Zusammenfassung
Die Gallenblase ist ein birnenförmiges Organ und liegt der Leber dorsal an. Sie speichert die von der Leber gebildete Galle, dickt sie weiter ein und gibt sie bei Bedarf über den Ductus choledochus ins Duodenum ab. Die Galle ist ein leicht alkalisches, zähflüssiges Sekret, welches hauptsächlich aus Wasser, Gallensäuren, Phospholipiden und Cholesterin besteht. Sie dient vor allem der Neutralisierung des sauren Speisebreis, der aus dem Magen ins Duodenum gelangt und ist außerdem unerlässlich für die Fettverdauung: Die amphiphilen Gallensäuren bilden im Darmlumen Mizellen mit Monoacylglycerinen, freien Fettsäuren, fettlöslichen Vitaminen und Cholesterin und transportieren diese so zu den Enterozyten. Nur in dieser Form können apolare Substanzen resorbiert werden. Die Gallensäuren selbst werden im Rahmen des enterohepatischen Kreislaufs im terminalen Ileum resorbiert und gelangen zurück zur Leber.
Die Zusammensetzung der Galle hat besondere klinische Relevanz: Überwiegen nämlich die unlöslichen Bestandteile (bspw. das Cholesterin), können diese als sog. Gallensteine ausfallen. Das entstehende Krankheitsbild (Cholezystolithiasis) kann mit einer Entzündung der Gallenblase einhergehen (Cholezystitis), was dazu führt, dass die Gallenblase operativ entfernt werden muss (Cholezystektomie). Es ist die häufigste Operation in der Viszeralchirurgie.
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Gallenblase
Die Gallenblase ist ein intraperitoneales Organ, das die in der Leber gebildete Gallenflüssigkeit speichern und bei Bedarf freisetzen kann.
Steckbrief und makroskopische Anatomie der Gallenblase
- Funktion: Speicherung, Eindickung und Freisetzung der Galle
- Lage: Intraperitoneal
- Form: Birnenförmig
- Volumen: Ca. 70 mL
- Gliederung: Hals (Kollum), Körper (Korpus) und Grund (Fundus)
Topografie
- Lage: In der Fossa vesicae biliaris auf der Facies visceralis der Leber
- Lagebeziehungen
- Kollum: Liegt ventral der Pars superior duodeni
- Korpus: Steht in Kontakt zur Flexura colica dextra
- Fundus: Ragt rechts des Lig. falciforme hepatis auf Höhe der 9. Rippe unter dem Unterrand der Leber hervor
Blutversorgung und Innervation der Gallenblase
- Blutversorgung
- A. cystica: Entspringt der A. hepatica dextra
- Vv. cysticae: Münden im Lig. hepatoduodenale in die V. portae
- Innervation
- Sympathische, parasympathische und sensible Innervation (Schmerzfasern) aus dem Plexus hepaticus
- Zusätzliche Schmerzfasern laufen im N. phrenicus dexter aus dem Plexus cervicalis
Die Innervation durch den N. phrenicus hat zur Folge, dass Schmerzen der Gallenblase auch in die rechte Schulter übertragen werden können (siehe „übertragener Schmerz“, Dermatom C4)!
Cholezystitis
Ein Gallensteinleiden (Cholezystolithiasis ) kann zu einer Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis ) führen. Eine Cholezystitis macht sich neben Fieber auch mit Schmerzen im rechten Oberbauch bemerkbar, die in die rechte Schulter ausstrahlen können. Der Nachweis gelingt i.d.R. mittels Sonografie, bei der die entzündlich verdickte Gallenblasenwand sowie die meist ursächlichen Gallensteine dargestellt werden können.
Cholezystektomie
Da die Gallenblase kein lebenswichtiges Organ ist, kann sie bei schweren oder rezidivierenden Gallensteinleiden entfernt werden.
Murphy-Zeichen und Courvoisier-Zeichen
Aufgrund ihrer Lage ist die Gallenblase, wie auch der Leberrand, bei der klinischen Untersuchung unter dem rechten Rippenbogen tastbar. Allerdings hebt sie sich nur vom Leberrand ab, wenn sie im Rahmen von krankhaften Prozessen vergrößert ist. Bei Entzündungen ist die Palpation schmerzhaft (Murphy-Zeichen ), bei einem Tumor der Gallenblase stellt sich diese prall-elastisch, aber schmerzlos dar (Courvoisier-Zeichen).
Mikroskopische Anatomie der Gallenblase
- Die Wand der Gallenblase ist mit Schleimhaut ausgekleidet, die je nach Füllungszustand hohe Falten und Krypten (sog. Rokitansky-Aschoff-Krypten) bildet
- Wandaufbau
- Tunica mucosa („Mukosa“): Einschichtig zylindrisches Epithel mit Mikrovilli , Lamina propria
- Tunica muscularis („Muskularis“): Scherengitterartig angeordnete Züge glatter Muskulatur
- Tela subserosa („Subserosa“): Bindegewebige Schicht, die zwischen der Serosa und der Tunica muscularis liegt und diese gegeneinander verschieblich macht
- Tunica serosa („Serosa“): Auf der der Bauchhöhle zugewandten Seite
- Tunica adventitia („Adventitia“): Bedeckt die Gallenblase auf der der Leber zugewandten Seite
Histo-Trainer Leber und Gallenblase
Gallenwege
Die Gallenwege sind das kanalikuläre System, das die von den Hepatozyten produzierte Galle auf ihrem Weg von der Leber ins Duodenum durchläuft . Man unterscheidet intra- und extrahepatische Gallenwege.
Intrahepatische Gallenwege
- Definition: Gallenwege innerhalb der Leber bis zur Leberpforte
- Weg der Galle
- Canaliculi biliferi
- Hering-Kanälchen: Kurze Verbindungsstücke an der periportalen Randzone des Leberläppchens
- Ductuli biliferi interlobulares: Gallengänge der Glisson-Trias, die zwischen den Läppchen verlaufen und mit einem einschichtigen, isoprismatischen Epithel ausgekleidet sind
- Ductus hepaticus dexter und Ductus hepaticus sinister
Extrahepatische Gallenwege
- Definition: Gallenwege von der Leberpforte bis zum Duodenum
- Bestandteile
- Ductus hepaticus communis: Entsteht durch Vereinigung des Ductus hepaticus dexter et sinister und verlässt die Leber durch die Leberpforte, teilt sich dann in Ductus cysticus und Ductus choledochus
- Ductus cysticus: Zweigt vom Ductus hepaticus communis ab und leitet die Galle in die Gallenblase
- Heister-Klappe: Spiralförmige Verschlussfalte im Ductus cysticus
- Ductus choledochus: Fortsetzung des Ductus hepaticus communis nach Abgang des Ductus cysticus
- Zieht im Lig. hepatoduodenale zum Duodenum
- Tritt in den Pankreaskopf ein und vereinigt sich mit dem Ductus pancreaticus, um dann ins Duodenum zu münden
- Ist ausgekleidet mit einschichtigem, prismatischem Epithel und enthält muköse Drüsen
- Mündung: Papilla duodeni major (Papilla Vateri): Kleine Erhebung mit einem Schließmuskel (M. sphincter Oddi) in der Pars descendens des Duodenums
- M. sphincter Oddi: Ringmuskel, der durch seinen Kontraktionszustand den Gallefluss aus dem Ductus choledochus und dem Ductus pancreaticus ins Duodenum reguliert
- Ductus cysticus: Zweigt vom Ductus hepaticus communis ab und leitet die Galle in die Gallenblase
- Ductus hepaticus communis: Entsteht durch Vereinigung des Ductus hepaticus dexter et sinister und verlässt die Leber durch die Leberpforte, teilt sich dann in Ductus cysticus und Ductus choledochus
- Calot-Dreieck: Anatomischer Raum, gebildet durch Ductus hepaticus communis, Ductus cysticus und Leberrand, der die A. cystica beherbergt
Die Galle fließt zunächst durch den Ductus hepaticus und den Ductus cysticus in die Gallenblase, wo sie gespeichert und eingedickt wird. Beim Einsetzen des Verdauungsvorganges kontrahiert sich die Gallenblase und die Galle kann über den Ductus choledochus ins Duodenum abfließen!
Choledocholithiasis
Gallensteine können auch in den Gallenwegen entstehen (oder aus der Gallenblase dorthin gelangen). Anders als das Vorliegen von Steinen in der Gallenblase (Cholecystolithiasis genannt) bezeichnet man das Leiden dann als Choledocholithiasis. Ein beeinträchtigter Abfluss der Galle führt zu einem Rückstau. Dadurch können viele Substanzen nicht mehr ausgeschieden werden. Laborchemisch zeigt sich ein Anstieg der sog. Cholestaseparameter (alkalische Phosphatase, γGT und direktes Bilirubin), klinisch kann sich eine Gelbfärbung der Haut durch Bilirubin-Ablagerungen zeigen (sog. Ikterus).
Biliäre Pankreatitis
Im Rahmen von Gallenwegserkrankungen (wie z.B. der Choledocholithiasis oder Gallengangsstenosen) kommt es häufig zu einem Gallestau, auch innerhalb des Pankreas. Die in der Galle enthaltenen Gallensäuren können das Pankreasepithel schädigen. Zusätzlich kann es zu einer Freisetzung und Aktivierung der Pankreasenzyme kommen, was zu einer „Selbstverdauung“, also zur Zersetzung von Pankreasgewebe führt. Eine Folge ist die akute Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse), die dann als biliäre Pankreatitis bezeichnet wird. Die biliäre Pankreatitis ist die häufigste Form der Pankreatitiden (45%).
Die Galle
Die Galle ist eine zähe, leicht alkalische Körperflüssigkeit gelblich-grüner Farbe, die in der Leber gebildet wird und eine wichtige Rolle in der Fettverdauung und der Ausscheidung von schwer löslichen Stoffen spielt.
Funktion, Bildung und Transport der Galle
- Funktion der Galle
- Neutralisierung des stark sauren Verdauungsbreis, der aus dem Magen ins Duodenum gelangt
- Fettverdauung: Die in der Galle enthaltenen Gallensäuren bilden Mizellen mit nicht-wasserlöslichen Fettbestandteilen wie Triacylglyceriden, Fettsäuren und Steroiden und machen sie damit im Verdauungstrakt löslich und resorbierbar
- Ausscheidung nicht-wasserlöslicher Produkte wie Cholesterin, Bilirubin und vieler Medikamente sowie deren Stoffwechselprodukte
- Bildung der Galle: Erfolgt in den Hepatozyten
- Menge: Ca. 700 mL/Tag
- Zusammensetzung
- Wasser (ca. 80%)
- Gallensäuren (ca. 10–15%)
- Lecithin und andere Phospholipide (ca. 5%)
- Cholesterin (ca. 1%)
- Abbauprodukte der Leber (insb. Bilirubin ) (ca. 1%)
- Speicherung und Ausschüttung der Galle
- Hepatozyten geben die Galle direkt in die apikal gelegenen Canaliculi biliferi ab
- Modifikation der Galle durch Gallengangsepithelzellen u.a. durch
- Sekretion osmotisch wirksamer Substanzen (z.B. Bicarbonat über Cl-/HCO3--Antiporter)
- Passiver Einstrom von Wasser in die Galle
- Transport erfolgt über die intrahepatischen und einen Teil der extrahepatischen Gallenwege zur Gallenblase
- Gallenblase: Speichern und Eindicken der Galle → Durch Wasser- und NaCl-Entzug wird die Galle hier auf etwa 10% ihres Volumens reduziert.
- Ausschüttungsreize: Cholecystokinin (CCK) und eine erhöhte Aktivität des Parasympathikus führen zu einer Kontraktion der Gallenblase mit Entleerung der Galle in den Ductus choledochus
- Transport: Über den Ductus choledochus zum Duodenum
Gallensäuren und Gallensäuresynthese
Die Gallensäuren sind ein wichtiger Bestandteil der Galle und dienen der Fettverdauung und -resorption. Aufgrund ihrer amphiphilen Eigenschaften bilden sie gemischte Mizellen: in den Gallengängen u.a. mit hydrophobem Cholesterin, im Darmlumen mit hydrophoben Nahrungsbestandteilen wie Monoacylglycerinen, freien Fettsäuren, fettlöslichen Vitaminen und Cholesterin (und transportieren diese so zu den Enterozyten).
- Primäre Gallensäuren (z.B. Cholsäure und Chenodesoxycholsäure): Werden in den Hepatozyten aus Cholesterin synthetisiert, wodurch sie ihre lipophilen Eigenschaften erhalten, und anschließend mit Taurin (ein Derivat des Cysteins) und Glycin konjugiert, die ihnen hydrophile Eigenschaften verleihen
- Grundstruktur der Gallensäuren: Sterangerüst , bei dem die Ringe A und B cis-verknüpft sind und am C3-Atom eine Hydroxylgruppe sitzt
- Synthese der Cholsäure aus Cholesterin
- Hydroxylierung des Cholesterins an Position 7α durch die Cholesterol-7α-Hydroxylase (geschwindigkeitsbestimmender Schritt) im glatten endoplasmatischen Reticulum
- Hydroxylierung an Position 12α
- Isomerisierung und Oxidation zu Trihydroxycoprostanat
- Durch Verkürzen der Seitenkette (analog zur β-Oxidation) entsteht Cholsäure
- Aktivierung der Cholsäure zu Cholyl-CoA (unter ATP-Verbrauch)
- Hepatische Konjugation mit Taurin (Taurocholsäure) oder Glycin (Glycocholsäure)
- Abgabe von Taurocholsäure und Glycocholsäure in die Canaliculi biliferi
- Sekundäre Gallensäuren: Entstehen im Darm durch die Enzyme anaerober Bakterien aus den primären Gallensäuren
- Ablauf
- Abspaltung von Taurin und Glycin
- Abspaltung einer Hydroxylgruppe
- Beispiele: Desoxycholsäure, Lithocholsäure
- Ablauf
- Enterohepatischer Kreislauf
- Die Gallensäuren werden nicht vollständig mit den Fäzes ausgeschieden, sondern größtenteils im terminalen Ileum durch einen Na+-Symport sekundär-aktiv resorbiert und über die Pfortader wieder der Leber zugeführt.
- In der Leber gelangen die resorbierten Gallensäuren aus den Sinusoiden über den Disse-Raum durch einen sekundär aktiven Na+-Symport zurück in die Hepatozyten
Sowohl die primären als auch die sekundären Gallensäuren werden fast vollständig im terminalen Ileum rückresorbiert und durchlaufen den enterohepatischen Kreislauf!
Wiederholungsfragen zum Kapitel Gallenblase und Galle
Gallenwege
Beschreibe den Weg der Galle durch die intrahepatischen Gallenwege!
Mit welchem Epithel sind die Ductuli biliferi interlobulares ausgekleidet?
Wie wird die Entleerung der Gallenblase bei erhöhtem intraabdominellen Druck verhindert?
Warum kommt es bei einem beeinträchtigten Abfluss der Galle zu einer Gelbfärbung der Haut (Ikterus)?
Wo mündet der Ductus choledochus ins Duodenum?
Galle
Welche Rolle spielt die Galle bei der Fettverdauung?
Was geschieht in der Gallenblase mit der Galle?
Beschreibe grob das Prinzip der Synthese der primären Gallensäuren! Nenne mindestens ein Beispiel einer primären Gallensäure!
Beschreibe die Grundstruktur der Gallensäuren! Welches ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ihrer Synthese und wo findet dieser statt?
Was sind sekundäre Gallensäuren? Nenne ein Beispiel!
Was geschieht mit den Gallensäuren im Darm?
Wie gelangen die Gallensäuren nach Resorption im Darm zurück in die Hepatozyten?
Welche Funktion hat Cholezystokinin (CCK)?
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.
Meditricks
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Galle
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