Zusammenfassung
Stress kommt zustande, wenn ein Ungleichgewicht zwischen äußeren Anforderungen und persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten besteht. Im Folgenden werden sowohl die physiologischen als auch die psychischen Reaktionen auf Stress vorgestellt. Hierbei wird insbesondere auf die verschiedenen Stressmodelle Bezug genommen, die sich allesamt mit der Entstehung von Stress und der Reaktion des Menschen auf Stress beschäftigen.
Begriffe
- Definition von „Stress“: Ungleichgewicht zwischen äußeren Anforderungen (Stressoren) und persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten
- Eustress: Die Anforderungen können bewältigt werden und werden positiv wahrgenommen
- Disstress: Die Anforderungen können nur schwer bewältigt werden und werden als Belastung wahrgenommen
- Trennungsdisstress: Depressivität und das Gefühl von Hilflosigkeit nach Trennungen
- Stresszustand: Besteht aus zwei Komponenten
- Stressor: Reiz, der eine Anforderung darstellt
- Umweltstressoren: Bspw. hohe Leistungsanforderung durch das Umfeld
- Psychische Stressoren: Bspw. Zeitdruck, Reizüberflutung, hohe eigene Leistungsanforderung, kritische Lebensereignisse
- Physische Stressoren: Bspw. Krankheit, Schlafmangel
- Stressreaktion: Spezifische Anpassungsreaktion auf den Stressor
- Stressor: Reiz, der eine Anforderung darstellt
- Diathese (Vulnerabilität): Individuelle Empfindlichkeit gegenüber Stressoren
- Diathese-Stress-Modell: Krankheiten entstehen durch eine Interaktion zwischen der Diathese und Stressoren
Endogene Opioide bei sozialen Bindungen
Endogene Opioide sind vom Körper produzierte Opioide (z.B. Endorphine), die die positiven Empfindungen bei sozialen Beziehungen auslösen. Diese Gefühle lassen sich durch exogene Opioide auch künstlich und ohne den Kontakt zu anderen Menschen hervorrufen, weshalb sich opioidabhängige Menschen häufig von ihren Mitmenschen zurückziehen. Aufgrund der positiven Wirkung endogener Opioide mildern sie zudem negative Gefühle wie Trennungsdisstress.
Reaktion auf Stress
Stress als Ungleichgewicht zwischen äußeren Anforderungen und persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten ruft sowohl physiologische als auch psychische Reaktionen hervor. Mit den Zusammenhängen zwischen physiologischen und psychischen Vorgängen beschäftigt sich die Psychophysiologie als Teilgebiet der Psychologie. Im Folgenden werden die verschiedenen Anpassungsreaktionen an Stress vorgestellt und insbesondere Bezug auf einige "Stressmodelle" genommen.
Physiologische Reaktion auf Stress
Der Körper reagiert auf Stress mit der Ausschüttung verschiedener Hormone (bspw. Glucocorticoide, Katecholamine, Schilddrüsenhormone) sowie einer Aktivierung des Sympathikus.
- Homöostase-Allostase-Modell: Durch Anpassungsreaktionen bzw. eine Sollwertverschiebung (Allostase) kann das Gleichgewicht zwischen Individuum und Umwelt (sog. Homöostase) aufrecht erhalten werden. Die physiologischen Veränderungen (z.B. erhöhter Cortisolspiegel) als Reaktion auf Stress sind kurzfristig nötig und hilfreich, um adäquat auf Reize reagieren zu können. Bei länger anhaltendem Stress können sich die veränderten physiologischen Vorgänge jedoch negativ auf die Gesundheit auswirken und somatische Schädigungen zur Folge haben .
Aktivations- und Bewusstseinszustände
Je nachdem welcher Situation ein Mensch ausgesetzt ist, befindet sich sein Körper auf unterschiedlichen Aktivierungsniveaus. So erfolgt bspw. auf einen neuen, unvermuteten Reiz hin eine Orientierungsreaktion des Körpers, das Aktivierungsniveau steigt an und der Körper ist (idealerweise) bereit, auf den Reiz zu reagieren. Das Aktivierungsniveau hat somit Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Organismus. Der genaue Zusammenhang zwischen Aktivierung und Leistung wird anhand der Yerkes-Dodson-Regel beschrieben.
- Orientierungsreaktion
- Richten der Konzentration auf einen neuen, unvermuteten Reiz, um auf ihn reagieren zu können
- Elemente der Orientierungsreaktion :
- Anstieg von Herz- und Atemfrequenz
- Anstieg des Blutdrucks
- Anstieg der Muskelspannung
- Anstieg der Lidschlagfrequenz
- Periphere Vasokonstriktion und zentrale Vasodilatation
- Pupillendilatation
-
Abnahme des Hautwiderstandes, Erhöhung der Hautleitfähigkeit (Hautwiderstand = Kehrwert der Hautleitfähigkeit)
- Objektivierbar durch Messung der elektrodermalen Aktivität (EDA)
- Erniedrigung der Reizschwelle
- Betawellen im Elektroenzephalogramm (EEG): Alphablockade
- Yerkes-Dodson-Regel
- Beschreibt den Zusammenhang zwischen Aktivierung und Leistung
- Die Leistungsfähigkeit ist bei mittlerer Aktivierung ideal
- Bei geringerer oder höherer Aktivierung lässt die Leistungsfähigkeit nach
Stressmodelle
Es existieren verschiedene Modelle und Konzepte, die sich mit der Entstehung von Stress und der Reaktion des Menschen auf Stress beschäftigen. Im Folgenden wird eine Auswahl vorgestellt.
Transaktionales Stressmodell (Coping-Modell) nach Lazarus
Nach dem transaktionalen Stressmodell des amerikanischen Psychologen Richard Lazarus aus den 1970er Jahren entsteht Stress nicht allein durch einen Reiz, sondern erst durch die Bewertung und Deutung der Situation, in der der Reiz erfolgt ist. Das Modell wird in vier Phasen eingeteilt, wobei während der ersten drei Phasen der eigentliche Bewältigungsversuch (= Coping) erfolgt.
Coping-Modell nach Lazarus | ||
---|---|---|
Phase | Vorgang | |
1. Primäre Bewertung | Schnelle Beurteilung, ob das Ereignis positiv/negativ, relevant/irrelevant oder sogar bedrohlich ist | |
2. Sekundäre Bewertung | Einschätzung der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten | |
3. Coping | Bewältigung der Situation | |
4. Neubewertung | Erneute Prüfung der Situation nach der Ausführung der eigenen Bewältigungsversuche |
Stress entsteht erst, wenn das Ereignis als relevant negativ oder bedrohlich eingeschätzt wird und die eigenen Bewältigungsmöglichkeiten als unzureichend empfunden werden!
Allgemeines Adaptationssyndrom (AAS) von Selye
Das AAS beschreibt die physiologische Reaktion auf Stressoren. Es geht davon aus, dass die Reaktion, unabhängig von der Art des Stressors, immer dieselbe ist.
Phasen der Adaptation nach Selye | ||
---|---|---|
Phasen | Eintritt | Physiologische Reaktion |
1. Alarmphase |
|
|
2. Widerstandsphase |
|
|
3. Erschöpfungsphase |
|
|
Psychoendokrines Stressmodell nach Henry
Nach dem psychoendokrinen Stressmodell kann Stress verschiedene Emotionen herbeiführen, die zu unterschiedlichem Verhalten mit bestimmten endokrinen Reaktionsmustern führen.
Reaktionsmuster nach Henry | ||
---|---|---|
Emotion | Verhalten | Endokrines Reaktionsmuster |
Ärger/Wut |
| |
Angst |
| |
|
Weitere Konzepte
- Konzept der Reaktionsspezifität: Beschreibt, wie Menschen auf Stress reagieren
- Individualspezifische Hypothese: Menschen reagieren auf verschiedene Reize (Stressoren) immer spezifisch mit der selben Antwort, die jedoch interindividuell verschieden sein kann
- Reizspezifische Hypothese: Bestimmte Stressoren lösen bei verschiedenen Menschen die gleiche Reaktion aus
- Konzept kritischer Lebensereignisse: Lebensveränderungen negativer oder positiver Art erfordern eine Anpassungsleistung
- Objektive Messung der Belastung mithilfe der Social Readjustment Scale
- Psychosoziale Schutzfaktoren helfen kritische Lebensereignisse zu überstehen, psychosoziale Risikofaktoren erschweren die Bewältigung
Wiederholungsfragen zum Kapitel Stressmodelle
Begriffe
Was versteht man unter „Diathese“ oder „Vulnerabilität“?
Welche vom Körper produzierten Neurotransmitter spielen eine wichtige Rolle bei der Schmerz- und Disstressverarbeitung?
Reaktion auf Stress
Was beschreibt das Homöostase-Allostase-Modell?
Was ist der Zweck einer sog. Orientierungsreaktion des Körpers? Nenne einige Beispiele, welche Parameter des Körpers sich hierbei wie verändern!
Was beschreibt die Yerkes-Dodson-Regel?
Nenne die vier Phasen des transaktionalen Stressmodells nach Lazarus und erkläre kurz, was in den jeweiligen Phasen passiert!