Zusammenfassung
Eine der wichtigsten Aufgaben der Niere ist die Filtrierung und Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen mit dem Urin. Hierfür wird in den Glomeruli der Niere zunächst sog. Primärharn aus dem Blutplasma abfiltriert und anschließend im Tubulussystem des Nephrons prozessiert. Hierbei hat jeder Abschnitt des Tubulussystems eine spezifische Funktion: Im proximalen Nephron werden zunächst kleine Teilchen wie Wasser, Ionen, Glucose und Aminosäuren resorbiert, die im Glomerulus frei filtriert werden, aber nicht ausgeschieden werden sollen. Die Henle-Schleife dient hauptsächlich der Aufrechterhaltung eines Konzentrationsgradienten im Niereninterstitium (sog. corticomedullärer Konzentrationsgradient), der für die Harnkonzentrierung unerlässlich ist. Diese Harnkonzentrierung sowie die Feinjustierung der Urinzusammensetzung finden dann im distalen Nephron und im Sammelrohr statt.
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe im Podcastformat vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.
Überblick: Die einzelnen Nephronabschnitte
Bei der Gliederung des Tubulussystems eines Nephrons in einzelne Abschnitte wird eine funktionelle von einer anatomischen Einteilung unterschieden, die sich allerdings nicht entsprechen.
Funktionelle Tubulusabschnitte | Zugehörige (anatomische) Tubulusabschnitte | Übergeordnete Funktion | Resorption |
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Proximales Nephron
Im proximalen Nephron (= proximaler Tubulus) werden große Stoffmengen aus dem Primärharn rückresorbiert. Diese Stoffe durchqueren das Tubulusepithel dabei auf unterschiedliche Weise: Entweder durch die Epithelzellen hindurch (= transzellulär) oder zwischen den Zellen (= parazellulär). Je nach Tubulusabschnitt (frühproximal vs. spätproximal) dominiert einer dieser beiden Resorptionsmechanismen.
Unterschiedliche Resorptionsmechanismen
Transzelluläre Resorption
- Beschreibung: Transporter schleusen Stoffe aktiv durch die Epithelzellen hindurch
- Ort: Überwiegend frühproximal
- Mechanismus (sekundär aktive Transporter)
- Wichtige Transporter
- Apikal
- Na+/Glucose-Symporter (sog. SGLT1/SGLT2-Transporter)
- Na+/Aminosäuren-Symporter
- Na+/Phosphat-Symporter
- Na+/H+-Antiporter
- Basolateral
- Na+/3HCO3--Symporter (sog. NBC1-Transporter): Transportiert Natrium- und Bicarbonat-Ionen gegen ihren chemischen Gradienten aus der Zelle ins Niereninterstitium
- Apikal
Im frühproximalen Tubulus ist die Resorption der meisten Stoffe an die Natriumresorption gekoppelt!
Parazelluläre Resorption
- Beschreibung: Passiver Transport gelöster Stoffe (z.B. Ionen) zwischen den Tubulusepithelzellen
- Voraussetzung: „Undichte“ Tight Junctions (sog. leaky Tight Junctions), an denen maßgeblich Claudine beteiligt sind, zwischen den Epithelzellen
- Ort: Überwiegend spätproximal
- Zwei Mechanismen treiben diese Resorptionsform an
- Transepitheliales Potenzial
- Solvent Drag
Transepitheliales Potenzial
- Beschreibung
- An Tubulusepithelzellen kann man zwei unterschiedliche elektrische Potenziale messen: das luminale und das basolaterale Potenzial
- Das transepitheliale Potenzial beschreibt die Differenz zwischen diesen beiden Potenzialen
- Das Transepitheliale Potenzial verändert sich im Verlauf des proximalen Tubulus
- Frühproximal: Dem Tubuluslumen wird viel Na+ und damit positive Ladung entzogen → Lumen wird zunehmend negativer → Lumennegatives transepitheliales Potenzial entsteht
- Spätproximal: Das lumennegative Potenzial drängt Cl- aus dem Tubuluslumen ins Blut/Interstitium → Cl- wird resorbiert → Lumen wird dadurch zunehmend positiver → Lumenpositives transepitheliales Potenzial entsteht → Dadurch werden Kationen aus dem Lumen gedrängt → Kationen (Mg2+, Ca2+,Na+, K+) werden resorbiert
Solvent drag
- Beschreibung: Konvektiver Transport der im Wasser gelösten Stoffe
- Mechanismus: Resorption von Stoffen im proximalen Tubulus → Osmotischer Gradient zwischen Tubuluslumen und Interstitium entsteht → Dem Gradienten folgend strömt Wasser aus dem Tubuluslumen ins Interstitium und „reißt“ Elektrolyte und kleine Moleküle mit sich
Im frühproximalen Tubulus wird das positiv geladene Natrium aus dem Tubuluslumen entfernt - das lumennegative transepitheliale Potenzial entsteht!
Im spätproximalen Tubulus wird das negativ geladene Chlorid aus dem Tubuluslumen entfernt - das lumenpositive transepitheliale Potenzial entsteht!
Henle-Schleife
Die Henle-Schleife kann funktionell als ein Tubulusabschnitt betrachtet werden, setzt sich anatomisch/histologisch aber aus unterschiedlichen Tubulusbereichen zusammen. Die wichtigste Aufgabe der Henle-Schleife ist die Harnkonzentrierung.
- Einteilung
- Dicker, absteigender Teil
- Dünner absteigender und aufsteigender Teil
- Dicker, aufsteigender Teil
- Funktion: Harnkonzentrierung
Transportprozesse in der Henle-Schleife
Dünner, absteigender und aufsteigender Teil der Henle-Schleife
Der dünne, absteigende und aufsteigende Teil werden zusammen auch als Intermediärtubulus bezeichnet, besitzen aber unterschiedliche Funktionen. Insgesamt finden im Intermediärtubulus kaum aktive Transportvorgänge statt.
- Absteigender Intermediärtubulus: Wasserresorption durch Aquaporin-1-Kanäle (AQP 1)
- Aufsteigender Intermediärtubulus: Wasserundurchlässig; enthält keine Aquaporine
Dicker, aufsteigender Teil der Henle-Schleife
- Wichtigste Eigenschaften: Impermeabel für Wasser und permeabel für NaCl
- Transzelluläre Resorption
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Wichtigster Transporter: Na+/K+/2Cl--Transporter (NKCC2)
- Mechanismus (sekundär aktiver Transporter)
- Basolaterale Na+/K+-ATPase generiert einen Natriumgradienten, der vom Tubuluslumen in die Zelle gerichtet ist
-
Natrium folgt diesem Gradienten und nimmt durch den apikalen NKCC2 ein Kalium- und zwei Chlorid-Ionen mit vom Tubuluslumen in die Zelle. Mit diesen geschieht Folgendes:
- Natrium wird basolateral durch Na+/K+-ATPase aus der Zelle geschleust
- Chlorid wird basolateral über Chloridkanäle wieder aus der Zelle geschleust
- Kalium strömt apikal über Kaliumkanäle wieder zurück ins Lumen
- Folge
- Ein positiv geladenes Teilchen (K+) gelangt über apikale Kanäle (ROMK) zurück ins Lumen, zwei negative Ionen (Cl‑) und ein positives Ion (Na+) werden resorbiert
- Netto verbleibt also eine positive Ladung im Lumen
- Ein sog. lumenpositives transepitheliales Potenzial entsteht und bildet die Triebkraft für die Resorption weiterer Kationen: Na+, K+, Mg2+, Ca2+
- Mechanismus (sekundär aktiver Transporter)
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Wichtigster Transporter: Na+/K+/2Cl--Transporter (NKCC2)
- Parazelluläre Resorption: Na+, K+, Mg2+, Ca2+ (angetrieben durch das lumenpositive Potenzial)
Im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife wird NaCl über den Na+/K+/2Cl--Transporter resorbiert!
Furosemid
Das Schleifendiuretikum Furosemid hemmt den Na+/K+/2Cl--Cotransporter in der Henle-Schleife, indem es lumenseitig an ihn bindet. Da dieser Transporter maßgeblich für die Natriumrückresorption mitverantwortlich ist und somit die Osmolarität des Nierenmarks mitbestimmt, sinkt die Osmolarität im Nierenmark durch Furosemid schnell ab. Dadurch hat das Wasser kein Bestreben mehr, das Tubuluslumen zu verlassen und wird folglich vermehrt ausgeschieden. Klinisch wird Furosemid deshalb bspw. zur Ausschwemmung von Ödemen genutzt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch vermehrt Elektrolyte wie Natrium und Kalium ausgeschieden werden.
Bartter-Syndrom
Das Bartter-Syndrom ist eine sehr seltene Erbkrankheit, bei der ebenfalls die Funktion des Na+/K+/2Cl--Cotransporters gestört sein kann. Da Natrium, Kalium und Chlorid in der Henle-Schleife nicht resorbiert werden, kommt es im distalen Tubulus zum Elektrolytüberschuss. Dies führt im späten distalen Tubulus aldosteronabhängig dazu, dass Na+ im Austausch gegen K+ oder H+ resorbiert wird. K+ und H+ werden dagegen vermehrt ausgeschieden, was eine hypokalämische Alkalose zur Folge hat.
Distales Nephron
Das distale Nephron setzt sich anatomisch betrachtet aus dem distalen Tubulus, dem Verbindungstubulus und dem Sammelrohr zusammen. Hier erfolgt die Feinabstimmung der Harnzusammensetzung, vor allem bzgl. der Konzentration der Elektrolyte sowie der Osmolarität - diese werden hier insb. durch Hormone beeinflusst. Das distale Nephron wird aufgeteilt in (1) den frühen distalen Tubulus und (2) den späten distalen Tubulus und das Sammelrohr.
Früher distaler Tubulus
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Wichtige Transporter (luminal)
- Na+/Cl--Cotransporter
- Transport: Transportiert ein Natrium- und ein Chlorid-Ion in die Tubuluszelle; wird durch Aldosteron induziert
- Mechanismus: Sekundär-aktiver Transport
- Ca2+-Kanal (ECaC)
- Transport: Transportiert ein Calcium-Ion in die Tubuluszelle
- Mechanismus: Tertiär-aktiver Transport
- Zunächst wird Calcium basolateral über einen sekundär-aktiven 3 Na+/Ca2+-Antiport ins Niereninterstitium befördert
- Durch den aufgebauten Calciumkonzentrationsgradienten erfolgt die Aufnahme von Calcium in die Tubuluszelle passiv über einen tertiär-aktiven Transport
- Na+/Cl--Cotransporter
Später distaler Tubulus und Sammelrohr
Im distalen Tubulus und Sammelrohr befinden sich zwei unterschiedliche Zelltypen: Die Hauptzellen und die Schaltzellen. Diese besitzen unterschiedliche Transporter.
- Hauptzellen
- Epithelialer Na+-Kanal (ENaC): Natriumrückresorption; wird durch Aldosteron stimuliert
- K+-Kanäle (ROMK): K+ strömt aus der Zelle ins Lumen, wird durch Aldosteron stimuliert
- Aquaporin-2-Kanäle: Wasserresorption
- Schaltzellen
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Schaltzellen Typ A: Sezernieren H+
- Transporter: H+/K+-ATPase oder H+-ATPase
- Schaltzellen Typ B: Sezernieren HCO3-
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Schaltzellen Typ A: Sezernieren H+
Der Na+/Cl--Cotransporter und der epitheliale Natriumkanal (ENaC) werden aldosteronabhängig in die Tubuluszellen des distalen Nephrons eingebaut!
Amilorid
Das kaliumsparende Diuretikum Amilorid wird häufig bei chronischen Ödemen eingesetzt. Es blockiert im distalen Tubulus und im Sammelrohr den luminalen Natriumkanal. Die luminale Wirkung tritt besonders schnell ein, da Amilorid durch die glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion schnell an den Wirkort gelangt. Es wird vermehrt Natrium ausgeschieden, das Wasser mit sich zieht. Als Nebenwirkung ist vor allem die Hyperkaliämie zu beachten.
Diabetes insipidus
Beim Diabetes insipidus ist die Fähigkeit der Nieren, Harn zu konzentrieren, verringert. Es wird zwischen einer zentralen und renalen Form des Diabetes insipidus unterschieden. Ursache der häufigsten, zentralen Form ist ein Mangel des antidiuretischen Hormons (ADH), während die seltene, renale Form auf ein fehlendes Ansprechen der Nieren auf ADH zurückzuführen ist. Letzteres ist durch einen Defekt der V2-Rezeptoren zu erklären. Es werden große Mengen unkonzentrierten Harns ausgeschieden (Polyurie), weshalb die Patienten einen zwanghaften Durst verspüren, um den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen (Polydipsie). Der ebenso nachts auftretende Harndrang (Nykturie) führt zu Schlafmangel und vermehrter Tagesmüdigkeit.
Spironolacton
Aldosteron-Antagonisten (wie z.B. Spironolacton) blockieren den intrazellulären Aldosteronrezeptor. Die Synthese der beiden aldosteroninduzierten Transportproteine (luminaler ENaC und die basale Na+/K+-ATPase) werden gehemmt und die Aldosteronwirkung damit aufgehoben. Natrium wird vermehrt ausgeschieden und Kalium vermehrt zurückgehalten. Klinisch findet Spironolacton vor allem in der Herzinsuffizienz- bzw. Ödemtherapie Anwendung. Laborchemisch muss bei Therapie mit Aldosteron-Antagonisten regelmäßig der Serumkaliumspiegel kontrolliert werden, um die Entwicklung einer Hyperkaliämie mit gefährlichen Herzrhythmusstörungen zu verhindern.
Harnkonzentrierung
Die Osmolarität des Niereninterstitiums nimmt im Verlauf von der Nierenrinde bis hin zur Papillenspitze von 290 mosmol/L bis maximal 1400 mosmol/L zu (sog. corticomedullärer Osmolaritätsgradient). Grundlage für die Entstehung dieses Gradienten ist das Gegenstromprinzip. Auch die Harnstoffrezirkulation spielt eine wichtige Rolle.
Grundprinzipien der Harnkonzentrierung
- Gegenstromprinzip der Niere: Wichtigster Mechanismus der renalen Harnkonzentration
- Ablauf
- Aktive Natriumresorption im aufsteigenden Teil der Henle-Schleife über Na+/K+/2Cl--Transporter
- Wasser kann nicht folgen, da aufsteigender Teil für Wasser impermeabel ist
- Niereninterstitium wird hyperosmolar
- Absteigender Teil der Henle-Schleife (der das hyperosmolare Interstitium durchzieht) ist permeabel für Wasser
- Durch den großen Osmolaritätsgradienten zwischen absteigendem Teil und Interstitium wird dem absteigenden Teil Wasser durch Resorption entzogen
- Folge: Energieeffiziente Harnkonzentrierung
- Ablauf
- Harnstoffrezirkulation: Harnstoff wird zunächst frei filtriert und im Verlauf sowohl resorbiert als auch sezerniert
- Ablauf
- Proximales Nephron: Resorption von ∼50 % des Harnstoffs (freie Diffusion aus dem Tubulus ins Interstitium)
- Distales Nephron: Größtenteils impermeabel für Harnstoff
- Sammelrohr
- ADH vermittelt Einbau und Aktivierung der Urea-Transporter 1 (UT-1) in die luminale Membran
- Aufgrund der hohen Harnstoffkonzentration im Lumen wird Harnstoff entlang seines chemischen Gradienten nun wieder ins innere Mark resorbiert
- Da Harnstoff innerhalb des Sammelrohres nur im medullären Teil resorbiert wird, akkumuliert es im Nierenmark
- Akkumulierter Harnstoff entzieht dem absteigenden Teil der Henle-Schleife Wasser und trägt so zur Konzentrierung des Harns im absteigenden Teil der Henle-Schleife bei
- Sammelrohr
- Dünner Teil der Henle-Schleife: Harnstoff tritt über Urea-Transporter 2 (UT2) wieder in das Tubuluslumen ein
- Ablauf
Die geringe Durchblutung des Nierenmarks dient der Aufrechterhaltung des osmotischen Gradienten zur Harnkonzentrierung. Bei Blutdruckerhöhung kommt es zur erhöhten Markdurchblutung und damit zur Auswaschung dieses Gradienten. Folge ist eine vermehrte Diurese (sog. „Druckdiurese“).
Ablauf der Harnkonzentrierung
- Proximales Nephron
- Resorption eines Großteils der filtrierten Stoffe, z.B. Glucose, Aminosäuren, Phosphat im Symport mit Natrium
- Das Tubuluslumen wird im Vergleich zum Interstitium negativ geladen (lumennegatives transepitheliales Potenzial)
- Interstitium wird im Vergleich zum Tubuluslumen hyperosmolar
- Aufgrund des lumennegativen transepithelialen Potenzials strömen nun Chlorid-Ionen ins Interstitium
- Absteigender Teil der Henle-Schleife
- Praktisch keine aktiven Transporter
- Diffusion von Wasser ins Interstitium (vermittelt durch Gegenstromprinzip der Niere)
- Weiterer Entzug von Wasser durch im Nierenmark akkumulierten Harnstoff
- Stark hyperosmolarer Harn erreicht den aufsteigenden Teil der Henle-Schleife
- Aufsteigender Teil der Henle-Schleife
- Natrium, Kalium und Chlorid werden mittels eines sekundär aktiven Transporters resorbiert, der Abschnitt ist jedoch impermeabel für Wasser
- Das Interstitium wird im Vergleich zum Tubuluslumen hyperosmolar
- Das Tubuluslumen wird im Verhältnis zum Interstitium positiv geladen (lumenpositives transepitheliales Potenzial) und treibt Kationen (Kalium, Natrium, Magnesium, Calcium) ins Interstitium
- Distales Nephron (Sammelrohr)
- Durch den ADH-abhängigen Einbau von Aquaporinen wieder permeabel für Wasser
- Das Wasser kann in das hyperosmolare Interstitium strömen
Mithilfe des Gegenstromprinzips und der Harnstoffrezirkulation wird in der Henle-Schleife ein corticomedullärer Osmolaritätsgradient aufgebaut. Im Sammelrohr wird dieser dann genutzt, um Wasser zu resorbieren: Der Harn wird somit stark konzentriert!
Das Gegenstromprinzip wirkt sich auch auf den Sauerstoffgehalt des Interstitiums aus: Die Erythrozyten in den absteigenden Vasa recta geben den Sauerstoff an die desoxygenierten Erythrozyten der aufsteigenden Vasa recta ab, sodass das Nierenmark schlechter mit Sauerstoff versorgt wird als die Rinde!
Überblick: Resorption und Sekretion einzelner Stoffe
Natriumresorption
Das im Glomerulus filtrierte Natrium wird zu ca. 99% resorbiert.
- Allgemeines Prinzip: Die Na+/K+-ATPase (basolateral) pumpt Natrium aus der Zelle (unter Verbrauch von 1 ATP werden 3 Na+ gegen 2 K+ getauscht) → Natriumgradient entsteht → Natrium-Ionen werden aus dem Tubuluslumen in die Tubuluszellen gezogen (sekundär-aktiver Transport)
- Resorptionsmechanismen
- Proximaler Tubulus
- Dünner, absteigender und dünner, aufsteigender Teil der Henle-Schleife (Intermediärtubulus)
- Parazelluläre Resorption (keine aktive Natriumresorption!)
- Dicker, aufsteigender Teil der Henle-Schleife (Pars recta des distalen Tubulus)
- Distaler Tubulus, Pars convoluta
- Verbindungsstück und Sammelrohr
Die Natriumresorption im Sammelrohr via ENaC erfolgt aldosteronabhängig und geht immer mit einer gesteigerten Kaliumsekretion einher!
Kaliumresorption und Kaliumsekretion
- Kaliumresorption: Etwa 90% des im Glomerulus filtrierten Kaliums werden resorbiert
- Proximaler Tubulus: Solvent Drag
- Dicker, aufsteigender Teil der Henle-Schleife: Na+-K+-2Cl--Transporter
- Kaliumsekretion
- Sammelrohr: K+-Kanäle
Die Kaliumkanäle im Sammelrohr sind funktionell an die ENaC (Epitheliale Natriumkanäle) des Sammelrohrs gekoppelt. Eine gesteigerte Natriumresorption durch die ENaC geht deshalb immer mit einer gesteigerten Kaliumsekretion einher!
Chloridresorption
Ca. 99% des im Glomerulus filtrierten Chlorids werden wieder resorbiert. Die Chloridresorption ist eng an die Natriumresorption gekoppelt.
- Proximaler Tubulus: Solvent Drag
- Dünner, aufsteigender Teil der Henle-Schleife: Passive Resorption
- Dicker, aufsteigender Teil der Henle-Schleife: Na+-K+-2Cl--Transporter
- Distaler Tubulus, Pars convoluta: NaCl-Cotransporter
Calciumresorption
Ca. 95% des im Glomerulus filtrierten Calciums werden wieder resorbiert.
- Proximaler Tubulus: Parazellulär (Solvent Drag)
- Aufsteigender Teil der Henle-Schleife: Parazellulär
- Distaler Tubulus, Pars convoluta: ECaC (Epitheliale Calciumkanäle)
Magnesiumresorption
Ca. 95% des im Glomerulus filtrierten Magnesiums werden wieder resorbiert.
- Proximaler Tubulus: Solvent Drag
- Dicker, aufsteigender Teil der Henle-Schleife: Parazellulär (Triebkraft hierfür ist das lumenpositive transepitheliale Potenzial, welches durch den Na+/K+/2Cl--Transporter erzeugt wird)
Protonensekretion und Bicarbonatresorption
Für die renale Protonensekretion sind das Phosphat- und Ammoniumsystem von besonderer Bedeutung. Etwa die Hälfte der Protonen werden als freie Protonen in das Tubuluslumen sezerniert und dort hauptsächlich durch den Phosphatpuffer gebunden. Die andere Hälfte gelangt als Ammonium-Ionen (NH4+) in das Tubuluslumen. Durch die direkte Ausscheidung von Ammonium werden einerseits Protonen ausgeschieden, andererseits wird im Vergleich zur Ammoniakausscheidung über den Harnstoffzyklus Bicarbonat eingespart (indirekte Pufferwirkung).
Protonensekretion
- Proximaler Tubulus
- Na+/H+-Antiporter: Die Protonensekretion mittels dieses Transporters ist eng an die Bicarbonatresorption gekoppelt
- H+ gelangt mittels des Na+/H+-Antiporters ins Tubuluslumen und verbindet sich dort mit HCO3- zu Kohlensäure (H2CO3)
- Im Bürstensaum sitzt die Carboanhydrase, welche H2CO3 zu H2O und CO2 spaltet
- CO2 wird resorbiert und von einer zytosolischen Carboanhydrase wieder zu H2CO3 hydratisiert
- H2CO3 zerfällt spontan in H+ und HCO3-
- H+ wird nun wieder mittels des Na+/H+-Antiporters ins Tubuluslumen befördert
- HCO3- verlässt die Zelle basolateral über den Na+/3HCO3--Symporter
- Na+/H+-Antiporter: Die Protonensekretion mittels dieses Transporters ist eng an die Bicarbonatresorption gekoppelt
- Sammelrohr: Abhängig vom pH-Wert des Blutes dominiert hier einer der zwei Typen von Schaltzellen, die ineinander umgewandelt werden können
- Typ-A-Schaltzellen
- H+-ATPase (primär-aktiv): Pumpt Protonen ins Tubuluslumen
- Typ-B-Schaltzellen
- Cl-/HCO3--Antiporter: Befördert Bicarbonat im Austausch mit Chlorid ins Tubuluslumen
- Typ-A-Schaltzellen
Bindung der Protonen im Harn
- Ammoniumsystem: Ausscheidung von Protonen an Ammonium-Ionen (NH4+) gebunden: siehe Sekretion harnpflichtiger Substanzen und Die Rolle der Leber bei der pH-Regulation
- Sekretion von Phosphat: PO43- wird glomerulär frei filtriert und verbindet sich im Tubuluslumen mit einem oder zwei H+-Ionen (zu HPO42- bzw. H2PO4‑)
Protonen werden zum einen durch den Phosphatpuffer abgepuffert, zum anderen können sie in Form von NH4+ ausgeschieden werden.
Resorption von Proteinen und Aminosäuren
Proteine und Aminosäuren werden im proximalen Tubulus fast vollständig resorbiert.
- Freie Aminosäuren: Über einen Na+-Symporter
- Dipeptide, Oligopeptide, Polypeptide: Werden durch Peptidasen im Bürstensaum gespalten
- Aufnahme entweder über Endozytose oder mittels eines Protonen-Symporters
Kohlenhydratresorption
- Glucoseresorption: Im Normalfall wird die gesamte Glucose bereits im proximalen Tubulus wieder resorbiert. Hierfür stehen zwei Natrium-gekoppelte Transporter (SGLT = Sodium dependent glucose transporter) zur Verfügung, welche sich in ihrer Affinität unterscheiden
- SGLT2: Sitzt vermehrt am Anfang des proximalen Tubulus
- SGLT1: Sitzt vermehrt am Ende des proximalen Tubulus
- Fructoseresorption: GLUT5 (natriumunabhängig)
- Galactoseresorption: Ebenfalls SGLT1
Ab einer Konzentration von 10mmol/l im Primärharn wird die Transportkapazität der Glucosetransporter überschritten, sodass Glucose mit dem Urin ausgeschieden wird. Man bezeichnet diesen Wert deshalb als Nierenschwelle für Glucose!
Wasserresorption
Die Wasserresorption erfolgt passiv und kann sehr stark moduliert werden (bspw. über ADH). Dies macht die variable Ausscheidung von Wasser möglich (Harnkonzentrierung).
- Proximaler Tubulus
- Aquaporine 1 (AQP1)
- Parazellulär
- Dünner, absteigender Teil der Henle-Schleife: Aquaporine 1 (AQP1)
- Aufsteigender Teil der Henle-Schleife: Undurchlässig für Wasser
- Distaler Tubulus: Parazellulär
- Sammelrohr: Aquaporine 2 (AQP2)
- Hier erfolgt die Einstellung der endgültigen Urinosmolarität
Der Einbau der AQP2 in die Tubuluszellen des Sammelrohrs erfolgt ADH-abhängig!
Sekretion harnpflichtiger Substanzen
- Ammoniakausscheidung: Wird entweder in der Leber im Harnstoffzyklus unter Verbrauch von Bicarbonat in Harnstoff umgewandelt oder im Glutamin fixiert
- In den Zellen des proximalen Tubulus werden aus Glutamin insgesamt zwei Ammonium-Ionen (NH4+) abgespalten
- Glutaminase: Glutamin → Glutamat + NH4+
- Glutamat-Dehydrogenase: Glutamat → α-Ketoglutarat + NH4+
- NH4+ dissoziiert zu NH3 + H+ → das ungeladene NH3 kann ins Tubuluslumen diffundieren und H+ gelangt über aktive Sekretion ins Lumen → im Lumen reagiert NH3 mit H+ wieder zu NH4+
- NH4+ ist polar und kann daher nicht wieder zurück in die Zelle diffundieren → NH4+ wird mit dem Harn ausgeschieden
- Der Na+-K+-2Cl--Transporter im dicken aufsteigenden Teil der Henle-Schleife kann statt K+ auch NH4+ resorbieren → ein Teil des NH4+ gelangt aus dem Tubuluslumen wieder in das Nierenmark → hohe Konzentration von NH4+ im Nierenmark → NH4+ ⇄ NH3 und H+ → Diffusion von NH3 entlang des Konzentrationsgradienten in das Lumen des Sammelrohrs, aktive Sekretion der H+-Ionen ins Sammelrohr → NH4+ wird mit dem Harn ausgeschieden
- Durch die Ausscheidung von NH4+ über Glutamin werden einerseits Protonen ausgeschieden, andererseits wird im Vergleich zur Ausscheidung von Ammoniak (NH3) über den Harnstoffzyklus Bicarbonat eingespart. Das Bicarbonat steht so als Puffer zur Verfügung (indirekte Pufferwirkung des Ammonium-Systems, siehe auch Die Rolle der Leber bei der pH-Regulation).
- In den Zellen des proximalen Tubulus werden aus Glutamin insgesamt zwei Ammonium-Ionen (NH4+) abgespalten
- Harnstoffausscheidung
- Harnstoff wird frei filtriert und im proximalen Tubulus zu 50% wieder resorbiert
- Ein Teil des Harnstoffs unterliegt der Harnstoffrezirkulation, welche entscheidend am Aufbau des corticomedullären Osmolaritätsgradienten beteiligt ist
- Harnsäureausscheidung
- Harnsäure wird zunächst fast vollständig als Urat im proximalen Tubulus rückresorbiert, erst gegen Ende des proximalen Tubulus werden ca. 10% wieder sezerniert, die dann ausgeschieden werden
- Kreatininausscheidung
- Kreatinin wird frei filtriert, geringfügig sezerniert und nicht resorbiert
Wiederholungsfragen zum Kapitel Tubuläre Transportprozesse
Die einzelnen Nephronabschnitte
In welchem Tubulusabschnitt wird der größte Anteil des Bicarbonats rückresorbiert?
Erläutere den Mechanismus, über den im proximalen Tubulus Substanzen wie Phosphat, Glucose und Aminosäuren aus dem Primärharn in die Zelle aufgenommen werden!
Wie gelangt Bicarbonat aus dem proximalen Tubuluslumen ins Interstitium? Welche Besonderheit weist der daran beteiligte basolaterale Transport auf?
Welche Transportvorgänge finden im Intermediärtubulus statt?
Was wird im dicken, aufsteigenden Teil der Henle-Schleife resorbiert und wie findet dies statt?
Wie wirkt Furosemid und was muss man deshalb beachten?
Welche Transporter bzw. Kanäle werden aldosteronabhängig in die Tubuluszellen des distalen Nephrons eingebaut?
Was bewirken medikamentöse Hemmstoffe des sog. ENaC (epithelialer Na+Kanal) und welchen Vorteil haben sie gegenüber anderen Diuretika?
Harnkonzentrierung
Welche Funktion haben die Urea-Transporter Typ 1 und 2 jeweils und welche Rolle spielt ADH?
Welche Rolle spielen die Transportprozesse im dicken, aufsteigenden Teil der Henle-Schleife für den corticomedullären Osmolaritätsgradient?
Resorption und Sekretion einzelner Stoffe
Die Harnkonzentration welchen Ions außer Natrium wird durch die Aktivität des ENaC beeinflusst?
Wie erfolgt die renale Magnesiumresorption?
Wie erfolgt die renale Calciumresorption?
Welche Folgen hat eine Hemmung der Carboanhydrasen im proximalen Tubulus?
Wie erfolgt die renale Resorption von Peptiden?
Was bezeichnet die sog. Nierenschwelle für Glucose und wo liegt sie?
Welche Wirkung hat ADH auf das Sammelrohrepithel?
Wie hoch liegt die fraktionelle Ausscheidung von Kreatinin und Harnstoff?
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.