Zusammenfassung
Die Bereitstellung eines Zugangs zu betriebsärztlichen Untersuchungen oder einem arbeitsmedizinischen Dienst ist mit wenigen Ausnahmen für alle Unternehmen verpflichtend. Zu den betriebsärztlichen Aufgaben gehört die Beratung von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen, die Ermittlung von Ursachen arbeitsbedingter Erkrankungen und die Untersuchung der Arbeitnehmer:innen (insb. bei gefährdender Tätigkeit). Berufsgenossenschaften hingegen sind als Körperschaften öffentlichen Rechts Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und übernehmen somit einerseits Kosten bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, erlassen andererseits zudem auch Unfallverhütungsvorschriften.
Zur Besprechung dieses Themenkomplexes gehört auch die Darstellung zentraler Bestimmungen insb. des Jugendschutzarbeits- und Mutterschutzgesetzes.
Betriebsarzt/-ärztin
- Voraussetzung: Fachärztliche Ausbildung in Arbeitsmedizin oder Arzt/Ärztin mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin
- Aufgaben nach Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
- Beratung und Aufklärung der Arbeitgeber:innen und -nehmer:innen bzgl. gesundheitlicher Aspekte des Arbeitsplatzes
- Regelmäßige Arbeitsplatzbegehung, Überprüfung der korrekten Schutzanwendungen
- Ermittlung von Ursachen arbeitsbedingter Erkrankungen
- Organisation der Ersten Hilfe
- Untersuchung der Arbeitnehmer:innen
- Wunschuntersuchungen sind zu ermöglichen
- Pflichtuntersuchungen sind bei hoher Gefährdung zwingend
- Angebotsuntersuchungen sind bei gefährdenden Tätigkeiten zu empfehlen
- Allgemeines
- Betriebsärzt:innen sind in der Anwendung ihrer Fachkunde weisungsfrei
- Alle Betriebe müssen betriebsärztliche Untersuchungen bzw. einen arbeitsmedizinischen Dienst bereitstellen (z.B. auch eine Arztpraxis)!
Betriebsärzt:innen dürfen eine festgestellte Arbeitsunfähigkeit (AU) von Beschäftigten nicht überprüfen!
Berufsgenossenschaften
- Definition
- Selbstverwaltende Körperschaften des öffentlichen Rechts
- Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (siehe: GUV)
- Art und Zahl sind gesetzlich festgelegt
- Erlassen Unfallverhütungsvorschriften
- Ziel: Verhütung von Arbeitsunfällen
- Rechtsverbindlich für die Arbeitgeber:innen
Arbeitsschutzgesetze
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Nach § 1, Absatz 1 dient das Gesetz dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern.
- Es stellt einen juristischen Rahmen für Arbeitgeber:innen dar, um ihren Beschäftigten Sicherheit und Gesundheitsschutz zu bieten
- Nach § 3 sind Arbeitgeber:innen für die Einhaltung des Arbeitsschutzes verantwortlich
- Nach § 5 haben Arbeitgeber:innen zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind
Kündigungsschutzgesetz
- § 1 Absatz 1: Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer oder einer Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
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Nach Absatz 2 sind Kündigungen unter strengen Auflagen nur zulässig bei
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Personenbedingter Kündigung: Meistens handelt es sich um Krankheitsfälle, wobei folgende Kriterien erfüllt sein müssen
- Negative Gesundheitsprognose
- Interessenbeeinträchtigung
- Interessenabwägung
- Verhaltensbedingter Kündigung: Bei Fehlverhalten (z.B. Alkoholkonsum am Arbeitsplatz)
- Betriebsbedingter Kündigung: Wegfall des Arbeitsplatzes aufgrund objektiv nachvollziehbarer Gründe (z.B. bei schwieriger wirtschaftlicher Lage des Unternehmens)
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Personenbedingter Kündigung: Meistens handelt es sich um Krankheitsfälle, wobei folgende Kriterien erfüllt sein müssen
- Krankheit schützt nicht vor Kündigung: Nach § 1 Absatz 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist eine Kündigung aus personenbedingten Gründen (meistens Krankheit) nicht sozial ungerechtfertigt und dementsprechend zulässig.
Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
- Definition: Regelt die gesetzlichen Hintergründe für Arbeitnehmer:innen und Auszubildende unter 18 Jahren
- Inhalte
- Verpflichtende ärztliche Erstuntersuchung vor Aufnahme der Arbeit
- Nachuntersuchung vor Ablauf des 1. Jahres sowie Mitteilung der Ergebnisse an die Eltern
- Eine ärztliche Bescheinigung, insb. mit Nennen von gefährlichen Tätigkeiten, muss ausgestellt werden
- Verboten
- Akkordarbeit (Bezahlung nach Arbeitsleistung), Untertagearbeit
- Arbeiten, die sittliche Gefahren mit sich bringen
- Umgang mit Gefahrstoffen
- Außergewöhnliche Belastungen (z.B. Hitze, Kälte)
- Arbeitszeit >40 Stunden/Woche bzw. >8 h/Tag
- Arbeit außerhalb der Zeitspanne von 6 bis 20 Uhr
- Beschäftigung von Kindern (d.h. <14 Jahre) – eine Ausnahme bildet bspw. die Mitarbeit in landwirtschaftlichen Familienbetrieben unter Einhaltung strenger Voraussetzungen
Lärmschutz und Vibrationsschutz
- Ab Tageslärmexpositionspegel von 80 dB(A) oder Spitzenpegel von 135 dB(C)
- Tragen von Gehörschutz muss ermöglicht sein
- Maßnahmen der Reduktion und Aufklärung
- Arbeitsmedizinische Vorsorge muss angeboten werden (Angebotsvorsorge)
- Ab Tageslärmexpositionspegel von 85 dB(A) oder Spitzenpegel von 137 dB(C)
- Tragen von Gehörschutz muss durchgeführt werden
- Arbeitsmedizinische Vorsorge muss durchgeführt werden (Pflichtvorsorge)
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Definition: Regelt allgemeine Anforderungen und Schutzziele zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Einrichtung und dem Betrieb von Arbeitsstätten
- Konkretisierung der Anforderungen in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (Arbeitsstättenregeln, ASR)
- Die Inhalte der früheren Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) wurden in die Arbeitsstättenverordnung integriert und umfassen u.a.
- Ergonomische Ausgestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes
- Regelmäßige Unterbrechung der Bildschirmarbeit durch Pausen oder andere Tätigkeiten (zur reduzierten Belastung der Augen, Vermeidung von Zwangshaltungen)
Mutterschutzgesetz (MuSchG)
- Allgemeines
- Schutzmaßnahmen müssen ergriffen werden
- Eine Schwangerschaft muss auf Verlangen per Attest belegt werden
- Für die Dauer der Beschäftigungsverbote gilt eine Entgeltfortzahlungspflicht
- Die letzten 6 Wochen vor Entbindung ist ein Weiterarbeiten freiwillig erlaubt, aber nicht verpflichtend
- Bis 8 Wochen nach Entbindung generelles Beschäftigungsverbot
- § 3, § 4, § 8 Beschäftigungsverbote: Beschäftigungsbeschränkungen bzw. -verbote gelten für eine Schwangere bei
- Gefährdung der Gesundheit von Mutter oder Kind, bestätigt durch ärztliches Attest
- Arbeitszeit >8,5 h/Tag
- Nachtarbeit (20–6 Uhr)
- Akkordarbeit bzw. Arbeiten mit gesteigertem Arbeitstempo und Fließarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo
- Bedienung von Geräten und Maschinen aller Art mit hoher Fußbeanspruchung
- Schälen von Holz
- Schweres Heben und Tragen
- Schadstoffe
- Umgang mit onkogenen und embryotoxischen Stoffen (z.B. Zytostatika)
- Ausgesetztsein gegenüber giftigen Stoffen (Grenzwert) oder schädigenden/belastenden äußeren Einwirkungen (Lärm, Hitze usw.)
- Ab dem 3. Schwangerschaftsmonat: Arbeit auf Beförderungsmitteln (z.B. Taxi)
- Ab dem 5. Schwangerschaftsmonat: Steharbeit >4 h/Tag
Arbeitgeber:innen müssen die Aufsichtsbehörden bei Kenntnis über das Vorliegen einer Schwangerschaft unverzüglich informieren!
Gefahrstoffverordnung
- Schutzmaßnahmen für chemische Stoffe
- Aufteilung nach Gefährlichkeit und Höhe der Exposition in vier Schutzstufen
- Angabe in Arbeitsplatzgrenzwert (AGW)
Gefährdungsbeurteilung
- Ziel
- Analyse der Tätigkeit, Gefährdung und Risikohöhe → Festlegung, Durchführung und Überprüfung von Arbeitsschutzmaßnahmen
- Berücksichtigt werden folgende Bereiche
- Technisch (z.B. Vermeidung toxischer Stoffe)
- Organisatorisch (z.B. Verringerung der Expositionszeit)
- Persönlich (z.B. Schutzbrille)
- Gesetzlich vorgeschrieben
- Aufklärung über die Gefahren
- Befolgung von Sicherheitsmaßnahmen
- Besondere Schutzgesetze für gefährdete Personen (Jugendliche, Schwangere)
Biostoffverordnung
- Regelung des Umgangs mit gefährlichem biologischem Material
- Sieht verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen vor