosis Related Groups (DRGs)?

Qualitätsmanagement im Gesundheitssystem

Was versteht man unter Strukturqualität? Wie wird sie gemessen?

Wie wird Prozessqualität beurteilt?

Welche Parameter werden zur Beurteilung der Ergebnisqualität herangezogen?

Was ist das Konzept der evidenzbasierten Medizin (EBM)?

Welcher Studientyp hat eine Evidenz Grad Ia?

Was ist der Unterschied zwischen Efficacy und Effectiveness?

Was versteht man unter Peer Reviews?

Was versteht man unter einem Qualitätszirkel?

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