Zusammenfassung
Das Ovar besteht aus unterschiedlichen Geweben (Oberflächenepithel, Keimzellen, Keimstrang-Stroma), aus denen sich benigne und maligne Tumoren entwickeln können. Die Symptomatik kann vielschichtig sein und reicht von Zyklus- und Blutungsstörungen über lokale abdominelle Beschwerden bis hin zu endokrinologischen Phänomenen aufgrund hormonproduzierender Tumoren. Einige benigne Tumoren des Ovars sind hier der Vollständigkeit halber mit aufgeführt, sie werden jedoch in einem anderen Kapitel ausführlich behandelt (siehe: Benigne Ovarialtumoren).
Der häufigste maligne Tumor des Ovars ist das aus dem Oberflächenepithel hervorgehende Ovarialkarzinom. Außer bei genetischer Prädisposition handelt es sich dabei hauptsächlich um eine Krebserkrankung älterer Frauen, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 68 Jahren. Ovarialkarzinome werden wegen fehlender Frühsymptome häufig erst in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert, was i.d.R. mit einer schlechten Gesamtprognose einhergeht. Sie metastasieren primär lymphogen sowie intraperitoneal und können sich dann durch eine aszitesbedingte Bauchumfangsvermehrung bemerkbar machen. Diagnostisch kommt initial die transvaginale Sonografie zum Einsatz. Die apparative Diagnostik ersetzt jedoch nicht das operative Staging beim Ovarialkarzinom. Dieses beinhaltet sowohl die Diagnostik als auch die operative Entfernung der maximalen Menge an Tumorgewebe. Ergänzend zur operativen Therapie wird in den meisten Fällen eine platinhaltige Chemotherapie durchgeführt. Die Prognose ist direkt abhängig von der Radikalität der Tumorentfernung bzw. des postoperativ verbleibenden Tumorrests.
Das primäre Peritonealkarzinom sowie das Tubenkarzinom entspringen zwar nicht dem Ovar, werden jedoch dennoch nach der TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren eingeteilt. Auch Diagnostik und Therapie entsprechen denen des Ovarialkarzinoms.
Das Management bei Borderline-Tumoren, Keimstrang-Stroma-Tumoren und Keimzelltumoren des Ovars unterscheidet sich hingegen in einigen Punkten von demjenigen des Ovarialkarzinoms.
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Epidemiologie
- Maligne Ovarialtumoren [1][2][3][4]
- Inzidenz (D, 2020)
- Standardisiert: 10,7:100.000 Frauen pro Jahr
- Ovarialkarzinom: Dritthäufigstes gynäkologisches Karzinom [1][4]
- Lebenszeitprävalenz: 1–2%
- Mortalität: 6,4:100.000 Frauen
- Am zweithäufigsten tödlich verlaufendes gynäkologisches Malignom
- Mittleres Erkrankungsalter: 68 Jahre
- Familiäre Häufung und jüngeres Erkrankungsalter bei genetischer Prädisposition
- Maligne Ovarialtumoren vor dem 45. Lebensjahr → Meist Keimzelltumoren
- Stadium bei Diagnosestellung: In ca. 75% der Fälle erfolgt die Erstdiagnose bereits in fortgeschrittenem Stadium (ab FIGO IIB)
- Siehe auch: TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren
- Inzidenz (D, 2020)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Risikofaktoren für ein Ovarialkarzinom [2][3]
Hormonelle Risikofaktoren
- Hohe Anzahl an Ovulationen (frühe Menarche und späte Menopause) [2]
- Infertilität/Nulliparität
- PCO-Syndrom [2][5]
- Endometriose, insb. bei Endometriomen
- Menopausale Hormontherapie [6]
Hereditäre Risikofaktoren
Bei ca. 14% aller Patientinnen mit Ovarialkarzinom finden sich Keimbahnmutationen.
- Hereditäres Mamma- und Ovarialkarzinom (HBOC): Wichtigster Risikofaktor! (Siehe hierzu auch: Hereditäres Mammakarzinom)
- Familiäre Häufung und jüngeres Erkrankungsalter
- BRCA1- oder BRCA2-Mutation [3]
- Seltener: BRIP1-, RAD51C-Mutation [3]
- Genetische Beratung empfohlen (siehe auch: Einschlusskriterien der genetischen Diagnostik bei Mamma- und Ovarialkarzinom)
- Weitere Erkrankungen mit erhöhtem Risiko für ein Ovarialkarzinom
- HNPCC-Syndrom (bzw. Lynch-Syndrom) [7]
- Peutz-Jeghers-Syndrom
Sonstige Risikofaktoren
- Alter
- Adipositas
- Asbestexposition
- Perineale Anwendung von Talkumpuder
- Hoher sozioökonomischer Status
Protektive Faktoren für ein Ovarialkarzinom [2][3][8]
- Multiparität
- Lange Stillperiode
- Orale Kontrazeptiva
- Tubenligatur [3][8]
- Bilaterale Salpingektomie (prophylaktisch)
- Bilaterale Salpingo-Oophorektomie (prophylaktisch, bei BRCA1- oder BRCA2-Trägerinnen)
Klassifikation
- Tumorstadien siehe: TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren
- Histopathologische Klassifikation (WHO 2014)
- Epitheliale Tumoren des Ovars (aus Oberflächenepithel, häufigste Entität!)
- Nicht-epitheliale Tumoren des Ovars
- Keimstrang-Stroma-Tumoren (aus Gonadenmesenchym)
- Keimzelltumoren des Ovars (aus Keimzellen)
- Außerdem: Metastasen, Mischformen, undifferenzierte Karzinome
TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren
Allgemeine Informationen [3]
- Die TNM-/FIGO-Klassifikation gilt für alle malignen epithelialen und nicht-epithelialen Ovarialtumoren sowie für Borderline-Tumoren, Tuben- und Peritonealkarzinome
- Frühes Ovarialkarzinom (25–30% der Patientinnen): FIGO I bis IIA
- Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom (ca. 75% der Patientinnen): Ab FIGO IIB
- TNM- und FIGO-Klassifikation sind übereinstimmend
- Der Tumorursprung wird mit einer entsprechenden Endung angegeben
- TOv → Ovar
- Tft → Tube
- Tp → Peritoneum
- TX → Ursprung unbekannt
TNM-Klassifikation und FIGO-Stadien maligner Tumoren des Ovars, der Tube und des primären peritonealen Karzinoms 2018 [2][3] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
TNM | FIGO | Anatomische Ausbreitung | ||||
TX | — | Primärtumor nicht bekannt | ||||
T0 | — | Kein Anhalt für Primärtumor | ||||
T1, FIGO I: Auf Ovarien oder Tuben beschränkter Tumor | ||||||
T1a | IA | Tumor auf ein Ovar (Kapsel intakt) / eine Tube (Serosa intakt) begrenzt, Ovar- oder Tubenoberfläche tumorfrei, Spülzytologie negativ | ||||
T1b | IB | Tumor auf beide Ovarien (Kapsel intakt) / beide Tuben (Serosa intakt) begrenzt, Ovar- oder Tubenoberfläche tumorfrei, Spülzytologie negativ | ||||
T1c | IC | Tumor auf ein/e oder beide Ovarien/Tuben begrenzt plus einer der folgenden Punkte | ||||
T2, FIGO II: Auf eine oder beide Ovarien/Tuben beschränkter Tumor mit zytologisch/histologisch nachgewiesener Ausbreitung ins kleine Becken oder primäres Peritonealkarzinom | ||||||
T2a | IIA | Infiltration des kleinen Beckens: Uterus und/oder Tuben und/oder Ovarien | ||||
T2b | IIB | Infiltration des kleinen Beckens: Weitere (intraperitoneale) Organe und Strukturen | ||||
T3 und/oder N1, FIGO III: Auf eine oder beide Ovarien/Tuben beschränkter Tumor oder primäres Peritonealkarzinom mit zytologisch/histologisch nachgewiesener Ausbreitung außerhalb des kleinen Beckens und/oder retroperitoneale Lymphknotenmetastasen | ||||||
N1a | IIIA1i | Nur retroperitoneale Lymphknotenmetastasen (pelvin/paraaortal) ≤1 cm | ||||
N1b | IIIA1ii | Nur retroperitoneale Lymphknotenmetastasen (pelvin/paraaortal) >1 cm | ||||
T3a, jedes N | IIIA2 | Mikroskopische Ausbreitung auf das Peritoneum außerhalb des kleinen Beckens, mit oder ohne retroperitoneale Lymphknotenmetastasen | ||||
T3b, jedes N | IIIB | Makroskopische Ausbreitung (≤2 cm) auf das Peritoneum außerhalb des kleinen Beckens, mit oder ohne retroperitoneale Lymphknotenmetastasen | ||||
T3c, jedes N | IIIC | Makroskopische Ausbreitung (>2 cm) auf das Peritoneum außerhalb des kleinen Beckens (inkl. Ausbreitung auf Kapsel von Leber und/oder Milz) mit oder ohne retroperitoneale Lymphknotenmetastasen | ||||
M1, FIGO IV: Fernmetastasen (exkl. Peritonealmetastasen) | ||||||
M1a | IVA | Pleuraerguss mit positiver Zytologie | ||||
M1b | IVB | Metastasen in Leber und/oder Milz, extraabdominelle Metastasen (inkl. inguinaler und/oder anderer extraabdomineller Lymphknotenmetastasen) |
Epitheliale Tumoren des Ovars
In diesem Abschnitt werden der Vollständigkeit halber die malignen und benignen epithelialen Tumoren des Ovars aufgeführt.
Allgemeine Informationen [2][3]
- Häufigkeit
-
Epitheliale Tumoren sind die häufigsten Ovarialtumoren!
- Ca. 70% aller Ovarialtumoren
- Ca. 90–95% aller malignen Ovarialtumoren (Ovarialkarzinom)
-
Epitheliale Tumoren sind die häufigsten Ovarialtumoren!
- Dignität der epithelialen Tumoren des Ovars
- Ca. 50–60% benigne
- Ca. 30–40% maligne
- Ca. 10–20% Borderline-Tumoren
Epitheliale Tumoren des Ovars
Epitheliale Tumoren des Ovars [2][3] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Histologie (WHO-Klassifikation 2014) | Dignität | Subtyp | Charakteristika | |||
Serös, papillär wachsend (häufigster Ovarialtumor) | Benigne |
|
| |||
Maligne |
|
|
| |||
| ||||||
Endometrioid | Benigne |
|
| |||
I.d.R. Maligne |
|
| ||||
Muzinös (zweithäufigster Ovarialtumor) | I.d.R. benigne |
|
|
| ||
Maligne |
|
| ||||
Klarzellig | Benigne |
| — | |||
Maligne |
|
| ||||
Brenner-Tumoren | I.d.R. Benigne |
|
| |||
Maligne |
|
| ||||
Seromuzinös | Benigne |
| — | |||
Maligne |
|
| ||||
|
Als Ovarialkarzinome werden alle malignen epithelialen Tumoren des Ovars bezeichnet!
Exkurs: Seröses tubares intraepitheliales Karzinom (STIC) [3][9][10][11]
- Definition: Vorläuferläsion für Malignome des Beckens
- Lokalisation: Meistens distale Tube betroffen
- Risikofaktoren
- BRCA-Mutation [3]
- p53-Mutation (wie bei High-Grade serösem Ovarialkarzinom)
- Besonderheiten
- Bei prophylaktischer laparoskopischer Salpingo-Oophorektomie im Rahmen einer BRCA-Mutation: Histologische Suche nach STIC obligat
- Therapie: Aufgrund dünner Datenlage nicht endgültig geklärt, diskutiert werden
- Gynäkologische Untersuchung alle 6 Monate mit Bestimmung des Tumormarkers CA-125 oder
- Operatives Staging beim Ovarialkarzinom (aufgrund des erhöhten Risikos für ein bereits vorliegenden High-Grade seröses Ovarialkarzinom)
Nicht-epitheliale Tumoren des Ovars
In diesem Abschnitt werden sowohl maligne als auch benigne nicht-epitheliale Tumoren des Ovars aufgeführt.
Sonstige Tumoren des Ovars – Übersicht
Nicht-epitheliale Tumoren des Ovars [2] | |||
---|---|---|---|
Tumor (WHO-Klassifikation 2014) | Subtyp | Charakteristika | |
Keimzelltumoren des Ovars (ca. 15–25% aller Ovarialtumoren), siehe auch: Management bei Keimzelltumoren des Ovars | Teratom (95% aller Keimzelltumoren) | Adult, reif |
|
| |||
Unreif |
| ||
Dysgerminom |
| ||
Dottersacktumor |
| ||
Nicht-gestationales Chorionkarzinom |
| ||
Keimstrang-Stroma-Tumoren (ca. 5–10% aller Ovarialtumoren), siehe auch: Management bei Keimstrang-Stroma-Tumoren des Ovars | Granulosazelltumor (häufigster Keimstrang-Stroma-Tumor) |
| |
Thekazelltumor | |||
Androblastom (Sertoli-Leydig-Zell-Tumor, Arrhenoblastom) |
| ||
Malignes Fibrosarkom |
| ||
(Benignes) Ovarialfibrom |
| ||
Metastasen (10–15%) | Häufig Tumoren des Gastrointestinaltraktes, Mamma- oder Endometriumkarzinome, maligne Lymphome |
|
Pathologie
Histopathologische Klassifikation (WHO 2014)
- Drei verschiedene Anteile des Ovars, aus denen Tumoren entstehen können
- Oberflächenepithel → Epitheliale Tumoren des Ovars
- Gonadenmesenchym → Keimstrang-Stroma-Tumoren
- Keimzellen → Keimzelltumoren des Ovars
- Außerdem: Metastasen, Mischformen, undifferenzierte Karzinome
Histologische Einteilung und Grading der epithelialen Tumoren des Ovars (WHO 2014) [2][3][15][16]
- Seröses Ovarialkarzinom (Allgemeine Pathologie)
- Makroskopisch: Relativ große Tumoren, zystische und solide Anteile
- Histologisch
- Heterogene Architektur (papillär, drüsig, solide)
- Eindeutige Stromainvasion
- Evtl. Psammomkörperchen
- Low-Grade seröses Karzinom (G1)
- High-Grade seröses Karzinom (G3)
- Muzinöses Ovarialkarzinom
- Glanduläres Wachstum mit (atypischen) muzinösen Drüsen
- Expansiv invasives vs. destruktives Wachstum
- Glanduläres Wachstum mit (atypischen) muzinösen Drüsen
- Endometrioides Ovarialkarzinom G1–G3
- Ähnelt histologisch dem Endometriumkarzinom
- Glanduläre oder kribriforme Architektur
- Heterogene Drüsenform: Rücken-an-Rücken („dos à dos“), länglich oder rund
- Meist solide wachsend
- Klarzelliges Ovarialkarzinom (G3)
- Vielfältige Architektur: Solide, tubulozystische und papilläre Anteile nebeneinander
- Meist helles Zytoplasma, deutliche Kernatypien, geringe Mitoserate
- Weitere: Undifferenziertes Karzinom, Brenner-Tumoren, Borderline-Tumoren des Ovars
Zum Vergleich: Normalbefunde
Metastasierungswege
- Lymphogen: Pelvine und paraaortale Lymphknoten, seltener inguinale Lymphknoten
- Hämatogen
- Selten, i.d.R. versterben Patientinnen vor der hämatogenen Metastasierung
- Lunge, Leber, Knochen, ZNS
- Per continuitatem: Peritonealkarzinose mit intraperitonealer Ausbreitung und oberflächlichen Metastasen
- Kleines Becken: Sigmoid, Blasendach, kraniale Anteile des Uterus
- Oberbauch: Zwerchfell, Gallenblase, Leber, Milz
- Peritoneum viscerale/parietale, Omentum majus
- Intraperitoneale Darmanteile: Jejunum, Ileum, Colon transversum
- Pleura visceralis/parietalis: Pleurakarzinose
Symptomatik
Allgemeine Symptome [2][3]
- Meist keine Frühsymptome
- In fortgeschrittenen Stadien (ab FIGO IIB): Größe und Wachstum des Tumors führen zu
- Abdominellen Beschwerden
- Übelkeit, Völlegefühl, Stuhlunregelmäßigkeiten
- Zunahme des Bauchumfangs (Aszites)
- Erhöhte Miktionsfrequenz
- Dyspnoe bei Pleuraerguss
- Facies ovarica: Tumorkachexie mit eingefallenem Gesicht und durch Aszites vorgewölbtem Bauch
- Zyklus- und Blutungsstörungen sowie Postmenopausenblutungen möglich
- Pseudo-Meigs-Syndrom: Maligner Ovarialtumor in Assoziation mit Pleuraergüssen und Aszites
- Abdominellen Beschwerden
Bei Patientinnen über 50 Jahre sollten folgende wiederholt oder dauerhaft auftretenden Symptome abgeklärt werden: Völlegefühl, Blähungen, unklare abdominelle Schmerzen, erhöhte Miktionsfrequenz!
Das erste Symptom ist oftmals die Zunahme des Bauchumfangs (Kleidung passt nicht mehr)!
Verlaufs- und Sonderformen
Sonderform des Ovarialkarzinoms: Extraovarielles Ovarialkarzinom
Klassifikation, Diagnostik und Therapie erfolgen analog zum Ovarialkarzinom!
- Primäres Peritonealkarzinom [2][17]
- Definition: Fortgeschrittener Befall des kleinen Beckens und Peritoneums mit meist serös-papillären Karzinomstrukturen bei weitgehend oder komplett tumorfreien Ovarien
- Klassifikation: TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren
- Symptome und Therapie: Analog zum Ovarialkarzinom, siehe auch: Symptome eines Ovarialkarzinoms, Therapie des Ovarialkarzinoms
- Differenzialdiagnose: Peritonealkarzinose eines anderen Karzinoms (z.B. Mammakarzinom, Magenkarzinom)
- Tubenkarzinom [17]
- Definition: Seltenes, primär von den Tuben ausgehendes Karzinom
- Klassifikation: TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren
- Symptome und Therapie: Analog zum Ovarialkarzinom, siehe auch: Symptome eines Ovarialkarzinoms, Therapie des Ovarialkarzinoms
Diagnostik
Das diagnostische Vorgehen richtet sich primär nach dem Ovarialkarzinom. Bei nicht-epithelialen Ovarialtumoren sind ggf. weitere zusätzliche Untersuchungen notwendig, siehe hierzu: Borderline-Tumoren des Ovars, Management bei Keimzelltumoren des Ovars, Management bei Keimstrang-Stroma-Tumoren des Ovars.
Diagnostik bei V.a. ein Ovarialkarzinom [2][3]
Die apparative/bildgebende Diagnostik ersetzt nicht das operative Staging beim Ovarialkarzinom! [3]
Klinische Untersuchung
- Spekulumeinstellung: Ggf. Tumorinfiltration sichtbar
- Bimanuelle vaginale Tastuntersuchung inkl. rektovaginaler Palpation
- Beurteilung von Größe, Konsistenz, Oberfläche der Ovarien und ggf. palpablen Raumforderungen
- Portioschiebeschmerz
- Beurteilung des Douglas-Raums
- Hinweis auf Ovarialkarzinom: Pathologische Resistenz mit unregelmäßiger Oberfläche, schlecht verschieblich
Transvaginalsonografie
- Wichtigste Bildgebung, Sensitivität 95%!
- Beurteilung des Tumors u.a. nach Größe, Struktur, Form, Abgrenzbarkeit gegenüber benachbarten Organen
- Siehe auch: IOTA-Kriterien zur Beurteilung der Dignität von Ovarialtumoren
Sonografische Kriterien zur Beurteilung von Ovarialtumoren [2] | ||
---|---|---|
Benigne | Maligne | |
Binnenstruktur | Gleichmäßig | Unregelmäßig verdickte Septen |
Rand-/Oberflächenstruktur | Glatt begrenzt | Unscharf begrenzt; papilläre Anteile |
Größe | <5 cm | >5 cm |
Echogenität | Echoleer | Echoarme, echoleere u. echoreiche Anteile |
Anteile | Zystisch | Zystische und solide Anteile |
Vaskularisation | Unauffällig | Ggf. zentrale Vaskularisationen |
Douglas-Raum | Unauffällig | Ggf. freie Flüssigkeit (Aszites) |
Sonografische IOTA-Kriterien zur Beurteilung der Dignität von Ovarialtumoren [2][18]
- Easy Descriptors: Direkte Diagnosestellung anhand sonografischer Kriterien („Blickdiagnosen“)
- Bei Raumforderungen, die durch die „Easy Descriptors“ nicht klassifiziert werden können, können bspw. die „Simple Rules“ angewendet werden [19]
IOTA „Easy Descriptors“ zur Beurteilung von Ovarialtumoren [18] | ||
---|---|---|
Maligne | MD1 | Tumor mit moderater Durchblutung in der Doppler-Sonografie, Aszites; postmenopausale Patientin (→ Ovarialkarzinom) |
MD2 | Tumor, Patientin >50 Jahre, CA-125 >100 IE/mL (→ Ovarialkarzinom) | |
Benigne | BD1 | Einkammerige, glatt begrenzte Zyste mit milchglasartigem Inhalt; prämenopausale Patientin (→ Endometriosezyste) |
BD2 | Einkammerige Zyste mit gemischt echogenem Inhalt und Schallschatten (→ Dermoidzyste) | |
BD3 | Einkammerige, glatt begrenzte Zyste, max. Durchmesser <10 cm (→ Zystadenom, einfache Ovarialzyste) | |
BD4 | Weitere einkammerige, glatt begrenzte Zysten |
- Simple Rules: Definition von 5 benignen („B“) und 5 malignen („M“) Kriterien
- Auswertung
- ≥1 B-Kriterien (ohne M-Kriterien): Benigner Tumor wahrscheinlich
- ≥1 M-Kriterien (ohne B-Kriterien): Maligner Tumor wahrscheinlich
- Mehr M- als B-Kriterien: Maligner Tumor wahrscheinlich
- Keine Kriterien oder gleiche Anzahl von B- und M-Kriterien: Nicht klassifizierbar → Sonografische Untersuchung durch Spezialist:in
IOTA „Simple Rules“ zur Beurteilung der Dignität von Ovarialtumoren [2] | |||
---|---|---|---|
Benigne | Maligne | ||
B1 | Unilokuläre (einkammerige) Zyste | M1 | Unregelmäßiger solider Tumor |
B2 | Solide Komponenten <7 mm | M2 | Aszites |
B3 | Schallschatten | M3 | Mind. 4 papilläre Strukturen |
B4 | Glatter multilokulärer Tumor <10 cm | M4 | Unregelmäßiger multilokulärer solider Tumor >10 cm |
B5 | Kein Blutfluss in der farbkodierten Duplexsonografie | M5 | Hoher Blutfluss in der farbkodierten Duplexsonografie |
Weitere bildgebende Verfahren
- Transabdominelle Sonografie: Beurteilung von Nachbarorganen, (insb. Nieren), Metastasierung (bspw. Leber und Omentum majus), Peritoneum und Pleura, Aszites und Adhäsionen
- CT/MRT/PET: Ggf. zur differenzialdiagnostischen Abklärung, bei speziellen Fragestellungen oder zur Beurteilung der Tumorausdehnung (insb. außerhalb des kleinen Beckens)
- Bei V.a. fortgeschrittenes Ovarialkarzinom
Tumormarker
- Indikation: Zur Verlaufskontrolle vor Therapiebeginn, wegen geringer Spezifität nicht als Screeningparameter geeignet
- CA-125: Seröses Ovarialkarzinom [2]
- Auch erhöht bei bspw. benignen Ovarialtumoren, Endometriose, gynäkologischen Infektionen, Pankreatitis, Hepatitis, Leberzirrhose
- HE4 : Seröses/endometrioides Ovarialkarzinom [20][21][22]
- CA-19-9: Muzinöses Ovarialkarzinom
- CEA: Ggf. bei hereditärem Ovarialkarzinom erhöht
Genetische Testung [3]
- Aufklärungspflicht: Betroffene Patientinnen (Indexpatientinnen) sollten über die Möglichkeit eines erhöhten Risikos für Verwandte aufgeklärt werden
- Testung anbieten: Zunächst Testung der betroffenen Patientin
- Bei Nachweis von Risikogenen → Testung Angehöriger [3]
- Bei V.a. HNPCC-Syndrom: Abfrage der Amsterdam-II-Kriterien und der überarbeiteten Bethesda-Kriterien, bei positiven Kriterien erfolgt eine molekulargenetische Untersuchung der Indexpatientin (siehe auch: Diagnostik bei HNPCC) [7]
- Siehe auch: Einschlusskriterien der genetischen Diagnostik bei Mamma- und Ovarialkarzinom
Eine genetische Testung hat sowohl für die Indexpatientin als auch ggf. für Angehörige eine therapeutische Konsequenz!
Operativ
Das operative Staging beim Ovarialkarzinom beinhaltet sowohl die Diagnostik als auch die operative Entfernung der maximalen Tumormasse.
- Rein apparative Diagnose eines Ovarialkarzinoms aufgrund der nicht immer klaren Dignität nicht einfach
- Operation (Explorationslaparotomie [3]) bei jedem unklaren Befund indiziert!
- Intraoperative histologische Abklärung (Schnellschnitt) , bei Malignität: Operatives Staging beim Ovarialkarzinom [3]
- Bei V.a. Malignität (Zufallsbefund, bspw. im Rahmen einer Laparoskopie): Entnahme des Befundes in sano(!) und histologische Abklärung [2][3]
Eine transdermale oder intraoperative Biopsie mittels Punktion des Ovarialtumors ist aufgrund der Metastasierungsgefahr ins Peritoneum streng kontraindiziert!
Bei begründetem V.a. das Vorliegen eines Ovarialkarzinoms muss eine intraoperative Malignitätsabklärung erfolgen!
Bei begründetem V.a. das Vorliegen eines Ovarialkarzinoms muss immer ein operatives Staging erfolgen! CT, MRT und PET sind ggf. zur differenzialdiagnostischen Abklärung/Beurteilung der Tumorausdehnung indiziert.
Therapie
Das Therapievorgehen gilt für das Ovarial-, das Tuben- sowie das primäre Peritonealkarzinom! Für die Therapie der nicht-epithelialen Tumoren des Ovars sowie der Borderline-Tumoren des Ovars siehe: Borderline-Tumoren des Ovars, Management bei Keimzelltumoren des Ovars, Management bei Keimstrang-Stroma-Tumoren des Ovars.
Operative Therapie (operatives Staging bei Ovarialkarzinom) [2][3]
Das operative Staging beim Ovarialkarzinom beinhaltet sowohl die Diagnostik als auch die operative Entfernung der maximalen Menge an Tumorgewebe. Die Prognose ist direkt abhängig von der Radikalität der Tumorentfernung bzw. des postoperativ verbleibenden Tumorrests. In ca. 30% der Fälle muss ein vermeintlich frühes Ovarialkarzinom durch bspw. in der Staging-OP diagnostizierte befallene Lymphknoten in ein höheres Tumorstadium klassifiziert werden.
Allgemeines
- Ziele
- Postoperative makroskopische Tumorfreiheit
- Staging und (histologische) Klassifizierung des Tumors (intraoperativer Schnellschnitt mit histopathologischer Diagnose) → Einschätzung der Prognose und Therapieplanung bzgl. systemischer Therapie
- Indikation: Jede Patientin mit V.a. (oder histologisch bestätigtem) Ovarialkarzinom
- Durchführung: In gynäkoonkologischem Zentrum durch spezialisiertes Fachpersonal
- Spezifische präoperative Maßnahmen (für allgemeine präoperative Maßnahmen siehe: Perioperatives Management) [2]
- Koloskopie (bei V.a. Beteiligung des Darms)
- Darmvorbereitung, Bereitschaft des viszeralchirurgischen Teams (im Falle einer Darmresektion)
- Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten (siehe auch: Transfusion von Erythrozytenkonzentraten)
- Bei Pleuraerguss: Pleuradrainage
- Absprache mit Intensivstation für postoperative Betreuung
Operationsverfahren [2][3]
- Staging-OP: Längsschnittlaparotomie mit intraoperativem Schnellschnitt und histologischer Sicherung
- Inspektion und Palpation der gesamten Bauchhöhle und ihrer Organe
- Maximale Tumorreduktion
- Biopsien aus allen auffälligen Stellen/Verwachsungen
- Peritonealbiopsien unauffälliger Bereiche und Spülzytologie
- Hysterektomie mit Adnexektomie bds. (Entfernung von Uterus, Ovarien, Tuben und Halteapparat)
- Entfernung des Omentum majus (infragastrischer oder infrakolischer Bereich)
- Appendektomie bei makroskopischem Befall oder muzinösem/unklarem Tumor
-
Lymphadenektomie (pelvin und paraaortal zwischen V. renalis und Leistenband)[3]
- Fakultativ (bei klinisch unauffälligen Lymphknoten): Low-Grade-Karzinome inkl. muzinöse G1-Ovarialkarzinome und seröse Borderline-Tumoren mit invasiven Implantaten [3]
- Ausnahme (fertilitätserhaltendes Verfahren): Bei gesichertem Stadium FIGO IA/IC und einem Grading von G1 ist ein fertilitätserhaltendes operatives Vorgehen möglich
- Eine Second-Look-OP wird laut den Leitlinien nicht mehr empfohlen
- Zusätzlich bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (ab IIB), je nach Befall
- Omentum minus
- Deperitonealisierung: Resektion aller(!) befallenen Peritoneumareale (inkl. Peritoneum des Zwerchfells, der Blase und des Douglas-Raums)
- Ggf. Splenektomie
- Leber(teil)resektion und Pankreatektomie
- Darmresektion, wenn Tumorfreiheit erreicht werden kann
- Colon sigmoideum: En-bloc-Resektion von Uterus, Adnexen, Colon sigmoideum
- Keine(!) pelvine/paraaortale Lymphonodektomie bei makroskopischer Tumorfreiheit und klinisch unauffälligen Lymphknoten [3][23]
Postoperativer histopathologischer Befund [3]
- Ziel: Histopathologische Klassifizierung des Tumors zur Einschätzung der Prognose und Therapieplanung bzgl. systemischer Therapie
- Inhalt
- TNM-/FIGO-Klassifikation maligner Ovarialtumoren
- Histologischer Typ nach WHO
- Histopathologisches Grading
- Seröse tubare intraepitheliale Karzinome (STIC)
- Mikroskopische Tumorlokalisation
- Ergebnis der peritonealen Spülzytologie
Systemtherapie
Chemotherapie [2][3]
- First-Line-Therapie
- Frühes Ovarialkarzinom (außer im Stadium FIGO IA, Grading G1): Adjuvante Carboplatin-Monotherapie über 6 Zyklen [2][3]
- Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom (FIGO II–IV): Adjuvante Polychemotherapie mit Carboplatin in Kombination mit einem Mitosehemmstoff (z.B. Paclitaxel) über 6 Zyklen [2][3]
- Stadium FIGO III–IV: Zusätzlich Erhaltungstherapie
- Bevacizumab (FIGO IIIB, IIIC und IV) oder
- PARP-Inhibitor (bspw. Olaparib in FIGO III und IV) oder
- Kombination Bevacizumab + PARP-Inhibitor
Therapie mit PARP-Inhibitoren [2][3]
- Definition: Hemmer der Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP) [24]
- Indikationen (Ovarialkarzinom)
- Erhaltungstherapie nach OP und Chemotherapie
- Olaparib mit/ohne Bevacizumab bei Patientinnen [25]
- Mit BRCA-mutiertem High-Grade-Ovarialkarzinom und
- Im FIGO-Stadium III/IV und
- Nach Ansprechen auf platinhaltige Chemotherapie
- Olaparib mit/ohne Bevacizumab bei Patientinnen [25]
- Rezidivtherapie bei Ovarialkarzinom
- Patientinnen mit Rezidiv eines High-Grade-Ovarialkarzinoms nach Ansprechen auf platinhaltige Rezidivtherapie [25][26]
- Rote-Hand-Brief zu Rucaparib (Rubraca®): Geringeres Gesamtüberleben unter Rucaparib-Monotherapie bei Patientinnen mit platinsensitivem Rezidiv eines BRCA-mutierten High-Grade-Ovarialkarzinoms mit 2 oder mehr platinhaltigen Vortherapien, die nicht mehr für eine platinhaltige Rezidivtherapie geeignet sind [27][28][29]
- Erhaltungstherapie nach OP und Chemotherapie
Strahlentherapie [3]
Die Strahlentherapie hat bisher einen untergeordneten Stellenwert bei der Therapie von Ovarialkarzinomen. Diese sind zwar oftmals strahlensensibel, aufgrund des disseminierten Ausbreitungsmusters ist es jedoch schwierig, den zu bestrahlenden Bereich festzulegen. Außerdem überwiegen die negativen Aspekte (Toxizität und Strahlenschäden). Ein vielversprechender Ansatz für die Zukunft ist die intensitätsmodulierte Bestrahlung (IMRT), bei der durch Aufteilung des Bestrahlungsfeldes in kleine Areale gesunde Organe bestmöglich geschont werden.
- Indikation
- Rezidiv: Ggf. lokale Strahlentherapie zur Symptomkontrolle einer bestimmten Region nach interdisziplinärer Diskussion
-
Palliative Zielsetzung
- Abdominalbestrahlung mit niedriger Strahlendosis
Rezidiv bei Ovarialkarzinom [3]
- Diagnostik: Apparative Diagnostik mittels CT, PET-CT oder MRT
- Therapie: Palliativ
- Ggf. operative Therapie bei Rezidiv eines Ovarialkarzinoms: Vollständige Rezidivresektion vor Beginn einer Chemotherapie (Ziel: Postoperative makroskopische Tumorfreiheit)
- Chemotherapie bei Rezidiv eines Ovarialkarzinoms
- Platinsensitives Rezidiv: Verlängerung des progressionsfreien Intervalls und des Gesamtüberlebens als Therapieziel
- Platinhaltige Kombinations-Chemotherapie
- Platinresistentes Rezidiv: Palliativ, Symptomkontrolle und Lebensqualität als Therapieziel
- Nicht-platinhaltige Monotherapie (bspw. mit Topotecan, Gemcitabin oder Anthracyclin (pegyliertes liposomales Doxorubicin))
- Platinsensitives Rezidiv: Verlängerung des progressionsfreien Intervalls und des Gesamtüberlebens als Therapieziel
- Ggf. Erhaltungstherapie
- VEGF-Inhibitoren: Bevacizumab oder
- PARP-Inhibitoren: Niraparib, Olaparib, Rucaparib
- Bei Rezidiv eines Low-Grade serösen Ovarialkarzinoms nach vorheriger platinhaltiger Therapie: MEK-Inhibitor (Trametinib)
Operative Therapie bei Rezidiv eines Ovarialkarzinoms [3][3]
- Vollständige Rezidivresektion vor Beginn einer Chemotherapie
- Ziel: Makroskopische Tumorfreiheit
- Laut AGO-OVAR-OP.4-(DESKTOP-3)-Studie: U.a. höhere Überlebensrate und progressionsfreies Intervall in bestimmten Patientinnengruppen [30]
- Prädiktiv günstige Faktoren
- Guter Allgemeinzustand
- Makroskopische Tumorfreiheit nach primärer operativer Therapie
- Kein Aszites bei Auftreten des Rezidives
- Prädiktiv günstige Faktoren
Chemotherapie bei Rezidiv eines Ovarialkarzinoms [3]
Chemotherapie bei Rezidiv eines Ovarialkarzinoms [3] | |||
---|---|---|---|
Klassen | Definition | Therapie | |
Platinsensitives Karzinom |
|
| |
Subklasse: Partiell-platinsensibles Karzinom |
| ||
Platinresistentes Karzinom |
|
| |
Subklasse: Platinrefraktäres Karzinom |
|
Management bei Keimzelltumoren des Ovars
Für allgemeine Informationen und die histopathologische Klassifikation siehe: Keimzelltumoren des Ovars.
Diagnostik [3][31][32][33]
- Analog zur Diagnostik des Ovarialkarzinoms
- Zusätzlich [3]
- Tumormarker AFP und HCG im Serum
- Suche nach Metastasen in Lunge und Leber
Stadien
Therapie [2][3]
- Watch and wait: Bei Dysgerminom Stadium IA, unreifem Teratom IA (G1)
- Operativ (Staging-OP)
- Laparotomie, Peritonealzytologie, Inspektion und Palpation des gesamten Abdomens
- Unilaterales Auftreten: Einseitige Salpingo-Oophorektomie (mit Fertilitätserhalt)
- Bilaterales Auftreten: Ggf. organerhaltende Tumorausschälung zum Fertilitätserhalt erwägen
- Bei Malignität (im Schnellschnitt)
- Operatives Staging bei Ovarialkarzinom
- Erhalt unauffälliger Lymphknoten
- Systemische Therapie
- Platinhaltige (neoadjuvante) Chemotherapie: Cisplatin und Etoposid, ggf. zusätzlich Bleomycin oder Ifosfamid
- Ggf. FIGO IA, abhängig von Subtyp und Grading: 2–3 Zyklen (Ausnahme: Dysgerminom Stadium IA, unreifes Teratom IA (G1))
- Ab FIGO >IA (zum Fertilitätserhalt)
- Lokale Tumoren: 2–3 Zyklen
- Organübergreifende/disseminierte Tumoren, (prä‑)operative Ruptur oder positive Spülzytologie: 4 Zyklen
- Anschließende Operation: Resektion der Tumorresiduen und/oder Metastasen
- Platinhaltige (neoadjuvante) Chemotherapie: Cisplatin und Etoposid, ggf. zusätzlich Bleomycin oder Ifosfamid
Maligne Keimzelltumoren sprechen aufgrund ihrer hohen Malignität gut auf eine Polychemotherapie an!
Nachsorge
- Intervalle
- 1. Jahr (nach Abschluss der Primärbehandlung)
- 1.–6. Monat: Kontrolle jeden Monat
- 7.–12. Monat: Kontrolle alle 3 Monate
- Ausnahme Teratome: Kontrolle alle 3 Monate im ersten Jahr ausreichend
- 2.–5. Jahr (nach Abschluss der Primärbehandlung): Kontrollen alle 6 Monate
- 1. Jahr (nach Abschluss der Primärbehandlung)
- Inhalt und Umfang der Nachsorgekontrollen siehe: Nachsorge beim Ovarialkarzinom
- Zusätzlich: Tumormarker (AFP, HCG, CA-125)
Management bei Keimstrang-Stroma-Tumoren des Ovars
Für allgemeine Informationen und die histopathologische Klassifikation siehe: Keimstrang-Stroma-Tumoren des Ovars.
Diagnostik [3]
- Analog zur Diagnostik des Ovarialkarzinoms
- Zusätzlich: Östradiol, Testosteron, FSH und LH im Serum, Anti-Müller-Hormon, Inhibin
Stadien
Therapie [3]
- Watch and wait: Stadium IA bzw. IB nach erfolgter Adnexektomie und unauffälliger Zytologie
- Operativ (Staging-OP)
- Laparotomie, Peritonealzytologie, Inspektion und Palpation des gesamten Abdomens
- Unilaterales Auftreten: Einseitige Salpingo-Oophorektomie
- Ggf. organerhaltende Tumorausschälung erwägen
- Bei Malignitätspotenzial im Schnellschnitt (Granulosazelltumoren, Sertoli-Leydig-Zell-Tumor G2/G3 oder Steroidzelltumor )
- Operatives Staging bei Ovarialkarzinom
- Erhalt unauffälliger Lymphknoten
- Hysteroskopie und Abrasio (wenn keine Hysterektomie bei makroskopisch unauffälligem Uterus durchgeführt wurde (Fertilitätserhalt))
- Systemische Therapie
- Ab Stadium IC oder bei inkompletter Tumorentfernung: Ggf. adjuvante (platinhaltige) Chemotherapie mit Cisplatin/Etoposid/Bleomycin oder Carboplatin/Paclitaxel
Nachsorge [3]
- Siehe: Nachsorge beim Ovarialkarzinom
- Zusätzlich (wenn initial erhöht): Tumormarker (Inhibin, Anti-Müller-Hormon, CA-125 oder anderer im Tumor initial erhöhter Parameter wie bspw. Östradiol)
Management bei Borderline-Tumoren des Ovars
Allgemeines [2][3][34]
- Definition: Atypische proliferative Tumoren, deren Dignität zwischen einem benignen Tumor und einem malignen Karzinom liegt
- Kein lokal destruktives Wachstum, aber Mikroinvasion möglich [3]
- Mit oder ohne invasive peritoneale/lymphatische Implantate
- Seröse Borderline-Tumoren mit invasiven Implantaten: Low-Grade seröses Karzinom (WHO 2014)
- Progression zu malignem Karzinom möglich
- Epidemiologie: Häufigkeitsgipfel 45 Jahre
- 10–20% aller malignen Ovarialtumoren
- Klassifikation: TNM analog zum Ovarialkarzinom
Subtypen [3]
- Serös (50–55%)
- 30% bilateral
- Meist zystisch
- I.d.R. >5 cm
- Muzinös (40–45%)
- I.d.R. groß
- Unilateral
- Pseudomyxoma ovarii in 20%
- Seltener: Endometrioid, klarzellig, seromuzinös, Brenner-Borderline-Tumor
Operative Therapie [3]
- Operatives Staging bei Ovarialkarzinom
- Peritonealzytologie, Inspektion und Palpation des gesamten Abdomens
- Komplette Tumorentfernung inkl. bilateraler Salpingo-Oophorektomie und Resektion aller auffälligen Areale
- Peritoneale Biopsien unauffälliger Areale
- Omentektomie
- Hysterektomie erwägen
- Hysteroskopie und Abrasio (wenn keine Hysterektomie bei makroskopisch unauffälligem Uterus durchgeführt wurde (Fertilitätserhalt)) [2]
- Fakultativ (bei makroskopisch unauffälligen Lymphknoten): Pelvine/paraaortale Lymphonodektomie [2][3]
- Muzinöse Borderline-Tumoren: Zusätzlich Appendektomie
- Fertilitätserhaltendes Vorgehen bei einseitigem FIGO IA und IC: Erhalt der kontralateralen Adnexe. Ggf. auch Fertilitätserhalt bei FIGO IB möglich [3]
Prognose [2][34]
Nachsorge [34]
- Siehe: Nachsorge beim Ovarialkarzinom
- Intervalle
- 1. und 2. Jahr: Alle 3 Monate
- 3.–5. Jahr: Alle 6 Monate
- Danach: Jährlich (für mind. 10–15 Jahre)
Differenzialdiagnosen
- Benigne Ovarialtumoren
- Funktionelle Ovarialzysten
- Ovarialzystenruptur
- Ovarialtorsion
- Endometriose
- PCO-Syndrom
- Extrauteringravidität im Ovar
- Peritonealkarzinose bei anderem Primärtumor
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Komplikationen
- Ovarialtorsion
- Rezidiv bei Ovarialkarzinom
- Pleuraerguss
- Klinisches Bild: Dyspnoe
- Diagnostik siehe: Differenzialdiagnose Pleurapunktat
- Therapie siehe: Pleurapunktion - Klinische Anwendung
- Aszites
- Klinisches Bild: Ausladendes Abdomen, Meteorismus
- Diagnostik siehe: Differenzialdiagnostik bei Aszitespunktion
- Therapie siehe: Aszitespunktion - Klinische Anwendung
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Nachsorge
Nach abgeschlossener Primärbehandlung sollten die Patientinnen im Rahmen einer speziellen Nachsorge weiterhin betreut werden.
Ziele [3]
- Nebenwirkungen der Therapie erkennen und behandeln
- Reha-Maßnahmen anbieten
- Psychosoziale Betreuung, Selbsthilfegruppen
- Erkennung von Rezidiven und Zweitmalignomen
Intervalle und Umfang [35]
- Intervalle
- 1.–3. Jahr nach Abschluss der Primärbehandlung: Kontrollen alle 3 Monate
- 4.–5. Jahr nach Abschluss der Primärbehandlung: Kontrollen alle 6 Monate
- Ab 5. Jahr: „Survivorship-Programm“ mit Kontrollen alle 6–12 Monate
- Obligate Untersuchungen bei asymptomatischen Patientinnen
- Anamnese
- Körperliche Untersuchung mit Spekulumeinstellung, bimanueller Palpation und rektaler Untersuchung
- Vaginale Sonografie
- Orientierende abdominale Sonografie
- Zusätzlich bei V.a. Rezidiv oder symptomatischen Patientinnen
- Nachsorge nach Rezidiv-Therapie
- Obligate Untersuchungen alle 3 Monate
- Weitere apparative Diagnostik, Tumormarker und Labordiagnostik bei Symptomen oder V.a. Rezidiv
Prognose
Das Ovarialkarzinom hat eine insg. eher schlechte Prognose aufgrund der meist späten Diagnose: Die 5-Jahres-Überlebensrate aller Ovarialkarzinome beträgt ca. 43%. Es gibt einige Prognosefaktoren, die der Vorhersage des individuellen Krankheitsverlaufes dienen.
Prognosefaktoren [3]
- Tumorstadium bei Diagnosestellung
- Tumorrest nach Resektion
- Grading
- Histologischer Subtyp [2]
- Alter bei Erkrankungsbeginn
- Allgemeinzustand
- Leitliniengerechte Therapie
5-Jahres-Überlebensrate [18]
Prävention
- Orale Kontrazeptiva
- Tubenligatur [3][8]
- Prophylaktische bilaterale Salpingektomie
- Prophylaktische bilaterale Salpingo-Oophorektomie (bei BRCA1- oder BRCA2-Trägerinnen und Trägerinnen weiterer Mutationen in Hochrisikogenen) [3]
AMBOSS-Podcast zum Thema
Experteninterview GynOnko Update (September 2019)
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Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Ovarialkarzinom
Ovarialkarzinom – Teil 1: Risikofaktoren und Klinik
Ovarialkarzinom – Teil 2: Diagnostik
Ovarialkarzinom – Teil 3: Therapie
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- C56: Bösartige Neubildung des Ovars
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.