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Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter

Letzte Aktualisierung: 26.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Im Kindes- und Jugendalter ist der Diabetes mellitus Typ 1 die mit Abstand häufigste Form des Diabetes und die häufigste Stoffwechselerkrankung. Durch die Zerstörung der insulinproduzierenden β-Zellen im Pankreas kommt es zu einem absoluten Insulinmangel, der eine umgehende und lebenslange Insulintherapie erforderlich macht. Neben den typischen Symptomen wie Polyurie, Polydipsie und Gewichtsabnahme liegen bei Manifestation häufig schon die Symptome einer potenziell lebensbedrohlichen Ketoazidose wie Kußmaul-Atmung und Dehydratation vor. Die Diagnose wird durch den Nachweis der diabetesspezifischen Autoantikörper bestätigt. Die stetige Weiterentwicklung automatisierter, algorithmusgesteuerter Systeme ermöglicht durch Insulinpumpen und kontinuierliche Glucosemessung eine immer besser werdende Imitation der physiologischen Insulinsekretion. Dennoch stellt ein Diabetes mellitus Typ 1 für die Familien eine erhebliche „24/7“-Herausforderung mit großer psychosozialer Belastung dar. Es erfordert ein spezialisiertes diabetologisches Team, um die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Betreuungspersonen zur Insulintherapie inkl. situativem Insulinbedarf, Hypo- und Hyperglykämien sowie den alltäglichen und altersspezifischen Herausforderungen zu schulen. Regelmäßige Screenings sollen dabei helfen, Langzeitkomplikationen wie Mikroangiopathien zu verhindern. Über die Assoziation mit HLA-DR und -DQ treten zudem oft assoziierte Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie auf.

Sind keine diabetesspezifischen Autoantikörper nachweisbar, muss eine molekulargenetische Diagnostik hinsichtlich der monogenetischen Formen MODY (Maturity-onset of Diabetes of the Young) oder neonatalem Diabetes erwogen werden. Durch die steigende Inzidenz der Adipositas tritt auch der Diabetes mellitus Typ 2 immer häufiger bereits im Kindes- und Jugendalter auf.

Dieses Kapitel widmet sich den besonderen Aspekten eines Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter, für allgemeine Informationen siehe auch: Diabetes mellitus, Hypoglykämie oder Hyperglykämisches Koma.

Dieses Kapitel ist CME-zertifiziert. Wenn du die CME-Fragen zu diesem und einem weiteren relevanten Kapitel erfolgreich beantwortest, erhältst du 4 CME-Punkte (siehe: Tipps & Links)!

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Häufige pädiatrische Stoffwechselerkrankung

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Durch die HLA-Assoziation besteht ebenfalls eine Assoziation zu anderen Autoimmunerkrankungen (z.B. Zöliakie)!

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Die Zerstörung der β-Zellen ist initial T-Zell-vermittelt!

Autoantikörper sind für die immunologische Zerstörung der β-Zellen nicht obligat! Sie dienen aber als Biomarker für das Vorliegen einer Autoimmunreaktion!

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Symptomatiktoggle arrow icon

Diabetes mellitus Typ 1

Ketoazidose

Der Grad der Exsikkose kann aufgrund eines intravasalen Flüssigkeitsshifts klinisch unterschätzt werden!

Bei auffälligem Atemmuster, Erbrechen und/oder Bauchschmerzen muss eine Blutzuckermessung erfolgen!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Diagnosekriterien

Klassifikation des Diabetes mellitus

Anhand der Symptomatik und den pathologischen Blutzuckerwerten wird die Diagnose Diabetes mellitus gestellt. Der Diabetes mellitus Typ 1 wird durch den Nachweis der Autoantikörper gesichert!

Diagnostik bei Manifestation eines Diabetes mellitus Typ 1

Bei Manifestation eines Diabetes mellitus Typ I sollte neben der Akutdiagnostik bereits ein Screening auf Folge-/Begleiterkrankungen durchgeführt werden!

Diagnoseübermittlung

  • Sich Zeit nehmen, gut vorbereitet sein
  • Soweit möglich immer das Kind einbeziehen
  • Herausforderung zwischen Vermittlung einer realistischen Bedeutung der Diagnose und Vermeidung von unnötigen Ängsten und Überforderung
  • Berücksichtigung der familiären Ressourcen
  • Psychoedukative Maßnahmen (insb. zu Beginn: Positive Effekte auf die Stoffwechseleinstellung)
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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Die Pseudoappendizitis diabetica kann fälschlicherweise für eine Appendizitis gehalten werden und die zeitkritische Diagnose einer diabetischen Ketoazidose verzögern!

Bei auffälligem Atemmuster, Erbrechen und/oder Bauchschmerzen muss eine Blutzuckermessung erfolgen!

Hyperglykämisches hyperosmolares Syndrom (HHS) [2]

Im Gegensatz zur diabetischen Ketoazidose reicht das Restinsulin aus, um eine Lipolyse zu verhindern!

Die Therapie entspricht dem Management einer Ketoazidose, es besteht jedoch ein niedriger Insulinbedarf!

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Therapieziele

  • Prinzip: Lebenslange Insulintherapie zur Abdeckung des physiologischen Bedarfs
  • Beginn: Sofort nach Diagnosestellung
  • Allgemeine Therapieziele
    • Vermeidung von großen Blutzuckerschwankungen
    • Vermeidung von akuten Komplikationen (Hypoglykämie, Ketoazidose)
    • Prävention von Folgeerkrankungen
    • Altersgerechte körperliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit
  • Blutzuckerzielbereiche
    • HbA1c-Wert: <7%
    • Nüchternblutzucker: 70–144 mg/dL (4–8 mmol/L)
    • Blutzucker vor dem Schlafengehen: >70 mg/dL (3,9 mmol/L)
    • Zeit im Zielbereich (CGM) : >70%

Orientierend an allgemeinen Empfehlungen sollten individuelle Therapieziele vereinbart und festgehalten werden!

Glucosemessung

Kapilläre Blutzuckermessung

  • Prinzip: Wiederholte Einzelwertbestimmung
  • Häufigkeit: Mind. 5–6 × täglich
  • Messzeitpunkte
    • Nahrungsabhängig
      • Immer präprandial
      • Ggf. postprandial zur Therapieanpassung
    • Sportliche Aktivität: Ggf. vor, während und/oder nach intensiver körperlicher Anstrengung
    • Außergewöhnliche Situation
      • Im Krankheitsfall
      • Bei ungewohnten Tätigkeiten
    • Straßenverkehr
      • Immer vor Führen eines Kraftfahrzeugs
      • Ggf. während längerer Autofahrten
    • Hypo- oder Hyperglykämieverdacht: Bei typischen Symptomen
    • Zur Nacht

Jede Person mit Diabetes mellitus sowie deren Bezugspersonen sollten in der kapillären Blutzuckermessung und Interpretation der Werte geschult sein!

Kapillär gemessene Werte liegen i.d.R. 10–15% unter den Blutzuckerwerten im Plasma!

Kontinuierliches Glucosemonitoring (Continous Glucose Monitoring; CGM)

  • Prinzip: Wiederholte interstitielle Glucosemessung alle 1–5 min mittels Glucosesensor im subkutanen Fettgewebe
  • Indikation: Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter
  • Vorteile: Glucoseprofil statt Einzelmesswerte → Tiefergehendes Verständnis der Glucosedynamik
    • Einfachere Handhabung
    • Erweiterung der Telemedizin
    • Warnhinweise
    • Trendanzeige
    • Kopplung mit Insulinpumpen möglich
    • Sensorparameter
      • glucose management indicator“ (GMI)
      • „time above range“ (Zeit über Zielbereich; TaR)
      • „time below range (Zeit unter Zielbereich; TbR)
      • „time in range“ (Zeit im Zielbereich; TiR)
    • Standardisierte Auswertung der vielen Datenpunkte mit AGP (ambulantes Glucoseprofil)
    • Rückschlüsse durch Rückblick
    • Viel mehr Messpunkte
  • Nachteil

Das kontinuierliche Glucosemonitoring (CGM) wird bereits bei der Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 verwendet!

Bei klinischem V.a. Hypo- oder Hyperglykämie sowie bei starken Glucoseschwankungen sollten die Werte immer mittels kapillärer Blutzuckermessung kontrolliert werden!

Weiteres Vorgehen

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Insulintherapie im Kindes- und Jugendaltertoggle arrow icon

Berechnungsgrundlagen einer ICT im Kindes- und Jugendalter

  • Kohlenhydrateinheit: 1 KE10 g Kohlenhydraten
  • Veraltet: Broteinheit: 1 BE12 g Kohlenhydraten1,2 KE (1 KE0,83 BE)
  • Insulintagesbedarf
    • Initialphase der Manifestation: 0,5–1,5 IE/kgKG/d [8]
    • Remissionsphase: <0,5 IE/kgKG/d
    • Präpubertär: 0,7–1,0 IE/kgKG/d
    • Pubertär: 1–2 IE/kgKG/d
    • Erwachsene: 0,6–0,7 IE/kgKG/d [8]
  • Verteilung des Insulintagesbedarfs
    • Basalinsulin: Ca. 30(–50)% des Insulintagesbedarfs
      • Tageszeitabhängige Verteilung
    • Prandialinsulin: Ca. (50–)70% des Insulintagesbedarfs
      • Mahlzeitenfaktor: Menge an Insulin (in IE) zum Ausgleich der Blutzuckersteigerung durch 1 KE
        • Tageszeitabhängigkeit
          • Morgens: Mahlzeitenfaktor × 2
          • Mittags: Mahlzeitenfaktor × 1
          • Abends: Mahlzeitenfaktor × 1,5
          • Beispiel für Mahlzeitenfaktor morgens/mittags/abends bei 30 kgKG (Insulintagesbedarf 1,0 IE/kgKG): 1,2/0,6/0,9
        • Faustregel (500er-Regel)
          1. 500/Insulintagesbedarf (IE)
          2. Ergebnis durch 10 teilen
          3. Kehrwert vom Ergebnis aus Schritt 2 = durchschnittlicher Mahlzeitenfaktor
          4. Den durchschnittlichen Mahlzeitenfaktor entsprechend der Tageszeit mit 2/1/1,5 multiplizieren
          • Beispielrechnung für ein Kind mit 30 kgKG: Insulintagesbedarf (1,0 IE/kgKG)
            1. 500 ÷ 30 IE16,7 g Kohlenhydrate, deren Blutzuckersteigerung durch 1 IE ausgeglichen werden
            2. 16,7 g Kohlenhydrate/101,67 KE
            3. 1 ÷ 1,67 ≈ 0,6
            4. Mahlzeitenfaktor 1,2/0,6/0,9
    • Korrekturinsulin: Korrekturfaktor ≈ Blutzuckersenkung (in mg/dL) durch 1 IE Insulin
      • Tageszeitabhängigkeit
        • Morgens: Korrekturfaktor × 1
        • Mittags: Korrekturfaktor × 2
        • Abends: Korrekturfaktor × 1,5
        • Beispiel für Korrekturfaktoren morgens/mittags/abends bei 30 kgKG (Insulintagesbedarf 1,0 IE/kgKG): 60/120/90
      • Faustregel (1.800er-Regel): 1.800/Insulintagesbedarf (IE) ≈ Blutzuckersenkung (mg/dL) durch 1 IE schnell wirksames Insulin = Korrekturfaktor

Der Insulintagesbedarf ist sehr individuell und unterliegt kurzfristigen Schwankungen (z.B. bei Infektionen)!

Die Berechnung von KE ist ein wichtiger Bestandteil der Patienten- und Elternschulung! Hierfür steht eine Vielzahl von Umrechnungstabellen zur Verfügung (siehe Tipps & Links)!

Insuline im Kindes- und Jugendalter

Insulintherapien im Kindes- und Jugendalter

Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT; Intensified conventional Therapy)

Insulinpumpentherapie (CSII; Continuous subcutaneous Insulin Infusion)

Automatisierte Insulintherapien (AID; Automated Insulin Delivery)

  • Prinzip: Kontinuierliche
  • Indikation: Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter
  • Vorteil
    • Höhere Flexibilität
    • Geringere Belastung der Familien durch die Insulintherapie
    • Verbesserung der Stoffwechsellage
Insulintherapien im Kindes- und Jugendalter
Komponenten Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) Sensorunterstützte intensivierte Insulintherapie (SuT) Sensorunterstützte Insulinpumpentherapie (SuP) Automatisierte Insulintherapien (AID)
Insulinverabreichung Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) Insulinpumpentherapie (CSII)

Automatisierte Kombination aus kontinuierlicher Blutzuckermessung und subkutaner Insulininfusionstherapie

Blutzuckermessung Kapilläre Selbstmessungen Kontinuierliche Blutzuckermessung (CGM)
Sonderformen SuP + Low-Glucose-Suspend (LGS)
SuP + Predictive Low-Glucose-Management (PLGM)

Alle Kinder und Jugendlichen sowie ihre Bezugspersonen müssen zwingend in der intensivierten Insulintherapie geschult sein!

Die Insulintherapien werden stetig weiterentwickelt, um eine möglichst genaue Imitation der physiologischen Insulinausschüttung im Sinne eines „künstlichen Pankreas“ zu erzielen!

Einflüsse auf den Insulinbedarf

Die Einflüsse auf den Insulinbedarf sind ein wichtiger Bestandteil der Eltern- und Patientenschulungen!

Bei schwankendem Insulinbedarf sollte nach einer zugrunde liegenden Ursache bzw. Erklärung geforscht werden!

Komplikationen der Insulintherapie

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Patientenschulungtoggle arrow icon

Die umfassende Schulung von Kindern und Jugendlichen sowie enger Bezugspersonen ist unerlässlicher Bestandteil für die Therapie .

  • Regelmäßige Schulungen: Für Eltern und altersadaptiert für Kinder und Jugendliche („motivational interviewing“)
  • Schulungsinhalte
    • Grundlagen der Erkrankung und Insulintherapie
      • Akute Komplikationen
      • Folgeerkrankungen
    • Ernährungsberatung durch eine Ernährungsfachkraft
    • Psychosoziales Unterstützungsangebot
    • Altersspezifische Aspekte
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Perioperatives Managementtoggle arrow icon

  • Zielbereich
    • Perioperativ: Blutzucker 90–180 mg/dL (5–10 mmol/L)
    • Postoperativ: Blutzucker 140–180 mg/dL (7,8–10 mmol/L)
  • Vorbereitung
  • Prinzip
    • (Glucosehaltige) Infusion und Insulinperfusor
    • Blutzuckerkontrollen alle 30–60 min und Anpassung der Insulinzufuhr
    • Ggf. Anpassung der Insulinzufuhr nach Blutzuckerkontrollen: Messzeitpunkte
      • Immer: Mind. alle 60 min
      • Nach Therapieänderungen: Alle 30 min
      • Bei Blutzucker <80 mg/dL (<4,5 mmol/L): Alle 15 min
  • Infusionsmenge: Siehe Tagesbedarf an Flüssigkeit bei Kindern (maximal: 2.000 bzw. 2.500 mL/d für Mädchen bzw. Jungen)
  • Insulinperfusor
  • Hypoglykämie: Glucose 10% bei Blutzucker <70 mg/dL (<4 mmol/L) [16]
  • Hyperglykämie: Bei Blutzucker ≥250 mg/dL (≥14 mmol/L) zusätzlich Ketone im Blut oder Urin messen und Blutzucker engmaschiger überwachen

Perioperatives Insulindosierungsschema bei Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter [15]

Aktueller Blutzucker Empfohlene Infusionsrate Verabreichte Insulindosis (IE/kgKG/h)

>270 mg/dL

(≥15 mmol/L)

10 mL/h

0,1
216–269 mg/dL (12–14,9 mmol/L) 7,5 mL/h 0,075
144–215 mg/dL (8–11,9 mmol/L) 5 mL/h 0,05
110–143 mg/dL (6,1–7,9 mmol/L) 2,5 mL/h 0,025

90–109 mg/dL

(5–6 mmol/L)

1,25 mL/h ≈ 0,0125
<70 mg/dL (<4 mmol/L) Glucosegabe und ggf. Insulinperfusor für maximal 15 min stoppen 0
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Komplikationentoggle arrow icon

Kindeswohlgefährdung bei Diabetes mellitus [17]

  • Definition
  • Vorgehen
    • Prüfung der Kriterien einer Kindeswohlgefährdung im diabetologischen Team
    • Gespräch mit der Familie und mind. 2 Personen des diabetologischen Teams
  • Meldung an das Jugendamt
    • Nicht-Erscheinen der Familie zum vereinbarten Gesprächstermin
    • Nicht-Erfüllen der vereinbarten Maßnahmen zur Verbesserung der Stoffwechselsituation

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Diabetische Ketoazidosetoggle arrow icon

Die diabetische Ketoazidose stellt einen vital bedrohlichen Notfall dar! Für das Notfallmanagement siehe: Diabetische Ketoazidose im Kindes- und Jugendalter - AMBOSS-SOP!

Definition

Bei V.a. eine diabetische Ketoazidose sollte sofort eine BGA mit Blutzuckermessung erfolgen!

Pathophysiologie der diabetischen Ketoazidose [4]

Bei einer Ketoazidose kommt es aufgrund der Hyperglykämie zu einer osmotischen Polyurie, die zu einer ausgeprägten Dehydratation führt!

Bei der verstärkten Lipolyse entstehen saure Ketonkörper, die zur metabolischen Azidose führen!

Ursachen und Häufigkeit

Symptome

Diagnostik & Therapie

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Hypoglykämietoggle arrow icon

Schweregrade der Hypoglykämie bei Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter [21][22]
Stadien Blutzucker bzw. Leitsymptom Vorgehen
Stufe 1 <70 mg/dL (<4 mmol/L)
  • Beobachtung
  • Ggf. Behandlung
Stufe 2 <54 mg/dL (<3 mmol/L)
  • Sofortige Behandlung
  • Ggf. Fremdhilfe* erforderlich
Stufe 3 Mit Bewusstseinsstörung
  • Sofortige Behandlung mit Fremdhilfe*

*Fremdhilfe: Orale Glucosezufuhr in die Wangentasche und/oder Glucose i.v. und/oder Glucagon i.m./s.c.

Hypoglykämien sind die häufigste Akutkomplikation eines Diabetes mellitus!

Die Symptome einer Hypoglykämie können insb. im Kleinkindalter unspezifisch und daher schwer zu identifizieren sein!

Durch wiederholte oder schwere Hypoglykämien kommt es zur Hypoglykämiewahrnehmungsstörung, die wieder schwere Hypoglykämien begünstigt!

Sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch deren Eltern, primäre Bezugspersonen (z.B. im Kindergarten) und Lehrkräfte müssen im Erkennen und der Therapie einer Hypoglykämie geschult sein!

Die Insulinzufuhr sollte bis zu einem Blutzucker von >70 mg/dL (>4 mmol/L) unterbrochen bzw. ausgesetzt werden!

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Nachsorgetoggle arrow icon

Langzeitkomplikationen

Langzeitkomplikationen eines Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter: Screening und Therapie [2][21]
Beginn Intervall Methode Ziel Mögliche Therapie
Stoffwechsellage
  • Ab Diagnosestellung
  • Bei jeder Vorstellung in der pädiatrischen Diabetesambulanz (mind. alle 3 Monate)
  • HbA1c-Wert oder Zeit im Zielbereich
  • HbA1c-Wert <7,0% oder Zeit im Zielbereich >70%
  • Ggf. individuelle Therapieanpassung
Diabetische Retinopathie
  • Alter ≥10 Jahre oder
  • 2–5 Jahre nach Diagnosestellung
  • Alle 1–2 Jahre
  • Keine Retinopathie
Diabetische Nephropathie
  • Jährlich bei unauffälligem Vorbefund, sonst
  • Mind. 3 Screenings in 3–6 Monaten
Diabetische Neuropathie
  • Alter ≥10 Jahre und
  • 5 Jahre nach Diagnosestellung
  • Jährlich
  • Keine Neuropathie
Arterielle Hypertonie
  • Ab Diagnosestellung
  • Bei jeder Vorstellung in in der pädiatrischen Diabetesambulanz (alle 3 Monate)
  • Blutdruck <90. Perzentile für Alter, Größe und Geschlecht
Dyslipidämie
  • Nach Stoffwechselstabilisierung nach Diagnosestellung
  • Alle 2–3 Jahre bei unauffälligem Vorbefund
  • LDL <100 mg/dL
  • Diätetische Maßnahmen
  • Ggf. Statine ≥8 Jahre

Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 sollten nach den allgemeinen STIKO-Empfehlungen geimpft werden!

Assoziierte Autoimmunerkrankungen

Schilddrüsenerkrankungen [2]

Zöliakie [2]

Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz [2]

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Präventiontoggle arrow icon

  • Aktuell: Keine bundesweiten Screening-Programme oder Maßnahmen zur Primärprävention
  • Europäische Studienprogramme zur Früherkennung und Primärprävention
    • Freder1k-Studie [26]
    • POInT-Studie (Primary oral Insulin Trial) [27]
    • SINT1A-Studie (Supplementation with B. INfantis for Mitigation of Type 1 Diabetes Autoimmunity) [28]
    • Psychosoziale Aspekte der Studienergebnisse [1]
  • Teplizumab [29]
    • Humanisierter monoklonaler Anti-CD3-Antikörper
    • Bisher nur in den USA zugelassen für Kinder ≥8 Jahren im Stadium 2
    • Ziel: Verzögerung der β-Zell-Zerstörung / Aufschub der Diabetesmanifestation
    • Ergebnis: Verzögerung der Manifestation um durchschnittlich >2 Jahre
Stadien des Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter [30]
Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3 Stadium 4
Autoimmunität

≥2 Autoantikörper [2]

Blutzuckerspiegel Normal Erhöht Pathologisch (Diagnosekriterien erfüllt)
Symptome Keine Symptome Symptome vorhanden Diagnose gesichert

Die immunologische Zerstörung der β-Zellen durch aktivierte T-Lymphozyten und die Bildung eines Antikörpers durch aktivierte B-Lymphozyten beginnt schon vor Stadium 1! Beim Nachweis von 2 Autoantikörpern ist die Entstehung eines klinisch manifesten Diabetes Typ 1 sehr wahrscheinlich, aber nicht obligat!

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Weitere Diabetesformen im Kindes- und Jugendaltertoggle arrow icon

Relevante Diabetesformen im Kindes- und Jugendalter [1][2][3]
Typ 1 Typ 2 Typ 3A: Monogenetischer Diabetes Typ 3C: Diabetes mellitus bei zystischer Fibrose
MODY (Maturity-onset Diabetes of the Young) Neonataler Diabetes
Transient (TNDM) Permanent (PNDM)
Häufigkeit
  • Häufig (Prävalenz ca. 1/500)
  • >90% aller Diabetesfälle <25 Jahre[2]
  • Selten
  • Inzidenz: Ca. 1/89.000 Lebendgeburten
  • Ca. 0,2% aller Diabetesfälle in Deutschland und Österreich
  • Ca. 30% aller 25-Jährigen mit CF [31]
Ätiologie
  • Immunologische Zerstörung der β-Zellen im Pankreas
  • (Vollständiger) Insulinmangel
  • Endokrine Pankreasinsuffizienz durch chronisch-entzündliche Schädigung
Besonderheit
  • Medianes Erkrankungsalter ca. 15 Jahre
  • Jährliches Screening mit oGTT ab Alter ≥9 Jahre mit oGTT
  • Dauertherapie mit Insulin [21]

Im Kindes- und Jugendalter liegt in >90% der Fälle ein Diabetes mellitus Typ 1 vor!

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Diabetes mellitus Typ 2toggle arrow icon

Übergewicht bzw. Adipositas und eine positive Familienanamnese sind die größten Risikofaktoren für einen Diabetes mellitus Typ 2!

Im Vergleich zum Erwachsenenalter erfolgt die medikamentöse Therapie i.d.R. mit Metformin und kann bei Therapieversagen um Insulin ergänzt werden!

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Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY)toggle arrow icon

Klinische Merkmale und Therapieoptionen der häufigsten MODY-Formen [2]
Glucokinase-MODY HNF1A-MODY HNF4A-MODY
Häufigkeit unter MODY-Diagnosen
  • Ca. 40%
  • Ca. 25%
  • Ca. 20%
Vererbung

Betroffenes Gen (gestörte Funktion)

  • HNF1A (β-Zell-Entwicklung)
Altersgipfel bei Manifestation
  • 10 Jahre
  • 14 Jahre
  • 17 Jahre
Hyperglykämie
  • (↑)
  • ↑↑
Klinische Merkmale
  • Nüchternblutzucker: Gering erhöht (99–144 mg/dL bzw. 5,5–8 mmol/L)
  • oGTT: Geringer Blutzuckeranstieg
  • Keine Verschlechterung bei zunehmendem Alter
  • Selten Folgeerkrankungen
  • Häufig Diagnose als Zufallsbefund
  • Frühe Glucosurie
  • oGTT: Hoher Blutzuckeranstieg
  • Zunehmende Hyperglykämien mit zunehmendem Alter
  • Ähnlich wie HNF1A-MODY, aber normale Nierenschwelle
Therapie
  • Insb. im Kindesalter häufig keine Therapie notwendig

Ein MODY sollte in Betracht gezogen werden, wenn keine diabetesspezifischen Autoantikörper nachweisbar sind und ein atypischer Verlauf besteht (z.B. niedriger Insulinbedarf)!

Die korrekte Differenzierung zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und MODY ist therapierelevant!

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Neonataler Diabetes mellitus (NDM)toggle arrow icon

  • Häufigkeit: Ca. 1/89.000 Lebendgeburten
  • Ätiologie: Genetisch bedingt
  • Subgruppen
  • Diagnostik
    • Indikation: Manifestation im Alter von ≤6 Monaten oder fehlende Auto-AK im Alter von 7–12 Monaten
    • Untersuchung
  • Therapie
    • Initial immer Insulintherapie mittels CSII
    • Bei PNDM mit Mutation im KCNJ11- oder ABCC8-Gen: Rascher Therapieversuch mit Sulfonylharnstoffen

Bei einer Diabetesmanifestation im Alter ≤6 Monate sollte eine molekulargenetische Diagnostik erfolgen, da sich hierdurch eine therapeutische Konsequenz ergeben kann!

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AMBOSS-Podcast zum Thematoggle arrow icon

Diabetes mellitus Typ 1 im Kindes- und Jugendalter (August 2023)

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Diabetes mellitus (E10E14)

Die folgenden vierten Stellen sind bei den Kategorien E10-E14 zu benutzen

Die folgenden fünften Stellen 0 und 1 sind mit den Subkategorien .2-.6 sowie .8 und .9 bei den Kategorien E10-E14 zu benutzen

  • 0: Nicht als entgleist bezeichnet
  • 1: Als entgleist bezeichnet

Die folgenden fünften Stellen 2-5 sind ausschließlich mit der Subkategorie .7 bei den Kategorien E10-E14 zu benutzen

  • 2: Mit sonstigen multiplen Komplikationen, nicht als entgleist bezeichnet
  • 3: Mit sonstigen multiplen Komplikationen, als entgleist bezeichnet
  • 4: Mit diabetischem Fußsyndrom, nicht als entgleist bezeichnet
  • 5: Mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet

U69.7-: Sekundäre Schlüsselnummern (Schweregrad einer Hypoglykämien oder Hypoglykämiewahrnehmungsstörung)

  • U69.7-*: Sekundäre Schlüsselnummern zur Angabe des Schweregrades einer Hypoglykämie oder des Vorliegens einer Hypoglykämiewahrnehmungsstörung (nur bei Jugendlichen (≥13 Jahre) und Erwachsenen)
    • U69.70*: Milde Hypoglykämie, als nicht rezidivierend bezeichnet
      • Info: Die Person ist nicht auf Fremdhilfe angewiesen, Blutzucker von 60 mg/dL bzw. 3,3 mmol/L und weniger.
    • U69.71*: Milde Hypoglykämie, als rezidivierend bezeichnet
      • Info: Die Person ist nicht auf Fremdhilfe angewiesen, Blutzucker von 60 mg/dL bzw. 3,3 mmol/L und weniger.
    • U69.72*: Schwere Hypoglykämie ohne Koma
      • Info: Die Person ist auf Fremdhilfe angewiesen, Blutzucker von 60 mg/dL bzw. 3,3 mmol/L und weniger.
      • Inkl.: Schwere Hypoglykämie ohne Koma (rezidivierend) (nicht rezidivierend)
    • U69.73*: Hypoglykämisches Koma bei Diabetes mellitus
    • U69.74*: Hypoglykämiewahrnehmungsstörung bei Diabetes mellitus
      • Info: Rezidivierend unbemerkte Hypoglykämien mit Blutzucker von 60 mg/dL bzw. 3,3 mmol/L und weniger.

P70.-: Transitorische Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels, die für den Fetus und das Neugeborene spezifisch sind

Sonstiges

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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