Zusammenfassung
Im Rahmen einer Hysterektomie wird der Uterus ganz oder bis auf die Zervix entfernt. Generell kann zwischen abdominaler, vaginaler und laparoskopischer Hysterektomie sowie kombinierten Verfahren unterschieden werden. Zu den laparoskopischen Verfahren zählen die laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie (LAVH), die laparoskopische suprazervikale Hysterektomie (LASH) und die totale laparoskopische Hysterektomie (TLH). Typische Indikationen für die Hysterektomie sind bspw. ein symptomatischer Uterus myomatosus, eine Adenomyosis uteri oder therapierefraktäre Blutungsstörungen.
Allgemeines
Definition
- Hysterektomie (HE): Entfernen entweder des kompletten Uterus oder des Uteruskorpus unter Erhalt der Zervix (suprazervikale Hysterektomie)
- Eine gleichzeitige Adnexektomie ist möglich, aber auch umstritten und meist aufgrund der Nachteile durch den Verlust der Ovarialfunktion nicht zu rechtfertigen
Verfahren
- Abdominale Hysterektomie
- Sonderform: Postpartale Hysterektomie bei Blutungskomplikationen
- Vaginale Hysterektomie
- Minimal-invasive Verfahren
Epidemiologie
- Eine der häufigsten Operationen in der Gynäkologie
- In Deutschland insb. als vaginale bzw. laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie
Mögliche Indikationen
- Symptomatischer Uterus myomatosus (siehe auch: Hysterektomie bei Myomen)
- Endometriose inkl. Adenomyosis uteri (siehe auch: Therapie der Endometriose)
- Descensus uteri (siehe auch: Descensus genitalis)
- Persistierende Blutungsstörungen
- Intra- oder postpartale Blutungskomplikationen (Placenta increta, Placenta percreta, therapierefraktäre Blutungen, siehe auch: Peripartale Blutungen)
- Präkanzerosen des Endometriums oder der Zervix
- Malignome (siehe auch: Zervixkarzinom und Endometriumkarzinom)
- Medikamentös nicht-beherrschbare Infektionen des Genitaltraktes
Perioperatives Management
- Präoperativ
- Diagnostik und OP-Vorbereitung in Zusammenarbeit mit Anästhesiologie in Abhängigkeit von individueller Patientensituation, OP-Indikation und Begleiterkrankungen
- Bei Eingriffen mit größerem Blutungsrisiko immer Blutgruppenbestimmung und Bereitstellung von Blutkonserven, ggf. Anmeldung auf Intensivstation
- Labordiagnostik (siehe Diagnostik der jeweiligen Grunderkrankung)
- Allgemeine OP-Voruntersuchungen in Abhängigkeit von Begleiterkrankungen und in Absprache mit der Anästhesie (z.B. EKG, ggf. Röntgen-Thorax)
- Präoperative Antibiotikaprophylaxe (z.B. Cefuroxim) , ggf. in Kombination mit Metronidazol
- Ggf. Hormontherapie vor Hysterektomie bei Uterus myomatosus und großen Myomen
- Postoperativ
- Risikoadaptierte Thromboseprophylaxe
- Empfehlung zur Wiederaufnahme von Geschlechtsverkehr erst 6 Wochen postoperativ nach Abschluss der Wundheilung
Komplikationen
- Komplikationsrate
- Insg. ca. 5%
- Konversionsrate von vaginalen bzw. laparoskopischen Zugängen zu offener OP ca. 2%
- Häufigste Komplikationen
- Harnblasen- und Ureterläsionen
- Harnverhalt, Harnwegsinfekt
- Gefäßverletzungen
- Blutungen (intra- und postoperativ)
- Darmverletzungen
- Ileus
- Wundinfektion
- Pelvine Infektion oder Abszess
Vaginale Hysterektomie
Allgemein
- Grundlegendes operatives Vorgehen: Komplette Entfernung des Uterus über einen vaginalen OP-Zugang
- Voraussetzungen für ein vaginales Vorgehen
- Indikationen: Insb. bei benignen Erkrankungen des Uterus sowie bei Descensus geeignet
- (Relative) Kontraindikationen
- Bei vorangegangenen Sectiones oder Eingriffen des kleinen Beckens besteht aufgrund von Adhäsionen ein erhöhtes Risiko, die Harnblase zu verletzen
- Malignome
- Lagerung: Steinschnittlage
Bei Malignomen wird die vaginale Hysterektomie aufgrund der schlechten Übersicht nicht empfohlen!
Operatives Vorgehen
- Fischmaulartige Umschneidung der Portio
- Eröffnung des Douglas-Peritoneums und Absetzen der Ligg. sacrouterinae beidseits
- Präparation des Spatium vesicocervicale mit Ablösung des Uterus von der Blase, dann eröffnen der Plica vesicouterina
- Absetzen der Parametrien und der uterinen Gefäße dicht entlang der Zervix und des Uterus
- Ggf. Morcellation des Uterus: Zerkleinerung des Uterus, um dessen Entfernung über einen Trokar bzw. die Vagina zu ermöglichen [1]
- Herausziehen des Uterus durch den Douglas-Raum bis zur Sichtbarkeit der Adnexabgänge
- Uterusnahes Absetzen der Adnexe
- Zusätzlich ggf. Kuldoplastik nach McCall: Fixierung des Vaginalstumpfes an den Ligg. sacrouterinae zur Prophylaxe eines vaginalen Deszensus bzw. einer Enterozele
- Ggf. Verschluss des Peritoneums [2]
- Verschluss der Vagina
Laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie (LAVH)
Allgemein
- Grundlegendes operatives Vorgehen: Durchführung einer Laparoskopie, die der vaginalen Hysterektomie vorgeschaltet ist
- Dies dient der Vermeidung risikobehafteter bzw. schwierig von vaginal her durchführbarer OP-Schritte
- Indikationen
- Verdacht auf Adhäsionen oder endometriosebedingte Verwachsungen
- Verdacht auf extrauterine Pathologien
- Keine ausreichende Mobilität des Uterus für einen rein vaginalen Zugang
- Uterus myomatosus (siehe auch: Hysterektomie bei Myomen)
- Notwendigkeit einer Lymphonodektomie (Lymphadenektomie) und Adnexektomie bei Endometriumkarzinomen (mit begrenzter Größe) [3][4]
- Einteilung
- LAVH I: Diagnostische Laparoskopie vor einer (ausschließlich) vaginalen Hysterektomie
- LAVH II: Laparoskopie mit kleineren Eingriffen (z.B. Adhäsiolyse) zur Vorbereitung der sonst rein vaginalen Hysterektomie
- LAVH III: Laparoskopie mit Absetzen der Ligg. rotunda, Tuben, Ligg. propria und ggf. Eröffnung der Plica vesicouterina
- LAVH IV: Laparoskopie wie in LAVH III plus Absetzen der Aa. uterinae
- LAVH V: Laparoskopie wie in LAVH IV plus Absetzen der Parametrien, vollständiges Abpräparieren der Harnblase, Absetzen der Ligg. sacrouterinae
- Lagerung: Steinschnittlage
Operatives Vorgehen am Beispiel der LAVH III
- Anbringen des Uterusmanipulators
- Laparoskopischer Zugang
- Anteflexion des Uterus und Präparation der Adnexen und Ligamenten auf beiden Seiten
- Retroflexion des Uterus und Eröffnung des Blasenperitoneums
- Ggf. Adnexektomie
- Präparation der Parametrien bzw. des Lig. latum uteri bis zur A. uterina
- Umstieg auf vaginalen Zugang
- OP-Schritte analog zur vaginalen Hysterektomie bis einschließlich Absetzen der uterinen Gefäße
- Vorsichtiges Absetzen der Parametrien und uterinen Gefäße
- Ggf. Morcellation oder Hemiotomie des Uterus
- Entfernung des Uterus durch die Vagina
- Verschluss des Peritoneums und der Vagina von vaginal
- Ggf. zusätzlich Kuldoplastik nach McCall
- Erneuter Umstieg auf laparoskopischen Zugang
- Laparoskopische Kontrolle des OP-Gebiets und falls nötig zusätzliche Nähte
- Ggf. Einlage einer Drainage
Laparoskopische suprazervikale Hysterektomie (LASH)
Allgemein
- Grundlegendes operatives Vorgehen: Laparoskopische Entfernung des Uterus unter Belassung der Zervix
- Indikationen
- Adenomyosis uteri
- Symptomatischer Uterus myomatosus (siehe auch: Hysterektomie bei Myomen)
- Blutungsstörungen
- (Relative) Kontraindikationen: Krankheitsprozesse, die die Zervix miteinbeziehen
- Lagerung: Steinschnittlage
- Nachteile: Postoperative zyklische Blutungen aufgrund verbleibender Endometriumanteile im Zervikalkanal: 0–25%
Operatives Vorgehen
- Laparoskopischer Zugang
- Anbringen des Uterusmanipulators
- Durchtrennen des Lig. rotundum
- Absetzen von Tuben und Lig. ovarii proprium
- Spalten des Lig. latum uteri bis zum Übergang Zervix/Uterus
- Spalten des Blasenperitoneums und leichte Mobilisierung nach kaudal
- Durchtrennen der uterinen Gefäße knapp unterhalb der Zervix
- Absetzen des Uteruskorpus knapp unterhalb des Übergangs zur Zervix
- Ggf. Verschluss des Peritoneums oberhalb des Zervixstumpfes
- Morcellation und Bergung des Uterus
- Wundverschluss
Beim Präparieren des Uterus sollte etwas Abstand zur seitlichen Uteruskante gehalten werden, um Blutungen aus den aufsteigenden uterinen Gefäßen zu vermeiden!
Postoperativ kommt es in 5–20% der Fälle zu persistierenden zyklischen Blutungen (meist Spotting)!
Totale laparoskopische Hysterektomie (TLH)
Allgemein
- Grundlegendes operatives Vorgehen: Komplette laparoskopische Entfernung des Uterus, ggf. nach vorheriger Morcellation bei sehr großem Uterus
- Indikationen und Voraussetzungen für eine TLH
- Verdacht auf Adhäsionen oder endometriosebedingte Verwachsungen
- Verdacht auf extrauterine Pathologien
- Uterus myomatosus (siehe auch: Hysterektomie bei Myomen)
- Keine ausreichende Mobilität des Uterus
- Bei Nulliparae und langer, enger Vagina
- Notwendigkeit einer Lymphonodektomie und Adnexektomie bei Endometriumkarzinomen (mit begrenzter Größe) [3][4]
- Spezielle Komplikationen: In einigen Studien wurde von vermehrten Nahtdehiszenzen des vaginalen Verschlusses berichtet
- Lagerung: Steinschnittlage
Operatives Vorgehen
- Laparoskopischer Zugang
- Anbringen des Uterusmanipulators
- Zunächst einseitiges Absetzen der Ligamente und Tuben, dann gleiches Verfahren kontralateral
- Durchtrennen des Lig. rotundum mit etwas Abstand zum Uterus
- Absetzen von Tube und Lig. ovarii proprium mit etwas Abstand zum Uterus
- Spalten des Lig. latum uteri bis zum Übergang Zervix/Corpus uteri
- Spalten des Blasenperitoneums bis zur Mittellinie
- Mobilisierung der Blase im Spatium vesicocervicale
- Durchtrennen der uterinen Gefäße in Höhe der Zervix
- Eröffnen der Vagina und Absetzen des Uterus, dabei Abdeckung mit einem Bauchtuch, um Gasverlust zu vermeiden
- Bergen des Uterus von vaginal
- Verschluss des Vaginalstumpfes
- Peritonealnaht und Wundverschluss
Beim Präparieren des Uterus sollte etwas Abstand zur seitlichen Uteruskante gehalten werden, um Blutungen aus den aufsteigenden uterinen Gefäßen zu vermeiden!
Erfolgt die OP aufgrund eines Malignoms, müssen ein sicherer Verschluss der Tuben und am Ende der OP eine Spülzytologie erfolgen!
Abdominale Hysterektomie
Allgemein
- Grundlegendes operatives Vorgehen: Komplette oder subtotale Entfernung des Uterus über eine Laparotomie (Unterbauchquerschnitt, im Einzelfall Längsschnitt notwendig)
- Bei Malignomen ggf. radikale bzw. erweiterte radikale Hysterektomie mit zusätzlicher Lymphonodektomie, Entfernung der Parametrien sowie von Teilen der Vagina und mitunter auch der Blase, der Ureteren und des Rektums (siehe: Onkologische Hysterektomie)
- Indikationen für ein offenes Vorgehen: Minimal-invasives oder vaginales Vorgehen nicht möglich bzw. erschwert oder intraoperative Konversion zur offenen OP
- Onkologische Indikationen: Malignomverdacht im Bereich des Uterus oder der Adnexe (siehe auch: Zervixkarzinom, Endometriumkarzinom und maligne Ovarialtumoren)
- Verdacht auf extrauterine Pathologien
- Verdacht auf ausgeprägte Adhäsionen aufgrund vorangegangener Operationen oder Begleiterkrankungen
- Keine ausreichende Mobilität und/oder starke Vergrößerung des Uterus
- Lange, enge Vagina
- Nulliparae oder postmenopausale Patientinnen mit Atrophie
- Adipöse Patientinnen
- Postpartale Hysterektomie bei Atonie, Placenta increta oder Ähnliches (siehe auch: Peripartale Blutungen)
- Lagerung: Rücken- oder Steinschnittlage
Operatives Vorgehen bei totaler offener Hysterektomie
- Eröffnung des Abdomens (i.d.R. über Unterbauchquerschnitt)
- Zugang zum Retroperitoneum durch Absetzen von Lig. rotundum und Peritoneum
- Durchtrennen des vorderen Blattes des Lig. latum uteri nach distal
- Ggf. Präparation des Ureters zur besseren Darstellung und sicheren Schonung
- Durchtrennen des hinteren Blattes des Lig. latum uteri nach distal bis zum Lig. sacrouterinum
- Darstellung des Blasenperitoneums mit Mobilisierung der Harnblase im Bereich des Spatium vesicouterinum bis unterhalb der Zervix
- Absetzen der uterinen Gefäße nahe des Lig. sacrouterinum
- Ggf. Mobilisierung des Rektums bei Verwachsungen mit der Zervix
- Absetzen der Parametrien bis einschließlich der Ligg. sacrouterinae, wodurch sich die Vagina beidseits lateral öffnen lässt
- Absetzen des Uterus von der restlichen Vaginalwand
- Zusätzlich ggf. Kuldoplastik nach McCall
- Verschluss der Vagina
- Verschluss des Peritoneums
- Wundverschluss
Operatives Vorgehen bei subtotaler offener Hysterektomie
- Verfahren wie bei der totalen offenen Hysterektomie, aber suprazervikales Absetzen des Uterus
- Heute nur noch bei schwierigem OP-Situs indiziert
Vergleich verschiedener Hysterektomie-Formen
Übersicht
Empfehlung nach Leitlinie [5]: Die vaginale HE sollte der abdominalen HE vorgezogen werden. Wenn das nicht möglich ist, stellen minimal-invasive Verfahren die erste Alternative dar.
- Vaginale Hysterektomie
- Schnellere Rekonvaleszenz, kürzerer Klinikaufenthalt und weniger Fieberereignisse als bei (offener) abdominaler Hysterektomie
- Weniger intraoperative Blutungskomplikationen und kürzere OP-Dauer als bei laparoskopischer Hysterektomie
- Laparoskopische vs. offene Hysterektomie
- Vorteile: Geringerer Blutverlust und schnellere Rekonvaleszenz mit kürzerem Klinikaufenthalt
- Nachteile: Häufige Blasen- und Ureterverletzungen
- Vorteile der laparoskopisch assistierten vaginalen Hysterektomie (LAVH) gegenüber der totalen laparoskopischen Hysterektomie (TLH)
- Geringere Infektrate und kürzere OP-Dauer
Die vaginale Hysterektomie sollte – soweit möglich – Therapiemethode der 1. Wahl sein, alternativ kann die Durchführbarkeit einer laparoskopischen Hysterektomie geprüft werden. Die abdominale Hysterektomie sollte nur bei spezifischer Indikation (z.B. Malignom) gewählt werden!
Belassen der Cervix uteri (suprazervikale Verfahren)
- Bisher liegen nur unzureichende Daten zur vermuteten Überlegenheit suprazervikaler Verfahren gegenüber der kompletten Entfernung vor
- Vermuteter Vorteil: Erhalt des Beckenbodens, daher weniger postoperative Beschwerden
- Nachteile
- Zervixkarzinom-Früherkennung weiterhin notwendig
- Ggf. postoperativ persistierende zyklische Blutungen möglich (meist Spotting)