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Gastransport im Blut

Letzte Aktualisierung: 30.7.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Der Gastransport umfasst beim Menschen hauptsächlich die Verteilung von O2 im Körper sowie den Abtransport von CO2. Während die Aufnahme und Abgabe von der Lunge geleistet wird, ist der Transport der Gase Aufgabe des Blutes: Hier stehen die Erythrozyten mit ihrem wichtigsten Protein Hämoglobin im Vordergrund. Über Hämoglobin wird nicht nur der größte Teil des Sauerstoffs transportiert, gleichzeitig sorgen Erythrozyten auch für die Umwandlung des CO2 in das gut lösliche Bicarbonat.

Der prinzipielle Aufbau von Erythrozyten sowie die Eigenschaften des Hämoglobins mit den verschiedenen Hämoglobintypen werden in den entsprechenden Kapiteln dargestellt, hier geht es im Weiteren um die Mechanismen des Gastransportes sowie um die Regulation und Beschreibung der O2-Affinität.

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Grundlagentoggle arrow icon

Löslichkeit und Diffusion von Gasen

Gase verhalten sich beim Lösen in Flüssigkeiten anders als Feststoffe (wie z.B. Salze). Das liegt daran, dass Gase kein festes Volumen besitzen, sondern sich in Abhängigkeit von Druck und Temperatur ausdehnen. Bei Gasen wird üblicherweise der Partialdruck und nicht die Konzentration betrachtet. Die physikalische Löslichkeit von Gasen in Wasser ist nicht besonders hoch, was vor allem im Zusammenhang mit der physiologisch wichtigen Löslichkeit von Sauerstoff in Blut zu beachten ist.

  • Löslichkeit von Gasen
    • Abhängig von
      • Flüssigkeit, in der das Gas gelöst wird: Wird durch Löslichkeitskoeffizienten beschrieben
      • Temperatur
      • Partialdruck des Gases
  • Diffusion von Gasen
  • Beispiel: Man stellt eine Schale mit 1 L gasfreiem Wasser in einen luftgefüllten, 36°C warmen Raum und wartet – wieviel O2 ist anschließend im Wasser?
    • O2-Partialdruck in der Luft: ca. 160 mmHg
    • O2 verteilt sich in Wasser, bis ein Gleichgewicht entsteht – diese Menge im Wasser bezeichnet man dann auch als Partialdruck von 160 mmHg
    • Jetzt kann man berechnen, wieviel O2 diesen 160 mmHg im Wasser entsprechen
      • Löslichkeitskoeffizient von Wasser für O2 bei 36°C ≈ (0,025 mL/mmHg)/L
      • Partialdruck × Löslichkeitskoeffizient × Flüssigkeitsvolumen = 160 mmHg × 0,025 mL/mmHg/L × 1 L = 4 mL
    • Fazit: In 1 L Wasser sind jetzt ca. 4 mL O2 gelöst. Da diese Menge in einem Diffusionsgleichgewicht mit den 160 mmHg O2 der Luft steht, sagt man, dass der Partialdruck im Wasser jetzt auch 160 mmHg beträgt .

Für die Löslichkeit ist bei Gasen der Partialdruck sowie der vom Lösungsmittel abhängige Löslichkeitskoeffizient verantwortlich!

Transport von Gasen

  • Transportformen für Gase im Blut
    • Physikalischer Transport
      • Gase lösen sich direkt in einer Flüssigkeit
        • Die Löslichkeit eines Gases in der Flüssigkeit und sein Partialdruck bestimmen, wieviel Gas sich löst, d.h. seine Konzentration in Lösung
    • Chemischer Transport
      • Gase können gebunden (z.B. an Proteine) vorliegen
        • Können gebunden nicht mehr frei diffundieren
        • Deutlich größere Mengen transportierbar
    • Umwandlung durch chemische Reaktion
      • Gas wird für bestmöglichen Transport in ein Molekül oder Ion umgewandelt, das gut löslich ist
      • Wichtigstes Beispiel: Reaktion von CO2 zu Bicarbonat
Beispielrechnung

Möchte man bei einem an Sauerstoffmangel leidenden Patienten die Konzentration des bei ihm im Blut gelösten Sauerstoffs von 50 mmHg/L verdoppeln, um wieviel muss dann der Sauerstoffpartialdruck seiner Atemluft erhöht werden? Der Löslichkeitskoeffizient von Wasser für O2 bei 36°C ≈ (0,025 mL/mmHg)/L.

  • Gesucht: Sauerstoffpartialdruck pO2 der Atemluft des Patienten
  • Gegeben: Sauerstoffkonzentration im Blut = 50 mmHg/L
  • Konzentration des gelösten Gases = Partialdruck des Gases × Löslichkeitskoeffizient × Volumen der Flüssigkeit
  • Da der Löslichkeitskoeffizient für Sauerstoff immer gleich ist und auch die Menge des Blutes gleich bleibt, kann die Verdopplung der gelösten Sauerstoffkonzentration nur durch eine Verdopplung des Sauerstoffpartialdrucks in der Atemluft erfolgen:
  • 50 mmHg/L = x × konst ⇔ 2 × (50 mmHg/L) = 2x × konst
  • Bei einem atmosphärischen Sauerstoffgehalt von 21%, der also 210 mL Sauerstoff pro Liter Luft entspricht, wären dies 42% = 420 mLO2/LLuft.
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Sauerstofftransporttoggle arrow icon

Art des Transportes

Sauerstoff wird überall im Körper benötigt; physikalisch gelöster Sauerstoff kann aber unmöglich den hohen Bedarf decken - mit Hämoglobin existiert jedoch ein spezialisiertes Transportprotein für Sauerstoff. Ohne Hämoglobin könnte 1L Blut nur ca. 3ml Sauerstoff transportieren.

Der Großteil des Sauerstofftransports erfolgt chemisch über das Hämoglobin der Erythrozyten!

Sauerstoffbindung durch Hämoglobin

Die Anlagerung von Sauerstoff an das zweiwertige Eisen-Ion des Häms bezeichnet man als Oxygenierung. Sauerstoff bindet dabei an Fe2+-Ionen des Häms und gleichzeitig auch nicht-kovalent an einen benachbarten Histidin-Rest im Globin.

  • Bindung
    • Anlagerung an das Fe2+ des Häm
    • Stabilisierung durch H-Brücken mit Histidinrest im Globin
  • Folgen
    • Konformationsänderung des Hämoglobins → Übergang vom Tense- in den Relaxed-Zustand
    • Keine Änderung der Wertigkeit des Eisens → Reaktion ist reversibel

Die Bindung von O2 erfolgt an das Fe2+ des Häm ohne(!) Elektronenaufnahme!

Tense(T)- und Relaxed(R)-Zustand

Das Hämoglobin-Tetramer kann in zwei Konformationen vorliegen, die sich durch die Lage der Ketten zueinander unterscheiden; diese beiden Zustände bezeichnet man als Tense(T)- und Relaxed(R)-Zustand.

Hämoglobin kann in einen (T)- oder einem (R)-Zustand vorliegen, die sich durch die räumliche Anordnung unterscheiden. Der Übergang in den sauerstoffaffinen R-Zustand ist die Erklärung für den sigmoidalen Verlauf der Sauerstoffbindungskurve und ermöglicht zudem eine Regulation der Sauerstoffaffinität!

Sauerstoffaffinität

Die Sauerstoffaffinität beschreibt, wie stark Hämoglobin O2 „anzieht“. Es ist nicht nur wichtig, dass O2 in der Lunge gut aufgenommen wird, es muss im Gewebe auch wieder abgegeben werden können. Daher kann die Affinität nicht beliebig hoch sein, sondern muss reguliert werden. Die Mechanismen werden im Folgenden vorgestellt.

Erythrozyten können die Sauerstoffaffinität über die produzierte Menge an 2,3-Bisphosphoglycerat (2,3-BPG) regulieren!

Sauerstoffbindungskurve

Die Sauerstoffbindungskurve stellt die Sauerstoffaffinität grafisch dar: Sie zeigt, wie hoch die O2-Sättigung des Hämoglobins je nach O2-Partialdruck ist.

Kohlenstoffmonoxid (CO) bindet genau wie Sauerstoff ans Häm, hat jedoch eine wesentlich höhere Affinität zum Hämoglobin und kann somit O2-Bindungsstellen blockieren (z.B. bei Kohlenstoffmonoxidvergiftung). Andererseits hat CO auch einen kooperativen Effekt auf das Hämoglobin (für Prinzip siehe: Kooperativität der Sauerstoffbindung) und verringert dadurch die Sauerstoffabgabe im Gewebedas bedeutet, bei Bindung von CO verschiebt sich die Sauerstoffbindungskurve nach links!

Im Gegensatz zum s-förmigen Verlauf der Sauerstoffbindungskurve des Hämoglobins verläuft die Bindungskurve vom Myoglobin des Skelettmuskels logarithmisch, da hier kein kooperativer Effekt besteht! Die sigmoidale Bindungskurve des Hämoglobins ist charakteristisch für dessen Kooperativität. Bei Myoglobin, dem Sauerstoffträgermolekül des Skelettmuskels, bestehen keine allosterischen Wechselwirkungen: Die Myoglobinbindungskurve verläuft daher hyperbol. Zudem besteht bei Myoglobin eine höhere Sauerstoffaffinität.

Parameter des Sauerstofftransports im Überblick

Die verschiedenen Parameter des Sauerstoffs im Blut können verwirren - sie hängen zwar zusammen, unterscheiden sich aber in ihren Aussagen.

  • Arterieller Sauerstoffpartialdruck
    • Beschreibt den physikalisch gelösten Sauerstoff im Blut
    • Haupteinfluss: Lungenfunktion und O2-Gehalt der Atemluft
    • Nicht ausreichend zur Abschätzung der Sauerstoffversorgung des Körpers
  • Arterielle Sauerstoffsättigung
  • Sauerstoffgehalt im Blut
    • Beschreibt die Gesamtmenge des Sauerstoffs im Blut, also sowohl die chemisch gebundene als auch die physikalisch gelöste Menge
      • Damit der entscheidende Parameter für die Sauerstoffversorgung des Körpers
    • Hängt im Gegensatz zu den anderen beiden Parametern auch vom Hämoglobingehalt ab
      • Verringerte Hämoglobinspiegel senken die Sauerstoffbindungskapazität
Sauerstoffpartialdruck (pO2) Sauerstoffsättigung (sO2) Sauerstoffgehalt
Einheit
  • mmHg oder Pascal (Pa)
  • Prozent
  • Milliliter je Liter Blut (mL/L)
Normwerte
  • Arteriell (paO2): 60–100 mmHg (stark altersabhängig!)
  • Gemischtvenös (pgvO2) : ca. 40 mmHg
  • Arteriell (SaO2): 95–99%
  • Gemischtvenös (SgvO2): ca. 75%
  • Arteriell: 180–220 mL/L
  • Gemischtvenös: ca. 150 mL/L
Erniedrigung der arteriellen Werte durch
  • Oxygenierungsstörungen in der Lunge
  • Niedriger pO2 in der Atemluft (z.B. in der Höhe)
  • Erniedrigung der Hämoglobinkonzentration(!)
  • Erniedrigung der O2-Sättigung
Keinen oder kaum Einfluss durch
  • Hämoglobinkonzentration(!)
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Kohlenstoffdioxid-Transporttoggle arrow icon

Neben dem Sauerstofftransport ins Gewebe gewährleisten die Erythrozyten auch den CO2-Transport aus dem Gewebe zur Lunge. Das geschieht auf drei verschiedene Arten:

CO2 wird überwiegend als Bicarbonat transportiert; die Umwandlung erfolgt in den Erythrozyten. Ein Hämoglobinmolekül kann 4 CO2-Moleküle aufnehmen. Anders als O2 bindet CO2 allerdings nicht an das Häm, sondern an das N-terminale Ende der Globinkette!

Kohlenstoffdioxid- und Sauerstofftransport im Vergleich

Sauerstoff Kohlenstoffdioxid
Mechanismus
  • Chemisch an Häm (98%)
  • Physikalisch (2%)
  • Umwandlung in gut lösliches Bicarbonat (90%)
  • Chemisch an Globin (5%)
  • Physikalisch (5%)
In Lösung sättigbar?
  • Ja
  • Praktisch nicht
Partialdruck arteriell [mmHg]
  • 100 mmHg
  • 40 mmHg
Partialdruck venös [mmHg]
  • 40 mmHg
  • 46 mmHg

In arteriellem Blut übersteigt die Gesamtmenge aller CO2-Transportformen (CO2, Bicarbonat, Carbamat) die der Sauerstofftransportformen (O2 und O2-beladenes Häm) deutlich. Die Gesamtmenge an Sauerstoff in arteriellem Blut beträgt 200 mL/L Blut, bei Kohlenstoffdioxid sind es sogar 500 mL/L Blut!

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Wiederholungsfragen zum Kapitel Gastransport im Bluttoggle arrow icon

Sauerstofftransport

Was bezeichnet die sog. Hüfner-Zahl? Gib ein exemplarisches Rechenbeispiel für einen erwachsenen Mann!

Wie erfolgt die Bindung von Sauerstoff an das Hämoglobinmolekül?

Durch welche Mechanismen kann die Sauerstoffaffinität reguliert werden? Beschreibe diese kurz!

Was bezeichnet der O2-Halbsättigungsdruck?

Was versteht man unter einer Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve? Welchen Einfluss hat dies auf den O2-Halbsättigungsdruck?

Wovon hängt der Sauerstoffgehalt im Blut maßgeblich ab?

Wie hoch ist die arterielle Sauerstoffsättigung normalerweise? Welchen Einfluss hat eine Anämie auf die O2-Sättigung und die O2-Bindungskapazität?

Welchen Einfluss hat Kohlenstoffmonoxid auf die Sauerstoffbindungskurve?

Kohlenstoffdioxid-Transport

Auf welche Weise findet der CO2-Transport aus dem Gewebe zur Lunge statt? Welche Rolle spielen die Erythrozyten und Hämoglobin dabei?

Enthält das Blut unter Berücksichtigung aller möglichen Transportformen mengenmäßig mehr CO2 oder mehr O2?

Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.

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Gastransport im Blut

Gastransport im Blut – Teil 1

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