Indikation
Grundsätzlich sollte aufgrund möglicher Transfusionsreaktionen und -komplikationen eine kritische Indikationsstellung erfolgen. Für genaue Informationen siehe: Indikationsstellung zur Transfusion von Plasmakonzentraten
Plasmakonzentrate eignen sich nicht zur Therapie von Hämophilien oder zur Antagonisierung einer Antikoagulation! Hier sind spezifischere Therapiemöglichkeiten erforderlich (bspw. Gabe von Gerinnungsfaktoren, PPSB, Antidot-Gabe)!
Berechnung der benötigten Menge an Plasmakonzentraten
Zur Gabe von Plasmakonzentraten bei Massivtransfusion siehe: Massivtransfusion - AMBOSS-SOP
Faustregel für Mengenberechnung
- Wirkung: Abhängig vom Umsatz des Patienten
- Normaler Umsatz: 1 mL Plasma/kgKG bewirkt
- Anstieg des Quick-Werts um einen Prozentpunkt
- Anstieg der Gerinnungsfaktoren um 1 IE/dL
- Erhöhter Umsatz: 1 mL Plasma/kgKG bewirkt
- Anstieg des Quick-Werts um 0,5–1 Pozentpunkt
- Anstieg der Gerinnungsfaktoren um 0,5–1,0 IE/dL
- Normaler Umsatz: 1 mL Plasma/kgKG bewirkt
- Beispielrechnung
- Quick-Wert des Patienten: 30%
- Zielwert: Quick-Wert von 60%, d.h. gewünschte Anhebung um 30%
- Patientengewicht: 60 kgKG
- Benötigte Plasmamenge: 60 kgKG × 30 mL Plasma/kg = 1.800 mL
- 1.800 mL Plasma entsprechen bei 250 mL Volumen des Konzentrats 7 Plasmakonzentraten (abgerundet)
1 mL Plasma pro kgKG erhöht den Quick-Wert normalerweise um einen Prozentpunkt und die Gerinnungsfaktoren um 1 IE/dL! Bei hohem Umsatz an Gerinnungsfaktoren kann der Effekt deutlich geringer sein!
Für eine wirksame Therapie ist die Gabe hoher Volumina notwendig!
Vorbereitung
Aufklärung und Einwilligung[1][2]
- Gemäß den allgemeinen Grundsätzen, siehe: Aufklärungspflicht
- Im lebensbedrohlichen Notfall: Ggf. Verzicht auf Aufklärung unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens
Not kennt kein Gebot! Ist eine Transfusion lebensrettend erforderlich, tritt die Aufklärungspflicht in den Hintergrund!
Anforderung [1][2]
- Verschreibung und Anforderung: Per Anforderungsschein (mit Patientenetikett) oder über digitales Anforderungssystem
- Für Details siehe: Anforderung von Transfusionspräparaten
- Identitätssicherung und Blutentnahme: Alle Blutröhrchen vor Abnahme mit Patientenetikett versehen und Identität des Patienten feststellen
- Abnahme von insg. 3 Monovetten und Einsendung in das Labor
- Untersuchungsumfang: Bestimmung der Blutgruppen im AB0-System, bei zusätzlicher EK-Gabe auch des Rhesus-Systems sowie bei komplizierter Transfusionsanamnese ggf. weiterer Blutgruppenmerkmale oder immunhämatologische Diagnostik
- Abholung: Mit einer Kopie des Anforderungsscheins, Arzt erhält bei Abholung Begleitschein
Prüfung des Plasmakonzentrats vor Transfusion [1][2]
- Datenabgleich
- Chargennummer des Plasmakonzentrats mit der dokumentierten Chargennummer auf dem Begleitschein
- Patientenangaben (Name, Vorname, Geburtsdatum) auf dem Plasmakonzentrat mit den Daten auf dem Begleitschein
- Kompatibilitätsprüfung: Übereinstimmung prüfen von AB0-Blutgruppe auf dem Etikett des Plasmakonzentrats mit der Blutgruppe des Patienten nach aktueller Bestimmung
- In Ausnahmefällen: AB0-ungleiche, aber kompatible Transfusion möglich (Universalspender: Blutgruppe AB)
AB0-Kompatibilität bei Plasmatransfusion | |
---|---|
Blutgruppe Patient | Kompatibles Plasmakonzentrat |
A | A oder AB |
B | B oder AB |
AB | AB |
0 | 0, A, B oder AB |
- Verfallsdatum und Gültigkeit: Verfallsdatum des Plasmakonzentrats auf dem Etikett prüfen
- Visuelle Prüfung: Äußere Beschädigung, Gerinnselbildungen, Verfärbungen und sonstige Auffälligkeiten
Genau wie bei EKs werden auch Plasmakonzentrate AB0-gleich transfundiert. Vor Transfusionsbeginn muss daher die AB0-Kompatibilität von Patient und Blutkonserve kontrolliert werden!
Universalplasma (Blutgruppe AB) sollte nur in absoluten Notsituationen AB0-ungleich transfundiert werden, da es sehr selten ist!
Vorbereitung des Plasmakonzentrats für die Transfusion [1][2][3]
Die Vorbereitung hängt davon ab, ob FFP oder gefriergetrocknetes Plasma verwendet wird.
FFP: Auftauen und Anstechen
- Auftauen: Nur mittels speziell hierfür zugelassener Auftaugeräte (Dauer ca. 30 min)
- Sauberes Arbeiten: Händedesinfektion und Anziehen von Handschuhen
- Spezielle Materialien: Normiertes Transfusionsbesteck mit Standardfilter mit einer Porengröße von 170–230 μm
- Blutkonserve anstechen: Vollständiges Einführen des Dorns des Transfusionsbestecks in den Transfusionsstutzen der Blutkonserve unter Vermeidung einer Kontamination
- Keine Kraftspiele: Geduldige, leicht drehende Bewegungen beim Einführen des Dorns helfen, eine grobe Kraftanwendung ist i.d.R. zwecklos und frustrierend!
- Befüllen von Tropfkammer und Schlauchsystem
- Filterniveau der Tropfkammer beachten: Die Tropfkammer sollte ein Stück weit über dem Niveau des Filters befüllt sein
- Schlauchsystem luftfrei befüllen: Luftfreies Befüllen des Schlauchsystems bis zum Auslaufen eines Tropfens aus dem Schlauchsystem auf einen zurechtgelegten Wattetupfer, auf Luftbläschenbildung achten
Gefriergetrocknetes Plasma: Rekonstitution und Anstechen
Vor dem Anschließen an das Transfusionsbesteck muss gefriergetrocknetes Plasma (Pulver) mit Wasser aufgelöst werden (sog. Rekonstitution).
- Sauberes Arbeiten: Händedesinfektion und Anziehen von Handschuhen
- Spezielle Materialien
- Gefriergetrocknetes Plasma mit mitgeliefertem Wasser für Injektionszwecke und Transfersystem
- Normiertes Transfusionsbesteck mit Standardfilter mit einer Porengröße von 170–230 μm
- Rekonstitution
- Schutzkappe von Pulver- und Injektionswasserflasche entfernen
- Flaschenstopfen desinfizieren
- Transfersystem erst in die Injektionswasserflasche einstechen, danach mit der anderen Seite in das Plasmakonzentrat (diese ist dabei oben)
- Umdrehen der Flaschen, sodass Injektionswasser in das Pulver läuft
- Leichtes Schwenken (nicht schütteln!) der Flaschen, bis Pulver komplett gelöst ist
- Blutkonserve anstechen: Vollständiges Einführen des Dorns des Transfusionsbestecks in den Transfusionsstutzen der Blutkonserve unter Vermeidung einer Kontamination
- Keine Kraftspiele: Geduldige, leicht drehende Bewegungen beim Einführen des Dorns helfen, eine grobe Kraftanwendung ist i.d.R. zwecklos und frustrierend!
- Befüllen von Tropfkammer und Schlauchsystem
- Filterniveau der Tropfkammer beachten: Die Tropfkammer sollte ein Stück weit über dem Niveau des Filters befüllt sein
- Schlauchsystem luftfrei befüllen: Luftfreies Befüllen des Schlauchsystems bis zum Auslaufen eines Tropfens aus dem Schlauchsystem auf einen zurechtgelegten Wattetupfer, auf Luftbläschenbildung achten
Zusätzliches Erwärmen von Plasmakonzentraten [1][2]
- I.d.R. weder notwendig noch sinnvoll
- Ausnahmen: Ein Aufwärmen des Plasmakonzentrats durch hierfür geeignete Apparaturen (bei max. 42 °C) ist sinnvoll und erforderlich bei
- Massivtransfusionen (Transfusion von mehr als 50 mL/min)
- Unterkühlten Patienten
- Chronischer Kälteagglutininkrankheit und hochtitrigen Kälteantikörpern
- Vorliegender Gefahr eines Vasospasmus durch Kältereiz
- Transfusionen und Austauschtransfusionen bei Neugeborenen und Kindern
Ein zusätzliches Erwärmen auf Körpertemperatur oder darüber hinaus ist nur bei Massivtransfusion oder in speziellen Indikationen erforderlich!
Ablauf/Durchführung
Vorbereitung des Patienten [1][2][3]
- Venöser Zugang: Vorgehen der Wahl ist ein periphervenöser Zugang, es sollten außer kristalloider Infusionslösung zur Spülung keine weiteren Medikamente über den Zugang verabreicht werden
- Transfusion über ZVK: Nur als Notlösung, separaten ZVK-Schenkel verwenden, vor und nach der Transfusion großzügig mit isotonischer Kochsalzlösung spülen
- Patientenlagerung: Sitzend oder liegend mit möglichst horizontaler und bequemer Lagerung des für die Transfusion verwendeten Arms
Identitätsprüfung und ggf. Bedside-Test [1][2][3]
- Identitätsprüfung
- Beim ansprechbaren Patienten: Frage nach Stammdaten wie Vornamen, Geburtsdatum, Schreibweise des Familiennamens
- Beim nicht ansprechbaren Patienten: Identifizierung ggf. anhand eines Patientenarmbandes, Befragung der zuständigen Pflegekraft und Bitte um Bestätigung der Identität – jeglicher Zweifel ist zu beseitigen!
- Bedside-Test (fakultativ): Mit einigen mL Blut des Patienten, ggf. Abnahme auch aus bestehendem venösem Zugang
Transfusion des Plasmakonzentrats [1][3]
- Zeitpunkt: Nach Auftauen bzw. Rekonstitution zügig anzuwenden, möglichst innerhalb einer Stunde (max. innerhalb von 6 h)!
- Starten der Transfusion
- Anbringen der Blutkonserve am Infusionsständer
- Anschließen an den venösen Zugang
- Aufdrehen der Infusion
- Geschwindigkeit der Transfusion: Angepasst an den klinischen Zustand des Patienten
- Richtwert: Infusionsgeschwindigkeit 30–50 mL/min
- Bei hämorrhagischem Schock: So schnell wie möglich
- Risikogruppen für eine Volumenüberladung: Bei Patienten mit Herzinsuffizienz und/oder oligurischem/anurischem Nierenversagen langsamer transfundieren, ggf. in einen Bilanzierungsplan einbeziehen
- Zum Vorgehen bei Massentransfusion siehe: Massivtransfusion - AMBOSS-SOP
- Überwachung des Patienten: Im Transfusionszeitraum, insb. während der ersten 10 min der Transfusion bzgl. des Auftretens von Akutreaktionen
- Typische Transfusionszwischenfälle bei Plasmakonzentraten (insb. im Rahmen einer Massentransfusion)
- Citratintoxikation (auf Zeichen einer Hypokalzämie achten, bspw. Tetanie, QT-Zeit-Verlängerung, Arrhythmien)
- TRALI (auf plötzlich beginnende Dyspnoe achten)
- Siehe auch: Akute Transfusionszwischenfälle
- Typische Transfusionszwischenfälle bei Plasmakonzentraten (insb. im Rahmen einer Massentransfusion)
Nach Transfusionsende [1][3]
- Transfusionsbeutel bzw. -flasche steril verschließen und für 24 h bei 4 ± 2 °C aufbewahren
- Überwachung des Patienten für mind. 30 min nach erfolgter Transfusion
- Dokumentationspflicht nach § 14 des Transfusionsgesetzes
- Inkl. Angaben zur (Un‑)Verträglichkeit der abgeschlossenen Transfusion
- Laborkontrolle veranlassen (Hb, Quick, aPTT, Thrombozyten, ggf. Fibrinogen oder spezielle Gerinnungsfaktoren)