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Hodentorsion

Letzte Aktualisierung: 10.7.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Bei der Hodentorsion handelt es sich um eine akute Verdrehung von Hoden und Samenstrang innerhalb des Skrotums mit konsekutiver Minderdurchblutung. Klinisch manifestiert sich die Hodentorsion meist durch plötzlich einsetzende Schmerzen im Bereich des Hodens und/oder des Unterbauchs. Betroffen sind i.d.R. Kinder und junge Männer.

Da innerhalb von etwa 6 h Nekrose und Organverlust drohen, handelt es sich um einen urologischen Notfall und es sollte schon bei Verdacht auf eine Hodentorsion schnellstmöglich eine operative Hodenfreilegung, Detorquierung und beidseitige Orchidopexie erfolgen. Wichtigste Differenzialdiagnose ist die Nebenhodenentzündung (Epididymitis).

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Auftreten: 1 pro 4.000 Männer <25 Jahre [1]
  • Alter: In jedem Alter möglich mit zwei Häufigkeitsgipfeln [2]
    • 1. Lebensjahr, insb. Neugeborene
    • 12.–18. Lebensjahr (ca. 65% aller Hodentorsionen)

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Pathogenese
    • Idiopathische Hodentorsion (häufig)
      • Abnorme Beweglichkeit des Hodens innerhalb des Skrotums → Ggf. Rotationsstimuli (insb. Sport) und Kremaster- oder M. Dartos-Kontraktionen → Torsion von Hoden und SamenstrangInitial venöse Abflussbehinderung bei erhaltener arterieller Durchblutung (inkomplette Torsion) → Stase des Blutes → Schwellung → Ödem → Sekundäre arterielle Obstruktion (komplette Torsion) → Thrombose und hämorrhagische Nekrose des HodensInfarzierung
      • Bei inkompletter Torsion: Intermittierende spontane Detorquierung mit Symptombesserung möglich → Gefahr die Diagnose zu verkennen
      • Bei sofortiger kompletter Torsion: Ischämischer Hodeninfarkt
    • Traumatische Hodentorsion (selten)
  • Torsionsrichtung: In ⅔ der Fälle erfolgt die Torsion nach medial, in ⅓ der Fälle nach lateral
  • Torsionsformen
  • Risikofaktoren

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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Plötzlich einsetzende starke Schmerzen im Bereich eines Hodens (Palpation kaum möglich)
  • Schwellung und Rötung des Hodens
  • Oft steht der betroffene Hoden höher als auf der Gegenseite und wirkt immobilisiert
  • Ggf. Ausstrahlung in Leiste und/oder Unterbauch, ggf. nur Unterbauchschmerzen
  • Ggf. vegetative Symptomatik wie Übelkeit und Erbrechen, kalter Schweiß, Herzrasen
  • Innerhalb von 2–12 h (meist 6 h) kommt es zu Nekrose und Funktionsverlust

Bei männlichen Patienten mit Unterbauchschmerzen sollte immer eine Untersuchung der Hoden erfolgen!

Bei plötzlichen, massiven Hodenschmerzen muss immer an eine Hodentorsion gedacht werden!

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Diagnostiktoggle arrow icon

  • Anamnese: Plötzlicher Beginn der Symptomatik
  • Körperliche Untersuchung: Meist aufgrund der Schmerzen nur sehr eingeschränkt möglich
  • Sonografie bei Hodentorsion: Beurteilung der Hodenhomogenität: Befund variiert mit dem Ischämiegrad
    • Initial oft keine Veränderung, ggf. Hypoechogenität, zunehmendes Volumen
    • Im Verlauf Inhomogenität durch hämorrhagische Nekrose
    • Ggf. Nachweis des sog. „Whirlpool-Sign“: Darstellung des torquierten Samenstrangs
  • Duplexsonografie bei Hodentorsion: Beurteilung der Hodendurchblutung
    • Fehlende Durchblutung oder Seitendifferenz: Hodentorsion wahrscheinlich
    • Nachweis einer seitengleichen arteriellen und venösen Durchblutung im Hoden: Ausschluss einer Torsion
    • Fehlerquellen
      • Vermehrte Perfusion von Skrotalwand und Kapselgefäßen kann Hodendurchblutung vortäuschen!
      • Bei inkompletter Torsion ist die arterielle Perfusion erhalten!
    • Spektralanalyse und Messung des RI der Gefäße durch erfahrenen Untersucher
  • Sonderform: Hodentorsion bei Hodenhochstand
    • Erschwerte Diagnosestellung durch Leistenhoden oder intraabdominal gelegene Hoden
    • Oft nur Unterbauchschmerzen
    • Ggf. schmerzhafte Rötung, Schwellung und Überwärmung in der Leiste bei leerem Skrotalfach

Sofern eine Hodentorsion nicht sicher ausgeschlossen werden kann, muss schnellstmöglich operativ eingegriffen werden!

Eine durchgeführte Orchidopexie schließt eine erneute Hodentorsion nicht aus!

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

  • Rezidivierende partielle Hodentorsion
    • Epidemiologie: I.d.R. >8 Jahre
    • Klinik: Intermittierende, spontan reversible, entsprechende Schmerzereignisse
    • Diagnostik: Ggf. sind bei zeitnaher Vorstellung Rötung, Schwellung, reaktive Hydrozele und/oder sonografische Auffälligkeiten nachweisbar
    • Therapie: Aufgrund des erhöhten Risikos für eine komplette Torsion ist eine operative Hodenfreilegung mit beidseitiger Orchidopexie indiziert
  • Hydatidentorsion
    • Definitionen
    • Epidemiologie: Altersgipfel 6–11 Jahre, allerdings in jedem Alter möglich
    • Klinik
      • Initial nur empfindlicher kleiner Knoten am oberen Hodenpol
      • Blue Dot Sign
      • Ggf. reaktive Hydrocele testis mit Rötung, Schwellung und Erguss
    • Diagnostik: Insb. Sonografie
    • Therapie
      • Operative Hodenfreilegung mit Abtragung der Hydatide: Bei unsicherer Diagnose (insb. bei fehlendem Ausschluss einer Hodentorsion) oder ausgeprägter bzw. persistierender Klinik über 24–48 h
      • Konservative Therapie (Bettruhe): Bei gesicherter Diagnose und erträglicher Klinik
  • Epididymitis oder Orchitis
  • Hodenkontusion
  • Hodentumor
  • Appendizitis

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Die Therapie der Hodentorsion sollte immer operativ erfolgen. Ob der Hoden erhalten werden kann, hängt von Dauer und Ausmaß der Torsion und dem Grad der Schädigung ab.

Operative Therapie

  • Zeitintervall: Schnellstmöglich (innerhalb von 4–6 h)
  • Operativer Zugang
  • Vorgehen
    1. Operative Hodenfreilegung und offene Detorquierung mit Orchidopexie
    2. Orchidopexie kontralateral empfohlen
    3. Nach Freilegung und Detorquierung wird die Erholung des Hodenparenchyms (bis zu 30 min) abgewartet, ggf. Auflegen warmer NaCl-Kompressen
      • Bei gesicherter Nekrose: Ablatio testis
      • Im Zweifel sollte der Hoden zunächst belassen werden, da auch bei irreversibel geschädigtem Keimepithel ggf. die hormonproduzierenden Leydig-Zellen eine Teilfunktion übernehmen (Ischämiezeit 10–12 h)

Bereits bei Verdacht auf eine Hodentorsion ist die Hodenfreilegung indiziert, da ansonsten ein Organverlust droht!

Konservativer Detorquierungsversuch

  • Indikation: Nur als Überbrückungsmanöver bei fehlender OP-Möglichkeit
  • Voraussetzungen: Kurze Schmerzanamnese, skrotale Hodenposition und keine sonstigen Begleitbefunde
  • Detorquierungsversuch initial nach lateral, da ⅔ aller Hodentorsionen nach medial erfolgen
    • Bei Erfolg: Sofortige Beschwerdefreiheit
  • Eine zeitnahe operative Hodenfreilegung zur Erfolgsüberprüfung und beidseitiger Orchidopexie ist trotzdem immer indiziert (innerhalb von 12–24 h)

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Prognosetoggle arrow icon

Trotz erfolgter Orchidopexie ist eine Retorsion möglich!

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Hodentorsion beim Neugeborenentoggle arrow icon

Prä- und perinatale Hodentorsion

  • Epidemiologie: 75% der Hodentorsionen beim Neugeborenen
  • Ätiologie
  • Klinik
    • Vorwiegend unilateral, bilateral selten
    • Buntes klinisches Bild
      • Einseitige schmerzfreie Vergrößerung des Hodens ohne Verhärtung
      • Einseitige Verkleinerung
      • Vanishing Testis: Leeres Skrotum mit kompensatorischer Vergrößerung der Gegenseite
  • Diagnostik
  • Therapie
    • Notfallmäßige operative Hodenfreilegung
      • Indikationen: Akuter schmerzhafter Befund und/oder beidseitiger Befund
      • Aufgrund der Rate irreversibler Hodenschädigungen (>95%) relativiert sich die Notwendigkeit der Notfall-OP
    • Operative Hodenfreilegung im Verlauf
      • Ist keine primäre Operation erfolgt, sollte im Verlauf immer eine Orchidopexie der Gegenseite erfolgen, da ein erhöhtes Torsionsrisiko vorliegt
      • Bei Zeichen eines Abszesses sollte der betroffene Hoden entfernt werden
  • Prognose: >95% irreversible Schädigung des betroffenen Hodens

Postnatale Hodentorsion

Bei der postnatalen Hodentorsion ist genau wie bei Torsionen älterer Kinder eine zeitnahe operative Therapie zur Organerhaltung unabdingbar!

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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