Zusammenfassung
Um sich am Körper orientieren und im klinischen Sprach- und Schriftgebrauch einheitlich über Körperbefunde kommunizieren zu können, ist ein bestimmtes Grundlagenwissen in der Anatomie notwendig. Um dieses zu gewährleisten, werden am Körper mehrere definierte Achsen und Ebenen unterschieden, die bspw. helfen können, die Lokalisation einer krankheitsbedingten Organveränderung klarer zu beschreiben.
Die Gelenke des Bewegungsapparates werden zum einen in echte Gelenke (Diarthrosen) mit Gelenkspalt und generell hoher Beweglichkeit sowie zum anderen in unechte Gelenke (Synarthrosen) ohne Gelenkspalt und üblicherweise mit nur geringem Bewegungsumfang unterteilt.
Die Hilfseinrichtungen der Skelettmuskulatur zählen ebenso zu den Grundlagen der Anatomie des Bewegungsapparates. Darunter versteht man ständig wiederkehrende Strukturen an Muskeln und in der Nachbarschaft von Gelenken, die die Kraftübertragung maximieren (z.B. Hypomochlion) oder die Bewegungsreibung minimieren sollen (z.B. Schleimbeutel).
Achsen und Ebenen
In diesem Abschnitt werden die Begriffe der Körperachsen und -ebenen vorgestellt, die zur Orientierung am Körper benötigt werden.
Körperachsen
Hauptachsen | Definition | |
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Longitudinalachse | Verläuft in kranial-kaudaler Richtung | |
Sagittalachse | Verläuft in ventral-dorsaler Richtung | |
Transversalachse | Verläuft in Links-rechts-Richtung |
Körperebenen
- Frontalebene (Koronarebene oder Koronalebene )
- Definition: Parallel zur Stirn (von lat. „frons“) verlaufende Ebene
- Teilt Körper in: Ventrale und dorsale Anteile
- Beispiel: Die Scapula liegt in Normalstellung in einer Frontalebene
- Sagittalebene
- Definition: Parallel zur Sutura sagittalis verlaufende Ebene
- Spezielle Form: Mediansagittalebene (Medianebene)
- Teilt Körper in: Linke und rechte Anteile
- Beispiel
- Die Ohren liegen jeweils in einer Sagittalebene
- Die Symphysis pubica liegt exakt in der Mediansagittalebene
- Definition: Parallel zur Sutura sagittalis verlaufende Ebene
- Transversalebene
- Definition: Horizontal verlaufender Querschnitt beim stehenden Menschen
- Teilt Körper in: Kraniale und kaudale Anteile
- Beispiel: Die Fußsohlen befinden sich beim stehenden Menschen in einer Transversalebene
Körperebenen in der Computertomografie
Ein weiteres anschauliches Beispiel für die Körperebenen ist die Computertomografie (CT-Untersuchung): Die mittels CT erhaltenen Bilder werden bevorzugt in Form von Transversalschnitten befundet . Allerdings können die gewonnenen Bilddaten bei Bedarf auch in einer Frontalebene oder Sagittalebene angezeigt werden. Auf diese Weise kann die für die Befundung jeweils optimale Ebene genutzt werden.
Übersicht der Gelenktypen
Die Knochen verleihen dem Körperbau die nötige Stabilität. Gleichzeitig muss es jedoch Übergänge zwischen benachbarten Knochenenden geben, die definierte Bewegungen zulassen. Diese Verbindungen sind die Gelenke, die man aufgrund ihres Aufbaus in zwei Formen unterteilen kann.
Unterschiede zwischen Diarthrosen und Synarthrosen
Diarthrose | Synarthrose | |
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Art der Knochenverbindung |
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Gelenkspalt mit Gelenkhöhle |
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Bewegungsmöglichkeit |
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Pseudarthrose
Als Pseudarthrose bezeichnet man ein sog. falsches Gelenk. Es entsteht nach ungenügender Frakturheilung, wenn die beiden Bruchenden nicht ausreichend durch neues Knochengewebe miteinander verwachsen. Mögliche Ursachen hierfür sind eine mangelhafte Ruhigstellung, dislozierte (gegeneinander verschobene) Bruchenden oder eine Infektion im Bereich der Fraktur. Die resultierende Pseudarthrose zeichnet sich durch Instabilität mit dauerhafter Funktionseinschränkung und chronischen Schmerzen aus. Therapeutisch wird entweder Fremdmaterial in Form von Metallplatten bzw. -schrauben eingesetzt (sog. Osteosynthese) oder es wird körpereigenes Knochengewebe, oft aus dem Beckenkamm, entnommen und in den Knochenspalt versetzt (sog. Spongiosaplastik).
Diarthrosen (echte Gelenke)
Aufbau von Diarthrosen (echte Gelenke)
Bauelemente | Definition | Funktion | |
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Gelenkkörper | Gelenkkopf (Caput articulare) |
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Gelenkpfanne (Fossa articularis) |
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Gelenkfläche (Facies articularis) |
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Gelenkknorpel (Cartilago articularis) |
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Gelenkspalt |
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Gelenkkapsel (Capsula articularis) |
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Gelenkhöhle (Cavitas articularis) |
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Gelenkflüssigkeit (Synovia) |
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Die Gelenkflächen werden von hyalinem Knorpel bedeckt! Es gibt nur zwei Ausnahmen hiervon: Die Gelenkflächen von Kiefergelenk und Sternoklavikulargelenk werden von Faserknorpel bedeckt!
Aufbau einer Gelenkkapsel
- Membrana fibrosa
- Äußere Schicht der Gelenkkapsel
- Besteht aus straffem Bindegewebe (z.T. mit Bändern verstärkt)
- Membrana synovialis
- Kleidet die Innenseite der Gelenkkapsel aus
- Besteht aus Intima und Subintima
- Enthält Synoviozyten, die Proteine und Glykosaminoglykane (u.a. Hyaluronan) produzieren und die Gelenkhöhle säubern
- A-Zellen = Makrophagen
- B-Zellen = Spezialisierte Fibroblasten
Die Synovialis ist die Gelenkschleimhaut an der Innenseite der Gelenkkapsel. Die Synovia ist dagegen die Gelenkflüssigkeit, die von den Zellen der Synovialis produziert wird!
Hilfseinrichtungen der Diarthrosen
Struktur | Definition | Funktion | Vorkommen | |
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Menisci articulares |
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Discus articularis |
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Gelenklippe (Labrum articulare) |
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Gelenktasche (Recessus articularis) |
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Schleimbeutel (Bursa synovialis) |
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Gelenkband (Ligamentum articulare) |
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Am Bewegungsapparat sind Bänder eine Verbindung zwischen zwei oder mehreren Knochen, während die Sehne Muskel und Knochen verbindet!
Gelenktypen
Diarthrosen kommen in verschiedenen Varianten im Körper vor. Hier wird auf die Eigenschaften der einzelnen Gelenktypen eingegangen.
Gelenktyp | Freiheitsgrade | Bewegungsmöglichkeiten | Beispielgelenke | |
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Kugelgelenk (Articulatio spheroidea) |
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Ellipsoidgelenk |
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Sattelgelenk |
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Scharniergelenk (Articulatio cylindroidea/ ginglymus) |
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Radgelenk |
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Drehscharniergelenk |
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Besondere Gelenktypen
Gelenktyp | Definition | Bewegungsmöglichkeiten | Beispielgelenke | ||
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Planes Gelenk |
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Straffes Gelenk (Amphiarthrose) |
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Synarthrosen (unechte Gelenke)
Je nach Gewebeart, aus der die Knochenverbindung besteht, lassen sich vier Arten von Synarthrosen unterscheiden: Syndesmose, Synchondrose, Symphyse und Synostose.
Synarthrose-Typ | Definition | Beispiele |
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Syndesmose (Bandhaft) | Knochenverbindung aus Bindegewebe |
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Synchondrose | Knochenverbindung aus hyalinem Knorpel |
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Symphyse (Sonderform der Synchondrose) | Knochenverbindung aus Faserknorpel | |
Synostose (Knochenhaft) | Verknöcherte Knochenverbindung |
Hilfseinrichtungen der Skelettmuskulatur
Dieser Abschnitt behandelt die zusätzlichen Strukturen, die an der Skelettmuskulatur vorkommen, um einerseits die Bewegungsreibung zu minimieren und andererseits die Kraftübertragung zu maximieren.
Sehne (Tendo)
- Definition: Bindegewebige Verbindung zwischen Muskel- und Knochengewebe
- Funktion: Übertragung der Muskelkraft auf das Skelett bzw. einen weiteren Muskelbauch
- Bestandteile
- Zellen: Tendinozyten
- Matrix: Parallele Kollagenfasern, wenig elastische Fasern
- Hüllstrukturen
- Epitendineum: Lockeres Bindegewebe, das die gesamte Sehne umhüllt
- Peritendineum: Lockere Bindegewebssepten, die vom Epitendineum ins Zentrum der Sehne strahlen und diese in Faserbündel unterteilen
- In diesen Septen verlaufen u.a. Nerven und Gefäße
- Muskel-Sehnen-Verbindung
- Das Sarkolemm ist im Bereich des Sehnenansatzes stark gefaltet (starke Oberflächenvergrößerung!)
- Kollagenfibrillen der Sehne setzen an der Basallamina der Muskelzelle im Bereich der Fältelung an
- Aktin des endständigen Sarkomers (intrazellulär) ist über einen Dystrophin-Glykoprotein-Komplex mit den Kollagenfibrillen der Sehne (extrazellulär) verbunden (Kraftübertragung!)
- Einteilung nach
- Lokalisation: Ursprungssehne (Origo) vs. Ansatzsehne (Insertio)
- Funktionen: Gleitsehne vs. Zugsehne
Flächige Sehnen werden Aponeurosen genannt!
Schleimbeutel (Bursa synovialis)
Bei Schleimbeuteln handelt es sich um druckelastische Kissen, die mit Synovia gefüllt sind. Sie befinden sich zwischen Knochenvorsprüngen und Sehnen und dienen dem reibungsarmen Gleiten sowie der Polsterung. Für Details siehe auch: Bursa synovialis im Abschnitt „Aufbau von Diarthrosen“.
Die Auskleidung von Schleimbeuteln und Sehnenscheiden (in der Cavitas synovialis) entspricht dem Aufbau der Membrana synovialis der Gelenkkapsel!
Sehnenscheide (Vagina tendinis)
- Definition: Röhrenförmige, bindegewebige Ummantelung langer Sehnen
- Funktion: Bietet langen Sehnen eine reibungsarme Führungsschiene zum Gleiten
- Aufbau: Ähnelt im Aufbau einer Bursa, die um eine Sehne gewickelt ist
- Stratum fibrosum: Besteht aus kollagenem Bindegewebe und verankert die Sehnenscheide in der Umgebung (bspw. im Knochen)
- Stratum synoviale: Bildet mit zwei Blättern ein mit Synovia gefülltes „Kissen“, das sich um die Sehne legt und so eine Art Tunnel erzeugt, in dem die Sehne gleiten kann
- Parietales Blatt: Bildet die äußere Hülle des mit Synovia gefüllten „Kissens“ und ist mit dem Stratum fibrosum verbunden
- Viszerales Blatt: Liegt der Sehne direkt an und schlägt am Mesotendineum in das parietale Blatt um (und bildet so den synoviagefüllten Spaltraum der Sehnenscheide)
- Mesotendineum: Verbindende Struktur zwischen parietalem und viszeralem Blatt, über die Gefäße und Nerven an die Sehne geführt werden
Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis)
Sehnenscheiden können durch repetitive und monotone Bewegungsabläufe gereizt werden und sich entzünden, was als Sehnenscheidenentzündung bezeichnet wird. Häufig tritt diese aufgrund wiederholter Bewegungen auf, bspw. Fingerbewegungen im Rahmen von Computerarbeit. Eine Sehnenscheidenentzündung im Bereich des Handgelenks äußert sich meist durch eine lokale Schwellung sowie schmerzhaftes Knirschen und Reiben beim Bewegen der Sehne. Die betroffenen Muskeln sollten möglichst geschont und ruhig gestellt werden. Reicht dies nicht, kann die Entzündungsreaktion mit Glucocorticoiden behandelt und die betroffene Sehnenscheide operativ gespalten werden.
Widerlager (Hypomochlion)
Die Zugrichtung einer Sehne kann über ein Widerlager (sog. Hypomochlion) verändert werden. Hierbei kann es sich sowohl um knöcherne (bspw. die Patella) als auch um bandhafte Strukturen handeln. Bei den umgelenkten Sehnen handelt es sich um Gleitsehnen, da ihre Zugrichtung nicht der Verlaufsrichtung ihres zugehörigen Muskels entspricht.
- Retinakulum
- Sesambein (Os sesamoideum)
Muskelfaszie
- Definition: Äußerste Hüllstruktur aus kollagenem Bindegewebe, die einzelne Muskeln oder ganze Muskelgruppen wie ein Strumpf umhüllt
- Funktion: Dient insb. als abgrenzende Verschiebeschicht gegen die Umgebung
- Typen
- Einzelfaszie: Faszie umhüllt nur einen einzigen Muskel oder Muskelbauch
- Gruppenfaszie: Umhüllt eine Gruppe zusammengehöriger Muskeln und bildet so eine sog. Muskelloge
- Körperfaszie (Fascia superficialis): Umhüllt alle Muskeloberflächen des Körpers, mit Ausnahme einiger Gesichtsmuskeln
Kompartmentsyndrom
Kommt es bspw. im Rahmen eines Verkehrsunfalls zu einem stumpfen Trauma des Unterschenkels, kann dies zu Einblutungen in Muskellogen des Unterschenkels führen. Das Blut kann bei einer geschlossenen Verletzung nicht aus der Muskelloge abfließen, weshalb der Druck in dieser stetig steigt. Aufgrund des steigenden Gewebsdruckes nimmt der Stoffaustausch zunehmend ab (Starling-Formel), was zu einer Unterversorgung der Strukturen in der Muskelloge führt. Wird die Faszie nicht innerhalb weniger Stunden gespalten, nehmen die darin befindlichen Muskeln und Nerven irreversiblen Schaden!
Wiederholungsfragen zum Kapitel Allgemeine Anatomie
Achsen und Ebenen
Was ist die sog. „Mediansagittalebene“? Nenne eine anatomische Struktur, die von ihr geschnitten wird!
Diarthrosen (echte Gelenke)
Um was für ein Gelenk handelt es sich beim distalen Radioulnargelenk? Nenne ein weiteres Beispiel für diesen Gelenktyp!
Um was für ein Gelenk handelt es sich bei der Articulatio sacroiliaca? Nenne ein weiteres Beispiel für diesen Gelenktyp!
Wie ist eine Gelenkkapsel aufgebaut?
Synarthrosen (unechte Gelenke)
Um was für ein Gelenk handelt es sich bei der Verbindung zwischen distaler Tibia und distaler Fibula? Nenne ein weiteres Beispiel für diesen Gelenktyp!
Was ist eine Symphyse? Nenne zwei Beispiele!
Hilfseinrichtungen der Skelettmuskulatur
Beschreibe den histologischen Aufbau einer Sehne und der Muskel-Sehnen-Verbindung!
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.