Zusammenfassung
Hormone sind an der Regulation einer Vielzahl von Vorgängen im Körper beteiligt, bspw. beim Stoffwechsel, der Fortpflanzung oder dem Wachstum. Schon sehr niedrige Hormon-Konzentrationen im Blut reichen aus, um die Wirkungen an den Zielorganen zu vermitteln, die über den Blutkreislauf erreicht werden. Dieses Kapitel soll einen groben Überblick über die verschiedenen Hormongruppen und ihren Stoffwechsel geben.
Prinzipien der extrazellulären Signalübertragung
Extrazelluläre Signalübertragung erfolgt durch die Sekretion von Faktoren, die über Rezeptoren an eine Empfängerzelle oder u.U. an die sezernierende Zelle selbst binden. Diese Faktoren können z.B. Hormone, Zytokine oder Neurotransmitter sein. Auf diese Weise können Signale sowohl zwischen benachbarten als auch zwischen im Körper weit voneinander entfernten Zellen vermittelt werden.
Ablauf der extrazellulären Signalübertragung
Die Übermittlung eines Signals von Zelle zu Zelle durch ein extrazelluläres Signalmolekül erfolgt in verschiedenen Schritten:
- Signalentstehung: Sekretion des Signalmoleküls und Transport zur Zielzelle
- Signalaufnahme: Bindung an den Rezeptor
- Signalkaskade: Umwandlung des extrazellulären in ein intrazelluläres Signal, z.B. durch Second Messenger
- Signalverarbeitung: Zielwirkung, z.B. Genexpression, Aktivierung von Proteinen usw.
Sekretionsmodi
Bei der Ausschüttung von extrazellulären Signalmolekülen wird zwischen drei Formen unterschieden.
Überblick über die Sekretionsmodi von extrazellulären Signalmolekülen | ||
---|---|---|
Sekretionsmodus | Mechanismus | Beispiel |
Endokrin | Hormon erreicht seine Zielzelle über den Blutstrom | Schilddrüsenhormone |
Parakrin | Diffusion des Signalstoffs von der sezernierenden zu einer benachbarten Zelle | Somatostatin |
Autokrin | Signalstoff wirkt auf die sezernierende Zelle selbst oder auf benachbarte Zellen des gleichen Typs | Interleukin 2 (IL-2) |
Einteilung der Hormone
Um einen Überblick über die sehr heterogene Gruppe der Hormone zu bekommen, betrachten wir hier die verschiedenen Klassifikationen. Um die Speicher-, Sekretions- und molekularen Wirkmechanismen eines Hormons zu verstehen, sind Kenntnisse über seine Eigenschaften, v.a. seine Wasserlöslichkeit, sehr hilfreich.
Definition der Hormone
Hormone sind chemische Signalstoffe verschiedener Stoffklassen, die in spezialisierten Zellen oder endokrinen Drüsen gebildet werden und mit dem Blut zu spezifischen Zielzellen transportiert werden. Dort regulieren sie zahlreiche metabolische und physiologische Parameter, wie z.B. Blutzucker, Osmolarität oder den Elektrolythaushalt.
Einteilung nach Entstehungsort
Hormone lassen sich nach ihrem Entstehungsort grob in glanduläre und aglanduläre Hormone einteilen, die wiederum anhand ihrer chemischen Struktur der Hormone unterteilt werden. Während die Zytokine bspw. stets kleine Polypeptide sind, sind andere Hormone unterschiedlichen Substanzklassen zuzuordnen. Auf die wichtigsten Substanzklassen wird im Folgenden genauer eingegangen. Für die Biochemie der Zytokine siehe: Gewebshormone als Entzündungsmediatoren und Wachstumsfaktoren.
- Glanduläre Hormone: Bildung in endokrinen Drüsen (lat. "glandulae"), z.B. Schilddrüsenhormone, Nebennierenrindenhormone usw.
- Aglanduläre Hormone : Bildung in endokrinen Zellen oder Zellgruppen, die keiner Drüse angehören, z.B. Hormone der endokrinen Zellen des Gastrointestinaltraktes (Gastrin, Serotonin, Cholecystokinin) und die hypothalamischen Hormone (z.B. Releasing- und Inhibiting-Hormone des Hypothalamus, ADH, Oxytocin)
Einteilung nach chemischer Struktur
Die chemische Struktur ist ausschlaggebend für die biochemischen Eigenschaften eines Hormons.
- Peptid-/Proteohormone: Derivate von Peptiden und Proteinen, z.B. Insulin, Glucagon, Prolactin
- Aminosäurederivate: Abkömmlinge einer einzelnen Aminosäure (ohne Peptidbindung), z.B. Katecholamine, Thyroxin
- Steroidhormone: Cholesterinabkömmlinge, z.B. Cortisol, Aldosteron
Einteilung nach biochemischen Eigenschaften
Die Wasserlöslichkeit eines Hormons oder einer hormonähnlichen Substanz ist maßgeblich entscheidend für seine Ausschüttung ins Blut, den Transport zum Zielorgan, sein Wirkprinzip, seine Halbwertszeit und seinen Abbau. Man unterscheidet:
- Hydrophile Hormone: Peptid-/Proteohormone und die meisten Aminosäurederivate (Ausnahme: Schilddrüsenhormone)
- Lipophile Hormone: Steroidhormone und Schilddrüsenhormone
- Transport aufgrund der Lipophilie an Plasmaproteine gebunden → Löslichkeit im Blut↑ und Halbwertszeit↑
Mediatoren (Gewebshormone)
Die Mediatoren werden von Zellen in verschiedensten Geweben produziert. Im Gegensatz zu den meisten anderen Hormonen werden sie nicht endokrin, sondern parakrin sezerniert und wirken dadurch vorwiegend lokal. Aus diesem Grunde nehmen sie eine Sonderstellung zwischen den Hormonen ein. Die Gruppe der Mediatoren umfasst Signalstoffe unterschiedlicher Substanzklassen:
- Biogene Amine: Bspw. Histamin, Serotonin
- Eicosanoide (Arachidonsäurederivate): Bspw. Prostaglandine, Leukotriene, Thromboxan A2
- Gase: Bspw. Stickstoffmonoxid (NO)
- Polypeptide: Bspw. Zytokine
Übersicht über den Hormonstoffwechsel
Viele Eigenschaften eines Hormons bezüglich seiner Synthese, Speicherung oder Sekretion ins Blut lassen sich von seiner Wasser- bzw. Fettlöslichkeit ableiten. Diese hängt von der chemischen Struktur der Hormone ab, weshalb im Folgenden jeweils der Stoffwechsel der drei großen Gruppen aufgeführt wird. Peptidhormone und Aminosäurederivate sind typischerweise hydrophil (Ausnahme: Schilddrüsenhormone!), während die Steroide als Cholesterinabkömmlinge lipophil sind. Hydrophile Hormone können auf Vorrat in Vesikeln gespeichert und bei Bedarf in die Blutbahn abgegeben werden, wo sie eine deutlich kürzere Halbwertszeit als Steroidhormone besitzen, wohingegen die Steroidhormone bei Bedarf direkt gebildet werden.
Synthese, Speicherung, Sekretion, Transport und Wirkprinzip
- Peptid-/Proteohormone
- Ablauf der Synthese
- Synthese am rauen endoplasmatischen Reticulum
- Modifikation im Golgi-Apparat
- Speicherung: In sekretorischen Vesikeln
- Sekretion: Extrazellulärer Stimulus → Fusion der Vesikel mit der Plasmamembran → Ausschüttung ins Blut
- Transport im Blut: Freier Transport im Blut
- Wirkprinzip: Binden an membranständige Rezeptoren
- Halbwertszeit: Wenige Minuten bis Stunden
- Ablauf der Synthese
- Aminosäurederivate
- Synthese: Biosynthese in wenigen Schritten aus einer Aminosäure
- Speicherung: In sekretorischen Vesikeln
- Sekretion: Extrazellulärer Stimulus → Fusion der Vesikel mit der Plasmamembran → Ausschüttung ins Blut
- Transport: Freier Transport im Blut
- Wirkprinzip: Binden an membranständige Rezeptoren (Ausnahme: Schilddrüsenhormone, diese wirken wie Steroidhormone über intrazelluläre Rezeptoren)
- Halbwertszeit: Unterschiedlich, bspw.:
- Katecholamine: Minuten
- Schilddrüsenhormone: Durch Bindung an TBG und Albumin mehrere Tage
- Steroidhormone
- Aufbau: Sterangerüst (C17H28) aus drei C6-Ringen und einem C5-Ring
- Synthese: Direkte Synthese bei Bedarf in den Mitochondrien und am glatten endoplasmatischen Retikulum anstelle von Speicherung in Vesikeln
- Sekretion: Diffusion durch die Plasmamembran in Extrazellulärraum und Blut
- Transport: An Plasmaproteine gebunden
- Wirkprinzip: Diffundieren durch die Lipidmembran, binden an intrazelluläre Rezeptoren und wirken so v.a. auf die Transkription
- Halbwertszeit: Stunden
- Beispiele: Glucocorticoide, Mineralocorticoide und Geschlechtshormone
Hydrophile Hormone (z.B. Katecholamine) können in Vesikeln gespeichert und bei Bedarf ausgeschüttet werden. Lipophile Hormone (z.B. Steroidhormone der Nebennierenrinde) werden bei Bedarf erst synthetisiert!
Die Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin bilden unter den Aminosäurederivaten eine Ausnahme. Zwar werden sie aus der hydrophilen Aminosäure Tyrosin gebildet, durch die Syntheseschritte erhalten sie jedoch lipophilen Charakter. Sie werden daher im Blut an Albumin gebunden transportiert, wodurch sie eine wesentlich längere Halbwertszeit als die anderen Aminosäurederivate haben!
Regulation
Die Bildung und/oder Ausschüttung der Hormone unterliegt komplexen Regelkreisläufen. Diese werden jeweils bei den hormonbildenden Organen selbst aufgeführt!
Abbau
Die Hormone werden je nach chemischer Struktur, bzw. biochemischen Eigenschaften unterschiedlich abgebaut.
- Peptid-/Proteohormone: Proteolytischer Abbau, v.a. in der Leber und Niere
- Steroidhormone und Schilddrüsenhormone: Biotransformation in der Leber und Ausscheidung mit der Galle
- Katecholamine: Enzymatischer Abbau und Ausscheidung mit dem Urin
Wiederholungsfragen zum Kapitel Allgemeine Hormoneigenschaften
Erläutere die Mechanismen der endokrinen, parakrinen und autokrinen Sekretion und nenne jeweils ein Beispiel für Signalmoleküle, die über den jeweiligen Mechanismus wirken!
Was sind Hormone und wie lassen sie sich bezüglich ihres Entstehungsortes, ihrer chemischen Struktur und ihrer biochemischen Eigenschaften einteilen?
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.