Fallvorstellung
Die 21-jährige Frau Honig stellt sich in deiner allgemeinmedizinisch-internistischen Praxis vor. Sie sei bisher immer kerngesund gewesen, fühle sich aber nun schon seit ein paar Wochen lethargisch, habe ständig Durst und müsse viel häufiger urinieren als sonst. Zudem habe sie seit gestern Schmerzen beim Wasserlassen und daher einen Urinstreifentest zu Hause durchgeführt.
- Medikation: Keine
- Vorerkrankungen: Keine
- BMI: 24,5 kg/m2
- Körperliche Untersuchung: Unauffällig
- Mitgebrachter Urinteststreifen: Glucose positiv, Leukozyten positiv, Nitrit positiv, Erythrozyten positiv
Frage 1
Was ist deine Verdachtsdiagnose und warum?
Antwort 1
Eine Glucosurie erhöht das Risiko für einen Harnwegsinfekt, da Glucose das Wachstum von Bakterien fördert!
Frage 2
Frau Honig hat vor ca. 3 Stunden gefrühstückt. Die Bestimmung welcher Parameter ist sinnvoll, um den V.a. eine Glucosestoffwechselstörung zu bestätigen? Welche weiteren Parameter zur Diagnosesicherung gibt es?
Antwort 2
- Bestimmung bei Frau Honig
- Weitere Parameter zur Diagnosesicherung
- Nüchternblutzucker
- 2-h-Wert des oGTT
Siehe auch: Parameter zur Diagnose einer Glucosestoffwechselstörung
Frage 3
Welche Diabetes-mellitus-Typen werden nach der Klassifikation der WHO und der American Diabetes Association unterschieden?
Antwort 3
- Klassifikation des Diabetes mellitus
- Diabetes mellitus Typ 1
- Immunologisch (Typ 1A)
- Sondertyp: LADA
- Idiopathisch (Typ 1B)
- Immunologisch (Typ 1A)
- Diabetes mellitus Typ 2
- Weitere spezifische Diabetestypen (Typ 3), bspw. MODY
- Gestationsdiabetes (Typ 4)
- Diabetes mellitus Typ 1
Diabetes mellitus Typ 2 ist die häufigste Diabetesform!
Frage 4
Was sind die allgemeinen Unterschiede zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Diabetes mellitus Typ 2?
Antwort 4
Zusatzfragen
Welche pathophysiologischen Prozesse spielen bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 1 eine Rolle?
Welche pathophysiologischen Prozesse spielen bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 eine Rolle?
Frage 5
Was sind allgemeine Symptome eines Diabetes mellitus und wie manifestieren sich i.d.R. die Diabetes-Typen 1 und 2?
Antwort 5
- Siehe: Symptome bei Diabetes mellitus
- Allgemeine Symptome
- Leistungsminderung, Müdigkeit
- Polyurie und Polydipsie
- Wadenkrämpfe
- Pruritus
- Sehstörungen
- Ggf. Gewichtsabnahme bei absolutem Insulinmangel
- Diabetes mellitus Typ 1
- I.d.R. junge Patient:innen
- Manifestation
- Häufig rascher Symptombeginn
- Ketoazidose als Erstmanifestation möglich
- Diabetes mellitus Typ 2
- I.d.R. ältere Patient:innen
- Manifestation
- Schleichender Beginn, häufig Zufallsbefund
- Initial i.d.R. moderate Hyperglykämie, ggf. sogar Hypoglykämie
- Häufig bereits Folgeerkrankungen vorhanden
- Verlauf: Insulinsekretion↓ und Hyperglykämie↑
- Manifestation
- I.d.R. ältere Patient:innen
- Allgemeine Symptome
Zusatzfrage
Welche Ursachen einer vorübergehenden Hyperglykämie gibt es?
Diagnostik
Du bestellst Frau Honig zur Besprechung der bisherigen Laborbefunde erneut ein. Es zeigt sich ein Gelegenheitsblutzucker von 280 mg/dL und ein HbA1c-Wert von 8,1%. Du erklärst Frau Honig, dass du zur Abgrenzung des Diabetes-Typs weitere Diagnostik anordnen würdest.
Frage 1
Welche allgemeine Diagnostik ordnest du an und welche Parameter helfen dir bei der Abgrenzung der Diabetesformen?
Antwort 1
- Allgemeine Diagnostik siehe: Diagnostik bei Manifestation eines Diabetes mellitus Typ 1
- Abgrenzung der Diabetesformen
- C-Peptid
- Diabetesspezifische Antikörper
- Antikörper gegen zytoplasmatische Inselzellantigene (Anti-ICA)
- Antikörper gegen die Glutamatdecarboxylase (Anti-GAD65-AK)
- Antikörper gegen die Tyrosinphosphatase 2 (Anti-IA2-AK)
- Antikörper gegen Insulin (Anti-IAA)
- Antikörper gegen den Zinktransporter 8 (Anti-ZnT8-AK)
Die diabetesspezifischen Antikörper werden bei positiver Familienanamnese eines Diabetes mellitus Typ 1 zur Frühdiagnostik, zur Diagnosesicherung des Typ-1-Diabetes bzw. LADA und/oder bei unklarer Zuordnung zu einer Diabetesform bestimmt!
Ergebnisse der Diagnostik
Du erhältst die Ergebnisse der Diagnostik:
- C-Peptid: ↓↓
- Autoantikörper
- Anti-ZnT8-AK: Positiv
- Anti-IAA: Negativ
- Anti-ICA: Negativ
- Anti-IA2-AK: Negativ
- Anti-GAD65-AK: Positiv
Die restlichen Werte der erweiterten Labordiagnostik sind unauffällig.
Frage 1
Welcher Diabetestyp lässt sich in Zusammenschau aller Befunde bei Frau Honig diagnostizieren?
Antwort 1
- Diabetes mellitus Typ 1
Zusatzfragen
Was sind die Schlüsselmerkmale und der initiale Behandlungsansatz bei einer diabetischen Ketoazidose?
Welche Assoziation zu anderen Autoimmunkrankheiten gibt es beim Typ-1-Diabetes?
Frage 2
Was sind die Therapieziele bei einem Diabetes mellitus Typ 1?
Antwort 2
- Allgemeine Ziele, u.a.
- Lebensqualität und Teilhabe erhalten
- Stabile Stoffwechsellage erzielen
- Akute Komplikationen und Folgeerkrankungen vermeiden
- Optimierung weiterer Risikofaktoren
- Ernährung
- Moderater Kohlenhydratkonsum
- Mediterrane Kost bei Übergewicht oder Zeichen eines metabolischen Syndroms
- Glykämische Zielwerte
- HbA1C-Wert
- CGM-abhängige Zielwerte
Siehe auch: Therapieziele - Diabetes mellitus Typ 1
Frage 3
Welche medikamentöse Therapie kommt für Frau Honig in Betracht? Fallen dir Besonderheiten der Insulintherapie bei Diabetes mellitus Typ 1 ein?
Antwort 3
- Intensivierte Insulintherapie
- Prinzip: Therapieformen, welche die physiologische Insulinsekretion gesunder Menschen imitiert
- Besonderheiten der Insulintherapie bei Typ-1-Diabetes
- Externer Insulinbedarf abhängig von verbleibender Restproduktion
- Häufig vorübergehende Reduktion des Insulinbedarfs nach Beginn der Insulintherapie
Ein Typ-1-Diabetes muss immer(!) lebenslang mit Insulin therapiert werden!
Zusatzfrage
In welchem Fall würdest du Diabetes-Patient:innen empfehlen, zunächst zu versuchen, ihren Blutzucker durch eine Lebensstilveränderung unter Kontrolle zu bekommen?
Therapie
Du erläuterst Frau Honig, dass sie einen Diabetes mellitus Typ 1 hat und eine lebenslange Insulintherapie benötigt. Du planst mit ihr die umgehende Schulung zur Insulintherapie und besprichst die regelmäßigen Nachsorgen sowie die Therapieziele.
Frage 1
Welche Insulintherapieschemata gibt es im Allgemeinen?
Antwort 1
Alle Patient:innen mit Diabetes mellitus sollen bei Einleitung einer medikamentösen Therapie eine spezifische Schulung erhalten!
Frage 2
Über welche möglichen Langzeitfolgen bei schlechter Blutzuckereinstellung klärst du Frau Honig auf?
Antwort 2
- Diabetische Makroangiopathie
- Diabetische Mikroangiopathie
- Diabetische Nephropathie
- Diabetische Retinopathie
- Diabetische Neuropathie
- Diabetische Fußsyndrome
Siehe auch: Diabetes mellitus - Komplikationen
Bilderquiz: Mögliche Komplikationen einer schlechten Blutzuckereinstellung
Nenne zu jedem Bild den gesuchten Befund und überprüfe dein Wissen, indem du das jeweilige Bild darunter anklickst.
- Bild 1
- Bild 2
- Bild 3
- Bild 4
Zusatzfragen
Beschreibe kurz, was das sog. Dawn-Phänomen ist.
Beschreibe kurz, was der sog. Somogyi-Effekt ist.
Frage 3
Du klärst Frau Honig über die ambulante Nachsorge auf. Was besprichst du mit ihr?
Antwort 3
- Nachsorge bei Diabetes mellitus
- Diabetesschulung
- Vorbeugung einer Depression
- Kontrollen alle 3–6 Monate, u.a.
- Nüchternblutzucker
- HbA1c-Messung als „Blutzuckergedächtnis der letzten 8 Wochen“
- Weitere Kontrollen 1× im Jahr: U.a. Kardiovaskuläre Vorsorgeuntersuchungen u.a.
Regelmäßige Verlaufskontrollen mit besonderem Augenmerk auf die Psyche der Patient:innen sind unerlässlich!
Oberärztlicher Kommentar
Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, die durch erhöhte Blutzuckerwerte gekennzeichnet ist. Die Hauptformen sind Typ 1, bei dem der Körper kein Insulin mehr produziert, und Typ 2, bei dem der Körper Insulin nicht mehr effektiv nutzen kann. Langfristige Komplikationen können Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Nieren-, Augen- und Nervenschäden sein. Die Diagnose erfolgt u.a. durch die Messung von Parametern des Glucosestoffwechsels. Die Behandlung umfasst Lebensstiländerungen bzw. -anpassungen, Medikation und bei Typ 1 immer(!) die Verabreichung von Insulin. Eine kontinuierliche Überwachung und eine angepasste Therapie sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität zu erhalten.