Zusammenfassung
Der Geburtsablauf stellt eine interdisziplinäre Herausforderung für Hebammen, ärztliches und pflegerisches Personal dar. Eine regelrechte Geburt verläuft in drei Phasen und beginnt mit den Eröffnungswehen, die die Eröffnungsperiode der Geburt einleiten. Die vollständige Eröffnung des Muttermundes markiert den Beginn der zweiten Phase, der sog. Austrittsperiode der Geburt, die mit der Geburt des Kindes endet. Die Nachgeburtsperiode schließt den Geburtsvorgang ab und endet mit der vollständigen Geburt der Nachgeburt (Plazenta). Mütterliche oder fetale Indikationen können eine künstliche Einleitung der Geburt notwendig machen. Ausführliche Informationen dazu finden sich im Kapitel Geburtseinleitung.
Zur Beurteilung des regulären Geburtsfortschritts sind die Beobachtung der Wehen und vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchungen essenziell. Während Senkwehen und Vorwehen eine beginnende Geburt ankündigen, gehören die Eröffnungswehen bereits zu den Geburtswehen, ebenso wie die nachfolgenden Austrittswehen. Nach Geburt des Kindes führen die Nachgeburtswehen zur Geburt der Plazenta.
Das Management im Kreißsaal umfasst neben der Versorgung der Mutter auch die Überwachung des Kindes unter der Geburt, bspw. mittels CTG oder Mikroblutuntersuchung. Unter der Geburt auftretende Komplikationen können Maßnahmen zur Geburtsunterstützung oder -beendigung erforderlich machen. Detaillierte Inhalte dazu, inkl. Ablauf der Sectio caesarea, finden sich im Kapitel Operative Geburtshilfe.
Nach der Geburt verbleiben Mutter und Neugeborenes noch für eine gewisse Zeit im Kreißsaal, wo auch mögliche Geburtsverletzungen versorgt werden und i.d.R. die Kindervorsorgeuntersuchung U1 erfolgt. Informationen zur weiteren Betreuung von Mutter und Kind nach der Geburt werden im Kapitel Wochenbett abgehandelt.
Regelrechter Geburtsablauf
Eröffnungsperiode [1][2]
- Definition: Geburtsphase vom Beginn muttermundwirksamer Eröffnungswehen bis zur vollständigen Öffnung des Muttermundes (MM)
- Frühe Eröffnungsperiode (Latenzphase): Zeitraum zwischen Beginn muttermundwirksamer Eröffnungswehen und MM 4–6 cm
- Späte Eröffnungsperiode (aktive Eröffnungsperiode): Zeitraum zwischen MM 4–6 cm bis MM vollständig
- Dauer: Ca. 3–12 h, abhängig von der Anzahl früherer Geburten
- Erstgebärende: Ca. 10–12 h
- Mehrgebärende: Ca. 3–8 h
- Wehen: Eröffnungswehen
- Vaginaler Befund
- Eröffnung des Muttermundes (MM) bis zur Vollständigkeit (ca. 10 cm)
- Verkürzung der Zervix (siehe auch: Bishop-Score)
- Ggf. Zeichnungsblutung („Zeichnen“)
- Regelrechter Blasensprung: Am Ende der Eröffnungsperiode
Austrittsperiode (veraltet: Austreibungsphase) [1][2][3]
- Definition: Zeitraum zwischen vollständiger Eröffnung des Muttermundes (MM) und vollständiger Geburt des Kindes
- Passive Austrittsperiode: MM vollständig, noch kein Pressdrang
- Aktive Austrittsperiode: Kindlicher Kopf ist sichtbar und/oder Pressdrang/aktives Pressen [4]
- Dauer: Abhängig bspw. von der Anzahl früherer Geburten, dem fetalen Gewicht und ggf. einem liegenden Periduralkatheter [2][5][6][7]
- Erstgebärende: ≤2 h
- Mehrgebärende: ≤1 h
- Bei verlängerter Dauer siehe: Protrahierte Geburt und Geburtsstillstand
- Wehen: Austrittswehen
- Vaginaler Befund: Vollständig eröffneter Muttermund
- Einschneiden: Erscheinen des Kopfes in der Vulva während einer Austrittswehe
- Durchschneiden: Verbleiben des Kopfes in der Vulva während einer Wehenpause
Nachgeburtsperiode [1]
- Definition: Zeitraum zwischen der Geburt des Kindes und der vollständigen Geburt der Plazenta mit Eihäuten
- Dauer
- Bei aktivem Management: Max. 30 min, siehe auch: Aktive Leitung der Nachgeburtsperiode
- Bei abwartendem Management: Max. 60 min
- Wehen: Nachgeburtswehen
- Blutverlust
- Regelrechter Blutverlust: Ca. 300–400 mL durch Lösung der Plazenta
- Prophylaxe zur Reduktion des Blutverlusts: Oxytocin-Gabe nach Abnabelung des Kindes
- Verstärkte Blutungen: Über 500 mL Blutverlust sind abklärungsbedürftig, bspw. bei Plazentaretention oder Uterusatonie (siehe auch: Intrapartale Blutungen)
- Plazentabeurteilung: Prüfung immer auf folgende Aspekte
- Vollständigkeit: Eine unregelmäßige Oberfläche der Dezidua spricht für einen intrauterinen Plazentarest
- Nebenplazenta: Große Gefäße, die von der Plazenta zu den Eihäuten verlaufen, sprechen für eine im Uterus verbliebene Zweitplazenta
- Weitere Nabelschnurgefäße
Bei V.a. eine unvollständige Plazenta oder eine Nebenplazenta muss manuell nachgetastet und im Verlauf i.d.R. kürettiert werden. In einem solchen Fall gilt es, die Betroffenen über die Gefahr eines Asherman-Syndroms nach Kürettage (insb. in den ersten vier Wochen) sowie über mögliche alternative Strategien (Watchful waiting) aufzuklären! [8][9]
Wehen
- Definition: Muskelkontraktionen der Gebärmutter zur Geburt von Kind und Plazenta
- Auswirkungen
- Kompression der Uterus- und Plazentagefäße
- Wehensynchrone Verlangsamung des kindlichen Herzschlags (sog. frühe Dezelerationen im Kardiotokogramm)
- Für Informationen zur vorzeitigen Wehentätigkeit siehe: Vorzeitige Wehentätigkeit
- Für Informationen zur iatrogenen Induktion muttermundwirksamer Wehen siehe: Geburtseinleitung
Wehen: Übersicht | |||
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Wehenform | Zeitpunkt | Charakteristika | |
Schwangerschaftswehen | Alvarez-Wellen |
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Braxton-Hicks-Kontraktionen (Übungswehen) |
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Senkwehen |
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Vorwehen |
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Geburtswehen | Eröffnungswehen |
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Austrittswehen |
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Nachgeburtswehen |
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Nachwehen |
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Wehenschmerzen [10][11]
- Dauer einer Wehe ca. 20–60 s [12]
- Frequenz abhängig von Wehenform
- Zunehmende Schmerzen im Verlauf der Geburt
Wehenschmerzen [10][11] | ||||
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Schmerzentstehung | Schmerzweiterleitung | Fasertyp und Schmerzcharakteristik | ||
Eröffnungsperiode |
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Austrittsperiode |
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Im Geburtsverlauf wandert die Schmerzausstrahlung typischerweise von thorakolumbal nach sakral!
Blasensprung
Formen des Blasensprungs
- Früher vorzeitiger Blasensprung: Vor vollendeter 37. SSW (37+0 SSW)
- Vorzeitiger Blasensprung (PROM): Vor Beginn der Eröffnungsperiode [13]
- Frühzeitiger Blasensprung: Während der Eröffnungsperiode/-wehen bei noch nicht vollständig eröffnetem Muttermund
- Rechtzeitiger Blasensprung: Am Ende der Eröffnungsperiode/-wehen bei vollständig eröffnetem Muttermund
- Verspäteter Blasensprung: In der Austrittsperiode einige Zeit nach vollständiger Eröffnung des Muttermundes
- Hoher Blasensprung: Blasensprung oberhalb des inneren Muttermundes, Fruchtwasser geht nur tröpfelnd ab, kann im Vaginalsekret nachgewiesen werden
- Für weitere Informationen zu pathologischen Befunden und Prozedere siehe:
Diagnostik des Blasensprungs [3]
- Vaginale Untersuchung bzw. Spekulumeinstellung: Objektivierung des Blasensprungs
- Nachweis von Fruchtwasser bei unklarem Befund
- Lackmusprobe: Teststreifen, der durch den aufgetragenen Farbstoff Lackmus als pH-Indikator dient
- Spekulumeinstellung: Platzieren des Lackmuspapiers in der Vagina
- Bei Kontakt mit Fruchtwasser: Papier färbt sich blau, da Fruchtwasser leicht alkalisch ist
- Bei Kontakt mit Vaginalsekret: Papier färbt sich rot, da das Vaginalsekret leicht sauer ist
- Nachweis von IGF-bindendem Protein (IGFBP): Nachweis von im Fruchtwasser vorkommendem IGFBP in der Zervix mittels Schnelltest
- Spezifität und Sensitivität: >90%
- Verunreinigung mit mütterlichem Blut vermeiden, da IGFBP auch dort vorkommt und so der Test verfälscht werden kann
- Nachweis von plazentarem α1-Mikroglobulin (PAMG-1): Amnisure®
- Spezifität und Sensitivität: Nahezu 100%
- Lackmusprobe: Teststreifen, der durch den aufgetragenen Farbstoff Lackmus als pH-Indikator dient
- Weitere Beurteilung, bspw. bzgl. der Menge und der Farbe des Fruchtwassers
- Signifikant grünes Fruchtwasser: Dicklich-grün oder zäh, ggf. mit Mekoniumklumpen
- Durchführung einer Mikroblutuntersuchung (für weitere Informationen siehe auch: Beurteilung und Konsequenzen einer Mikroblutuntersuchung)
- Definition: Entnahme kleiner Blutmenge aus dem kindlichen Skalp zur venösen Blutgasanalyse (Fetalblut)
- Voraussetzung: Erfolgter Blasensprung bzw. Amniotomie
- Wichtigste Indikation: Suspektes oder pathologisches Kardiotokogramm unter Geburt
- Vorbereitung auf mögliche postpartale Neugeborenen-Reanimation aufgrund des erhöhten Risikos eines Mekoniumaspirationssyndroms
- Durchführung einer Mikroblutuntersuchung (für weitere Informationen siehe auch: Beurteilung und Konsequenzen einer Mikroblutuntersuchung)
- Transabdominale Sonografie: Ggf. verminderte Fruchtwassermenge [13][14]
- Signifikant grünes Fruchtwasser: Dicklich-grün oder zäh, ggf. mit Mekoniumklumpen
- Dokumentation im Partogramm (insb. bei grünem Fruchtwasser!)
Management bei vorzeitigem Blasensprung am Termin [2][13]
Für das Management beim frühen vorzeitigen Blasensprung siehe: Prozedere bei frühem vorzeitigen Blasensprung.
- Anamnese: Gesundheitszustand des Fötus
- Lagebestimmung des Fötus
- Subpartale antibiotische Therapie
- Bei Gruppe-B-Streptokokken (GBS)
- Nach 12 h anbieten (partizipative Entscheidung)
- CTG alle 24 h
- Temperaturkontrollen alle 4 h
Vorgehen
Bei einem vorzeitigen Blasensprung kann sowohl eine Geburtseinleitung innerhalb von 24 Stunden als auch ein abwartendes Vorgehen über 24 Stunden durchgeführt werden. Die Schwangere soll darüber informiert werden, dass die Infektionsgefahr bspw. für Triple I nach 12 Stunden ansteigt. Die Entscheidung sollte partizipativ getroffen werden.
- Geburtseinleitung (innerhalb von 24 Stunden) [2]
- Abwartendes Vorgehen (über 24 Stunden hinaus)
- Vorheriger Ausschluss von
- Management
- Infektparameterkontrolle mind. 1×/d
- Geburtseinleitung nach ausbleibender spontaner Wehentätigkeit nach 24 h anbieten
Management im Kreißsaal
Vorstellung der Patientin mit fraglichem Geburtsbeginn [1][2][3]
- Prozedere
- Aufnahmegespräch und Anamnese (insb. mögl. Risikofaktoren)
- Kindsbewegungen während der letzten 24 h
- Vorerkrankungen und mögl. Risikofaktoren für eine sekundäre Sectio caesarea
- Beschreibung der Wehen
- Schmerzen
- Vaginaler Abgang von Schleim, Fruchtwasser oder Blut
- Ausführliche Aufklärung der werdenden Eltern über Vorgehen und Möglichkeiten
- Begutachtung des Mutterpasses
- Abklärung/Beurteilung möglicher Kontraindikationen für eine vaginale Geburt (siehe auch: Absolute Sectio-Indikationen und relative Sectio-Indikationen)
- Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung (VU) und/oder Sonografie (siehe auch: Sonografie in der Schwangerschaft und Fetometrie)
- Ggf. Verifizieren des Blasensprungs (siehe auch: Nachweis von Fruchtwasser)
- CTG (über 20–30 min) inkl. Beurteilung der Wehen , wenn keine(!) Niedrig-Risiko-Schwangerschaft vorliegt [2][15][15]
- Blutdruck, Herzfrequenz und Temperatur der Mutter
- Urin-Stix
- Aufnahmegespräch und Anamnese (insb. mögl. Risikofaktoren)
- Indikationen zur Aufnahme
- Maternale Indikationen
- Fortgeschrittene Eröffnung des Muttermundes
- Risikoschwangerschaft
- Regelmäßige Wehen (alle 10 min) über mind. 30 min
- Blasensprung
- Herzfrequenz >120/min
-
Arterielle Hypertonie
- Blutdruck systol. ≥160 mmHg oder diastol. ≥110 mmHg (einmalig gemessen)
- Blutdruck systol. ≥140 mmHg oder diastol. ≥90 mmHg (zwei Messungen im Abstand von 30 min)
- Proteinurie (Urin-Stix) und Blutdruck systol. ≥140 mmHg oder diastol. ≥90 mmHg
- Temperatur >38 °C
- Schmerzen außerhalb der Wehe
- Peripartale Blutungen
- Fetale Indikationen
- Pathologisches CTG
- SGA, IUGR oder Makrosomie
- Querlage , Schräglage, Beckenendlage
- Abnehmende Kindsbewegungen
- Vorliegen der Nabelschnur
- Über dem kleinen Becken liegender kindlicher Kopf
- Fruchtwasseranomalien
- Maternale Indikationen
- Bei Aufnahme der Patientin
- Vorstellung beteiligter Personen (Hebammen, ärztliches und pflegerisches Personal)
- Venöser Zugang und Blutentnahme (Blutbild, Elektrolyte, Gerinnung, ggf. Blutgruppe inkl. Antikörpersuchtest, ggf. HBsAg )
- Anlegen eines Partogrammes
Vorgehen unter der Geburt
- Grundsätze
- Zusammenarbeit zwischen Hebammen und ärztlichem Team entscheidend
- Berücksichtigung der Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse der werdenden Eltern
- Überwachung und Versorgung der Mutter
- Regelmäßige Überwachung von Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur
- Beurteilung der Wehen alle 30 min
- Regelmäßige vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchungen
- Beurteilung der Zervixreife (Bishop-Score)
- Bestimmung des Höhenstandes nach Hodge und de Lee
- Auf regelmäßige Blasenentleerung achten, ggf. Harnblasenentleerung mit transurethralem Blasenkatheter
- Ggf. subpartale antibiotische Therapie
- Ggf. Maßnahmen zur Geburtsunterstützung, bspw. Analgesie unter der Geburt
- Prophylaktische Vorbereitung einer Notfalltokolyse
- Mögliche Indikationen
- Wehensturm
- Pathologisches CTG (insb. bei V.a. fetale Asphyxie)
- Nabelschnurvorfall
- Drohende Uterusruptur
- Mögliche Indikationen
- Überwachung des Kindes
- Kein antepartales CTG notwendig bei Niedrig-Risiko-Schwangerschaften [2][15]
- Kontinuierliche Überwachung mittels Kardiotokografie (CTG) (wenn keine Niedrig-Risiko-Schwangerschaft vorliegt)
- Bei Komplikationen/Risikogeburten
- Vom Ende der Eröffnungsphase bis zur Geburt des Kindes
- Ggf. Mikroblutuntersuchung bei pathologischem CTG
- Dokumentation: Ausführlich mittels Partogramm
Die regelmäßige Reevaluation und Zusammenschau der Befunde hilft, mögliche Komplikationen unter der Geburt und Kontraindikationen für eine vaginale Geburt früh zu erkennen!
Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung (VU)
- Vorbereitung
- Aufklärung der Patientin über Notwendigkeit der Untersuchung
- Einverständnis der Patientin einholen
- Patientin entspannt in Rückenlage mit angewinkelten Beinen
- Ggf. Entleerung der Blase
- Händedesinfektion
- Anlegen steriler Handschuhe
- Durchführung: Einführen von zwei Fingern in die Vagina und Beurteilung von
- Länge, Lage und Konsistenz der Portio (siehe auch: Bishop-Score)
- Weite des Muttermundes
- Vorangehendem Kindsteil (VT)
- Pfeilnaht und Fontanelle
- Höhenstand des vorangehenden Kindsteils (siehe auch: Höhenstand nach Hodge und de Lee )
- Fruchtblase und ggf. Fruchtwasser (am Handschuh)
- Dokumentation der Befunde im Partogramm und Information der Patientin über mögliche Konsequenzen
Eine tastbare Nabelschnur (Nabelschnurvorfall) gilt als akuter Notfall mit Indikation zur Notsectio!
Bishop-Score
- Indikation
- Beurteilung der Geburtsreife des Muttermundes (Zervixreife)
- Bei Geburtseinleitung: Entscheidend für die Art der Geburtseinleitung (siehe auch: Medikamentöse Geburtseinleitung)
- Interpretation [16]
- Bishop-Score <6 Punkte → Unreife Zervix
- Bishop-Score ≥6 Punkte → Reife Zervix
Bishop-Score [1] | ||||
---|---|---|---|---|
0 Punkte | 1 Punkt | 2 Punkte | 3 Punkte | |
Lage der Portio | Sakral | Mediosakral | Zentral | — |
Konsistenz der Portio | Derb | Mittel | Weich | — |
Länge der Portio (in cm) | 2 | 1 | 0,5 | 0 |
Weite des Muttermundes (in cm) | Geschlossen | 1 | 2 | 3 |
Höhenstand des vorangehenden Kindsteils in Bezug zur Interspinalebene (in cm), siehe auch: Höhenstand nach Hodge und de Lee | 2 cm oberhalb der Interspinalebene | 1 cm oberhalb der Interspinalebene | 1 cm unterhalb der Interspinalebene | — |
Subpartale antibiotische Therapie [17]
- Indikationen
- Manifestes Triple I
- Prophylaxe einer Neugeborenensepsis bei vaginaler Entbindung je nach Ergebnis des Streptokokken-Abstrichs
- Durchführung: Keine sofortige antibiotische Therapie bei Nachweis einer Besiedelung mit Gruppe-B-Streptokokken, sondern erst bei Wehenbeginn oder Blasensprung (subpartal)
- Streptokokken-Status positiv: Subpartale antibiotische Therapie
- Streptokokken-Status unbekannt: Subpartale antibiotische Therapie bei Vorliegen mind. eines Risikofaktors
- Drohende Frühgeburt <37+0 SSW
- Blasensprung vor ≥12 h
- Mütterliches Fieber ≥38,0 °C
- Symptomatische oder asymptomatische GBS-Bakteriurie während der Schwangerschaft
- Neugeborenes mit symptomatischer GBS-Infektion in der Vergangenheit
- Streptokokken-Status negativ (innerhalb der letzten 5 Wochen vor Geburt): Keine subpartale antibiotische Therapie, sofern nicht Symptome der Mutter eine Indikation darstellen
- Mittel der Wahl
- Penicillin G [17]
- Bei Penicillinallergie: Cefazolin [17]
Mikroblutuntersuchung (MBU) des Kindes [1]
- Definition: Entnahme kleiner Blutmenge aus dem kindlichen Skalp zur venösen Blutgasanalyse (Fetalblut)
- Voraussetzung: Erfolgter Blasensprung bzw. Amniotomie
- Indikation: Suspektes oder pathologisches Kardiotokogramm unter Geburt
- Kontraindikationen
- Geschlossener Muttermund
- Infektionen der Mutter (Hepatitis, HIV, Herpes simplex)
- Frühgeburtlichkeit <34. SSW
- Gerinnungsstörungen des Kindes
- Ende der Austrittsperiode
- Vorbereitung und Durchführung einer Mikroblutuntersuchung
- Steriles Material
- Lanzette
- Zwei Kornzangen
- Amnioskop
- Kleine und große Tupfer
- Handschuhe
- Unsteriles Material
- Paraffinöl
- Kapillarröhrchen
- Vorbereitung
- Aufbau des notwendigen sterilen Materials auf einem kleinen Tisch neben dem Kreißbett
- Positionierung der OP-Leuchte
- Nach Möglichkeit Lagerung der Patientin in Steinschnittlage im Kreißbett
- Aufklärung der Patientin über die bevorstehende Untersuchung, Vorführen des Amnioskops
- Durchführung
- Vaginale Tastuntersuchung zur Beurteilung der Muttermundöffnung
- Vorsichtiges Einführen des Amnioskops bis zum kindlichen Kopf
- Öffnen des Amnioskops durch Entfernen des Innenteils, Überprüfung der Sicht auf den kindlichen Kopf
- Reinigung des Kopfes mit in Kornzange eingespanntem, großem Tupfer
- Auftragen von Paraffinöl auf den kindlichen Kopf mit in Kornzange eingespanntem, kleinem Tupfer
- Vorsichtige Stichinzision der Kopfhaut mittels Lanzette (neben der Geburtsgeschwulst!)
- Auffangen des Bluttropfens mittels in Kornzange eingespanntem Kapillarröhrchen
- Durchführung einer Blutgasanalyse
- Steriles Material
- Fehlerquellen
- Aspiration von Fruchtwasser oder mütterlichem Blut
- Entnahme aus ausgeprägtem Geburtsgeschwulst
- Technische Fehler (Luft in der Probe, zu lange Lagerung, Gerätefehler)
Beurteilung und Konsequenzen einer Mikroblutuntersuchung [1][2][18] | ||
---|---|---|
pH-Wert | Interpretation | Weiteres Vorgehen |
≥7,25 |
|
|
7,21–7,24 |
|
|
≤7,20 |
|
Abnabeln [2][19][20]
- Definition: Abklemmen und Durchtrennen der Nabelschnur (Omphalotomie) nach der Geburt
- Durchführung
- Vor dem Abnabeln kann das Neugeborene auf die Brust der Mutter gelegt werden [20]
- Zweifaches Abklemmen oder Abbinden der Nabelschnur
- Omphalotomie zwischen den beiden Klemmen
- Im Verlauf Nabelschnurrest knapp distal des Hautniveaus (ca. 1–2 cm) abklemmen, steril kürzen sowie trocken und sauber halten
- Zeitpunkt [2][20]
- Spätes/verzögertes Abnabeln: 1–5 min nach Geburt
- Indikation: Möglichst alle Neugeborenen
- Vorteile : Erythrozytenzahl↑, Hämatokrit/Hämoglobin↑, Transfusionsbedarf↓ im Verlauf, Eisenstatus↑, mittlerer arterieller Druck↑
- Nachteile: Veränderungen der Nabelschnur-BGA durch verzögerte Nabelschnurblutentnahme, Risiko für Polyzythämie ↑, ggf. Phototherapiebedarf↑
- Kontraindikation: Gestörter Blutfluss über die Plazenta
- Indikation: Möglichst alle Neugeborenen
- Alternativen zum verzögerten Abnabeln
- Ausstreichen der Nabelschnur (Neugeborenes ≥28+0 SSW) [20]
- Auspulsierenlassen der Nabelschnur
- Sofortiges Abnabeln: Unmittelbar nach Geburt
- Indikationen: Morbus hämolyticus neonatorum, i.d.R. Neugeborenen-Reanimation
- Frühes Abnabeln: 5 s – 1 min nach Geburt [2]
- Spätes/verzögertes Abnabeln: 1–5 min nach Geburt
Vorgehen postpartal
- Siehe auch: Aktive Leitung der Nachgeburtsperiode
- Verbleiben von Mutter und Kind im Kreißsaal für ca. 2 h
- Bonding (Haut-zu-Haut-Kontakt), erstes Anlegen an die Brust nach ca. 20–30 min
- Regelmäßige Kontrolle der vaginalen Blutung und der Höhe des Uterusfundus postpartal
- Ggf. Versorgung von Geburtsverletzungen
- Mobilisation der Mutter vor oder während Entlassung bzw. Verlegung auf Station
- Versorgung des Neugeborenen und Kindervorsorgeuntersuchung (U1) i.d.R. durch die Hebamme
- Für weitere Informationen zum Wochenbett siehe auch:
Mögliche Komplikationen unter der Geburt
Der Geburtsablauf ist komplex und Komplikationen können in jeder Phase der Geburt unter Umständen auch unerwartet auftreten. Die folgenden Inhalte können demnach nur einen Überblick über mögliche Komplikationen bieten. Der klinische Blick und die interdisziplinäre Zusammenarbeit sind dabei unerlässlich! Für weiterführende Informationen u.a. zur interdisziplinären Zusammenarbeit siehe auch: Interdisziplinäre Notfälle im Kreißsaal und Interdisziplinäre Notfälle im Kreißsaal - Differenzialdiagnosen.
Verzögerungen im Geburtsablauf [2]
- Ätiologie, u.a.
- Wehenschwäche
- Kopf-Becken-Missverhältnis
- Lage-, Einstellungs- und Haltungsanomalien: Schräg-/Querlage , Asynklitismus, Deflexionshaltungen
- Makrosomie
- Ggf. Periduralanästhesie (PDA) [17]
- Erschöpfung der Gebärenden
- Hindernisse des Geburtskanals, bspw. Uterusmyome
- Diagnostik [21]
- Ausschluss eines geburtsunmöglichen Befundes
- Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung, Bestimmung des Höhenstandes nach Hodge und de Lee
- Abdominale Palpation: 4. Leopold-Handgriff, 5. Leopold-Handgriff (Zangemeister-Handgriff)
- Abdominale Sonografie
- Temperatur, ggf. Labordiagnostik (Infektionsrisiko↑ bei längerem Geburtsverlauf)
- CTG-Überwachung und Beurteilung, ggf. MBU
- Ausschluss eines geburtsunmöglichen Befundes
Protrahierte Geburt
Verdacht auf protrahierte Eröffnungsperiode [2]
- Definition: Verzögerte Eröffnung des Muttermundes während der aktiven Eröffnungsperiode
- Diagnosekriterien
- Eröffnungsfortschritt des Muttermundes von <2 cm in 4 h (bei Erst- und Mehrgebärenden)
- Keine Änderung des Höhenstandes, siehe auch: Höhenstand nach Hodge und de Lee
- Keine Änderung der Einstellung, siehe auch: Einstellungsanomalien
- Beginnende Wehenschwäche
- Prozedere
- Amniotomie anbieten
- Analgesie unter der Geburt anbieten, bspw. PDA
- Flüssigkeitszufuhr
- (Psychische) Unterstützung der Gebärenden
- Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung nach 2 h
Protrahierte Eröffnungsperiode
- Definition: Eröffnungsfortschritt des Muttermundes von <1 cm in 2 h während der aktiven Eröffnungsperiode [2]
- Prozedere
- Fachärztliches Personal hinzuziehen
- Analgesie unter der Geburt anbieten
- Flüssigkeitszufuhr
- (Psychische) Unterstützung der Gebärenden
- Lagewechsel
- Entspannung, Bewegung
- Kontinuierliche CTG-Überwachung [2]
- Amniotomie anbieten [2]
- Gabe von Oxytocin anbieten (nach Amniotomie/Blasensprung) [1][2]
- Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung nach 4 h
- Eröffnung des Muttermundes ≥2 cm: Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchungen alle 4 h
- Eröffnung des Muttermundes <2 cm: Reevaluation der Gesamtsituation und ggf. Sectio caesarea, siehe auch: Geburtsstillstand
- Vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung nach 4 h
Protrahierte Austrittsperiode
- Definition (aktive Phase): Fehlende Rotation und/oder fehlende Veränderung des Höhenstandes des vorangehenden Kindsteils
- Erstgebärende: >2 h
- Mehrgebärende: >1 h
- Prozedere: Individuell abhängig von Ursache, Geburtsfortschritt, fetalem und maternalem Zustand!
- Fachärztliches Personal hinzuziehen
- Reevaluation und Beurteilung der Gesamtsituation alle 15–30 min
- Lagewechsel, Bewegung
- Ggf. Analgesie unter Geburt anpassen, bspw. Pudendusblockade [2]
- Amniotomie anbieten (falls noch nicht durchgeführt)
- Gabe von Oxytocin bei Wehenschwäche anbieten (nach Amniotomie/Blasensprung) [1][2]
- Harnblasenentleerung mit transurethralem Blasenkatheter
- Energiezufuhr
- Bewegung
Geburtsstillstand
- Definitionen: Fehlender Geburtsfortschritt über mehrere Stunden
- Eröffnungsperiode: Eröffnungsfortschritt des Muttermundes von <2 cm in 4 h unter Wehenaugmentation mittels Oxytocin oder kein Geburtsfortschritt nach [2][3][5]
- >6 h bei Z.n. Blasensprung, MM >6 cm und Wehenaugmentation mittels Oxytocin
- >4 h bei Z.n. Blasensprung, MM >6 cm und adäquater Wehentätigkeit
- Austrittsperiode (aktive Phase)
- Erstgebärende: Dauer >3 h
- Mehrgebärende: Dauer >2 h
- Eröffnungsperiode: Eröffnungsfortschritt des Muttermundes von <2 cm in 4 h unter Wehenaugmentation mittels Oxytocin oder kein Geburtsfortschritt nach [2][3][5]
- Prozedere: Individuell abhängig von Ursache, Geburtsfortschritt, fetalem und maternalem Zustand!
- Ausschöpfung aller Maßnahmen bei protrahiertem Geburtsverlauf
- Neubeurteilung der Gesamtsituation mit fachärztlichem Personal
- Reevaluation des Geburtsmodus in Absprache mit der Gebärenden
- Siehe auch: Vaginal-operative Entbindung oder Sectio caesarea
- Ggf. weitere Maßnahmen zur Geburtsunterstützung, siehe auch: Analgesie unter der Geburt und geburtshilfliche Handgriffe
- Bei Einstellungsanomalien, siehe auch: Hoher Geradstand des Kopfes, Tiefer Querstand des Kopfes
- Ggf. intrapartaler translabialer Ultraschall (ITU) zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer vaginalen Geburt (aus vHHL)
Die Maßnahmen bei einer protrahierten Geburt bzw. einem Geburtsstillstand richten sich nach der Ursache, dem fetalen und maternalen Zustand sowie dem Geburtsfortschritt!
Blutungen unter der Geburt
- Intrapartale Blutung
- Vorzeitige Plazentalösung
- Uterusruptur
- Prozedere siehe: Therapie der Uterusruptur
Fetale Komplikationen
Analgesie unter der Geburt
Folgend sind v.a. die durch die Geburtshilfe und Hebammen durchgeführten Maßnahmen zur Schmerzlinderung dargestellt. Für das anästhesiologische Vorgehen siehe: Anästhesie zur Geburt und insb. Periduralanästhesie zur schmerzarmen Geburt!
Komplementäre Verfahren [2][22][23]
- Allgemeine Maßnahmen [10]
- Empathische Zuwendung und (emotionale) Unterstützung
- Körperliche Bewegung
- Massage
- Wärmetherapie, bspw. mit Kirschkernkissen
- Atemtechniken
- Entspannungstherapie
- Durchführung: Entspannende Musik, Biofeedback-Methoden
- Wirksamkeit: Keine ausreichende Evidenz, ggf. reduzierte Schmerzen
- Hydrotherapie
- Durchführung: Wasserbad
- Wirksamkeit: Keine ausreichende Evidenz, ggf. reduzierte Schmerzen
- Akupunktur und Akupressur [2]
- Durchführung: Stimulation bestimmter Punkte durch feine Nadeln (Akupunktur) oder durch leichten Druck und kreisende Bewegungen mit den Fingerkuppen (Akupressur) während der Geburt
- Wirksamkeit
- Homogene Studienlage
- Akupunktur: Signifikant reduzierter Bedarf an Analgetika, Periduralanästhesien und Wehenmitteln unter der Geburt, kein Unterschied bzgl. Geburtsmodus und Schmerzlinderung im Vergleich zur Kontrollgruppe
- Akupressur: Signifikante Schmerzlinderung, aber kein Unterschied bzgl. Bedarf an Analgetika unter der Geburt im Vergleich zur Kontrollgruppe
- Aromatherapie [2]
- Durchführung: Raumsprays, ätherische Öle
- Wirksamkeit
- Sehr niedrige bis moderate Evidenz, ggf. verkürzte Geburtsdauer und Schmerzlinderung
- Kein Unterschied bzgl. Geburtsmodus, Bedarf an Analgetika unter der Geburt und wichtigen Komplikationen im Vergleich zur Kontrollgruppe
- Hypnose (z.B. Hypnobirthing) [2][24]
- Durchführung: Selbsthypnose oder Hypnose
- Wirksamkeit
- Sehr niedrige bis niedrige Evidenz, heterogene Studienlage
- Ggf. reduzierter Bedarf an Analgetika unter der Geburt
- Ausmaß der Schmerzlinderung aufgrund heterogener Studiendesigns und -ergebnisse unklar
- Kein Unterschied bzgl. Geburtsmodus und Geburtserleben im Vergleich zur Kontrollgruppe
- Yoga [2]
- Durchführung: Yoga während der Schwangerschaft und während der Geburt
- Wirksamkeit: Niedrige Evidenz, ggf. reduzierte Schmerzen und folglich verbessertes Geburtserleben
- Homöopathie: Keine Empfehlung aufgrund fehlender Evidenz [2]
Die physikalischen und komplementären Schmerztherapien können keine Analgesie, sondern bestenfalls eine Schmerzreduktion erzielen! [2]
Viele komplementäre Verfahren haben bei entsprechender Expertise keine Nebenwirkungen, bspw. Akupunktur und Akupressur, Hypnose und Aromatherapie! [2]
Spasmolytika
- Prinzip: Schmerzlinderung durch Entspannung der glatten Muskulatur , z.B. Buscopan® (Off-Label Use)
- Vorteile: Entspannung des Muttermundes, Spasmolyse
- Nachteil: Ggf. systemische Auswirkung auf den Fötus [25]
Lachgas [2][10][26][27]
- Prinzip: Selbstständig durch die Mutter gesteuerte Inhalation von Lachgas (Selbstmedikation) kurz vor der Wehe
- Weltweit gebräuchlich
- In Deutschland eher unüblich
- Indikationen [2]
- Auf Patientinnenwunsch bei mäßigen Wehenschmerzen
- Rückenmarksnahes Verfahren unmöglich
- Kontraindikation für rückenmarksnahe Regionalanästhesie vorhanden
- Ablehnung eines rückenmarksnahen Verfahrens durch die Patientin
- Voraussetzungen [28]
- Sehr kritische Nutzen-Risiko-Abwägung gegenüber dem Goldstandard (Regionalanästhesie)
- Aufklärung der Patientin über potenzielle Nebenwirkungen für sie und das Kind sowie das Personal
- Einsatzbereites Atemwegsmanagement
- Kontinuierliche Überwachung: Pulsoxymetrie, CTG
- Ständige(!) Anwesenheit von geschultem und erfahrenem Personal
- Einhaltung der Grenzwerte am Arbeitsplatz (aktuell 100 ppm)
- Kontraindikationen: Siehe Lachgas
- Durchführung
- Inhalation über eine Gesichtsmaske
- Kombination aus 50% Lachgas und 50% Sauerstoff (z.B. Entonox®)
- Vorteile
- Rasches An- und Abfluten
- Schneller Wirkeintritt (ca. 1 min)
- Geringfügige mütterliche Kreislauf- und Atemdepression
- Keine kindliche Atemdepression oder gestörte postnatale Anpassung des Neugeborenen
- Einfache und selbstständige Anwendung mit relativ hoher Sicherheit
- Kein nachteiliger Einfluss auf die Uteruskontraktion oder den Geburtsverlauf
- Nachteile
- Plazentagängig
- Unterschiedliche Erfolgsrate
- Häufige, als unangenehm empfundene Nebenwirkungen bei der Mutter
- Insb. Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Halluzinationen
- Siehe auch: Nebenwirkungen von Lachgas
- Potenziell schädliche Exposition des Kreißsaalpersonals durch Lachgas in der Raumluft
- Kontraindiziert bei schwerem Vitamin-B12-Mangel oder Folsäuremangel
- Verstärkte Atemdepression durch Interaktion mit anderen Wirkstoffen, bspw. Opioiden
- Diffusionshypoxie möglich bei hoher Konzentration von Lachgas
- Starkes Treibhausgas [29]
- Komplikationen: Siehe Lachgas
Prinzipiell ist ein Lachgas-Sauerstoff-Gemisch (50%/50%) zur Schmerzlinderung unter der Geburt geeignet! [2]
Unbedingt zu beachten sind die obligaten Voraussetzungen zur Anwendung von Lachgas im Rahmen der Geburtshilfe! [28]
Der atemdepressive Effekt von Opioiden kann durch Lachgas deutlich verstärkt werden und ein rasches Atemwegsmanagement erfordern!
Systemische Opioide
Meptazinol (Meptid®) [10]
- Prinzip: Intravenöse oder intramuskuläre Gabe von Meptazinol im ersten Abschnitt der Geburt [30]
- Indikation: Auf Patientinnenwunsch bei mäßigen bis starken Wehenschmerzen [30][31]
- Kontraindikation: Nur Unverträglichkeit
- Durchführung
- Intravenöse oder intramuskuläre Gabe einer gewichtsadaptierten Dosis [30]
- Kombination mit einem Antiemetikum (z.B. Metoclopramid) empfohlen
- Vorteile
- Zulassung für die Anwendung in der Geburtshilfe (kein Off-Label Use)
- Mütterliche und kindliche Komplikationen etwas seltener als bei der Verabreichung von Pethidin
- Nachteile
- Eingeschränkte analgetische Wirksamkeit
- CTG-Veränderungen (verminderte Oszillation im CTG)
- Komplikationen: Übelkeit, Erbrechen, Atemdepression bei Mutter und Kind , fetale Azidose
Gewichtsadaptierte Dosierung von Meptazinol [30] | |
---|---|
Körpergewicht in kg | Dosierung |
38–50 | 0,75 mL (75 mg) |
51–69 | 1 mL (100 mg) |
70–85 | 1,5 mL (150 mg) |
86–100 | 1,75 mL (175 mg) |
101–120 | 2 mL (200 mg) |
Laut Fachinformation kann Meptazinol bei mäßigen bis starken Schmerzen im ersten Abschnitt der Geburt verabreicht werden! [30]
Aufgrund des erhöhten Risikos für eine Atemdepression sollte das Neugeborene nach der Geburt überwacht werden!
Pethidin (Dolantin®) [10][32]
- Prinzip: Intravenöse oder intramuskuläre Gabe von Pethidin
- Indikation: Auf Patientinnenwunsch bei starken Wehenschmerzen [31] [33]
- Kontraindikationen: Siehe Pethidin
- Durchführung
- Intramuskuläre Gabe in einen möglichst großen Muskel oder langsame intravenöse Gabe über 1–2 min
- Neugeborenes mind. für die ersten 6 h nach der Geburt überwachen
- Bei Atemdepression des Neugeborenen: Antagonisierung von Opioiden empfohlen, bspw. mit Naloxon
- Nachteile
- Längere Wirkdauer (ca. 2–4 h)
- Eingeschränkte analgetische Wirksamkeit [34]
- CTG-Veränderungen (verminderte Oszillation im CTG)
- Aktiver Metabolit (Norpethidin)
- Verminderte Überlebensfähigkeit bei Kindern mit Risikofaktoren
- Komplikationen: Atemdepression bei Mutter und Kind, fetale Azidose, Bradykardie, Schwierigkeiten beim Stillen
Kurzwirksamere und nebenwirkungsärmere Opioide wie Remifentanil sind zu bevorzugen! [31]
Laut Fachinformation wird Pethidin nicht zur peripartalen Anwendung empfohlen! [32]
Aufgrund des erhöhten Risikos für eine Atemdepression soll das Neugeborene mind. für die ersten 6 h nach der Geburt überwacht werden! [10]
Lokale Nervenblockaden
Pudendusblockade [2][10][35]
- Prinzip: Beidseitige Leitungsanästhesie durch (meist transvaginale) Blockade des N. pudendus in der Austrittsperiode
- Indikationen
- Lokale Ausschaltung des Geburtsschmerzes im unteren Vaginaldrittel, in der Perinealregion sowie im Bereich des äußeren Genitales (Vulva) und des Anus
- Vaginal-operative Entbindung, bspw. Vakuumextraktion
- Episiotomie und Naht einer Episiotomie
- Kontraindikationen
- Durchführung bei der Frau
- Aufklärung und Einverständnis der Patientin einholen
- Lagerung in Steinschnittlage
- Palpation der Spina ischiadica von vaginal mit Zeige- und Mittelfinger
- Transvaginales Einbringen der Führungskanüle
- Aufsetzen der Führungskanüle am Ansatz des Lig. sacrospinale ca. 0,5–1 cm kaudal der Spina ischiadica
- Einbringen der Injektionsnadel über die Führungskanüle
- Punktion des Lig. sacrospinale, Vorschub um ca. 1 cm
- Aspirationskontrolle zum Ausschluss einer intravasalen Lage
- Infiltration von 10 mL Lokalanästhetikum (z.B. Lidocain 1%, Mepivacain 1% oder Bupivacain 0,25%)
- Wiederholung der Prozedur auf der anderen Seite
- Vorteile
- Wirkdauer ca. 45 min
- Pressdrang bleibt unbeeinflusst
- Kaum systemische Nebenwirkungen
- Nachteile
- Wehenschmerz durch Kontraktion des Uterus wird nicht ausgeschaltet
- Single-Shot-Verfahren (begrenzte Wirkdauer), verzögerter Wirkeintritt (10–20 min!)
- Komplikationen (sehr selten!)
- (Retroperitoneales) Hämatom
- Infektion
- Abszess
- Methämoglobinämie beim Kind
- Allgemeine Komplikationen einer Regionalanästhesie
Da N. ilioinguinalis und N. genitofemoralis die vordere Vulva versorgen, erreicht die Pudendusblockade keine komplette Analgesie im Zielgebiet! [10]
Infiltrationsanästhesie des Perineums [10][35]
- Prinzip: Subkutane Infiltration des Perineums mit einem Lokalanästhetikum kurz vor Durchtritt des Kindskopfes
- Indikationen
- Episiotomie
- Lokale Ausschaltung des Geburtsschmerzes in der Perinealregion
- Versorgung von Geburtsverletzungen
- Durchführung: Subkutane Infiltrationsanästhesie mit 10–15 mL Lidocain 1–2% oder Prilocain 1%
- Vorteile: Minderung der lokalen Schmerzen auch für kleine postpartale Eingriffe
Handgriffe zur Unterstützung der Geburt
- Kristeller-Handgriff (Fundusdruck), umstritten! [2][36]
- Definition: Umfassen des Fundus mit den Händen und Ausüben stetigen Drucks nach unten während der Wehe
- Ziel: Geburt des Kopfes in der späten Austrittsperiode (wenn die Gebärende nicht genügend Kraft aufbringen kann)
- Indikation: Sehr streng und zurückhaltend im Einzelfall unter Berücksichtigung der aktuellen Leitlinien
- Bedingungen
- Wehensynchrone Durchführung lediglich in der späten Austrittsperiode
- Stetiger Austausch mit der Gebärenden oder Begleitpersonen
- Einverständnis der Gebärenden
- Ritgen-Handgriff: Bei verzögerter Kopfgeburt Greifen und Hochdrücken des kindlichen Kinns durch das Gewebe des Hinterdamms (zwischen Anus und Steiß)
- Für operative Methoden der Geburtsunterstützung (bspw. Zangenextraktion und Vakuumextraktion) siehe: Operative Geburtshilfe
Die WHO lehnt den Kristeller-Handgriff ab!
Geburtsverletzungen
Verletzungen von Labien, Zervix oder Vagina [3]
- Einteilung
- Labienriss: Insb. durch starke Scherkräfte, meist oberflächlich und längs verlaufend, bedürfen i.d.R. keiner chirurgischen Versorgung (im Gegensatz zu quer verlaufenden Labienrissen) [37]
- Zervixriss: Insb. durch Pressen gegen den nicht vollständig eröffneten Muttermund
- Vaginalriss: Insb. bei Zangenentbindung
- Klitorisverletzung (ca. 3%)
- Therapie: Bei starker Blutung operative Versorgung unter adäquater Analgesie (siehe auch: Versorgung von Geburtsverletzungen)
Dammriss
Da der Damm bei der Geburt unter starker Spannung steht, gehört der Dammriss zu den häufigsten Geburtsverletzungen; dabei kommt es je nach Ausprägung zum Einreißen der Damm- und Vaginalhaut, der Beckenbodenmuskulatur sowie der Analsphinkteren.Ein Dammriss tritt bei bis zu 30% aller vaginalen Geburten auf.
Einteilung [38]
Einteilung der Dammrisse | ||
---|---|---|
Schweregrad des Dammrisses | Beschreibung | |
I° | Riss von Kutis und Subkutis ohne Beteiligung der Dammmuskulatur | |
II° | Riss der Dammmuskulatur ohne Beteiligung des M. sphincter ani externus | |
III° | IIIa° | M. sphincter ani externus <50% durchtrennt |
IIIb° | M. sphincter ani externus >50% durchtrennt | |
IIIc° | M. sphincter ani externus durchtrennt mit Beteiligung des M. sphincter ani internus | |
IV° | Zusätzliche Beteiligung des Rektums |
- Sonderform „Buttonhole Tear“: Riss der Analschleimhaut bei intaktem M. sphincter ani externus
Diagnostik [38]
- Inspektion und Palpation von Vagina, Anus und Rektum
- Bei unklaren Wundverhältnissen
- Diagnosestellung durch ärztliches Personal auf Facharztniveau
- Den höhergradigen Riss wählen
Risikofaktoren für höhergradige Dammrisse (DR III° und IV°) [38]
- Geburtsgewicht >4.000 g
- Kopfumfang >35 cm
- Erstgebärende
- Vaginal-operative Entbindung
- Mediane Episiotomie
- Schulterdystokie
- Geburt in tiefer Hocke oder Steinschnittlage
- Anwendung des Kristeller-Handgriffs
- Geburt aus hinterer Hinterhauptslage
- Genitale Mutilation
- Verlängerte Austrittsperiode
Komplikationen bei höhergradigen Dammrissen (DR III° und IV°) [3][38]
- Wundinfektion, Dehiszenz
- Anale Inkontinenz
- Rektovaginale Fistelbildung
Prävention [2][38]
Zur Verringerung des Risikos für (insb. höhergradige) Dammrisse können verschiedene Maßnahmen während der Austrittsperiode durchgeführt werden .
- Auflegen warmer Kompressen auf den Damm [39]
- Dammmassage antenatal und subpartal
- Episiotomie
- Dammschutz [39]
Episiotomie
Als Episiotomie bezeichnet man die operative Erweiterung des Geburtskanals. Die Indikation ist individuell zu stellen und wird heutzutage restriktiver gestellt als noch vor einigen Jahren .
Mögliche Indikationen
- Notwendigkeit der Kopfgeburt innerhalb der nächsten 3–4 Wehen (z.B. aufgrund eines pathologischen CTG) [2]
- Ggf. Straffer Damm, großer Kindskopf
- Ggf. Schulterdystokie
- Ggf. bei vaginal-operativer Entbindung
- Ggf. bei Beckenend-, Stirn-, Gesichts- oder Kinnlage
Durchführung
- Infiltration des Damms mit Lokalanästhetikum [2]
- Einführen der Schere mit der stumpfen Seite in die Vagina
- Durchführung des Schnitts vor („vorzeitige Episiotomie) oder in der Presswehe („rechtzeitige Episiotomie“)
Mögliche Schnittführungen
Die Durchführung des Schnittes kann in drei unterschiedliche Richtungen erfolgen. Von den aktuellen Leitlinien wird die mediolaterale Schnittführung empfohlen. [2] [38]
- Mediolaterale Schnittführung: Meistgewählte Schnittführung
- Schnitt
- Vom unteren Rand der Vagina diagonal in Richtung der einen Gesäßhälfte
- Durchtrennung von Haut, Bindegewebe und Muskulatur
- Vorteile
- Bei Bedarf erweiterbar
- Geringeres Risiko für höhergradige Dammrisse
- Nachteile
- Stärkerer Blutverlust
- Höhere Rate an Wundheilungsstörungen
- Schnitt
- Mediane Schnittführung
- Schnitt
- In direkter Verbindungslinie zwischen Vagina und Anus
- Durchtrennung von Haut und Bindegewebe
- Vorteile: Vergleichsweise wenig Beschwerden postpartal
- Nachteile
- Erhöhtes Risiko für höhergradige Dammrisse
- Nur durch Sphinkterotomie erweiterbar
- Schnitt
- Laterale Schnittführung: Nur noch selten durchgeführt
- Schnitt
- Von der seitlichen Begrenzung des Geburtskanals in Richtung Oberschenkel
- Durchtrennung von Haut, Bindegewebe und Muskeln
- Vorteil: Größtmögliche Erweiterung des Geburtskanals
- Nachteile
- Höchste Rate an Wundheilungsstörungen
- Höhere Rate an Dyspareunie
- Schnitt
Reißt der Schnitt nach einer medianen Schnittführung weiter, geschieht dies in Richtung Anus. Dadurch kann es zu Verletzungen von Sphinkter und Darm kommen!
Versorgung von Geburtsverletzungen
Zeitpunkt und Setting
- Nach Geburt der Plazenta
- I.d.R. im Kreißsaal
Vorbereitung
- Lagerung der Patientin in Steinschnittlage
- Steriles Tuch unter dem Gesäß und auf dem Bauch der Patientin
- Gründliche Wundreinigung mit Octenisept
- Sicherstellen einer ausreichenden Analgesie : Lokalanästhesie bspw. mit Mepivacain [40]
- Notwendiges Instrumentarium: Nadelhalter, Pinzette, Schere, ausreichend Tupfer, Nahtmaterial, bei höhergradigen Dammrissen: Allis-Klemmen
Indikationen [2]
- Alle stark blutenden Geburtsverletzungen
- Alle schlecht adaptierten Geburtsverletzungen
- Höhergradige Geburtsverletzungen
- Querriss der Labien
- Beteiligung der Klitoris
Durchführung [2][38]
Bei der Naht der Geburtsverletzung ist im Sinne einer optimalen Wundheilung darauf zu achten, möglichst wenig Nahtmaterial und Knoten zu verwenden. Sind mehrere Strukturen verletzt, erfolgt i.d.R. zunächst die Naht der Vagina, gefolgt von der Dammnaht und der Versorgung der Labien und Klitoris. Bei höhergradigen Dammrissen werden vorher die betroffenen Strukturen des Rektums und ggf. Zervixrisse versorgt. Das Nahtmaterial sollte resorbierbar sein.
Naht der Vagina
Wichtig ist die Darstellung und exakte Adaptation des Hymenalsaums und Introitus, um die korrekte Rekonstruktion des Damms und der Vagina zu ermöglichen.
- Nahtmaterial: Fadenstärke 3-0 oder 2-0, bspw. mit Vicryl®
- Durchführung
- Darstellung des oberen Wundwinkels durch Einführen und Spreizen der Finger oder mithilfe eines Spekulums
- Anfang der Naht kranial des oberen Wundwinkels
- Abstand zwischen den Stichen ca. 1 cm
- Fortlaufende Naht bis zum Hymenalsaum und Abschluss mittels chirurgischem Knoten
Naht des Damms [2]
- Nahtmaterial: Fadenstärke 3-0 und/oder 2-0, bspw. mit Vicryl®
- Durchführung: Ggf. mehrschichtiges Vorgehen notwendig
- Naht der Dammmuskulatur
- Fortlaufende Naht bspw. mittels Vicryl® 2-0 vom Introitus Richtung Anus
- Insb. im Bereich des Centrum tendineum perinei, direkt unterhalb des Introitus, nach lateral ausladend stechen
- Hautnaht
-
Intrakutane Hautnaht
- Mit bspw. Vicryl® 2-0: Nutzung des Fadens der Dammnaht (Richtung Introitus)
- Mit bspw. Vicryl® 3-0: Nutzung des dünneren Fadens (Beginn am Introitus oder der Gegenseite mit einem Knoten)
- Querstich und chirurgischer Knoten
-
Intrakutane Hautnaht
- Naht der Dammmuskulatur
Naht der Zervix
- Nahtmaterial: Bspw. Vicryl rapid® [41]
- Durchführung
- Spekulumeinstellung der Zervix und des Muttermundes
- Fassen der Muttermundslippe mit atraumatischen Klemmen zur besseren Darstellbarkeit
- Naht mittels Einzelknopfnähten
- Erste Naht: Im Sinne einer Haltenaht an der Zirkumferenz des Muttermundes, Fäden mithilfe einer Klemme auf Zug halten
- Zweite Naht: Knapp oberhalb des kranialen Wundwinkels
- Weitere Einzelknöpfe dazwischen (von kranial nach kaudal)
- Entfernen der Haltenaht
Naht der Rektumvorderwand und des Sphinkters bei Geburtsverletzungen
Ein Dammriss III° und IV° sollte aus forensischen Gründen durch ärztliches Personal auf Facharztniveau versorgt werden .
- Nahtmaterial: Fadenstärke 3-0 und 2-0, atraumatisches, langsam resorbierbares Material
- Durchführung
- Antibiotikaprophylaxe [42]
- Naht der Rektumwand (nur bei DR IV°)
-
Einzelknopfnähte in Stoß-auf-Stoß-Technik mit bspw. PDS® 3-0
- Großzügiges Greifen des perirektalen Bindegewebes, der Muskularis und der Submukosa
- Aussparung der Rektumschleimhaut (Mukosa nicht durchstechen!)
- Naht von proximal nach distal
- Abstand zwischen den Stichen ca. 0,5 cm
- Naht bis zur Analhaut
- Überprüfung der Naht durch digital-rektale Tastuntersuchung
- Handschuhwechsel
-
Einzelknopfnähte in Stoß-auf-Stoß-Technik mit bspw. PDS® 3-0
- Naht der Sphinktermuskulatur
- M. sphincter ani internus (bei DR IIIc° und IV°): Einzelknopfnähte mit bspw. PDS® 3-0
- M. sphincter ani externus
- Darstellung der Muskelenden mithilfe von Allis-Klemmen
- U-Naht mit bspw. PDS® 2-0
- Stoß-auf-Stoß-Technik: Bei inkomplettem Riss
- Überlappende Technik
- Weiteres Vorgehen: Dammmuskulatur und Haut (s.o.)
Naht von Labien und Klitoris
- Nahtmaterial: Fadenstärke 4-0, bspw. mit Vicryl®
- Durchführung: Lockere Einzelknopfnähte im Abstand von 5–10 mm
Nachbereitung
- Digital-rektale Tastuntersuchung
- Weitere Maßnahmen
- Antiphlogistika, bspw. Ibuprofen
- Lokale Kühlung zur Abschwellung
- Information der Patientin über Art des Risses, Verhaltensregeln und Komplikationen
- Zusätzlich ab Dammriss III°
- Weiche Kost, Laxantien für mind. 2 Wochen
- Tägliche Reinigung mit fließendem Wasser, besonders nach Stuhlgang
- Ggf. verlängerte antibiotische Therapie über 5 Tage
Langfristige Nachsorge bei DR III° und DR IV° [38]
Es sollte eine fachärztliche Untersuchung nach 3 Monaten erfolgen. Dabei sollte insb. auf eine etwaige anale Inkontinenz geachtet werden.
- Anamnese: Flatusinkontinenz, Stuhldrang, Inkontinenz bei flüssigem Stuhl, Inkontinenz bei festem Stuhl
- Inspektion und vaginale/rektale Palpation
- Beckenbodentraining durch Physiotherapie empfehlen
- Bei therapierefraktären Beschwerden: Überweisung in ein Zentrum mit entsprechender Spezialisierung
Management bei Folgegeburten bei DR III° und DR IV° [38]
- Elektive Sectio caesarea anbieten
- Bei Spontanentbindung
- Aktives Miteinbeziehen der Patientin im Geburtsverlauf
- Entscheidungsfreiheit der Patientin bzgl. Entbindungsposition
- Dammschutz
- Langsame Kopfentwicklung des Kindes
- Zurückhaltender Einsatz einer mediolateralen Episiotomie
AMBOSS-Podcast zum Thema
Positives Erleben im Kreißsaal – S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin (Juli 2021)
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
O34.-: Betreuung der Mutter bei festgestellter oder vermuteter Anomalie der Beckenorgane
- O34.2: Betreuung der Mutter bei Uterusnarbe durch vorangegangenen chirurgischen Eingriff
- Betreuung der Mutter bei Narbe durch vorangegangene Schnittentbindung
- Exklusive: Vaginale Entbindung nach vorangegangener Schnittentbindung o.n.A. (O75.7)
O42.-: Vorzeitiger Blasensprung
- O42.0: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenbeginn innerhalb von 24 h
- Exklusive: Bei Wehenhemmung durch Therapie (O42.2‑)
- O42.1-: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenbeginn nach Ablauf von 24 h
- Exklusive: Bei Wehenhemmung durch Therapie (O42.2‑)
- O42.11: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenbeginn nach Ablauf von 1 bis 7 Tagen
- O42.12: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenbeginn nach Ablauf von mehr als 7 Tagen
- O42.2-: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenhemmung durch Therapie
- O42.20: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenhemmung durch Therapie, Wehenbeginn innerhalb von 24 h
- O42.21: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenhemmung durch Therapie, Wehenbeginn nach Ablauf von 1 bis 7 Tagen
- O42.22: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenhemmung durch Therapie, Wehenbeginn nach Ablauf von mehr als 7 Tagen
- O42.29: Vorzeitiger Blasensprung, Wehenhemmung durch Therapie, ohne Angabe des Wehenbeginns
- O42.9: Vorzeitiger Blasensprung, nicht näher bezeichnet
Entbindung
- O80: Spontangeburt eines Einlings
- Inklusive
- Keine oder minimale geburtshilfliche Maßnahmen
- Normale Entbindung
- Spontangeburt aus Schädellage
- Spontane Vaginalgeburt eines Einlings
- Inklusive
- O81: Geburt eines Einlings durch Zangen- oder Vakuumextraktion
- Exklusive: Misslungener Versuch einer Vakuum- oder Zangenextraktion (O66.5)
- O82: Geburt eines Einlings durch Schnittentbindung [Sectio caesarea]
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.