Zusammenfassung
Die Pflegefachpersonen nehmen eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung, Applikation, Nachbereitung und Überwachung der Patient:innen im Rahmen der medikamentösen Therapie ein.
Voraussetzung hierfür ist das nötige Wissen über die angeordneten Medikamente, insb. bezüglich der gewünschten Wirkung, den wichtigsten Nebenwirkungen, der Besonderheiten bei der Vor- und Nachbereitung sowie der Applikationsarten.
Da Fehler während der Vorbereitung und Verabreichung von Medikamenten zu den häufigsten Fehlern im Gesundheitssystem zählen, ist ein hohes Maß an Sorgfalt und Konzentration notwendig.
6-R-Regel
Die Pflegefachperson muss vor jeder Medikamentengabe sicherstellen, dass diese in allen Aspekten der ärztlichen Anordnung entspricht. Hierfür eignet sich die Kontrolle anhand der 6-R-Regel (6-Richtige-Regel).
- Richtige:r Patient:in
- Patientenarmband bei nicht ansprechbaren Patient:innen prüfen
- Patient:in mit Namen ansprechen, bei Unsicherheit auch das Geburtsdatum erfragen und abgleichen
- Richtiges Medikament
- Name bzw. Wirkstoff des Medikaments prüfen
- Zusatzangaben beachten: Bspw. „retard“
- Besonders genaues Vorgehen bei Beteiligung mehrerer Personen
- Richtige Dosierung
- Intravenöse Applikation: Ist die Wirkstoffkonzentration pro mL oder die Wirkstoffmenge der gesamten Ampulle gemeint?
- Tabletten: Ist die Anzahl der Tabletten korrekt?
- Richtiger Zeitpunkt: Bspw.
- In einem definierten Zeitabstand vor oder nach einer Untersuchung / einem Eingriff
- Nur an bestimmten Wochentagen
- Zu einer bestimmten Uhrzeit
- Morgens, mittags, abends
- Richtige Applikationsform: Bspw. oral , i.v., i.m., topisch
- Richtige Dokumentation
- Jede Verabreichung eines Medikaments durch verabreichende Person dokumentieren
- Zeitnahe Dokumentation (Vermeidung einer mehrfachen Verabreichung)
Umgang mit Betäubungsmitteln (BtM)
Unter das Betäubungsmittelgesetz fallen Substanzen wie bspw. Opioide und Substitutionsmittel. Da bei diesen Medikamenten ein besonders hohes Missbrauchspotenzial besteht, gibt es strenge Vorgaben zum Umgang.
Siehe auch:
Aufbewahrung
- Separat von den übrigen Medikamenten unter ständigem Verschluss (i.d.R. in einem Tresor)
- I.d.R. nur ein Schlüssel (Übergabe an Pflegefachperson der folgenden Schicht)
- Schlüsselübergabe beinhaltet gemeinsame Kontrolle des aktuellen Medikamentenbestands inkl. Abgleich mit dem sog. BtM-Buch
Dokumentation
- Betäubungsmittelbuch (BtM-Buch)
- Spezielles Buch mit Betäubungsmittelkarten, die fortlaufend nummeriert sind
- Digitale Dokumentation möglich, wenn das Programm keine nachträglichen Änderungen erlaubt und Ausdrucke möglich sind
- Zeitrahmen: Aufbewahrung für 3 Jahre, gerechnet von der letzten Eintragung
- Dokumentation aller Zu- und Abgänge des Betäubungsmittelfachs (genau und gut leserlich), inkl.
- Datum
- Patientenname
- Nach hausinternem Standard ggf. zusätzlich: Geburtsdatum des/der Patient:in
- Name des/der anordnenden Arztes/Ärztin
- Name der Pflegefachperson, die das Medikament entnimmt
- Neuer Medikamentenbestand nach der Entnahme
- Fehleinträge einfach durchstreichen (Eintrag muss weiterhin lesbar sein!)
- Verworfene Betäubungsmittel
- Komplett oder teilweise verworfenes Medikament aufführen
- Grund nachvollziehbar dokumentieren
- Prüfung des BtM-Buchs
- Zum Ende jeden Kalendermonats
- Durch verschreibungsberechtigte Person des ärztlichen Personals
- Bestätigung mit Unterschrift, dass Dokumentation und Bestand übereinstimmen
Verabreichung
- Vorbereitete Medikamente nicht in frei zugänglichen Räumen zwischenlagern
- Patient:innen informieren, dass für die Medikamente besonderen Vorgaben gelten
- Ggf. Einnahme überwachen, insb. bei bewusstseinseingeschränkten Patient:innen
Applikationsformen von Medikamenten
Die Verabreichungsform (auch Applikationsform genannt) beschreibt, auf welchem Weg ein Medikament in den Körper gelangt. Übergeordnet wird insb. zwischen lokaler und systemischer Therapie unterschieden. Viele Wirkstoffe sind nur in einigen Darreichungsformen verfügbar.
Die Auswahl der Applikationsform hängt von verschiedenen Faktoren ab, bspw. der Bioverfügbarkeit, Nebenwirkungen sowie körperlichen und kognitiven Voraussetzungen der Patient:innen.
Die meisten Applikationsformen dürfen nach ärztlicher Anordnung durch die Pflegefachpersonen durchgeführt werden. Einige Applikationsformen wie bspw. die intraartikuläre oder intraneurale dürfen nur von ärztlichem Personal angewendet werden.
Übersicht gängiger Applikationsformen | |||
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Kürzel | Bedeutung/Applikationsart | Darreichungsbeispiele | |
Aural | — | „in das Ohr“ | Ohrentropfen |
— | „auf/über die Wangenschleimhaut“ (in der Wangentasche) | Schmelztabletten, Sprays, Gele | |
Endobronchial | (e.b.) | „in die Bronchien“ | Injektionslösung |
Enteral | — | „über den Magen-Darm-Trakt“ | — |
(p.i.) | „einatmen“ | Sprays, Inhalationslösungen, Gase | |
Intraarteriell | (i.a.) | „in die Arterie“ | Injektionslösung |
Intraartikulär | (i.art.) | „in ein Gelenk“ | Injektionslösung |
— | „in ein Gangsystem“ | Injektionslösung | |
Intragluteal | — | „in den M. gluteus maximus“ | Injektionslösung |
(i.c.) | „in die Haut“ | Injektionslösung | |
(i.m.) | „in das Muskelgewebe“ | Injektionslösung | |
Intranasal | — | „in die Nase“ | Nasenspray, Nasentropfen, Notfallmedikamente |
— | „in den Nerv“ | Injektionslösung | |
— | „in das Auge“ | Injektionslösung | |
Intraossär | (i.o.) | „in den Markraum eines Knochen“ | Injektionslösung |
Intraperitoneal | (i.p.) | „in die Bauchhöhle“ | Infusionslösung |
— | „in den Pleuraspalt“ | Injektion | |
Intrathekal | — | „in den Subarachnoidalraum“ | Injektionslösung |
Intratumoral | — | „in einen Tumor“ | Injektionslösung |
Intravasal | — | „in ein Gefäß“ | Infusions-/Injektionslösung |
Intravenös | (i.v.) | „in die Vene“ | Infusion-/Injektionslösung |
— | „in die Harnblase“ | ||
Konjunktival | — | „auf die Bindehaut“ | Augentropfen, Augensalbe |
Kutan | — | „auf die Haut“ | Salben, Cremes, Gele |
Oral, Per os | (p.o.) | „über den Mund“ | — |
Parenteral | — | „unter Umgehung des Darmes“ | — |
Peridural | — | „in den Peri-/Epiduralraum“ | Injektionslösung |
Perineural | — | „um einen Nerv herum“ | Injektionslösung |
Perkutan | — | „durch die Haut hindurch“ | Injektionslösung , Salben, Creme |
— | „in das Rektum“ | Suppositorien (Zäpfchen), Klistiere | |
Subkutan | (s.c.) | „unter die Haut“ | Injektionslösung |
(s.l.) | „unter die Zunge“ | Schmelztabletten, Lösung, Spray | |
— | „örtlich“, „äußerlich“ | Salben, Cremes, Gele, Nasentropfen, Augentropfen | |
Transdermal | — | „über die Haut“ | Transdermalpflaster Salben, Cremes |
Vaginal | — | „in die Vagina“ | Zäpfchen, Salben |