Zusammenfassung
Diese heterogene Gruppe an Erkrankungen ist dadurch geprägt, dass die renale Rückresorption oder Sekretion von Substanzen wie Elektrolyten, Säure-/Basen-Parametern oder Proteinen gestört ist. Man unterscheidet angeborene von erworbenen Formen, wobei Letztere Teilaspekt insb. interstitieller Nierenerkrankungen sind. Beim Phosphatdiabetes ist bspw. die Rückresorption von Phosphat gestört, was zu einer Hypophosphatämie und klinisch zu rachitischen Beschwerden führt. Bei der renal tubulären Azidose besteht eine Störung in der Sekretion von H+ im distalen Tubulus/Sammelrohr (Typ I) oder in der Rückresorption von Bicarbonat (Typ II). Das Debré-de-Toni-Fanconi-Syndrom ist eine angeborene oder erworbene Störung der Rückresorption im proximalen Tubulus, die zu einer gestörten Rückresorption von Aminosäuren, Elektrolyten und Glucose führt und sich klinisch deshalb sehr unterschiedlich präsentieren kann.
Phosphatdiabetes (Familiäre hypophosphatämische Rachitis)
- Genetik: Mutation des PHEX-Gens auf dem kurzen Arm des X-Chromosoms → Vermehrte Produktion von FGF23 (Fibroblast Growth Factor 23)
- Pathophysiologie
- Manifestationsalter: Meist vor dem 3. Lebensjahr
- Klinisches Bild
- Ausgeprägte Rachitis-ähnliche Beschwerden
- Zahndefekte
- Diagnostik
- Ausgeprägte Hypophosphatämie
- Alkalische Phosphatase↑
- Therapie
- Burosumab (Antikörper gegen FGF23)
- Substitution von Phosphat
- Substitution von Calcitriol
Renal tubuläre Azidose (RTA)
- Renale tubuläre Azidose Typ I (distale RTA, Lightwood-Albright-Syndrom)
- Pathophysiologie: Angeborene oder erworbene Störung der Sekretion von H+-Ionen im distalen Tubulus/Sammelrohr (Urin-pH kann nicht <6 gesenkt werden)
- Klinisches Bild: Metabolische Azidose, Hypokaliämie , Hyperchlorämie, Hypokalzämie bei Hyperkalzurie (Osteomalazie bzw. Rachitis sowie Nephrolithiasis und -kalzinose)
- Renale tubuläre Azidose Typ II (proximale RTA)
- Pathophysiologie: Angeborene oder erworbene Störung der Rückresorption von Bicarbonat im proximalen Tubulus
- Klinik: Metabolische Azidose, leichte Hypokaliämie, Hyperchlorämie → Ähnlich Typ I, aber milder (keine relevante Calciumstoffwechselstörung)
- Typ III: Mischbild aus Typ I und II
- Typ IV: Führt im Gegensatz zu den anderen Formen zu einer Hyperkaliämie
- Erworbene und partielle Formen der RTA bei verschiedenen Grunderkrankungen (u.a. Plasmozytom, SLE, rheumatoide Arthritis, Leberzirrhose, hämolytischen Anämien), Medikamenteneinnahme (u.a. Lithium, Topiramat, Amphotericin B)
Debré-de-Toni-Fanconi-Syndrom
- Definition: Angeborene oder erworbene unspezifische Tubulopathie des proximalen Tubulus (Verwechslungsgefahr: Fanconi-Anämie, eine angeborene aplastische Anämie)
- Ätiologie
- Angeboren: Autosomal-rezessiver Erbgang
- Erworben nach Nierenschädigung
- Nephrotoxische Substanzen
- Stoffwechselerkrankungen, z.B. Zystinose
- Folgen
- Gestörte Tubulusfunktion: Wasserverlust, gestörte Rückresorption von Aminosäuren, Elektrolyten (Kalium, Phosphat und Bicarbonat) und Glucose
- Polydipsie, Polyurie, Azidose, Hypokaliämie, Vitamin-D-resistente Rachitis (im Kindesalter, durch den Phosphatverlust)
- Gestörte Tubulusfunktion: Wasserverlust, gestörte Rückresorption von Aminosäuren, Elektrolyten (Kalium, Phosphat und Bicarbonat) und Glucose
Bartter-Syndrom
- Definition: Seltene, überwiegend autosomal-rezessive Erbkrankheit mit gestörter Tubulusfunktion, die zu einem Salz- und Wasserverlust führt (Verwechslungsgefahr: Schwartz-Bartter-Syndrom, auch Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion genannt)
- Symptome
- Zwei Verlaufsformen
- Antenatales Bartter-Syndrom: Polyhydramnion während der Schwangerschaft, postnatale Manifestation
- Klassisches Bartter-Syndrom: Manifestation im Kleinkindes- bis Erwachsenenalter
- Leitsymptome: Polyurie, Hypotonie, Dehydratation
- Weiterhin: Verlangen nach Salz, Erbrechen, Verwirrtheitszustände, Muskelkrämpfe
- Zwei Verlaufsformen
- Diagnostik
- Hypokaliämische Alkalose
- Sekundärer Hyperaldosteronismus (Renin und Aldosteron↑)
- Hyperkalzurie → Nephrokalzinose
- Therapie: Kaliumsubstitution p.o., kaliumsparende Diuretika (Amilorid, Spironolacton), Indometacin
- In Belastungssituationen drohen starke Elektrolytentgleisungen, die engmaschig überwacht und ausgeglichen werden müssen
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 81-2019-4/4: Übersicht in der Nephrologie: Familiäre Hypophosphatämie - Klares für Rares
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- E26.-: Hyperaldosteronismus
- E26.8: Sonstiger Hyperaldosteronismus
- E72.-: Sonstige Störungen des Aminosäurestoffwechsels
- E72.0: Störungen des Aminosäuretransportes
- De-Toni-Debré-Fanconi-Komplex
- E72.0: Störungen des Aminosäuretransportes
- N25.-: Krankheiten infolge Schädigung der tubulären Nierenfunktion
- Exklusive: Stoffwechselstörungen, unter E70–E90 klassifizierbar
- N25.8: Sonstige Krankheiten infolge Schädigung der tubulären Nierenfunktion
- Azidose, renale tubuläre, Typ 1 [Lightwood-Albright-Syndrom]
- Renale tubuläre Azidose o.n.A.
- Sekundärer Hyperparathyreoidismus renalen Ursprungs
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.