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Osteochondrosis dissecans

Letzte Aktualisierung: 7.7.2022

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Osteochondrosis dissecans (OD, engl.: „osteochondritis dissecans“) ist eine aseptische subchondrale Osteonekrose mit Beteiligung des angrenzenden Gelenkknorpels. Die Symptomatik hängt von Lokalisation und Stadium der Erkrankung ab und umfasst bspw. Schmerzen bei Belastung/Sport sowie ggf. einen Erguss bzw. eine Schwellung im Bereich des betroffenen Gelenks. Eine Gelenkblockade kann als potenzielle Komplikation auftreten, wenn sich ein Knorpel-Knochen-Fragment löst (sog. freier Gelenkkörper, Dissekat oder „Gelenkmaus“). Der so entstandene Gelenkflächendefekt wird als „Mausbett“ bezeichnet und stellt unbehandelt eine präarthrotische Deformität dar. In der Frühphase der Erkrankung gelingt der diagnostische Nachweis nur mithilfe einer Szintigrafie oder MRT, später zeigt auch das Röntgenbild charakteristische Veränderungen. Prinzipiell kann die OD an allen Gelenken auftreten, bevorzugt sind jedoch konvexe Gelenkflächen wie bspw. Femurkondyle oder Talus betroffen. Die Unterscheidung zwischen einer juvenilen (vor Epiphysenfugenschluss) und einer adulten Form (nach Epiphysenfugenschluss) hat therapeutische und prognostische Konsequenzen, da die juvenile Form häufig konservativ behandelt werden kann und ein höheres Heilungspotenzial aufweist.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Geschlechterverhältnis: >
  • Häufigkeitsgipfel: Ca. 10–20 Jahre

Die OD tritt am häufigsten bei männlichen Patienten zwischen 10 und 20 Jahren auf!

Juvenile Form

Epidemiologie der juvenilen OD
Lokalisation Inzidenz Geschlechterverhältnis
6–11 Jahre 12–19 Jahre 6–19 Jahre
Knie [1] 6,8 11,2 9,5 >
Oberes Sprunggelenk [2] 1,1 6,8 4,6 >
Ellenbogen [3] 0,4 3,4 2,2 >

Adulte Form

Epidemiologie der adulten OD [4]
Lokalisation Inzidenz Geschlechterverhältnis
Knie 1,2 >
Oberes Sprunggelenk 2
Total 3,4

Die häufigste Lokalisation der juvenilen Form ist das Kniegelenk, die der adulten das Sprunggelenk!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Vermutlich multifaktoriell, generelle Unterteilung in:

  • Biologische Faktoren
    • Vaskulär: Versorgung mit Endarterien im subchondralen Bereich
    • Genetisch: Multiple Gene werden diskutiert
    • Endokrine bzw. Stoffwechselstörungen
  • Mechanische Faktoren
    • Rezidivierende Mikrotraumata („repetitive Impulsbelastung“)
    • Biomechanische Fehlstellung

Die Ätiologie der OD umfasst zahlreiche biomechanische Faktoren und ist noch nicht abschließend geklärt!

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Zentral für den Pathomechanismus der OD ist wahrscheinlich die subchondrale Ischämie!

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Klassifikationtoggle arrow icon

Abhängig von Zeitpunkt des Auftretens, Lokalisation und eingesetzter Diagnostik gibt es zahlreiche Klassifikationen. Im Folgenden ist eine Auswahl häufig genutzter radiologischer bzw. diagnostischer Klassifikationen für osteochondrale Defekte dargestellt. [7]

Übergeordnete Klassifikation nach Bruns

Übergreifende Stadieneinteilung der Osteochondrosis dissecans (1996) [6]
Stadium Symptome Röntgen MRT Arthroskopie Pathohistologie
I
  • Normaler Befund
  • Normaler Befund: Knorpel intakt, mechanisch stabil
  • Vermutlich beginnende Osteolyse
  • Evtl. Mikrokallus
II
  • Schmerzen
  • Evtl. Giving-Way-Phänomen und Gelenkblockade
  • Intakter Knorpel, evtl. mechanisch leicht eindrückbar
  • Zirkuläre Demarkierung des Knorpels
IIID/M
IVD/M
  • Analog zu III
  • Evtl. tastbares Dissekat und fixierte Bewegungseinschränkung

Nativ-röntgenologische Klassifikation

Klassifikation osteochondraler Defekte nach Berndt und Harty (1951) [8]
Stadium Nativ-röntgenologischer Befund
1 Kleines Areal mit subchondraler Kompression
2 Teilweise abgelöstes osteochondrales Fragment
3 Komplett abgelöstes Fragment, nicht disloziert
4 Komplett abgelöstes und disloziertes Fragment

MRT-Klassifikation

Klassifikation osteochondraler Defekte nach Dipaola et al. (1991) [9]
Stadium MR-tomografischer Befund
1 Verdickung des Knorpels, signalarme Veränderungen
2 Frakturierter Knorpel, signalarmer Saum um Fragment
3 Frakturierter Knorpel, signalintensiver Saum um Fragment
4 Gelöstes Dissekat

Szintigrafische Klassifikation

Klassifikation osteochondraler Defekte nach Cahill und Berg (1993) [10]
Stadium Szintigrafischer Befund
1 Läsion in Röntgenaufnahme sichtbar, szintigrafischer Befund normal
2 Läsion in Röntgenaufnahme sichtbar, szintigrafische Anreicherung im Herd
3 Zusätzliche Anreicherung in der Umgebung
4 Zusätzliche Anreicherung im gegenüberliegenden Knochen

Arthroskopische Klassifikation

Klassifikation osteochondraler Defekte nach der International Cartilage Repair Society (ICRS) (2000) [11]
Stadium Arthroskopischer Befund Stabilität
0 Normaler Befund Stabil
1 Intakter Knorpel, Erweichung
2 Partielle Knorpeldefekte
3 Knorpeldefekt bis zum subchondralen Knochen, Dissekat in situ Instabil
4 Disloziertes Fragment, Dissekatbett leer, freier Gelenkkörper
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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Abhängig vom Stadium
    • Schmerzen bei Belastung/Sport
    • Ggf. Schwellung und Gelenkerguss
    • Gelenkblockade durch Dissekat
    • Gefühl der Instabilität
    • Bewegungseinschränkung
    • Späte Symptome durch entstehende Arthrose
  • Abhängig von der Lokalisation

Die Symptome einer OD sind generell abhängig von Stadium und Lokalisation der Erkrankung!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese

  • Beginn, Auslöser und Verlauf der Beschwerden
  • Sozialanamnese
  • Begleiterkrankungen und Vormedikation
  • Vorbestehendes Trauma

Körperliche Untersuchung

  • Inspektion: Meist unauffällig, ggf.
    • Fehlstellung
    • Schwellung des betroffenen Gelenkes
  • Palpation: Ggf. Druckschmerz
  • Bewegungsausmaß
  • Instabilität
  • Krepitation und Gelenkblockade

Die OD tritt meist einseitig auf!

Apparative Diagnostik

Röntgen [12][13]

  • Indikation
    • Stadieneinteilung
      • Häufig in Anlehnung an die Klassifikation von Berndt und Harty [8]
      • Abschätzung des Krankheitsprogresses
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
  • Verfahren: Betroffenes Gelenk in zwei Ebenen
  • Befund

MRT [12][13]

  • Indikation
    • Erkennen eines frühen Stadiums
    • Stadieneinteilung (siehe: Osteochondrosis dissecans - Klassifikation)
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
    • Festlegung von Therapieoptionen
    • Abschätzung des Krankheitsprogresses
  • Verfahren: Nativ und ggf. mit i.v. Kontrastmittel
  • Befund
    • OD als halbrunder Herd mit Demarkationslinie
    • Kontrastmittelgabe zur Bewertung der Perfusion
    • Bewertung der Stabilität teilweise möglich [16]
    • Bewertung (sub‑)chondraler Veränderungen möglich

Skelettszintigrafie [10]

  • Indikation: Frühe Stadien
  • Befund
    • Vermehrte Anreicherung
    • Keine Bewertung der Stabilität möglich
    • Keine Bewertung der Gelenkfläche möglich

Interventionelle Diagnostik: Arthroskopie [12][14][15]

  • Indikation
    • Beurteilung der Stabilität der Läsion
    • Exakte Größenbestimmung der Läsion
    • Beurteilung und ggf. Therapie intraartikulärer Pathologien
    • Ausschluss von Differenzialdiagnosen
  • Verfahren: Invasive operative Maßnahme mit Notwendigkeit einer Anästhesie
  • Befund
    • Beurteilung des Knorpels
    • Bewertung der Stabilität möglich
    • Stadieneinteilung bspw. nach der ICRS-Klassifikation von Knorpelschäden
    • Keine Bewertung subchondraler Strukturen möglich
    • Ggf. operative Therapie der OD

Die Osteochondrosis dissecans ist eine radiologische Diagnose!

Die Osteochondrosis dissecans ähnelt zu Beginn klinisch und radiologisch einer Osteonekrose!

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Therapietoggle arrow icon

  • Individuelle Entscheidung in Abhängigkeit von
    • Alter (offene Wachstumsfugen?)
    • Stabilität der Läsion
    • Lokalisation
  • Keine standardisierten Therapiekonzepte

Konservative Therapie

  • Indikation
    • Offene Wachstumsfugen
    • Stabile Läsion
    • Wenig Beschwerden
  • Vorgehen
    • Reduktion der Belastung, ggf. Teilbelastung
    • Zeitlich befristetes Sportverbot
    • Immobilisierung
  • Dauer: 3–6 Monate

Operative Therapie

  • Indikation
    • Instabile Läsion
    • Erfolglose konservative Therapie
    • Begleitende Pathologie
  • Vorgehen
    • Stabile Läsion: Anbohrung des Dissekats
    • Instabile Läsion
    • Ggf. Therapie der begleitenden Pathologien

Das Therapiekonzept ist individuell anzupassen, abhängig von Zeitpunkt des Auftretens, Stadium und Stabilität der Läsion!

Die Prognose ist abhängig von dem Zeitpunkt des Auftretens und dem der Intervention!

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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • M93.-: Sonstige Osteochondropathien
    • Exklusive: Osteochondrose der Wirbelsäule (M42.‑)
    • M93.2-: Osteochondrosis dissecans [0–9]
    • M93.8-: Sonstige näher bezeichnete Osteochondropathien [0–9]
    • M93.9: Osteochondropathie, nicht näher bezeichnet

Lokalisation der Muskel-Skelett-Beteiligung

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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