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Obstipation im Kindes- und Jugendalter

Letzte Aktualisierung: 25.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Einer der häufigsten Vorstellungsgründe in der pädiatrischen Sprechstunde sind obstipationsbedingte Bauchschmerzen. Betroffene und ihre Eltern sind sich der Ursache oft nicht bewusst, da es bei einer Verstopfung auch zu gegenteiligen Symptomen wie flüssigen Stühlen oder Stuhlschmieren in der Unterwäsche kommen kann. Bei genauerem Nachfragen berichten viele Kinder jedoch, dass der Stuhlgang sie häufig viel Kraft kostet und von harter Konsistenz ist.

Bei der Diagnostik sollte insb. auf Red Flags bei Obstipation von Kindern und Jugendlichen geachtet werden, die auf eine organische Ursache hindeuten. Funktionelle Obstipationen ohne erkennbare Ursache sind jedoch wesentlich häufiger. Die Kinder und ihre Eltern sollten über den Entstehungsmechanismus und therapeutische Maßnahmen aufgeklärt werden. Dazu gehören allgemeine Maßnahmen wie ausgewogene Ernährung, ausreichende Bewegung und Toilettentraining. In den meisten Fällen ist eine langfristige medikamentöse Therapie (i.d.R. mit Macrogol) unumgänglich. Auch bei einer Koprostase ist primär eine orale Desimpaktion mit Macrogol anzustreben.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Obstipation: Stuhlretention infolge inkompletter Stuhlentleerung
  • Chronische Obstipation: Dauer ≥1 Monat [1]
  • Funktionelle Obstipation : Obstipation ohne ersichtliche endokrine, metabolische oder anatomische Ursache
  • Rom-IV-Kriterien der funktionellen Obstipation im Kindes- und Jugendalter [1]
    • <3× Stuhlgang pro Woche
    • Stuhlballen rektal oder abdominell tastbar
    • Harter, teils schmerzhafter Stuhlgang
    • Rückhaltemanöver
    • ≥1× Stuhlschmieren pro Woche
    • Großvolumige Stühle, die ggf. die Toilette verstopfen
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Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

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Pathophysiologietoggle arrow icon

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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Stuhlbesonderheiten
    • Unregelmäßiger Stuhlgang
    • Wechselnde Stuhlkonsistenz und -menge, die Bristol-Stuhlformen-Skala hilft bei der Objektivierung
    • Stinkende Stühle (und Winde)
    • Extremer Meteorismus und Flatulenz
    • Einhalten des Stuhlgangs
    • Stuhlschmieren und Überlaufenkopresis
    • Blutauflagerungen auf dem Stuhl
  • Sekundärer Harnverhalt und Enuresis
  • Bauchschmerzen, Unwohlsein, Erbrechen, Appetitmangel
  • Abgeschlagenheit, Gereiztheit
  • Gedeihstörung
  • Eingeschränkte Lebensqualität

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Diagnostiktoggle arrow icon

Basisdiagnostik

Besondere Aspekte bei Neugeborenen und Säuglingen [1]

Bei V.a. Morbus Hirschsprung erfolgt sofort die Einweisung zur speziellen apparativen Diagnostik, da es bei verzögertem Therapiebeginn zum toxischen Megakolon mit Sepsis kommen kann!

Red Flags bei Obstipation von Kindern und Jugendlichen

Folgende Red Flags sprechen für eine organische Ursache einer Obstipation. Bei Kindern und Jugendlichen handelt es sich zumeist um eine funktionelle Obstipation, während eine organische Ursache bei Säuglingen und Neugeborenen weitaus häufiger vorkommt. Diese Ursachen gilt es zu erkennen und eine weiterführende Diagnostik und ggf. Therapie einzuleiten. Hiervon abzugrenzen ist der Ileus, bei Neugeborenen insb. der Mekoniumileus, welcher einer sofortigen Therapie bedarf. [2][3]

Diagnostischer Stufenplan

  • Basisdiagnostik unauffällig bzw. hinweisend auf eine funktionelle Obstipation → Konsequente Therapie und Verlaufsbeobachtung über 3–6 Monate, bei ausbleibender Besserung erweiterte Diagnostik
  • Basisdiagnostik typisch für eine zugrundeliegende Allgemeinerkrankung → Sofort erweiterte Basisdiagnostik und ggf. Überweisung an Spezialisten
  • Basisdiagnostik typisch für Morbus Hirschsprung → Sofort apparative Diagnostik in einem spezialisierten Zentrum

Erweiterte Basisdiagnostik

Spezielle apparative Diagnostik

Apparative Diagnostik mit spezieller Indikation

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Differenzialdiagnosen – Organisch bedingte Obstipation im Kindes- und Jugendalter

Anamnese und Befunde Hinweis auf
Endokrin
  • Kinder und Jugendliche
  • Intestinale Symptome
  • Extraintestinale Symptome
    • Statomotorischer Entwicklungsrückstand
    • Antriebslosigkeit
    • Kälteempfindlichkeit
Autoimmun
  • Intestinale Symptome
  • Extraintestinale Symptome
    • Statomotorischer Entwicklungsrückstand
    • Bekannte Autoimmunerkrankung
    • Symptome einer Malabsorption
  • Weitere Hinweise: Krankheitsbeginn typischerweise bei Einführung getreidehaltiger Beikost
  • Kuhmilchallergie [6][7]
Genetisch
Neurologisch [3]
Anatomische Fehlbildungen [7]
  • Analstenose
  • Intestinale Symptome
    • Ggf. Stuhlentleerung über Fistel (bspw. rektourethral, rektovaginal)
    • Fehlender Anus
Toxisch [4][7]

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Kausale Therapie

Allgemeine Maßnahmen [1]

  • Aufklärung von Kindern und Eltern über Ursachen und Entstehung (ggf. mit altersgerechten Medien )
  • Ernährungsumstellung
    • Ausreichende Trinkmenge: Vorzugsweise Wasser oder ungesüßter Tee
    • Ausgewogene Kost mit ausreichend Ballaststoffen
    • Reduktion von zuckerreichen und anderen obstipationsfördernden Nahrungsmitteln (insb. Kuhmilch)
  • Bewegung
  • Toilettentraining im Kindesalter
    • Zeitpunkt: Nach den Mahlzeiten (i.d.R. 2×/d)
    • Dauer: Mind. 5–10 min (um den gastrokolischen Reflex auszunutzen)
    • Ziel: Entspanntes Toilettenverhalten
    • Durchführung
      • Anleitung durch eine Bezugsperson (Aufsuchen der Toilette und Absetzen von Stuhlgang)
      • Positive Gestaltung, z.B. mit Lesen oder Spielen (jedoch keine vollständige Ablenkung)
      • Warme und ausreichend beleuchtete Umgebung
      • Ggf. Belohnungssystem
  • Stuhlprotokoll (und Besprechung des Protokolls) bei Schulkindern

Medikamentöse Therapie [1]

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Laxanzien bei Obstipation im Kindesaltertoggle arrow icon

Macrogol in der Pädiatrie (z.B. Movicol junior®, Movicol®, Laxbene junior®, Laxbene®)

  • Wirkweise: Erhöhung des Wasseranteils im Stuhl (isoosmotisches Abführmittel) → Erleichterung des Stuhlgangs
  • Darreichungsform: Orale Applikation nach Auflösung des Pulvers in Wasser
  • Dosierung bei akuter Koprostase zur Desimpaktion
  • Dosierung bei chronischer Obstipation: ca. 0,2–0,8 g/kgKG/d
    • Movicol junior®
      • 2–<7 Jahre
      • 7–<12 Jahre
    • Movicol ®: ≥12 Jahre
    • Laxbene junior®
      • 6 Monate bis <1 Jahr
      • 1–<4 Jahre
      • 4–8 Jahre
    • Laxbene®: ≥8 Jahre
  • Zu beachten
    • Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei Ileus, Darmperforation, CED, Elektrolytverschiebung, gestörtem Würgereflex oder Vigilanzminderung
    • Häufige Nebenwirkungen: Bei Therapiebeginn häufig Bauchschmerzen und Darmgeräusche, Diarrhö, Übelkeit/Erbrechen, anale Reizung
    • Wirksamkeit in Studien belegt
    • Behandlungsdauer mind. 8–12 Wochen, meist 6–12 Monate notwendig
    • Vermehrte Flüssigkeitsaufnahme ist unverzichtbar zum Weichhalten des Stuhls
    • Resorptionsverzögerung von Medikamenten, die 1 h vor oder nach Macrogol gegeben werden

Keine Langzeitnebenwirkungen! Eine Therapie über 8–12 Wochen und ggf. auch darüber hinaus ist manchmal notwendig und generell unbedenklich!

Lactulose in der Pädiatrie (z.B. Bifiteral®, Lactuflor®)

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Suppositorien und Klistiere bei Obstipation im Kindesaltertoggle arrow icon

Indikation [1]

Glycerol in der Pädiatrie (z.B. Glycilax®, Babylax®)

  • Wirkweise: Wasseraufnahme↑ durch Glycerol → Aufweichung verhärteter Stuhlmassen → Anregung der Peristaltik
  • Darreichungsformen: Rektale Applikation als Suppositorien und/oder Rektallösung
  • Glycilax®: Zugelassen ab dem Säuglingsalter
    • <1 Jahr
    • 1–<12 Jahre
    • ≥12 Jahre
  • Babylax®: Zugelassen ab dem Geburtsalter
    • <1 Jahr
    • 1–<6 Jahre
    • ≥6 Jahre
  • Zu beachten: Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei Ileus

Sorbitol-Klysma in der Pädiatrie (z.B. Microlax®)

  • Wirkweise: Hohe Konzentration eines nicht-resorbierbaren Zuckeralkohols (Sorbitol) im Enddarm → Wasserretention → Weicherer Stuhlgang
  • Darreichungsform: Rektallösung
  • Zulassung: ab dem Geburtsalter
  • Altersabhängige Dosierung
    • <3 Jahre
    • ≥3 Jahre
  • Zu beachten
    • Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile sowie bei Ileus, hereditärer Fructose-Intoleranz, gleichzeitiger Therapie mit Austauscherharzen (oral oder rektal)
    • Häufige Nebenwirkungen: Urtikaria, Bauchschmerzen, anales Brennen, lockerer Stuhl
    • In der Ambulanz kann man ein Klysma verabreichen und einige Zeit warten bis Stuhl abgesetzt wurde. Anschließend tritt meist eine schnelle Besserung der Beschwerden ein und das Abdomen ist palpatorisch weicher.
    • Regelmäßig verordnete rektale Maßnahmen führen zur Traumatisierung

Salinische, phosphathaltige Klysmen sind bei Kindern unter 6 J. sowie bei schwerbehinderten oder nierenkranken Kindern wegen der Gefahr einer Hyperphosphatämie, Hypernatriämie und Hypokalzämie streng kontraindiziert! Gleiches gilt für alle Patienten, bei denen ein Verbleiben der Lösung im Darm zu erwarten ist (bspw. aufgrund anatomischer Besonderheiten)!

Bessern sich akute Bauchschmerzen nach Gabe eines Klysmas nicht, sollten mögliche Differenzialdiagnosen (u.a. Appendizitis) unter stationären Bedingungen abgeklärt werden!

Granulationsfördernde oder betäubende Externa

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Prognosetoggle arrow icon

  • Gute Prognose bei frühzeitiger, konsequenter Therapie
  • Mögliche Folgeerkrankungen bei unzureichender Therapie
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Präventiontoggle arrow icon

  • Ernährungsberatung
  • Frühzeitige, konsequente Therapie
  • Therapiekontrolle
  • Vermeidung unnötiger chirurgischer Eingriffe bei funktionellen Beschwerden und Dysganglionosen
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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