Zusammenfassung
Die Harninkontinenz wird vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) im Expertenstandard „Kontinenzförderung in der Pflege“ als „Fähigkeit, willkürlich und zur passenden Zeit an einem geeigneten Ort die Blase zu entleeren“ definiert. Laut DNQP sollten zudem auch „Fähigkeiten, wie die Kommunikation von Bedürfnissen oder die Annahme von Hilfestellungen“ in der pflegerischen Arbeit bedacht werden. Eine Harninkontinenz kann in jedem Alter auftreten, ist aber insb. ein weitverbreitetes Problem unter älteren Menschen. Unter Stuhlinkontinenz wird ein „wiederkehrende[r] unkontrollierte[r] Stuhlgang über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten“ (nach der United European Gastroenterology 2022) beschrieben. Der Bedarf für pflegerische Maßnahmen kann jedoch auch unabhängig von der Diagnose in den ersten 3 Monaten auftreten. Die Stuhlinkontinenz wirkt sich auf zahlreiche Lebensbereiche der Betroffenen aus und kann die Lebensqualität (bspw. durch soziale Isolation) stark beeinträchtigen. Die Kommunikation mit Betroffenen sollte stets sensibel erfolgen, da es sich um ein schambehaftetes und gesellschaftliches Tabuthema handelt. Viele Betroffene denken zudem, dass eine Harn- und/oder Stuhlinkontinenz zum höheren Lebensalter dazugehört. Daher sehen Menschen mit Inkontinenz ggf. davon ab, sich professionelle Hilfe zu holen. Neben allgemeinen Pflegemaßnahmen (bspw. Obstipationsprophylaxe) können kontinenzfördernde und -kompensierende Maßnahmen (z.B. Beckenbodentraining) genutzt werden. Auch Hilfsmittel (bspw. Inkontinenzslips), eine förderliche Umgebung (z.B. saubere Toilette) und die passende Kleidung (z.B. Hosen mit Gummibund) wirken unterstützend.
- Bzgl. der verschiedenen Ursachen und Ausprägungen der Harninkontinenz, siehe auch
- Bzgl. der anatomischen und physiologischen Grundlagen, siehe auch
Grundsätzliches im Umgang mit Inkontinenz
Ziele bei der Pflege
Die Pflege bei Harn- und Stuhlinkontinenz verfolgt verschiedene Ziele. Bei der Erreichung dieser Ziele stehen die Bedürfnisse und das Wohlbefinden der Betroffenen immer an erster Stelle.
- Harn-/Stuhlkontinenz soll erhalten bzw. gefördert werden
- Bestehende Harn-/Stuhlinkontinenz soll beseitigt, reduziert oder kompensiert werden
- Patient:innen sollen sich wohlfühlen
- Folgekomplikationen sollen vermieden werden
Professioneller Umgang
Das Verhalten von Pflegefachpersonen kann das Empfinden der Betroffenen stark beeinträchtigen. Ein professioneller Umgang mit der Situation sowie (Scham‑)Gefühle der Patient:innen zu berücksichtigen, kann das Wohlbefinden der Betroffenen stärken.
- Wahrung der Intimsphäre
- Respektvoller, würdevoller Umgang auf Augenhöhe
- Gefühle wahrnehmen und Grenzen wahren
- Kommunikation/Sprache: Wörter wie „Windeln“ , „Popo“ o.Ä. sollten vermieden werden
Einschätzung der Kontinenzsituation
Allgemeine Einschätzung
- Im Rahmen der pflegerischen Anamnese bzw. Aufnahme
- Eine erneute Einschätzung sollte in individuellen Intervallen erfolgen, insb. jedoch bei
- Ortswechsel
- Veränderungen im Gesundheitszustand
- Siehe auch: Pflegerische Bestimmung des Kontinenzprofils
Differenzierte pflegerische Anamnese bei Harninkontinenz
- Besonderes Augenmerk auf Beeinflussung der Lebensqualität, Einschränkungen im Alltag und Leidensdruck legen
- Indikationen von Blasenverweilkatheter prüfen
- Siehe auch: Diagnostik der Harninkontinenz
Differenzierte pflegerische Anamnese bei Stuhlinkontinenz
- Beschaffenheit des Stuhlgangs: Siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Überwachen des Stuhlgangs
- Stuhlkonsistenz mittels Bristol-Stuhlformen-Skala
- Gewohnheiten: Frequenz, bestimmte Zeitpunkte, starkes Pressen, Trinkmenge, Ernährung (insb. Ballaststoffe)
- Vorerkrankungen und Medikamente: Ggf. auf erhöhtes Obstipations- oder Diarrhörisiko kontrollieren
- Bei Stuhldrainagesystemen: Tägliche Indikations- und Lageüberprüfung
- Beeinträchtigungen: Besonderes Augenmerk auf Beeinflussung der Lebensqualität, Einschränkungen im Alltag, Leidensdruck
- Cleveland-Clinic-Incontinence-Score (CCIS): Beurteilung der Inkontinenz und der Einschränkungen im Alltag
- Weitere ärztliche Diagnostik
- Körperliche Untersuchung, inkl. Beurteilung der analen Schließfähigkeit
- Stuhldiagnostik bei V.a. gastrointestinale Infekte
- Abklärung der Differenzialdiagnosen
Risikofaktoren für Inkontinenzen
- Überlastung des Beckenbodens
- Zugang zu Toiletten
- Höheres Alter und/oder Pflegebedürftigkeit
- Ungünstige Gewohnheiten
- Bestrahlungen und Operationen im Beckenbereich
- Körperliche und kognitive Einschränkungen
- Neurologische Erkrankungen
- Von der Norm abweichender Urogenital-, Enddarm- und Analbereich
- Obstipation, chronische Diarrhö
- Folgen sexualisierter Gewalt
- Verletzungen durch Sexualpraktiken
Harninkontinenz
- Erkrankungen der Prostata , ggf. auch durch nachfolgende Operationen
- Harnblasenerkrankungen
- Medikamente, insb. Opioide, Diuretika, Anticholinergika
- Harnwegsinfektionen
- Weitere Ursachen, siehe auch: Ätiologie der Harninkontinenz
Stuhlinkontinenz
- Erkrankungen des Verdauungstrakts (insb. des Darms) , ggf. auch durch nachfolgende Operationen
- Zustand nach Stoma-Rückverlagerung
- Medikamente, insb. Opioide und Psychopharmaka
Symptome bei Inkontinenz
- Ungewollter Harn-/Stuhlabgang bei körperlicher Betätigung, ggf. auch durchgängig
- Schmerzen, Brennen bei Harnausscheidung, gereizte Haut
- Gescheiterte Ausscheidungsversuche bzw. Gefühl der unvollständigen Ausscheidung
- Plötzliche Dranggefühle mit oder ohne Harn- und/oder Stuhlabgang
- Meteorismus
Insb. bei zusätzlichen Symptomen wie Blutungen, Dysurie/Schmerzen, Druckgefühlen in der Vagina, Infektionen oder Vigilanzminderung ist umgehend das ärztliche Personal zu informieren!
Bestimmung des Kontinenzprofils
Allgemeine Aspekte
- Zur individuellen Planung und Durchführung pflegerischer Maßnahmen und Ziele
- Erarbeitung des Kontinenzprofils und der Zielsetzung gemeinsam mit den Betroffenen
- Erstellung unterschiedlicher Kontinenzprofile bei
- Gleichzeitigem Vorliegen einer Harn- und Stuhlinkontinenz
- Unterschieden zwischen Tag und Nacht
- In Langzeiteinrichtungen: Ggf. längerer Beobachtungs- und Beurteilungszeitraum sinnvoll
Kontinenzprofile
Übersicht über die Kontinenzprofile | |||
---|---|---|---|
Kontinenzformen | Unwillkürlicher Harn-/Stuhlverlust tritt auf | (Pflegerische) Unterstützung notwendig | Hilfsmittel notwendig |
Kontinenz | — | — | — |
Unabhängig erreichte Kontinenz | — | — | ✓ |
Abhängig erreichte Kontinenz | — | ✓ | ✓ |
Unabhängig kompensierte Inkontinenz | ✓ | — | ✓ |
Abhängig kompensierte Inkontinenz | ✓ | ✓ | ✓ |
Nicht-kompensierte Inkontinenz | ✓ | Wird nicht genutzt |
Allgemeine Pflegemaßnahmen bei Inkontinenz
Bei der Auswahl der pflegerischen Maßnahmen sollten alle Risikofaktoren einbezogen und ggf. auch präventiv gehandelt werden.
- Reduktion der Beckenbodenbelastung
- Gewichtsabnahme , insb. durch körperliche Aktivität
- Schwere körperliche Arbeit (insb. Heben schwerer Gegenstände) vermeiden
- Obstipationsprophylaxe
- Gesunde Ernährung: Ausgewogene Nährstoffaufnahme, treibende Nahrungsmittel vermeiden
- Ausreichende Trinkmenge
- Ggf. trinken Betroffene gezielt weniger, damit sie nicht unwillkürlich Harn ablassen → Exsikkoserisiko↑, Obstipationsrisiko↑
- Bei Belastungsinkontinenz: Übermäßige Flüssigkeitsaufnahme vermeiden
- Bei Dranginkontinenz: Reduktion von koffein-, alkohol- und kohlensäurehaltigen Getränken
- Reinigung und Pflege der Haut bei Inkontinenz
- Regelmäßige Hautinspektion
- Regelmäßige Entfernung der Ausscheidung
- Einmalwaschlappen verwenden
- Schonende Reinigung
- Gründliches, schonendes Abtrocknen
-
Hautpflege mit speziellen Pflegeprodukten: Fettfreie Hautschutzsalben, Hautschutzlösungen und Barrierecremes
- Herstellerangaben insb. bzgl. der aufzutragenden Menge und Frequenz beachten!
- Kontinenzförderung und -kompensation: Siehe auch Maßnahmen zur Kontinenzförderung und -kompensation
- Regelmäßige Ausscheidung
- Förderung der Mobilität
- Verwendung von Hilfsmitteln bei Inkontinenz
- Kontinenzfördernde Umgebung
- Saubere Toiletten
- Raum sollte warm und gut gelüftet sein
- Keine Hindernisse auf dem Weg zur Toilette, ggf. weitere Maßnahmen zur Sturzprophylaxe
- Ausreichend Toilettenpapier
- Abschließbare Toilette
- Schild an der Toilettentür (damit Toilette leichter gefunden wird)
- Haltegriffe und erhöhte Toilette
- Kontinenzfördernde Kleidung
- Weite Kleidung
- Statt Knöpfen, Reißverschluss etc. lieber Gummibund oder Klettverschluss
- Aufklappbare Unterhosen
- Im Schritt offene Strumpfhosen
- Behandlung von (Grund‑)Erkrankungen: Bspw. Diabetes mellitus einstellen
- Ggf. Führen eines Miktions- und/oder Stuhlprotokolls: Dokumentation der Symptomatik sowie der Miktions- bzw. Defäkationsfrequenz
- Beratung der Betroffenen (und auf Wunsch der pflegenden Angehörigen)
- Pathophysiologie, Risikofaktoren und Symptome der Inkontinenz
- Hilfsmittel bei Inkontinenz sowie deren richtige Anwendung
- Zu allgemeinen Pflegemaßnahmen bei Harninkontinenz: Insb. zur Beckenbodenentlastung
- Ggf. psychologische Unterstützung, Selbsthilfegruppen, spezialisierte Ansprechpartner vermitteln
- Bei Verlegung/Entlassung: Kontinuierliche Versorgung sicherstellen, ggf. Sozialdienst einschalten
Maßnahmen bei Harninkontinenz
Allgemeines
Bei einigen Formen der Harninkontinenz (u.a. Dranginkontinenz und Belastungsinkontinenz) könnten gezielte Übungen und Strategien genutzt werden, um die Blasenkapazität zu erhöhen, den Harndrang zu verzögern und die Kontrolle über die Blase zu verbessern.
Mögliche Ziele
- Verbesserung der Blasenkontrolle
- Erhöhung der Blasenkapazität
- Verzögerung des Harndrangs
- Reduzierung (oder Beseitigung) von Inkontinenzfolgen
- Steigerung des Selbstbewusstseins
- Förderung der Selbstständigkeit
Indikationen
Kontraindikationen
- Schwere neurologische Erkrankungen: Bspw. schwere Demenz, Schlaganfall oder Rückenmarksverletzungen
- Akute Harnwegsinfektionen: Bewusstes Zurückhalten des Urins sollte vermieden werden!
- Schwere kognitive und körperliche Beeinträchtigungen: Durchführung der Übungen ggf. nicht möglich
- Fortgeschrittene Blasenerkrankungen: Bspw. bei Blasenkrebs (ggf. unter ärztlicher Aufsicht möglich)
- Akute psychische Erkrankungen: Bspw. Depressionen oder akute Psychose
Miktionstraining („Blasentraining“)
- Anwendung: Insb. bei Frauen mit Stress-, Drang- oder Mischinkontinenz
- Ziele: Korrektur fehlerhafter Gewohnheitsmuster, Verlängerung der Miktionsintervalle, bessere Kontrolle über die Miktion
- Ausscheidungsplan erstellen
- Aktuelle Zeiten bzw. Regelmäßigkeit der aktuellen Toilettengänge notieren
- Wöchentlich Intervall um ca. 15–30 min verlängern (bis Ziel erreicht wird)
- Aufbau
- Methoden, um einen vorzeitigen Harndrang zu reduzieren
- Hinsetzen
- Tief durchatmen
- Harnfördernde Reizstoffen vermeiden
Kontinenztraining
- Funktionen der Ausscheidungsorgane sollen positiv beeinflusst werden
- Unterscheidung von Kontinenztraining in
- Toilettengänge zu festen Zeiten
- Toilettengänge zu individuellen Zeiten (festgelegter Plan, basiert auf individuellen Ausscheidungsgewohnheiten)
- Angebotene Toilettengänge (verbale Aufforderung und Unterstützung)
- Miktions- und Trinkprotokolle als begleitende Maßnahme
- Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen überprüfen: Insb. bei
- Fortgeschrittener Demenz
- Beständigen Toilettenfrequenzen <2 h
- Transfers, für die 2 Pflegefachpersonen benötigt werden
Individuelle Miktionszeiten
- Beobachtung: Toilettengänge der Person werden über 2 Tage hinweg stündlich beobachtet und dokumentiert
- Miktionsprotokoll: Anhand der Beobachtungen werden genaue Toilettenzeiten festgelegt
- Durchführung: Patient:in wird etwa 15 min vor dem erwarteten Harndrang zur Toilette gebeten
Festgelegte Zeiten („Toilettentraining“)
- Ziel: Kontrolle über den Harndrang entwickeln, regelmäßige Toilettenbesuche fördern → ca. 5–6 Toilettengänge/d ohne (oder mit geringerem) Harnverlust
- Fester Zeitplan: Person wird nach vereinbarten Zeiten (z.B. alle 2 h) zur Toilette begleitet
- Individuellen Tagesrhythmus beachten
- Nach dem Aufstehen
- 30–60 min nach dem Essen und Trinken
- Vor dem Duschen oder Baden
- Vor dem Schlafen
- Intervalle verlängern: Alle 3–5 Tage werden die Zeitabstände um ca. 15 Minuten verlängert
7-Becher-Regel
- Einteilung der 1,5–2 L Trinkmenge/d auf 7 Becher
- Möglicher Rhythmus
- Frühstück: 1 Becher
- Vormittag: 2 Becher
- Mittagessen: 1 Becher
- Nachmittag: 2 Becher
- Abend: 1 Becher
Pflegerisches Beckenbodentraining
Biofeedback, Elektrostimulatoren, Vibrationstraining oder Vaginalkonen (bei Frauen) können das Beckenbodentraining unterstützen. Im Folgenden sind Beispiele für das Beckenbodentraining aufgeführt, die nur in ärztlicher Absprache und ggf. mit physiotherapeutischer Begleitung durchgeführt werden sollten.
Knie in Rückenlage andrücken
- Person legt sich auf den Rücken
- Oberschenkel wird um 90° angewinkelt bzw. angezogen
- Kopf wird angehoben
- Hand wird gegen das Knie gestreckt
- Knie wird gegen die Handfläche gedrückt
- Spannung ein paar Sekunden halten
- Wechsel zum anderen Bein
Fuß anheben in Rückenlage
- Person legt sich auf den Rücken
- Füße werden schulterbreit aufgestellt
- Gesäß anheben (oberer Rücken und Schultern liegen noch auf)
- Füße abwechselnd immer ein paar Zentimeter anheben und wieder aufsetzen
Fersen andrücken in Seitenlage
- Person begibt sich in die Seitenlage
- Knie leicht angewinkelt
- Oberes Bein abspreizen
- Fersen aufeinander drücken
- Knie und Bein dann wieder ablegen
- Ggf. wiederholen und anschließend Seiten wechseln
Vierfüßlerstand
- Person begibt sich in den Vierfüßlerstand
- Füße weisen nach hinten (Fußrücken dienen für diese Übung als Stütze)
- Knie leicht vom Boden anheben und halten
- Absetzen und ggf. wiederholen
Blasenstimulation
Verschiedene Impulse von außen können Vorgänge im Körper auslösen und beschleunigen . Durch Klopfen, Streichen oder akustische Signale kann die Entleerung der Blase beeinflusst werden.
- Triggern durch Klopfen: Blasenregion wird in schneller Folge leicht von außen mit den Fingerspitzen abgeklopft, bis Urin ausgeschieden wird
- Miktion ausführen: Die Blase sollte vollständig entleert werden
- Erneutes Klopfen zu einem späteren Zeitpunkt: Körper stellt sich durch diesen Auslöser mit der Zeit darauf ein, dass bei einem Klopfen eine Blasenentleerung erfolgen kann
- Wasserhahn aufdrehen: Durch das Wassergeräusch kann die Miktion beschleunigt werden
- Wärme auf Blasenregion: Kann die Blase entspannen und kontrolliertes Wasserlassen fördern
- Bspw. feuchtwarme Kompressen oder Hände, die in warmes Wasser getaucht wurden
Miktionsprotokoll
Im Miktionsprotokoll werden detaillierte Informationen bzgl. des Miktionsverhaltens einer Person über einen bestimmten Zeitraum gesammelt, um wichtige Hinweise für die Diagnose und Behandlung sowie ein besseres Verständnis für Gewohnheiten zu erlangen. Zudem ist das Miktionsprotokoll Grundlage für ein effektives Blasen- und Toilettentraining. Folgende Informationen werden dokumentiert:
- Miktionszeitpunkte: Datum und Uhrzeit jedes Toilettengangs
- Harndrang: Bspw. leicht, mäßig oder dringend
- Miktionsmuster: Beschreibung des Urinstrahls
- Begleitsymptome: Bspw. Schmerzen oder Brennen
- Flüssigkeitszufuhr: Menge und Art der Flüssigkeit
- Flüssigkeitsausfuhr: Ausgeschiedener Urin bei jedem Toilettengang in mL (falls möglich)
Maßnahmen bei Stuhlinkontinenz
Allgemeines
- Beckenbodentraining: Siehe auch pflegerisches Beckenbodentraining
- Anwendung: Insb.
- Vor Rückverlegung eines Enterostomas
- Bei neurologischen Erkrankungen (nur bei Betroffenen, die ihren Beckenboden willkürlich anspannen können)
- Zur Vorbeugung von Beckenfunktionsstörungen
- Dauer: Regelmäßig über mehrere Monate
- Ggf. Unterstützung mittels Biofeedback: Bei kognitiven Erkrankungen und Multimorbidität oftmals nicht möglich
- Anwendung: Insb.
- Stuhlkonsistenz verbessern
- Bei zu weichem Stuhl: Bspw. mittels Guarkernmehl, gemahlenen Flohsamenschalen
- Bei Obstipation: Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Obstipation und Obstipationsprophylaxe
- Medikamentöse Reduktion der Darmmotilität: Wirkung reicht von wenigen Stunden bis lang anhaltend, insb. bei wichtigen Terminen o.Ä.
Darmentleerungstraining
- Ziel: Korrektur fehlerhafter Gewohnheitsmuster
- Festgelegte Zeiten einhalten: Täglich, jeden 2. Tag oder 3×/Woche immer zur gleichen Uhrzeit, ggf. auch feste Essenszeiten
- Zu beachten
- Privatsphäre ausreichend schützen
- Möglichst in sitzender oder hockender Position
- Nach einer Mahlzeit (gastrokolischer Reflex)
- Ausreichend Zeit lassen
- Ggf. Methoden zur erleichterten Defäkation anwenden
- Evaluation: Nach ca. 3 Tagen im interprofessionellen Team inkl. den Betroffenen
Gezieltes Darmmanagement
- Nach ärztlicher Anordnung; Anleitung durch Pflegefachpersonen mit entsprechender Handlungskompetenz
- Bspw. mittels Klistier, abführenden Zäpfchen, Rektalstimulation
- Immer zur gleichen Zeit
- Herstellerangaben, insb. Nebenwirkungen beachten(!)
- Zu Kontraindikationen und Durchführung, siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Abführmaßnahmen
Transanale Irrigation
- Nach ärztlicher Anordnung, zunächst durch Anleitung der Betroffenen bzw. Durchführung durch Pflegefachperson, später selbstständig durchführbar durch Betroffene bzw. Angehörige
- Spülung des Dickdarms mit individuell abgestimmter Menge Leitungswasser → Nach ca. 15–20 min Defäkation mit anschließender ausscheidungsfreier Phase (12–48 h)
- Siehe auch
Hilfsmittel bei Inkontinenz
Auswahl der Hilfsmittel
Hilfsmittel zur Inkontinenzversorgung sollten immer individuell passend zur Situation ausgewählt werden. Es gilt, die folgenden Faktoren zu berücksichtigen:
- Geschlecht
- Art und Schwere der Inkontinenz
- Persönliche Vorlieben
- Selbstständigkeit in der Versorgung
- Verfügbarkeit eines Wechselortes
- Größe
Beispiele für Inkontinenzhilfsmittel
- Aufsaugende Hilfsmittel
- Inkontinenzvorlagen
- Inkontinenzhose mit oder ohne Klettverschluss
- Unterlagen (zur einmaligen Nutzung oder wiederverwendbar)
- Toilettenhilfen
- Toilettenstuhl
- Urinflasche
- Steckbecken
- Kindertopf
Spezielle Hilfsmittel bei Harninkontinenz
- Ableitende Hilfsmittel
- Mechanische Hilfsmittel
- Vaginaltampons
- Pessare
Spezielle Hilfsmittel bei Stuhlinkontinenz
- Sitzschemel/Toilettenhocker
- Analtampons
- Fäkalkollektoren
- Stuhldrainagesysteme
Inkontinenz-assoziierte Dermatitis (IAD)
- Definition: Perianale und/oder -genitale Rötung bzw. Schwellung durch Kontakt mit Stuhlgang oder Urin (irritatives Kontaktekzem), ggf. mit Blasen, Erosionen und mykotischen/bakteriellen Sekundärinfektionen
- Risikofaktoren bei Personen mit Stuhl- und/oder Harninkontinenz
- Trockene, schuppige Haut
- Vorerkrankungen (insb. solche, die mit Immunschwäche und Durchblutungsstörungen einhergehen )
- Schlechter Allgemeinzustand
- Assessments
- Perineales Assessment Tool (PAT-D)
- Incontinence-associated Dermatitis Intervention Tool (IADIT-D)
- Prävention
- Allgemeine Pflegemaßnahmen bei Harninkontinenz beachten
- Hilfsmittel bei Inkontinenz verwenden
- Professioneller, einfühlsamer Umgang mit Betroffenen