Zusammenfassung
Die laparoskopische Chirurgie bezeichnet eine minimal-invasive Operationsform (MIC: minimal-invasive Chirurgie), bei der über kleine Hautschnitte mithilfe schmaler Zugänge (Trokaren) operiert wird. Um ausreichend Platz für die laparoskopische Operation zu schaffen, wird der enge intraabdominelle Raum mit CO2 befüllt (sog. Kapnoperitoneum). Vorteile der Laparoskopie sind u.a. geringere postoperative Schmerzen, frühere Mobilisierung und kosmetisch günstigere Ergebnisse. Nachteile liegen bspw. in dem größeren technischen Aufwand und der längeren Operationsdauer. Heutzutage werden immer mehr Operationen standardmäßig minimal-invasiv durchgeführt. So erfolgen Cholezystektomien oder Appendektomien heute standardmäßig laparoskopisch.
Indikation
Abdominalchirurgische Eingriffe
- Viszeralchirurgische Operationen: Bspw. Cholezystektomie , Appendektomie , Hernienoperationen (TEPP, TAPP, Hiatoplastik), kolorektale Eingriffe
- Gynäkologische Operationen: Bspw. Hysterektomie , Ovarektomie, Ausräumung von Endometrioseherden
- Urologische Operationen: Bspw. Nephrektomie, Nierenbeckenplastik, radikale Prostatektomie
Diagnostische Laparoskopien
- Akute unklare Abdominalschmerzen
- Bspw. bei V.a. Appendizitis
- CAVE: Laparoskopie kontraindiziert bei Kreislaufinstabilität bzw. Schock!
- Für weitere Informationen zum Vorgehen im Notfall siehe auch: Diagnostik des akuten Abdomens
- Chronische abdominelle Beschwerden: Bspw. bei V.a. Adhäsionen oder Endometriose
- Akutes Abdominaltrauma: Bspw. Messerstichverletzung
- Staging: Bspw. bei fortgeschrittenem Magenkarzinom [1]
Vor- und Nachteile
Vor- und Nachteile der laparoskopischen Chirurgie | |
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Vorteile | Nachteile |
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Kontraindikation
Ob eine Laparoskopie durchgeführt werden kann, hängt u.a. von patientenspezifischen Faktoren sowie klinikinternen Standards ab. Absolute Kontraindikationen haben sich in den letzten Jahren zunehmend relativiert. So galten bspw. Schwangerschaften im 3. Trimenon lange als Kontraindikation für eine Laparoskopie, inzwischen wurde dies jedoch revidiert [3][4].
- Absolute Kontraindikationen
- Dekompensierte Herzinsuffizienz
- Dekompensierte respiratorische Insuffizienz
- Schock
- Relative Kontraindikationen
- Multiple Voreingriffe (hohe Gefahr für Darmverletzungen aufgrund von Adhäsionen)
- Ileus
- Erhöhter intrakranieller Druck [5]
Eine Schwangerschaft stellt bei bestehender OP-Indikation keine Kontraindikation für eine Laparoskopie dar! [3]
Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Vorbereitung
Präoperatives Management
Wie bei allen operativen Eingriffen sind auch vor einer Laparoskopie verschiedene präoperative Maßnahmen durchzuführen. Je nach Dringlichkeit der Operation (elektiv vs. Notfall) können diese mehr oder weniger intensiv ausfallen. Siehe hierzu auch:
- Indikationsstellung (Laparoskopie - Indikationen)
- Perioperatives Management
- Für darmchirurgische Eingriffe siehe insb.
- Für Informationen zur OP-Vorbereitung auf Station und dem Ablauf im OP siehe
Material und Geräte [6]
- Unsteril
- Laparoskopieturm: Bildschirm, Lichtquelle, Kamerasteuereinheit, Gasinsufflator
- Elektrochirurgisches Gerät
- Saugsystem
- Steril
- Kamera und Lichtleiterkabel
- Trokare
- Ggf. Veres-Nadel
- Instrumente
- Konventionelle Instrumente
- Laparoskopische Instrumente
- Ggf. Sauger/Spülung
- Ggf. monopolare/bipolare Instrumente
- Gasschlauch
- Nahtmaterial für Faszien- und Hautnaht
- OP-Abdeckung
- Kompressen/Tupfer
- Handschuhe und Kittel
Anästhesie bei laparoskopischen Eingriffen
Durchführung einer Allgemeinanästhesie
- Reduktion des Aspirationsrisikos durch Intubation und Verwendung einer nasogastralen Magensonde
- Tiefe neuromuskuläre Blockade
- Notwendig zur Anlage eines Kapnoperitoneums
- Überwachung mittels neuromuskulärem Monitoring (Relaxometrie)
- Siehe hierzu auch: Allgemeinanästhesie
Veränderung physiologischer/anästhesiologischer Parameter [7]
- Erhöhter intraabdomineller Druck durch peritoneale CO2-Insufflation → Verlagerung des Zwerchfells nach kranial → Intrathorakale Druckerhöhung
- Verminderte funktionelle Residualkapazität (FRC) und Compliance der Lunge → Höhere Beatmungsdrücke bei gleichem Volumen nötig
- Verminderter venöser Rückstrom → Ausreichend Volumengabe notwendig (CAVE bei Herzinsuffizienz!)
- Veränderte Hämodynamik
- Änderung des Gasaustausches
- Reduzierte O2-Aufnahme
- Vermehrte CO2-Diffusion ins Blut durch peritoneale Resorption
- Steigerung des Atemminutenvolumens zur Vermeidung einer Hyperkapnie notwendig
- Vermehrte CO2-Resorption bei gleichzeitig verminderter CO2-Abgabe über die Lunge führt zu einer Differenz zwischen arteriellem und endtidalem CO2-Wert
- Messung des arteriellen CO2-Werts über eine BGA
- Weitere Veränderungen
- Steigerung des gastroösophagealen Refluxes
- Verminderung der Körpertemperatur
- Verminderung der Urinausscheidung
- Transaminasenerhöhung
Ablauf/Durchführung
Zugangswege [8][9]
Bzgl. der ersten Trokarplatzierung haben sich zwei unterschiedliche Zugangswege etabliert – ein offenes Vorgehen nach Hasson und das geschlossene Vorgehen mittels Veres-Nadel. Es gibt keine Evidenz, dass einer der beiden Zugangswege bzgl. Komplikationen überlegen ist. In der Gynäkologie hat sich der Zugangsweg mittels Veres-Nadel etabliert. I.d.R. wird der erste Trokar oberhalb oder unterhalb des Nabels eingebracht, da dort die Bauchdecke am dünnsten ist.
Offenes Vorgehen nach Hasson (Hasson-Technik) [9]
- Durchführung
- Hautinzision mit dem Skalpell in Trokargröße (15–20 mm)
- Präparation der Subkutis bis auf das vordere Faszienblatt
- Scharfe Eröffnung des vorderen Faszienblattes
- Zurseiteschieben des M. rectus abdominis
- Anspannen des hinteren Faszienblattes durch Hochziehen mittels Kocher-Klemme oder Pinzette und Eröffnung des hinteren Faszienblattes mit der Schere oder dem Skalpell
- Eröffnung des Peritoneums
- Einbringen des ersten Trokars mit stumpfem Inlay
- Anschluss des Gasschlauches an das Ventil des ersten Trokars und Beginn der CO2-Insufflation (Kapnoperitoneum)
- Umgehende Laparoskopie durch Einbringen der Kamera über den ersten Trokar zur Lagekontrolle
- Ggf. Neuplatzierung des Trokars bei Fehllage
Geschlossenes Vorgehen mittels Veres-Nadel
- Durchführung
- Inzision der Haut mit dem Skalpell in Trokargröße (15–20 mm)
- Präparation der Subkutis bis auf das vordere Faszienblatt
- Fassen und Anheben der Faszie bspw. mit Kocher-Klemmen
- Platzierung der Veres-Nadel senkrecht zur Faszie und Vorschieben in die Abdominalhöhle
- Durchführung der Lagetests (s.u.)
- Anschluss des Gasschlauches an das Ventil der Veres-Nadel und Beginn der CO2-Insufflation (Kapnoperitoneum) unter Kontrolle der Flussrate und des Drucks (Manometertest)
- Bei ausreichendem Kapnoperitoneum: Entfernung der Veres-Nadel
- Einbringen des scharfen Trokars über den gleichen Zugang
- Umgehende Laparoskopie durch Einbringen der Kamera über den ersten Trokar zur Lagekontrolle
- Ggf. Neuplatzierung des Trokars bei Fehllage
- Lagekontrolle der Veres-Nadel
- Aspirationstest: Aufsetzen einer Spritze auf die Veres-Nadel → Bei korrekter Lage der Nadel ist keine Aspiration (von Luft oder Flüssigkeit) möglich
- Schlürftest: Applikation eines Tropfens NaCl auf die Veres-Nadel → Bei manuellem Anheben der Bauchdecke sollte das NaCl nach intraabdominell eingesaugt werden (schlürfendes Geräusch)
- Injektionstest: Injektion von 2–3 mL NaCl durch die Veres-Nadel → Bei korrekter Lage ist dies ohne Widerstand möglich und die Flüssigkeit verschwindet intraabdominell
- Manometertest: Ein niedriger Druck ≤5 mmHg sowie ein hoher Gasfluss nach Beginn der CO2-Insufflation sprechen für eine korrekte intraabdominelle Lage der Veres-Nadel
Anlage des Kapnoperitoneums
Um ausreichend Platz für die laparoskopische Operation zu schaffen, wird der enge intraabdominelle Raum mit CO2 befüllt. Durch das Kapnoperitoneum kommt es zu einer intraabdominellen Druckerhöhung, was Veränderungen verschiedener physiologischer und anästhesiologischer Parameter zur Folge hat. Dadurch kann bei manchen (Risiko‑)Patienten eine Laparoskopie kontraindiziert sein (siehe hierzu auch: Laparoskopie - Kontraindikationen).
- Ziel
- Vergrößerung des Operationsgebietes
- Bessere Sicht und freierer Zugang zum Operationsgebiet
- Reduzierte Verletzungsgefahr der inneren Organe
- Durchführung
- Befüllung des intraabdominellen Raumes mit CO2
- Anschluss des Gasschlauches an das Ventil des ersten Trokars
- CO2-Insufflation (Maximaldruck von 14 mmHg)
- Aufrechterhaltung des Druckes durch kontinuierlichen Gasfluss
- Komplikationen siehe: Komplikationen des Kapnoperitoneums
Operationsschritte
- Laparoskopie: Inspektion aller 4 Quadranten des Abdominalraums mit der Kamera
- Ausschluss iatrogener Verletzungen durch die Trokarplatzierung unmittelbar unterhalb des Optiktrokares
- Schaffung weiterer Arbeitstrokare
- Hautschnitt im Bereich der geplanten Trokarplatzierung entsprechend der Trokargröße
- Einbringen der Trokare mit scharfem Inlay unter Sicht (Kamera), zu vermeiden sind dabei
- Verletzung der A. und V. epigastrica superficialis
- Verletzung intraabdomineller Strukturen
- Kulissenphänomen
- Durchführung der erforderlichen Maßnahmen
- Diagnostische Laparoskopie: Inspektion aller 4 Quadranten mittels Taststab und/oder atraumatischer Fasszange
- Therapeutische Maßnahmen: Behandlung von Pathologien, die im Rahmen der Laparoskopie detektiert wurden
- Entfernung der Trokare und Ablassen des Kapnoperitoneums
- Verschluss der Faszie: Bei Faszieninzisionen >1 cm (Vorbeugung von Trokarhernien) [10]
- Verschluss der Haut: Durch Naht oder Klammern und Schutz durch sterilen Verband/Pflaster
- Sign-out: Teamübergreifende Zusammenfassung des Operationsverlaufs mit ergriffenen Maßnahmen, etwaige wichtige Nachbehandlungen, vorhandene Pathologiepräparate und Bestätigung der vollständigen Zählkontrolle
Postoperatives Management
Analog zu konventionell chirurgischen Operationen – in Bezug auf die Laparoskopie sind hier keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Der Schmerzmittelbedarf ist nach einer Laparoskopie i.d.R. jedoch geringer als bei konventioneller Operationstechnik. Für weitere Informationen zum postoperativen Prozedere siehe auch:
- Postoperatives Management
- Postoperatives Management auf der Station
- Für darmchirurgische Eingriffe siehe insb.
Komplikationen
Intraoperative Komplikationen
- Komplikationen durch das Kapnoperitoneum
- Beeinträchtigung der Atemmechanik
- Pneumothorax
- Beeinträchtigung der Hämodynamik
- Erhöhter gastraler Reflux (durch erhöhten intraabdominellen Druck) → Erhöhtes Aspirationsrisiko
- Hautemphysem
- Anstieg des paCO2 (durchschnittlich um 8–10 mmHg) → Mögliche Hyperkapnie
- Verringerung der Körpertemperatur
- Verletzung extraperitonealer und intraperitonealer Strukturen
Postoperative Komplikationen
- Lagerungsschäden durch teilweise extreme Lagerung
- Siehe auch: Allgemeine postoperative Komplikationen und Postoperative Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Alternative Methoden
Ein konventionelles, offenes Operationsverfahren kann immer als Alternative gewählt werden. Zudem wird die laparoskopische Technik selbst stetig weiterentwickelt und ist in den letzten Jahren um folgende neuere Technologien ergänzt worden:
Alternative Laparoskopie-Arten [9][11][12]
- Single Incision Laparoscopic Surgery (SILS)
- Besonderheit: Alle benötigten Instrumente einschließlich der Kamera werden über nur einen Trokar eingebracht
- Anwendungsmöglichkeiten: Cholezystektomie , Appendektomie, Fundoplicatio
- Natural Orifice Transluminal Endoscopic Surgery (NOTES)
- Besonderheit: Als Zugangsweg dient eine natürliche Körperöffnung
- Anwendungsmöglichkeiten: Hybrid-transvaginale Cholezystektomie (siehe NOTES-Cholezystektomie)
- 3D-Laparoskopie
- Besonderheit: Entstehung eines dreidimensionalen Bildes mit Tiefenwahrnehmung durch die Verwendung von Polarisationsbrillen
- Anwendungsmöglichkeiten: Leistenhernienoperationen, Nephrektomie, Cholezystektomie
- Roboter-unterstützte Laparoskopie
- Besonderheit: 3–4 Roboterarme werden durch Chirurgen über eine Konsole gesteuert, die nicht zwangsläufig im Operationssaal stehen muss
- Anwendungsmöglichkeiten: Prostatektomie, Hysterektomie, Darmresektion