Zusammenfassung
Als Wochenbett (Puerperium) wird die sechs- bis achtwöchige Zeitspanne von der Geburt bis zur Rückbildung der schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen bezeichnet. In dieser Zeit können zahlreiche Komplikationen wie bspw. Infektionen, Thrombosen, Rückbildungsstörungen und Wochenbettdepressionen auftreten. Anhand der Beurteilung der Höhe des Uterusfundus und der Lochien (Wochenbettfluss) können Rückschlüsse auf mögliche Pathologien gezogen werden. Mit dem Wochenbett beginnt auch die Laktation. Voraussetzung für die Laktation ist das Zusammenspiel von Prolaktin und Oxytocin und einem mechanischen Reiz an der Brust.
Definition
Physiologische Anpassung nach Schwangerschaft und Geburt
Geschlechtsorgane [3][4]
- Uterus: Siehe physiologische Uterusrückbildung
- Zervix
- Formierung der Portio (nach ca. 2 Tagen), Verschluss des inneren Gebärmuttermundes (nach ca. 1 Woche)
- Ausbildung einer queren Form des äußeren Gebärmuttermundes (nach mehreren Wochen)
- Vulva und Vagina: Rückbildung von Ödem und Varizen
Abfall von Östrogen- und Progesteronspiegel
Östrogen und Progesteron werden etwa ab der 10. SSW von der Plazenta gebildet. Nach deren Geburt fällt der Hormonspiegel rasant ab, was folgende Veränderungen bewirkt:
- Physiologische Uterusrückbildung
- Beginn der Laktation bzw. Laktogenese
- Psychische Veränderungen: Siehe auch psychische Komplikationen im Wochenbett
Gewicht
Der postpartale Gewichtsverlust ist u.a. abhängig von der Gewichtszunahme in der Schwangerschaft.
- Gewichtsverlust
- Bei Geburt: Ca. 6 kg durch Kind, Plazenta, Fruchtwasser und Blut
- Im Wochenbett: Ca. 2–7 kg, u.a. durch die verstärkte postpartale Diurese
- Nach dem Wochenbett: Nur ca. 30% der Frauen kommen wieder auf ihr ursprüngliches Gewicht [4]
- Postpartale Gewichtsretention: Erhöhtes maternales Gewicht nach Geburt eines Kindes im Vergleich zum Gewicht vor der Schwangerschaft (nach einem Zeitraum von etwa 12–18 Monaten). [5]
- Risikofaktoren
- Übergewicht
- Tatsächliche Gewichtszunahme > Empfohlene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
- Beendigung eines Tabakkonsums vor der Schwangerschaft
- Außerdem: U.a. jugendliches Alter der Mutter, Gewichtsretention in vorigen Schwangerschaft(en)
- Prävention
- Aufklärung über empfohlene Gewichtszunahme in der Schwangerschaft zu Beginn der Schwangerschaft [5]
- Moderate körperliche Aktivität während bzw. nach der Schwangerschaft
- Ggf. Ernährungsberatung / Umstellung der Ernährung
- Stillen
- Risikofaktoren
Weitere Anpassungen
- Bauchdecke: Normalisierung des Muskeltonus und Abnahme bzw. (idealerweise) Rückbildung der Rektusdiastase im Wochenbett
- Beckenboden: Normalisierung des Muskeltonus
- Harntrakt: Diurese↑
- Haut: Verblassen der Striae gravidarum, Abnahme der Hyperpigmentierung (Chloasma, Linea fusca, Brustwarze)
- Herz-Kreislauf: Herzfrequenz↓
- Blut
- Leukozytose↓ [6]
- Erhöhte Gerinnungsneigung: Thrombozyten und Fibrinogen↑, Diurese↑ [7]
Uterusrückbildung
Physiologische Uterusrückbildung (Involutio uteri)
- Beginn: Direkt nach der Geburt
- Dauer: Ca. 6–8 Wochen
- Gewicht des Uterus [2]
- Unmittelbar nach der Geburt: 1.000 g
- Nach 6–8 Wochen: 50–70 g
Ursachen
- Plazentahormone↓ (v.a. Östrogen, Progesteron und HPL)
- Gewebeabbau durch Enzyme und Phagozytose
- Blutstillung durch Thrombosierung großer Gefäße im Plazentabett
- Nachwehen: Kontraktion von Uterusmuskulatur und Gefäßen, Unterbrechung der Blutversorgung
- Risikofaktoren für verstärkte Nachwehen
- Mehrlingsschwangerschaft
- Polyhydramnion
- Multiparität
- Sectio caesarea
- Therapie bei schmerzhaften Nachwehen: Paracetamol
- Risikofaktoren für verstärkte Nachwehen
Höhe des Uterusfundus im postpartalen Verlauf
Die tägliche Beurteilung der Höhe des Uterusfundus zu Beginn des Wochenbettes dient der Früherkennung einer verzögerten Uterusrückbildung (Subinvolutio uteri). Kurz vor der Geburt befindet sich der Uterusfundus ca. 2 Querfinger unter dem Rippenbogen.
Höhe des Uterusfundus im postpartalen Verlauf | |
---|---|
Zeitpunkt | Höhe des Uterusfundus |
Direkt nach der Geburt | Zwischen Nabel und Symphyse |
Nach ca. 12 h | Nabel |
3. Tag | 3 Querfinger unter dem Nabel (pro Tag ein Querfinger tiefer) |
7. Tag | Zwischen Nabel und Symphyse |
Ab dem 12.–14. Tag | Symphyse (nicht mehr palpabel) |
Lochien (Wochenfluss)
Definition
Geburtsvorgang und Plazentaablösung verursachen Uterusläsionen, die bei Abheilung für einige Wochen postpartal ein spezielles Wundsekret absondern. Zusammen mit Zervixschleim und anderen Bestandteilen (Blut, Dezidualgewebe, Leukozyten, Bakterien) wird dieses Sekret als Lochien bezeichnet.
Physiologischer Verlauf
Qualität, Quantität und Dauer des Lochialflusses sind individuell sehr unterschiedlich. In den meisten Fällen beträgt die Dauer jedoch etwa 4 Wochen und die Flüssigkeitsmenge insgesamt ca. 200–500 mL, wobei der Lochialfluss in den ersten drei Tagen nach der Geburt am stärksten ist und danach rasch abnimmt.
- Lochia rubra: Blutig-rot, direkt nach der Geburt bis maximal 7 Tage
- Lochia fusca: Braunrot, ca. ab dem 3.–7. Tag
- Lochia flava: Gelblich, ca. ab dem 12.–14. Tag
- Lochia alba: Weißlich, ca. ab dem 17.–21. Tag
Laktation
Als Laktation bezeichnet man die Produktion und Sekretion von Muttermilch in den Milchdrüsen der Mammae. Die Produktion der Vormilch (Kolostrum) startet bereits ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft. Die Milchmenge steigt im postpartalen Verlauf an und beträgt 10 Tage nach der Geburt ca. 500–700 mL/24 h.
Endokrine Regulation [8][9][10]
- Während der Schwangerschaft
- Laktationsvorbereitung: Die hohen Konzentrationen von Östrogen, Progesteron, HPL und Prolaktin bewirken das Wachstum und die glanduläre Differenzierung der Mammae. Der steigende Prolaktinspiegel führt ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft zur Produktion des Kolostrums (Vormilch). Die Laktogenese wird durch die hohen Östrogen- und Progesteronspiegel jedoch noch gehemmt.
- Nach der Geburt
- Laktogenese (Beginn der Milchproduktion und -sekretion): Postpartal fallen Östrogen- und Progesteronspiegel ab und die Hemmung auf die Laktogenese entfällt . Die Durchblutung der Mammae nimmt zu und der hohe Prolaktinspiegel führt zur Umwandlung des Drüsenepithels in milchbildende und -sezernierende Zellen. Etwa am 3. Tag nach der Geburt beginnt die aktive Milchbildung und es kommt zum Milcheinschuss.
- Galaktopoese (Erhaltung der Milchbildung): Der Saugreiz an den Mamillen führt zur Freisetzung von Prolaktin und Oxytocin. Prolaktin regt die Neubildung von Milch an und hält dadurch die Milchbildung aufrecht (sog. Milchbildungsreflex).
- Prolaktin supprimiert außerdem FSH und LH → Ausbleiben der Follikelreifung: Laktationsamenorrhö (= Stillamenorrhö)
- Galaktokinese (Erhaltung des Milchflusses): Das durch den Saugreiz freigesetzte Oxytocin bewirkt über die Kontraktion der Myoepithelien der Drüsengänge die Milchejektion während des Stillens (sog. Milchspendereflex). Dies ermöglicht dem Säugling, die Brust adäquat zu entleeren (was ohne Milchspendereflex aufgrund des zu geringen Soges nicht möglich wäre).
- Außerdem führt Oxytocin zu Kontraktionen der Uterusmuskulatur (Nachwehen) und unterstützt dadurch die physiologische Uterusrückbildung.
- Involution: Ca. 1–2 Monate nach dem letzten Stillen kommt es durch die fehlende Entleerung der Mammae zu deren Atrophie.
Die Prolaktinsekretion wird durch Dopamin gehemmt. Dopaminagonisten (z.B. Cabergolin) können also zum Abstillen verwendet werden!
Laktationsamenorrhö (Stillamenorrhö)
- Definition: Ausbleiben der Menstruation durch physiologische Hyperprolaktinämie während der Stillzeit
- Dauer: Abhängig von Dauer und Häufigkeit des Stillens, erste Menstruation bei
- Kontrazeption [11]
-
Stillen bietet i.d.R. keinen sicheren Konzeptionsschutz! Dieser ist nur unter folgenden Bedingungen gegeben
- Im Zeitrahmen von <6 Monate postpartal
- Amenorrhö
- Volles Stillen in Intervallen zwischen <4–6 Stunden
- Erste Ovulation und dadurch Konzeption bereits vor erster Menstruation möglich!
- Kontrazeptionsberatung, bspw. im Rahmen der gynäkologischen Nachkontrolle nach Geburt
- Verwendung von Kondomen empfehlenswert
-
Stillen bietet i.d.R. keinen sicheren Konzeptionsschutz! Dieser ist nur unter folgenden Bedingungen gegeben
Stillen bietet keinen sicheren Konzeptionsschutz!
Muttermilch
Bereits während der Schwangerschaft beginnt die Bildung der Vormilch (Kolostrum). Ca. ab dem 3.–6. Tag nach der Geburt ändert sich die Zusammensetzung der Milch, die fortan als Übergangsmilch bezeichnet wird. Ab dem 15. Tag post partum (3. Lebenswoche) entspricht die Zusammensetzung der reifen Frauenmilch. Im Laufe der Laktation sinkt die Eiweißkonzentration, während die Fettkonzentration steigt.
Muttermilch hat im Vergleich zu Kuhmilch einen höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (insb. Linolsäure) und Kohlenhydraten (insb. Lactose) bei geringerem Eiweiß-, Salz- und Mineralstoffgehalt.
Insb. das Kolostrum enthält Antikörper (insb. IgA), Komplementfaktoren und andere (u.a. zelluläre) Bestandteile der unspezifischen Immunabwehr, die das Neugeborene vor Infektionen schützen.
Die Ernährung mit Kuhmilch ist im ersten Lebensjahr aufgrund des hohen Protein- und Mineralstoffgehaltes sowie aufgrund des geringeren Gehalts an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Eisen und Iod nicht geeignet!
Siehe auch: Zusammensetzung der Muttermilch
Stillen
Als Stillen wird die Ernährung eines neugeborenen Kindes durch Muttermilch von der Brust bezeichnet. Stillen stellt im ersten Lebenshalbjahr die ideale Form der Ernährung dar, da Muttermilch optimal für den Bedarf des Neugeborenen und Säuglings zusammengesetzt ist: Neben Nährstoffen enthält sie auch bioaktive Substanzen (bspw. Immunglobuline, Hormone und Wachstumsfaktoren, Probiotika), die u.a. antiinfektiös wirken.
- Siehe auch
Stillberatung [12][13]
Förderlich für einen guten Start des Stillens ist die rechtzeitige Information, Unterstützung und Beratung der Mutter bzw. der Eltern (idealerweise wird das Thema Stillen bereits vor der Geburt, bspw. in einem Geburtsvorbereitungskurs, angesprochen).
- Erstes Stillen: Frühestmöglich (im Kreißsaal) [14][15]
- Möglichst ununterbrochener Hautkontakt beginnend unmittelbar nach der Geburt
- Intuitives sog. Self-Attachment des Neugeborenen
- Auch nach Schnitt- oder vaginal-operativer Entbindung anstreben
- Danach: Ca. alle 1–3 h bzw. nach Bedarf des Kindes
- Zufütterung bei gesunden Reifgeborenen (von Müttern mit Stillabsicht) vermeiden [14]
- Trinkmengen
- 1. Lebenstag: Ca. 50 mL (2–7 mL pro Stillmahlzeit) [15]
- 2. Lebenstag: Ca. 100–120 mL
- 3. Lebenstag: Ca. 150–180 mL (≥20 mL pro Stillmahlzeit) [15]
- 4. Lebenstag: Ca. 200–240 mL
- Die Produktion der Muttermilch ist an den steigenden Bedarf des Kindes angepasst und beträgt 10 Tage nach der Geburt ca. 500–700 mL/24 h
- Hygiene und Brustpflege
- Grundsätze der Stillberatung
- Hilfe und Beratung beim Anlegen
- Zeigen der verschiedenen Stillpositionen
- Häufiges, regelmäßiges Stillen und ausreichende Stilldauer (mind. 15 min) steigert die Milchproduktion (Milchbildungsreflex durch Prolaktinausschüttung)
- Möglichst kein Zufüttern in den ersten 72 h
- Optimale Stilltechnik [16]
- Ruhige, angenehme Umgebung (Stress hemmt die Oxytocinausschüttung und dadurch den Milchspendereflex)
- Bequeme Position der Mutter, Unterstützung durch Lagerungshilfen (z.B. Stillkissen)
- Kind soll zur Brust (und nicht umgekehrt)
- Stillpositionen variieren (Sitzen, Liegen etc.)
- Korrektes Anlegen verhindert wunde Mamillen
- Mutter und Kind „Bauch an Bauch“
- Kind mit geöffnetem Mund anlegen, ein Großteil der Areola sollte erfasst werden
- Kindliche Nase dicht an der Brust, Zunge über der unteren Zahnleiste, Lippen nach außen gestülpt
- Kind sollte nicht zu lange nuckeln, ohne zu trinken
- Physiologisches Saugmuster: Wechsel aus nutritivem und non-nutritivem Saugen
- Einflussfaktoren auf das mütterliche Stillverhalten
- Haltung der Mutter zum Stillen
- Mütterliche Gesundheit , Suchtmittelkonsum
- Umsetzbarkeit des Stillens
- Unterstützung guter Stilltechnik durch medizinisches Personal/Gesundheitssystem
- Unterstützung der Mutter durch persönliches Umfeld [17]
- Vereinbarkeit mit dem Erwerbsleben [17][18]
- Länder des Globalen Nordens: Assoziation des Stillen mit höherem sozioökonomischen Status
- Siehe auch Neugeborenen- und Säuglingsernährung: Stillen
- Siehe auch: Vorteile des Stillens
Auch nach einer Vollnarkose (bspw. zur Sectio caesarea) muss das Kolostrum nicht verworfen werden!
Die autokrine Steuerung der Milchbildung ist abhängig von der Häufigkeit und Menge des Stillens. In der Brustdrüse verbleibende Muttermilch inhibiert die Milchbildung!
Ausschließliches Stillen ist die ideale Ernährung in den ersten 4–6 Lebensmonaten! Jede Form des Stillens ist jedoch wertvoll und sollte unterstützt werden!
Stillhindernis: Invertierte Mamille oder flache Mamille [19]
Generell haben invertierte und flache Mamillen keinen Krankheitswert. Sie können das Stillen jedoch stark erschweren, da die Brustwarze durch den Säugling häufig nicht richtig erfasst werden kann, was zu Frustration, Schmerzen und wunden Mamillen führt. Daher ist eine besondere Betreuung von Frauen mit invertierten oder flachen Mamillen insb. zu Beginn der Stillzeit wichtig für den Stillerfolg.
- Definitionen
- Invertierte Mamille: Durch verkürzte Milchgänge nach innen gezogene Mamille, die durch Stimulation jedoch in unterschiedlich großem Maße ausgestülpt werden kann
- Flache Mamille: Anatomisch sehr flache Brustwarze, die sich höchstens geringfügig durch Stimulation herausstülpen lässt
- Lokalisation: Ein- oder beidseitig
- Prävalenz: Bis zu 10% aller stillenden Frauen haben mind. einseitig invertierte oder flache Mamillen
- Therapie
- Mechanische/thermische Stimulation während der Stillzeit
- Brustwarzenformer
- Vakuumsystem „NipletteTM“ [20]
- Vakuumsystem „Latch AssistTM“
- Gewölbte Kunststoffschalen, bspw. von Medela® [21]
- Stillhütchen [22][23]: Aus dünnem, weichem Silikon bestehendes Hilfsmittel zum Stillen in Form einer Brustwarze und Löchern an der Spitze, über das der Säugling an der mütterlichen Brust saugt
- Sollte nur über eine kurze Zeitspanne verwendet werden
Da eine Stimulation der Brustwarzen vorzeitige Wehen auslösen kann, sollte bei bestehendem Frühgeburtsrisiko erst postpartal mit einer Aufrichtung begonnen werden!
Ernährung in der Stillzeit
In der Stillzeit besteht ein erhöhter Energie- und Nährstoff- (ca. 500 kcal mehr) sowie Flüssigkeitsbedarf (ca. 400 mL mehr). Mit Ausnahme von Iod kann dieser durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden.
- Ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung
- Regelmäßige Mahlzeiten
- 2× wöchentlich Fisch (mind. 1× wöchentlich fettreicher Meeresfisch)
- Kein vorsorglicher Verzicht auf potenziell allergene Nahrungsmittel
- Empfehlenswerte Supplemente
- Iod: 100 μg/d (bei Euthyreose)
- Ggf. Docosahexaensäure (DHA) : 200 mg tgl.
- Vegetarische und vegane Ernährung in der Stillzeit [24]
- Auf ausgewogene Ernährung achten
- Ärztliche und Ernährungsberatung
- Regelmäßige labormedizinische Kontrollen von Ferritin, Zink, Vitamin D und Holo-Transcobalamin im Blut sowie Iod im Urin
- DHA-Zuführung mittels Supplementen oder angereicherten Ölen
- Bei veganer Ernährung zusätzlich: Vitamin-B12-Substitution und Verzehr von mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherten Milchersatzprodukten
- Nicht erforderlich: Sog. Stilltees (kein nachgewiesener Vorteil)
- Nicht empfehlenswert: Verzehr großer Raubfische , getrockneter Algen/Tang
- Umgang mit Genuss- und Suchtmitteln [25]
- Koffeinzufuhr begrenzen (200 mg Koffein ≅ 2 Tassen Kaffee)
- Aufnahme möglichst unmittelbar nach dem Stillen
- Alkoholabstinenz
- Rauchabstinenz
- Drogenabstinenz
- Koffeinzufuhr begrenzen (200 mg Koffein ≅ 2 Tassen Kaffee)
Generell wird eine ausgewogene omnivore Ernährung empfohlen, da hiermit eine adäquate Nährstoffversorgung am einfachsten möglich ist. Bei ausgewogener pflanzenbasierter Ernährung mit Substitution von Risikonährstoffen kann jedoch eine normale Entwicklung des Säuglings erreicht werden.
Medikamenteneinnahme in der Stillzeit
- Grundsätze der Pharmakotherapie in der Stillzeit
- Nicht-medikamentöse Therapie ausschöpfen
- Bei Bedarf einer Pharmakotherapie: Stillverträgliche Medikamente anwenden, möglichst als Monotherapie
- Kontraindikationen für das Stillen
- Absolut: Zytostatika- oder Radionuklidtherapie
- Relativ: Psychopharmaka/Anfallssuppressiva, insb. bei Kombinationstherapie sowie bis zum Alter von 2 Monaten [25]
- Siehe auch: Embryotox [26]
In nahezu allen Substanzgruppen gibt es stillverträgliche Medikamente!
Kontraindikationen des Stillens (selten) [1][8]
- Mutter
- Infektionskrankheiten
- Offene Tuberkulose
- HIV-Infektion (in Ländern mit guten Hygienebedingungen) [27]
- CMV-Infektion: Individuelle Beurteilung, i.d.R. kein Stillen von Frühgeborenen
- Stillpause bei HSV-assoziierten Läsionen im Brustbereich
- Stillpause während antibiotischer Therapie von Gruppe-A-Streptokokken, Gruppe-B-Streptokokken
- Drogenabusus
- Medikamente: Zytostatika oder Radionuklide
- Infektionskrankheiten
- Kind: Galaktosämie
Abstillen [1][19]
Wenn eine Mutter nicht voll stillen kann oder will, sollte sie immer über die Alternativen informiert werden. Siehe auch: Neugeborenen- und Säuglingsernährung: Formula.
Primäres Abstillen
- Definition: Abstillen direkt nach der Geburt, d.h. vor Beginn des Stillens
- Indikationen
- Wunsch der Mutter
- Kontraindikationen zum Stillen
- Eklampsie
- Fehlgeburt oder Totgeburt
- Prozedere
- Medikamentöse Therapie: Dopaminagonist, z.B. Cabergolin [28]
- Physikalische Maßnahmen (falls notwendig)
- Feuchtwarme Kompressen und Brustmassage
- Ggf. manuelles Ausstreichen oder Abpumpen, um Spannung abzubauen
- Nach dem Entleeren und zwischendurch kühlende Maßnahmen
- 2–3 Tassen Salbei- oder Pfefferminztee/Tag
- Tragen von straffen BHs, die nicht einschnüren
- Keine Beschränkung der Trinkmenge
Sekundäres Abstillen
- Definition: Abstillen während der Stillzeit
- Indikationen
- Stillprobleme
- Wunsch der Mutter
- Kontraindikationen zum Stillen, bspw. neu begonnene Medikation
- Prozedere
- Allgemeines Vorgehen
- Physikalische Maßnahmen: Siehe Primäres Abstillen
- Ggf. zusätzlich medikamentöse Therapie: Dopaminagonist, z.B. Cabergolin [19][28]
Bei jeder Form des Abstillens sind die Brüste regelmäßig zu kontrollieren, um Verhärtungen zu erkennen und einen Milchstau zu verhindern!
Komplikationen beim Stillen
Wunde Mamillen [15][16][19][29]
- Inzidenz: 15–90% der stillenden Frauen in der 1. Laktationswoche
- Ursachen
- Ungünstige Still- und Anlegetechnik, bspw.
- Zu langes Stillen/Nuckeln
- Stets die gleiche Stillposition
- Ungünstiges Saugverhalten des Säuglings, bspw. durch
- Verkürztes Zungenbändchen, Zungenfehlanlage oder Retrognathie des Kindes
- Brustdrüsenschwellung
- Flache oder invertierte Mamillen
- Persistierender starker Unterdruck auf die Mamille durch
- Brustdrüsenschwellung/Blockierung eines Milchganges
- Fehlenden Milchspendereflex
- Saugen an der leeren Brust
- Insuffiziente Mamillenpflege und/oder ungenügende bzw. übermäßige Hygiene [19]
- Inkorrekte Anwendung von Milchpumpen
- Verwendung von Stillhütchen
- Infektion (bspw. mit Staphylococcus aureus und β-hämolysierenden Streptokokken, seltener Candidamykose)
- Ungünstige Still- und Anlegetechnik, bspw.
- Symptome/Klinik
- Differenzialdiagnosen
- Dermatitis
- Maligne Tumoren
- Morbus Paget
- Therapie/Prozedere
- Stillberatung und Unterstützung durch qualifiziertes Personal mit Evaluation von möglichen Ursachen (s.o.)
- Allgemeine Maßnahmen
- Stilldauer↓, Stillfrequenz↑
- Auf Händehygiene achten
- Stilleinlagen regelmäßig wechseln
- Mamillen regelmäßig reinigen mit steriler Kochsalzlösung, pH-neutraler Seifenlösung oder einem Antiseptikum
- Nach dem Stillen Milch auf der Mamille trocknen lassen und/oder Lanolin auftragen
- Medikamentös
- Bei Bedarf adäquate Schmerztherapie, z.B. mit Ibuprofen
- Bei Infektionszeichen: Antibiotikatherapie (nach Abstrichentnahme)
- Bei V.a. Candidamykose [19]
- Miconazol-Creme topisch auf die Mamillen [30]
- plus Nystatin-Mundgel topisch auf die Mundschleimhaut des Säuglings [31]
- Bei Befall der Milchgänge zusätzlich: Systemische Antimykotika über mind. 2 Wochen
- Weitere mögliche Maßnahmen, Datenlage unklar
- Brustwarzenschutz in den BH einlegen
- Auflage von feuchten Kompressen oder Teebeuteln, bspw. Salbei
- Soft-Lasertherapie
- Nicht empfohlen: Paraffinhaltige Salben (Vaseline) und alkoholhaltige Topika
- Komplikationen
- Milchstau
- Lokale Entzündungsreaktionen → Mastitis puerperalis
- Frühzeitiger Abbruch des Stillens
Sind aufgrund starker Schmerzen Stillpausen unumgänglich, sollte die Brust regelmäßig durch Ausstreichen oder Abpumpen entleert werden, um einen Milchstau zu verhindern!
Bei Infektion sollte (nach Materialsicherung zur Erregerbestimmung) eine kalkulierte Antibiotikatherapie begonnen werden. Die orale Antibiotikagabe ist der topischen zur Vermeidung einer Mastitis überlegen!
Verstärkte initiale Brustdrüsenschwellung [8][12][16][19]
Eine initiale Brustdrüsenschwellung tritt physiologischerweise im Rahmen der vermehrten postpartalen Laktation auf und wird auch als Milcheinschuss bezeichnet. Handlungsbedarf besteht, wenn die verstärkte Brustdrüsenschwellung zu Schmerzen, Ödemen oder Stillproblemen führt.
- Definition: Über das normale Maß hinausgehende Brustdrüsenschwellung mit Schmerzen, Ödemen und Stillproblemen
- Inzidenz: Ca. 25–50% der stillenden Frauen in den ersten beiden Laktationswochen
- Zeitpunkt: Um den 3.–5. postpartalen Tag
- Ursachen
- Vermehrte Milchbildung durch stark ansteigende Prolaktinspiegel → Durchblutung↑ → Überfüllung, Lymphstau, ödematöse, schmerzhafte Schwellung der Mammae (meist beidseits)
- In der Folge: Gestörter Milchspendereflex → Zusätzliche Behinderung des Milchflusses
- Symptome / klinisches Bild
- Differenzialdiagnosen
- Milchstau und Mastitis
- Erysipel
- Mammakarzinom
- Atopisches Ekzem und Dermatosen
- Allergische Reaktionen
- Mechanische und physikalische, medikamentöse und toxische exogene Hautveränderungen
- Morbus Paget
- Therapie/Prozedere
- Allgemein: Stillberatung und Unterstützung durch qualifiziertes Personal
- Regelmäßige Brustentleerung: In den ersten Tagen post partum alle 2–3 h, auch nachts durch Stillen oder ggf. manuell durch Ausstreichen oder mechanisch durch Abpumpen
- Vor Entleerung der Brust: Wärme zur Anregung des Milchflusses, bspw. durch warme Umschläge, Wärmekissen, Rotlicht oder Massagen
- Nach Entleerung der Brust: Kühlen zum Lindern von Schwellung und Schmerzen, bspw. durch Quarkwickel, kühle Umschläge, Kühlkissen oder Kohlblätter
- Ggf. Lymphmassage zur Reduktion der ödematösen Schwellung
- Medikamentös: Bei Bedarf adäquate Schmerztherapie, z.B. mit Ibuprofen
- Allgemein: Stillberatung und Unterstützung durch qualifiziertes Personal
- Komplikationen
- Milchstau
- Lokale Entzündungsreaktionen → Mastitis puerperalis
Milchstau [16][19]
- Definition: Unzureichende Brustentleerung während der Stillzeit durch Blockierung der Milchgänge, mit Lokalsymptomen ohne systemische Symptome
- Inzidenz: Keine validen Daten verfügbar
- Ursachen
- Verstärkte initiale Brustdrüsenschwellung
- Verringerung des Milchspendereflexes (oftmals durch Stress, Schmerzen oder Schlafmangel)
- Ungünstige Stilltechnik (z.B. fehlerhaftes Anlegen, unzureichende Entleerung der Brust, zu niedrige Stillfrequenz)
- Übermäßige Milchproduktion
- Symptome / klinisches Bild
- Lokale Schmerzen, Knoten/Verhärtungen, keine/max. leichte Überwärmung (meist einseitig)
- Ggf. „White Blister“: Kleines weißes Bläschen auf der Brustwarze
- Guter Allgemeinzustand, kein Fieber, max. Temperatur 38,4°C
- Therapie/Prozedere
- Allgemein: Stillberatung und Unterstützung durch qualifiziertes Personal
- Angst nehmen, Selbstvertrauen fördern
- Stress abbauen, ruhige und sichere Umgebung bieten
- Regelmäßige Brustentleerung durch Stillen oder ggf. manuell durch sanftes Ausstreichen oder mechanisch durch Abpumpen
- Beim Stillen Anlegen des Säuglings in therapieunterstützender Position: Unterkiefer des Säuglings zeigt in Richtung der gestauten Stelle [19]
- Physikalische Maßnahmen
- Vor Entleerung der Brust: Wärme zur Anregung des Milchflusses, bspw. durch warme Umschläge, Wärmekissen, Rotlicht oder Massagen
- Nach Entleerung der Brust: Kühlen zum Lindern von Schwellung und Schmerzen, bspw. durch Quarkwickel, kühle Umschläge, Kühlkissen oder Kohlblätter
- Ausstreichen blockierter Areale
- Medikamentös: Bei Bedarf adäquate Schmerztherapie, z.B. mit Ibuprofen
- Nicht mehr zugelassen/empfohlen: Oxytocin-Nasenspray
- Allgemein: Stillberatung und Unterstützung durch qualifiziertes Personal
- Komplikationen
- Lokale Entzündungsreaktionen → Mastitis puerperalis
- Frühzeitiger Abbruch des Stillens
Mastitis puerperalis [16][19]
- Definition: Während der Stillzeit auftretende Entzündung der Brustdrüse infolge von Milchstau oder Infektion
- Inzidenz: 2–50% innerhalb der ersten 6 Monate der Stillzeit
- Ätiologie
- Behinderung des Milchflusses, z.B. durch
- Milchstau, u.a. durch ungünstige Stilltechnik oder -frequenz
- Verstärkte initiale Brustdrüsenschwellung
- Eine durch Stress oder Schmerzen vermittelte Verringerung des Milchspendereflexes
- Infektionsbedingt (bakteriell, insb. durch Staphylococcus aureus, seltener β-hämolysierende B-Streptokokken, koagulasenegative Staphylokokken oder E. coli) , z.B. durch
- Hautdefekte der Mamille
- Mangelnde Hygiene
- Behinderung des Milchflusses, z.B. durch
- Symptome
- Differenzialdiagnosen
- Diagnostik
- Laboruntersuchung: Blutbild, CRP
- Sonografie: Zum Ausschluss eines Abszesses
- Therapie
- Regelmäßige Brustentleerung: Durch Stillen oder ggf. manuell durch sanftes Ausstreichen oder mechanisch durch Abpumpen
- Abstillen i.d.R. nicht notwendig , nur in seltenen Fällen indiziert
- Beim Stillen Anlegen des Säuglings in therapieunterstützender Position: Unterkiefer zeigt in Richtung der gestauten Stelle [19]
- Physikalische Maßnahmen
- Vor Entleerung der Brust: Wärme zur Anregung des Milchflusses, bspw. durch warme Umschläge, Wärmekissen, Rotlicht oder Massagen
- Nach Entleerung der Brust: Kühlen zum Lindern von Schwellung und Schmerzen, bspw. durch Quarkwickel, kühle Umschläge, Kühlkissen oder Kohlblätter
- Ausstreichen blockierter Areale bei Milchstau
- Medikamentöse Therapie
- Analgetika (nach Bedarf)
- Bei bakterieller Mastitis : Antibiotische Therapie (nach Materialsicherung)
- Ampicillin plus Sulbactam i.v. [32]
- Nach Besserung Oralisierung auf Amoxicillin plus Clavulansäure [33]
- Bei Penicillinallergie: Clindamycin i.v./p.o. [34]
- Ggf. Prolaktinhemmer in niedriger Dosis [19]
- Regelmäßige Brustentleerung: Durch Stillen oder ggf. manuell durch sanftes Ausstreichen oder mechanisch durch Abpumpen
- Komplikationen
- Frühzeitiger Abbruch des Stillens
- Mammaabszess (4–11%) [19]
Management nach Geburt
Dieser Abschnitt widmet sich der nachgeburtlichen Betreuung von Mutter und Kind im Krankenhaus-Setting. Geburten in anderem Umfeld (wie bspw. Hausgeburt oder Geburt im Geburtshaus) werden hier nicht abgehandelt.
Vorgehen unmittelbar nach Geburt [8][35]
- Untersuchung und Betreuung der Wöchnerin im Kreißsaal, siehe hierzu
- Untersuchung und Betreuung des Neugeborenen
- Erstes Anlegen an die Brust i.d.R. nach ca. 20–30 min
- Siehe auch: Stillen und Stillberatung
Weiteres Vorgehen nach unkomplizierter Geburt
- Frühmobilisation
- 2–3 h nach vaginaler Geburt
- 3–4 h nach Sectio caesarea
- Im Anschluss (u.a. abhängig von Geburtsmodus, Verlauf der Geburt, Befinden von Mutter und Kind bzw. Patientenwunsch) entweder
- Verlegung auf Station (siehe: Management auf Wöchnerinnenstation) oder
- Entlassung (siehe: Management bei ambulanter Geburt)
Vorgehen bei Komplikationen
- Therapie der Ursache, siehe auch bspw.
Gynäkologische Nachkontrolle nach Geburt [8][29]
- Zeitpunkt: Nach 4–6 Wochen (Sectio caesarea) bzw. 6 Wochen (vaginale Geburt)
- Setting: Ambulant, i.d.R. durch Facharzt in der Sprechstunde
- Anamnese: Insb. psychische Befindlichkeit (Screening auf Wochenbettdepression, z.B. mittels EPDS)
- Untersuchung
- Mammae: Inspektion und Palpation
- Abdomen: Inspektion, Palpation, ggf. Beurteilung Sectionarbe, Muskeltonus, Rektusdiastase im Wochenbett
- Genitale
- Inspektion von Vulva und Damm, Heilungsverlauf von Geburtsverletzungen / Episiotomie
- Spekulumeinstellung: Beurteilung Vaginalwand, Portio, ggf. Geburtsverletzungen, Descensus genitalis
- Vaginale Tastuntersuchung: Vaginale und bimanuelle Austastung von Uterus und Adnexen
- Rektale Palpation: Sphinktertonus
- Sonografie: Bei V.a. Plazentarest
- Beratung
- Kontrazeption, bspw. mittels
- Gestagen-Monopräparat: z.B. Hormonspirale (z.B. Mirena®) oder Minipille (z.B. Cerazette®)
- Kupfer-IUP
- Mechanischer Kontrazeption: z.B. Kondom, Vaginaldiaphragma
- Empfehlungen Folgeschwangerschaft: Nach vaginaler Geburt mind. 6 Monate warten, nach Sectio caesarea mind. 1 Jahr warten
- Empfehlung: Besuch eines Rückbildungskurses nach Abschluss des Wochenbettes
- Kontrazeption, bspw. mittels
Management auf Wöchnerinnenstation
Indikationen für eine stationäre Betreuung von Mutter und Kind
- Patientinnenwunsch
- Erschöpfung von Mutter und Kind
- Sectio caesarea
- Geburtskomplikationen
- Notwendige Überwachung von Kind und/oder Mutter
Setting [35]
- 24-Stunden-Rooming-in (häufig)
- Prinzip: Mutter und Kind gemeinsam auf Station („Bett an Bett“)
- Vorteile: Fördert Eltern-Kind-Bindung, Stillen und Entwicklung des Kindes
- Besonderheit Familienzimmer: Beide Elternteile sind mit dem Kind auf Station
Ärztliche Visite im Wochenbett [36]
Die tägliche Visite inkl. körperlicher Untersuchung dient der Früherkennung von Pathologien.
- Anamnese, insb. Frage nach
- Allgemeinem körperlichen und psychischen Wohlbefinden
- Schmerzen, insb. Kopf- und Bauchschmerzen
- Miktion, Stuhlgang
- Stillen
- Befinden des Neugeborenen
- Untersuchung („von oben nach unten“) von
- Mammae, Abdomen und Uterus, insb. Höhe des Uterusfundus im postpartalen Verlauf
- Wunden, Geburtsverletzungen und ggf. Sectionarbe
- Lochien (Vorlagenkontrolle und anamnestisch)
- Beine: Zeichen einer Phlebothrombose, Reflexstatus
- Ggf. Kontrolle von Drainagen, Blasenkatheter
- Temperatur, Blutdruck, Puls
- Neugeborenem, insb. Gewicht, Hautfarbe , Miktion und Mekoniumabgang
- Dokumentation der Befunde von Mutter und Kind in der „Wochenbettkurve“
Schmerztherapie nach vaginaler Geburt [37][38]
- Indikationen
- Postpartal besteht optimalerweise kein Bedarf für Schmerztherapie
- Mögliche Ursachen für postpartale Schmerzen
- Nachwehen
- Naht einer Episiotomie
- Geburtsverletzungen und Versorgung von Geburtsverletzungen
- Dehnungsschmerz der Symphyse durch die Geburt, siehe auch: Symphysenschaden
- Systemische Schmerztherapie: Effekt auf das Neugeborene beachten bei muttermilchgängigen Medikamenten
- Nicht-Opioid-Analgetika
- 1. Wahl: Paracetamol, Ibuprofen
- In der Stillzeit nicht empfohlen: Metamizol, Naproxen, ASS
- Grundsätzlich Tagesmaximaldosis der Nicht-Opioid-Analgetika ausschöpfen
- Opioide
- 1. Wahl: Piritramid
- Individuelle Entscheidung
- Zeitpunkt der Gabe: Optimalerweise kurz vor dem Stillen
- Nicht-Opioid-Analgetika
- Regionalanästhesie: Bei liegendem Periduralkatheter und Z.n. Episiotomie oder Geburtsverletzung
- Belassen des Periduralkatheters für 24 h
- Zur Nacht: Epidurale Gabe von Ropivacain 0,2% 8 mL kombiniert mit Morphin 2–3 mg
- Folgetag: Ggf. Gabe wiederholen , anschließend Entfernen des Periduralkatheters
- Siehe auch:
Beispielhafte Schmerztherapie nach vaginaler Geburt [37] | |||||
---|---|---|---|---|---|
Nicht-Opioid-Analgetika | Opioide | ||||
Paracetamol [39] | Ibuprofen [40] | Piritramid [41] | Morphin [42] | Tramadol [43] | |
Dosis und Applikation |
|
|
| ||
Muttermilchgängig |
|
|
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|
|
Hinweise zur Gabe |
|
|
Opioide sollen während der Stillzeit möglichst nur in Einzeldosen und kurzzeitig verabreicht werden!
1. Wahl für die postpartale Schmerztherapie sind Nicht-Opioid-Analgetika!
Thromboseprophylaxe im Wochenbett [8][44]
Die Indikation zur medikamentösen Thromboseprophylaxe im Wochenbett ist individuell (abhängig von Risikofaktoren für venöse Thromboembolien) zu stellen und bedarf weiterhin der Beachtung krankenhausinterner Standards.
Allgemeine Maßnahmen
- Indikation: Immer (d.h. bei jeder Wöchnerin)
- Durchführung: Basismaßnahmen zur Thromboseprophylaxe, ggf. zusätzlich physikalische Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe
Medikamentöse Thromboseprophylaxe
- Indikationen
- (Hoch‑)Risikofaktoren für Thromboembolie, z.B.
- Rezidivierende Thrombosen in der Anamnese
- Homozygotes Faktor-V-Leiden
- Siehe auch: Klinische Anwendung - Risikofaktoren für venöse Thromboembolien
- Sectio caesarea [8][44]
- (Hoch‑)Risikofaktoren für Thromboembolie, z.B.
- Durchführung
- Beginn: Etwa nach 4–6 h nach vaginaler bzw. nach 6–12 h nach operativer Entbindung, sofern kein Hinweis auf eine Blutung
- Wirkstoff: Niedermolekulares Heparin, z.B. Enoxaparin
- Anwendungsdauer
- Kurzfristig 3–5 Tage
- Bei Hochrisikopatientinnen: Bis zu sechs Wochen postpartal (unabhängig vom Geburtsmodus)
- Siehe auch: Thromboembolische Komplikationen im Wochenbett
Postpartale Anti-D-Prophylaxe [1]
- Indikation: Rhesus-negative Mutter mit Rhesus-positivem Kind
- Bestimmung kindlicher Blutgruppe (i.d.R. aus Nabelschnurblut oder präpartal mittels NIPT-RhD)
- Durchführung: Gabe einer Standarddosis Anti-D (300 μg)
- Ausnahme: Sicherer(!) Vater des Kindes ist nachweislich Rhesus-negativ
- Zeitpunkt: Innerhalb von 48–72 h nach Geburt zusätzlich zur präpartalen Gabe
Wochenbett nach Sectio caesarea
Nach einer Sectio caesarea gibt es einige Besonderheiten zu beachten, die hier aufgeführt werden.
- Adäquate Analgesie je nach Schmerzempfindlichkeit (siehe auch: Postoperative Schmerztherapie nach Sectio caesarea)
- Mobilisation innerhalb von 3–4 h
- Thromboseprophylaxe im Wochenbett
- Entfernung des Blasenkatheters, sobald die Wöchnerin mobil ist
- Duschen ohne Wundverband nach 48 h möglich
- Laborkontrolle: Blutbild am 1. postoperativen Tag
- Siehe auch: Überwachung nach Sectio caesarea
Management bei Entlassung von der Wöchnerinnenstation
Zeitpunkt der Entlassung
- Nach vaginaler bzw. vaginal operativer Entbindung: Etwa 3.–5. Tag
- Nach Sectio caesarea: Etwa 5. Tag
Entlassungs-/Beratungsgespräch
Das Entlassungs- bzw. Beratungsgespräch sollte in einer ruhigen Umgebung stattfinden und genügend Zeit und Raum für Fragen und Erklärungen bieten. Die Wöchnerin muss über folgende Punkte informiert werden:
- Rückbildung
- Physiologische Uterusrückbildung
- Lochien: Dauer, Menge und Farbe des Lochialflusses
- Stillamenorrhö: Individuelle Dauer, u.a. abhängig von Dauer des Stillens und Allgemeinzustand der Frau. Konzeption bereits vor erster Menstruationsblutung möglich!
- Psychische Veränderungen, insb. Aufklärung über Babyblues, Wochenbettdepression
- Hygienemaßnahmen
- Stillen/Brustpflege vor Genitalhygiene
- Gründliches Händewaschen/Händedesinfektion nach Lochienkontakt
- Keine Tampons und kein Vollbad/Schwimmbad während Lochialfluss → Infektionsrisiko
- Duschen jederzeit erlaubt
- Dammpflege: Mehrmals täglich mit warmem Wasser spülen (z.B. während oder nach der Miktion)
- Stillen und Laktation: Stillberatung, Symptome der Mastitis puerperalis erklären
- Körperliche Belastung
- Belastungen niedriger/normaler Intensität jederzeit möglich (z.B. spazieren)
- Keine schweren Lasten tragen/heben
- Über die Seite aufstehen
- Wochenbettgymnastik
- Ziel: Mobilisation, Unterstützung der Rückbildung und Stärkung der Muskulatur, Anregung der Verdauungstätigkeit
- Prophylaxe u.a. von thromboembolischen Komplikationen im Wochenbett, Descensus genitalis, Harninkontinenz/Stuhlinkontinenz, Rückenschmerzen
- Auch nach Sectio caesarea indiziert!
- Zeitpunkt: Frühestens 12–24 h nach vaginaler Geburt, 3–4 Tage nach Sectio caesarea, langsame Belastungssteigerung!
- Inhalt: Atemübungen, sanftes Training von Bauch-, Beckenboden- und Rückenmuskulatur
- Ziel: Mobilisation, Unterstützung der Rückbildung und Stärkung der Muskulatur, Anregung der Verdauungstätigkeit
- Rückbildungskurs [45]
- Ziel: Prophylaxe von
- Rückenbeschwerden
- Persistierender Rektusdiastase
- Senkungs- oder Inkontinenzproblemen
- Zeitpunkt: Nach Abschluss des Wochenbettes
- Inhalt: Kräftigung von Beckenboden-, Rumpf-, Rücken- und Bauchmuskulatur [46]
- Ziel: Prophylaxe von
- Geschlechtsverkehr/Kontrazeption
- Empfehlung: Warten mit Geschlechtsverkehr bis zum Ende des Lochialflusses
- Abgeschlossene Wundheilung
- Geringere Infektionsgefahr
- Wichtig: Stillen ist i.d.R. keine sichere Kontrazeption! (siehe auch: Laktationsamenorrhö)
- Verwendung von Kondomen empfehlen
- Kontrazeptionsberatung bspw. im Rahmen der gynäkologischen Nachkontrolle nach Geburt
- Empfehlung: Warten mit Geschlechtsverkehr bis zum Ende des Lochialflusses
- Ernährung
- Grundsätzlich: Keine Einschränkungen
- Ausgewogene, gesunde Ernährung mit Vitaminen und Mineralstoffen (Früchte, Gemüse, Salat)
- Viel trinken (2–2,5 L pro Tag)
- Wenn möglich: Alkoholverzicht [47][48]
- Zwingend Verzicht auf regelmäßigen und übermäßigen Alkoholkonsum in der Stillzeit
- Konsum in kleinen Mengen möglich (z.B. 2× 100 mL Sekt pro Woche)
- Keine Diät während der Stillzeit
- Iodidprophylaxe
- Bei postpartaler Anämie: Eisensubstitution
- Empfehlungen Folgeschwangerschaft
- Nach vaginaler Geburt: Mind. 6 Monate warten
- Nach Sectio caesarea: Mind. 1 Jahr warten
- Wiedervorstellung bei
- Vermehrter vaginaler Blutung bzw. plötzlichem Sistieren der Lochien
- Fieber
- Schmerzen: Mammae, Unterbauch, Damm (Geburtsverletzungen/Episiotomie)
- Rötung der Brust bzw. Symptome der Mastitis puerperalis
- Dysurie
- Psychischen Komplikationen im Wochenbett
- Weitere Untersuchungstermine
- Kinderarzt: U3-Vorsorgeuntersuchung nach 4–6 Wochen
- Gynäkologische Nachkontrolle nach Geburt: Nach 4–6 (Sectio caesarea) bzw. 6 Wochen (vaginale Geburt)
- Ambulante Hebammenhilfe bis zum 10. postpartalen Tag, bei Bedarf auch länger
Entlassungsuntersuchung [29]
- Mammae: Inspektion und Palpation (Rhagaden der Mamillen, Entzündung/Rötung/Schmerzen, Knoten, Stillen und Laktation)
- Abdomen: Ggf. Inspektion der Sectionarbe
- Uterus: Höhe des Uterusfundus im postpartalen Verlauf
- Genitale
- Farbe, Menge, Geruch der Lochien
- Inspektion von Vulva und Damm (Heilungsverlauf von Geburtsverletzungen/Episiotomie)
- Spekulumeinstellung/vaginale Tastuntersuchung: Nur bei Indikation (z.B. verstärkte vaginale Blutung)
- Dokumentation der Befunde (im Arztbrief)
Management bei ambulanter Geburt
Auf Wunsch der Mutter (bzw. der Eltern) ist eine ambulante Geburt mit frühzeitiger Entlassung direkt aus dem Kreißsaal möglich. Dazu müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Wichtig ist die ausführliche Dokumentation der Befunde und des Zustands von Mutter und Kind.
- Voraussetzungen
- Problemlose vaginale Entbindung
- Mutter und Kind in gutem, stabilem Zustand
- Abgeschlossene Kindervorsorgeuntersuchung (U1)
- Über Neugeborenenscreening aufgeklärt (Screening muss 36–72 h nach Geburt durchgeführt werden)
- Weiterbetreuung gewährleistet
- Pädiater für Kindervorsorgeuntersuchung (U2) am 3.–10. Lebenstag
- Ambulante Hebammenhilfe
- Stillberatung durchgeführt
- Ausführliches Entlassungs-/Beratungsgespräch erfolgt
- Entlassungsuntersuchung durchgeführt
- Empfehlung einer gynäkologischen Nachkontrolle nach Geburt
- Sorgfältige Dokumentation aller Befunde im Arztbrief
- Entlassung: 6 h nach Entbindung direkt aus dem Kreißsaal
Überblick: Komplikationen im Wochenbett
Mangelnde Rückbildung
- Uterusrückbildungsstörung (Subinvolutio uteri): Uterusfundus höher als am jeweiligen Tag erwartet, weiche Konsistenz, verstärkte Lochien
- Lochialstau: Vorzeitige Verminderung oder Ausbleiben des Wochenflusses
- Für weitere Informationen insb. zu Diagnostik und Therapie der Rückbildungsstörungen, siehe auch:
Infektionen
- Endometritis puerperalis / Endomyometritis puerperalis: Infektion der Plazentahaftstelle und des Endometriums (bzw. Endomyometriums)
- Klinik: Fieber, Kopfschmerzen, Uterusrückbildungsstörung, übel riechende Lochien, Uteruskantenschmerz
- Risikofaktoren: Lochialstau, Plazentaretention, operative Eingriffe, Uterusrückbildungsstörung
- Therapie: Bettruhe, Kühlung, Oxytocin + Antibiotika, ggf. Abrasio
- Für weitere Informationen insb. zu Diagnostik und Therapie, siehe auch:
- Puerperalsepsis: Lebensbedrohliches septisches Krankheitsbild infolge einer genitalen Infektion (z.B. Endometritis puerperalis)
- Für weitere Informationen insb. zu Diagnostik und Therapie, siehe auch:
- Mastitis puerperalis
Weitere Komplikationen
- Vaginale Blutung
- Für weitere Informationen siehe auch: Vaginale Blutung im Wochenbett
- Psychische Störungen (für weiterführende Informationen siehe: Psychische Komplikationen im Wochenbett)
- Wochenbettdepression: Depressive Episode mit Beginn innerhalb der ersten 4 Wochen nach Geburt (Diagnosekriterien einer unipolaren depressiven Episode sind erfüllt)
- Multifaktorielle Ätiologie, insb. Wochenbett als psychisch und körperlich vulnerable Phase der Frau
- Typische Symptome: Schuldgefühle, Ängste und Insuffizienzgefühle auf Mutterschaft und Mutter-Kind-Beziehung bezogen, Gefühl der Gefühlslosigkeit gegenüber dem Kind, Zwangsgedanken, Stillprobleme
- Therapie: Psychoedukation, Psychotherapie , Unterstützung und Entlastung , Entspannung und regelmäßige Bewegung
- Wochenbettpsychose: Psychose mit Beginn meist innerhalb der ersten 2 Wochen nach Geburt
- Deutlich häufiger als eine Schwangerschaftspsychose
- Symptome ähnlich wie bei einer Manie mit psychotischen Symptomen (bspw. Wahn, Affektlabilität, Halluzinationen)
- Therapie: Stationäre Aufnahme und Therapie, falls notwendig Unterbringung erwägen
- Wochenbettdepression: Depressive Episode mit Beginn innerhalb der ersten 4 Wochen nach Geburt (Diagnosekriterien einer unipolaren depressiven Episode sind erfüllt)
- Thromboembolien
- Tiefe Beinvenenthrombose
- Ovarialvenenthrombose
- Zu ca. 90% rechts lokalisiert
- Auftreten meist am 3. bis 5. postpartalen Tag, oft im Zusammenhang mit einer Endometritis puerperalis
- Klinik: Lokalisierte Schmerzen im Unterbauch (meist rechts), evtl. Fieber (septische Ovarialvenenthrombose) und Kopfschmerzen
- Für weitere Informationen insb. zu Diagnostik und Therapie, siehe auch:
- Für Informationen zu weiteren Komplikationen im Wochenbett, siehe auch:
Rückbildungsstörungen im Wochenbett
Verzögerte Uterusrückbildung (Subinvolutio uteri)
Verschiedene Ursachen können die Uterusrückbildung verzögern. Da sie auch Ursache für oder Symptom von schwerwiegenden Komplikationen (wie z.B. Endometritis puerperalis) sein kann, müssen diese mittels gezielter Diagnostik ausgeschlossen bzw. schnellstmöglich behandelt werden.
Definition und Klinik
- Uterusfundus höher als am jeweiligen Tag erwartet
- Siehe auch: Höhe des Uterusfundus im postpartalen Verlauf
- Uteruskonsistenz weich
- Verstärkte, blutige Lochien
Ursachen / Risikofaktoren
Insbesondere Zustände, die zu einer präpartalen Überdehnung des Uterus führen oder eine postpartale Wandschwäche zur Folge haben, prädisponieren für eine verzögerte Rückbildung.
- Sectio caesarea
- Mehrlingsschwangerschaft
- Multiparität
- Uterusmyom / Uterus myomatosus
- Fehlendes Stillen oder Abstillen
- Bewegungsmangel / Immobilisation
- Plazentareste
- Lochialstau
- Endometritis puerperalis oder Endomyometritis puerperalis
Diagnostik
Therapie [1]
- Kausal: Behandlung der Ursache (falls möglich)
- Supportiv
- Medikamentös (unter Beachtung klinikinterner Standards), z.B. mit:
Lochialstau (Lochiometra)
Ein Lochialstau tritt meist zwischen dem 4. und 7. postpartalen Tag auf und kann verschiedene Ursachen haben. Wichtig ist eine adäquate Therapie, da sonst schwerwiegende Komplikationen (wie z.B. die Endometritis puerperalis) auftreten können.
Definition und Klinik
- Vorzeitige Verminderung oder Ausbleiben der Lochien mit Lochialretention
- Stark verminderte bis fehlende Lochien
- Subinvolutio uteri
- Uteruskantenschmerz
- Hohes Fieber
- Kopfschmerzen
Ursachen / Risikofaktoren
- Verlegter oder verschlossener Gebärmuttermund, bspw. durch:
- Primäre Sectio caesarea (mangelnde Eröffnung des Gebärmuttermundes)
- Blutkoagel, Plazenta- oder Eihautreste
- Retroflektierter Uterus
- Verminderte postpartale Nachwehen, z.B. durch fehlendes Stillen
- Siehe auch: Abstillen
- Immobilisation
Diagnostik
Therapie [1]
- Supportiv: Anregung der Nachwehen
- Mobilisation, Fundusmassage
- Regelmäßiges Stillen
- Medikamentös (unter Beachtung klinikinterner Standards), z.B. mit:
- Interventionell: Manuelle (digitale) Dilatation des Zervikalkanals (selten erforderlich)
Komplikationen
- Hämatometra und Infektion mit Eiterbildung (Pyometra)
- Endometritis puerperalis / Endomyometritis puerperalis (Lochien sind ein idealer Nährboden für Bakterien)
Diagnostik bei Rückbildungsstörungen im Wochenbett [1]
Klinische Untersuchung
In vielen Fällen führt eine sorgfältige klinische Untersuchung bereits zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose.
Palpation
- Uterus: Vorsichtige Palpation mit einer Hand (1. Leopold-Handgriff), Beurteilung von:
- Höhe des Uterusfundus im postpartalen Verlauf
- Uteruskonsistenz
- Druckdolenz: Uteruskantenschmerz
- Wichtig: Die Patientin sollte vor der Untersuchung die Harnblase entleeren, da der Uterus durch eine volle Harnblase nach oben gedrückt wird!
- Portio und Zervikalkanal: Manuelle vaginale Tastuntersuchung, Beurteilung von:
- Konsistenz der Portio
- Weite des Zervikalkanals
- Druckdolenz: Portioschiebeschmerz
Inspektion
- Kontrolle des Lochialflusses: Beurteilung anhand der Wochenbett-Vorlagen und anamnestisch
- Farbe
- Menge
- Geruch: Übel riechende („fötide“) Lochien sprechen für eine Infektion des Endometriums (Endometritis puerperalis)
- Wichtig: Gründliche Händedesinfektion und Tragen von Handschuhen bei Lochienkontakt!
- Spekulumeinstellung
- Indikationen: Lochialstau, vaginale Blutung, manuelle Dilatation des Zervikalkanals
- Beurteilung von:
- Portio/Zervikalkanal
- Blutung
- Geburtsverletzungen
Weitere diagnostische Maßnahmen
- Labordiagnostik: Blutentnahme (Hb-Kontrolle, Entzündungsparameter)
- Sonografie (transabdominal), Beurteilung u.a. von:
- Größe und Lage des Uterus
- Inhalt des Cavum uteri, bspw.:
- Intrauterine Flüssigkeitsansammlung bei Lochialstau
- Suche nach Plazentarest (mittels Doppler-Sonografie)
- Weite und Inhalt des Zervikalkanals (bspw. Blockade durch Koageln)
Blutungen im Wochenbett
Vaginale Blutung im Wochenbett
- Definition: Sekundäre Blutung nach 24 h bis 12 Wochen post partum (z.B. verlängertes Auftreten blutiger Lochien bzw. verstärkte vaginale Blutung)
- Ursachen
- Am häufigsten: Plazentarest, Plazentapolyp
- Endometritis puerperalis, Endomyometritis puerperalis
- Subinvolutio uteri
- Geburtsverletzungen, insb. unbemerkte wie bspw. ein hoher Vaginalriss oder Zervixriss
- Nahtinsuffizienz nach Versorgung einer Geburtsverletzung
- Gerinnungsstörungen
- Funktionelle Blutungen (z.B. Abbruchblutung bei anovulatorischem Zyklus, Wiedereinsetzen der Menstruationsblutung)
- Diagnostik
- Klinische Untersuchung: Siehe auch Diagnostik bei Rückbildungsstörungen im Wochenbett
- Spekulumeinstellung: Lokalisierung der Blutung, z.B.:
- Blutung aus Zervikalkanal → V.a. Plazentarest/Plazentapolyp
- Blutung aus Geburtsverletzung (hoher Vaginalriss, Zervixriss)
- Sonografie: Transabdominaler Ultraschall inkl. Doppler-Sonografie
- Darstellung von Plazentaresten, Unterscheidung Plazentarest vs. Plazentapolyp/Blutkoageln
- Blutentnahme
- Kleines Blutbild, CRP (insb. bei V.a. Endometritis puerperalis, siehe auch: Diagnostik bei Endometritis/Endomyometritis puerperalis)
- Ggf. Gerinnungslaborparameter bei V.a. hämorrhagische Diathese
- Therapie
- Kausal: Behandlung der Ursache, bspw.:
- Therapie der Endometritis puerperalis
- Versorgung von Geburtsverletzungen
- Bei Plazentarest: Vorsichtige Abrasio mit Antibiotikaprophylaxe unter sonografischer Kontrolle
- Inkl. histologische Aufarbeitung (Ausschluss von Trophoblastentumoren)
- Komplikationen: Blutung, Endomyometritis puerperalis, Uterusperforation
- Bei Anämie siehe auch: Postpartale Anämie
- Kausal: Behandlung der Ursache, bspw.:
Infektionen im Wochenbett
Endometritis puerperalis und Endomyometritis puerperalis [49]
Grundlagen
- Definition
- Endometritis puerperalis: Infektion der Plazentahaftstelle und des Endometriums
- Endomyometritis puerperalis: Infektion der Plazentahaftstelle und des Endo- und Myometriums
- Epidemiologie der Endometritis puerperalis [4]
- Nach vaginaler Geburt: 1–3%
- Nach primärer Sectio caesarea: 5–15%
- Risikofaktoren
- Insb. Sectio caesarea
- Weitere: Protrahierte Geburt, vorzeitiger Blasensprung, Amnioninfektionssyndrom, operative Eingriffe unter der Geburt , Subinvolutio uteri, Lochialstau, Plazentarest
- Pathophysiologie
- Keimaszension während vaginaler Entbindung
- Iatrogene Keimverschleppung (durch häufige vaginale Untersuchungen, Sectio caesarea oder vaginal-operative Entbindung)
- Erreger: Bakterien der Vaginal- oder Darmflora (meist Mischinfektion)
- Häufigste Keime: Enterokokken, Staphylokokken und Streptokokken
Symptome/Klinik
-
Fieber
- Bei Endometritis puerperalis: Meist subfebrile Temp. (<38°C)
- Bei Endomyometritis puerperalis: >38°C
- Subinvolutio uteri
- Uteruskantenschmerz
- Übel riechende („fötide“), oftmals blutige Lochien oder Lochialstau
- Kopfschmerzen, insb. Stirnkopfschmerzen
- Bei Endomyometritis puerperalis: Starkes Krankheitsgefühl, Spontanschmerz im Unterbauch, stärkere vaginale Blutungen, Portioschiebeschmerz
Diagnostik bei Endometritis/Endomyometritis puerperalis
- Klinische Untersuchung
- Uteruspalpation, insb. Frage nach Uteruskantenschmerz
- Palpation des Abdomens
- Kontrolle des Lochialflusses anhand der Wochenbett-Vorlagen und anamnestisch
- Beurteilung von Farbe, Menge und Geruch der Lochien: Übel riechende („fötide“) Lochien sprechen für eine Endometritis puerperalis!
- Vaginale Untersuchung: Portioschiebeschmerz bei Endomyometritis puerperalis, verschlossener Zervikalkanal als mögl. Zeichen eines Lochialstaus
- Zusätzlich (immer bei Fieber im Wochenbett): Spekulumeinstellung zur Gewinnung eines mikrobiologischen Abstrichs aus dem Zervikalkanal
- Labordiagnostik
- Blutentnahme
- Kleines Blutbild: Beurteilung einer Leukozytose im Verlauf (CAVE: Bis wenige Tage nach der Geburt ist eine Leukozytose physiologisch)
- Differenzialblutbild: Linksverschiebung
- Entzündungsparameter: Erhöhtes CRP (>5 mg/dL)
- Entnahme von Blutkulturen vor Beginn der antibiotischen Therapie
- Urindiagnostik: Urin-Stix (Ausschluss einer Harnwegsinfektion)
- Bei V.a. Harnwegsinfekt (Leukozyten und/oder Nitrit positiv): Urinkultur
- Mikrobiologischer Abstrich (aus Zervixkanal)
- Blutentnahme
- Bildgebung: Sonografie (transabdominal): Meist keine spezifischen Befunde
Therapie der Endometritis/Endomyometritis puerperalis [50]
- Allgemeine Maßnahmen: Bettruhe, Kühlung
- Bei Endomyometritis: Engmaschige Überwachung der Vitalparameter
- Medikamentös (unter Beachtung klinikinterner Standards)
- Steigerung der Uteruskontraktilität: Bspw. mit Oxytocin
-
Antibiotische Therapie [50]
- Amoxicillin/Clavulansäure und Metronidazol oder
- Clindamycin und Gentamicin
- Bei fehlender Besserung innerhalb 48 h: Zusätzlich Ampicillin
- Adäquate Schmerztherapie: Bspw. mit Ibuprofen
- Ggf. Abrasio (z.B. bei V.a. Plazentarest, Pyometra)
Bei einer Abrasio besteht eine erhöhte Gefahr der Perforation und Keimverschleppung! Deshalb sollte eine Abrasio nur im fieberfreien Intervall erfolgen!
Komplikationen
- Hämatometra und Infektion mit Eiterbildung (Pyometra)
- Keimaszension und -ausbreitung (Adnexitis, Parametritis) → Durchwanderungsperitonitis
- Puerperalsepsis → Gefahr des septischen Schocks mit Multiorganversagen
Puerperalsepsis
Grundlagen
- Definition: Lebensbedrohliches, septisches Krankheitsbild infolge einer genitalen Infektion (z.B. Endometritis puerperalis)
- Letalität: Bis zu 50%
- Pathophysiologie: Siehe auch Pathophysiologie der Sepsis
- Erreger: Gruppe-A-Streptokokken (90% der Fälle!), Staphylokokken, E. coli
Klinik
- Symptome der Endomyometritis puerperalis, zusätzlich:
- Starkes Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit
- Hohes, intermittierendes Fieber >39°C oder Hypothermie [49]
- Schüttelfrost
- Tachypnoe, Tachykardie
- Diarrhö/Obstipation, Erbrechen
- Septischer Schock mit Kreislaufversagen
Diagnostik bei Puerperalsepsis
- Wie bei der Endometritis puerperalis (siehe: Diagnostik bei Endometritis/Endomyometritis puerperalis)
- Zusätzliche Laborparameter: Laktat, Procalcitonin (PCT), Gerinnung (inkl AT-III), Leberwerte (ALT, AST, Bilirubin)
- Plötzlicher Anstieg der Entzündungsparameter (insb. CRP >20-fach erhöht, Procalcitonin (PCT)↑↑, massive Leukozytose)
- Differenzialblutbild: Linksverschiebung
- Ausschluss anderer Sepsisursachen, siehe auch:
- Bei persistierendem Fieber: CT zum Ausschluss einer Ovarialvenenthrombose und eines pelvinen Abszesses
Therapie bei Puerperalsepsis [1][8][49]
Intensivmedizinische Überwachung
- Engmaschige Laborkontrollen: Kleines Blutbild (insb. Leukozyten, Thrombozyten), Kreatinin, CRP, Laktat, Elektrolyte, Gerinnungslaborparameter (inkl. AT-III)
- Siehe auch: Therapie der Sepsis
Medikamentöse Therapie
- Antibiotische Therapie
-
Kalkulierte Antibiotikatherapie: Bspw. mit:
- Acylaminopenicillin/BLI wie Piperacillin/Tazobactam oder
- Meropenem
- Bei Verdacht auf Infektion mit Gruppe-A-Streptokokken: Penicillin G i.v. [36]
- Bei Nicht-Ansprechen bzw. Erregernachweis mit Resistenztestung ggf. Therapieumstellung
-
Kalkulierte Antibiotikatherapie: Bspw. mit:
- Medikamentöse Thromboseprophylaxe (unter Beachtung klinikinterner Standards)
Operative Therapie
- Indikation: Versagen der konservativen Therapie
- Durchführung: Chirurgische Infektsanierung
- Laparotomie mit ausgiebiger Spülung des Abdomens
- Ggf. Hysterektomie (Ultima Ratio)
Bei Versagen der konservativen Therapie muss als lebensrettende Maßnahme rechtzeitig die Möglichkeit der Hysterektomie in Betracht gezogen werden!
Komplikationen
Psychische Komplikationen im Wochenbett
Babyblues [51]
Viele Frauen erleben in den ersten Tagen nach der Geburt den sog. Babyblues, bei dem es v.a. zu Stimmungsschwankungen und heftigem Weinen kommt.
- Beginn: Meist zwischen dem 3. und 5. postpartalen Tag
- Epidemiologie: 50–80%
- Ursache: Physiologische Hormonumstellung nach Schwangerschaft und Geburt
- Symptome/Klinik: Labile Stimmung, Reizbarkeit, häufiges Weinen, Gefühl der Überforderung
- Verlauf: I.d.R. nach einigen Tagen selbstlimitierend. Bei anhaltendem Stimmungstief: Screening auf mögliche beginnende Wochenbettdepression
- Therapie: Aufklärung der Wöchnerin (und Angehörige) über „physiologische“ Situation, Empathie und Unterstützung anbieten
Wochenbettdepression (Postpartale Depression) [2][8][51][52][53]
In keiner anderen Lebensphase einer Frau ist das Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, so groß wie im Wochenbett! Die Wochenbettdepression wird jedoch oftmals erst spät diagnostiziert, da die Symptome meist nach der Entlassung nach Hause auftreten und viele Frauen sich nicht trauen, darüber zu sprechen. Übrigens: Auch der Partner oder die Partnerin können an einer postpartalen Depression erkranken!
- Definition: Depressive Episode mit Beginn innerhalb der ersten 4 Wochen nach Geburt (Diagnosekriterien einer unipolaren depressiven Episode sind erfüllt)
- Epidemiologie: Ca. 10–15%, jedoch hohe Dunkelziffer! [51]
- Ätiologie: Multifaktoriell, insb. Wochenbett als psychisch und körperlich vulnerable Phase der Frau
- Risikofaktoren
- Depression/psychische Erkrankung in der Anamnese (insb. Schwangerschaftsdepression und Angststörungen)
- Partnerkonflikte
- Ungewollte Schwangerschaft
- Ungenügende soziale Unterstützung
- Symptome/Klinik
- Wie bei Depression
- Typisch für die postpartale Depression: Schuldgefühle, Ängste und Insuffizienzgefühle auf Mutterschaft und Mutter-Kind-Beziehung bezogen, Gefühl der Gefühlslosigkeit gegenüber dem Kind, Zwangsgedanken, Stillprobleme
- Diagnostik
- Screening mittels EPDS, bspw. im Rahmen der gynäkologischen Nachkontrolle nach Geburt (siehe auch: Tipps & Links)
- Ausschluss organischer Ursachen (wie bspw. postpartale Anämie oder Hypothyreose)
- Bei V.a. psychische Erkrankung: Weitere psychiatrische Diagnostik (siehe auch: Diagnosekriterien einer unipolaren depressiven Episode)
- Therapie durch Fachpersonal
- Psychoedukation, Psychotherapie , Unterstützung und Entlastung , Entspannung und regelmäßige Bewegung
- Bei schwerer oder rezidivierender depressiver Episode: Zusätzlich Antidepressiva
- Bei stillenden Frauen nur nach strenger individueller Risiko-Nutzen-Abwägung, da alle Antidepressiva in die Muttermilch übergehen!
- Siehe auch: Antidepressiva - Besondere Patientengruppen
- Bei Suizidalität oder Gefährdung des Kindes: Stationäre Aufnahme und Therapie auf Eltern-Kind-Station
- Risiken/Komplikationen
- U.a. gestörte Mutter-Kind-Beziehung
- Kognitive und emotionale Entwicklungsstörung des Kindes
- Suizidalität (inkl. Kindstötung!)
Wochenbettpsychose (Postpartale Psychose) [51][54]
- Definition: Psychose mit Beginn meist innerhalb der ersten 2 Wochen nach Geburt
- Oftmals im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung oder schizoaffektiven Störung, aber auch Neubeginn möglich
- Epidemiologie
- Ca. 0,5%
- Deutlich häufiger als eine Schwangerschaftspsychose [55]
- Ätiologie/Ursache: Multifaktoriell, nicht vollständig geklärt
- Risikofaktoren
- Bipolare affektive Störung in der Anamnese
- Z.n. früherer Wochenbettpsychose
- Risiko↑ bei Primipara
- Symptome/Klinik
- Oftmals akuter Beginn
- Symptome ähnlich wie bei einer Manie mit psychotischen Symptomen (bspw. Halluzinationen, Wahn , Affektlabilität)
- Therapie: Stationäre Aufnahme und Therapie, falls notwendig Unterbringung erwägen
- Meist Abstillen und Therapie mit Antipsychotika erforderlich (weiterhin stillende Frauen: Antipsychotika nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung)
- Siehe auch: Antipsychotika - Besondere Patientengruppen
- Risiken/Komplikationen
- Gefährdung des Kindes (bspw. durch imperative Stimmen)
- Suizidalität
Weitere psychische Komplikationen im Wochenbett
- Angststörungen
- Zwangsstörungen
- Postpartale Belastungsstörung nach traumatisch erlebter Geburt [2][51]
- Epidemiologie: 1–2%
- Beginn: Innerhalb von 6 Monaten nach Geburt
- Symptome/Klinik: Wiedererleben der traumatischen Geburt, Schlafstörungen, Albträume, „Flashbacks“, depressive Symptome
- Therapie
- Nachgespräch (Besprechung der Geburt und der dabei durchgeführten Maßnahmen, wenn möglich mit den beteiligten Ärzten/Hebammen)
- Ggf. antidepressive Therapie (siehe auch: Wochenbettdepression)
Weitere Komplikationen im Wochenbett
Wundheilungsstörungen im Wochenbett [29]
- Definition: Nahtinsuffizienz und/oder Infektion einer Geburtsverletzung (z.B. Episiotomie, Dammriss)
- Ursache: U.a. ungenügende Wundrandadaptation, Hämatom, Infektion, Belastung der Wunde
- Befund/Klinik: (Druck‑)Schmerzen, Rötung und Schwellung, bei Nahtinsuffizienz klaffende Wunde
- Therapie
- Analgesie z.B. mit Ibuprofen , Kühlung
- Bei Infektion
- Sitzbäder, z.B. mit Tannolact®
- Ggf. Eröffnung und Spülung
- Bei Nahtinsuffizienz
- Spülung und Ausduschen der Wunde (durch Wöchnerin)
- Ggf. Sekundärnaht (siehe auch: Versorgung von Geburtsverletzungen)
- Bei Vulvahämatom: I.d.R. selbstlimitierender Verlauf (spontane Resorption), Kühlung
- Bei Vaginalhämatom: Je nach Größe des Hämatoms ggf. Inzision und Ausräumung, ansonsten Kühlung
Thromboembolische Komplikationen im Wochenbett [44][56]
Bereits während der Schwangerschaft, aber insb. in der ersten Woche nach der Geburt ist das Risiko für thromboembolische Komplikationen stark erhöht. Gründe hierfür sind u.a. während der Geburt entstandene (Mikro‑)Läsionen der Gefäße, Immobilisation, erhöhte Gerinnungsneigung in Schwangerschaft und Wochenbett und Stase in postpartal dilatierten Venen.
- Oberflächliche Thrombophlebitis
- Tiefe Bein- und Beckenvenenthrombose (siehe auch: Phlebothrombose, Diagnostik der Phlebothrombose)
- Lungenembolie im Wochenbett
- (Aseptische) Sinusvenenthrombose, siehe: Sinusvenenthrombose im Wochenbett
- Ovarialvenenthrombose
- Definition: (Un‑)Vollständige Thrombosierung einer Ovarialvene
- Ätiologie: Neben oben (im Einleitungssatz) genannten Faktoren: Verlangsamter Blutfluss in den Ovarialvenen
- Befund/Klinik: Lokalisierte, starke Schmerzen im Unterbauch (meist rechts), Blähungen, evtl. Fieber (septische Ovarialvenenthrombose) und Kopfschmerzen, Dysurie
- Auftreten meist 3.–5. postpartaler Tag, oft im Zusammenhang mit einer Endometritis puerperalis
- Etwa 90% rechts lokalisiert
- Diagnostik: Doppler-Sonografie, CT, MRT
- Therapie [57]
- Vollheparinisierung, z.B. mit niedermolekularem Heparin [57]
- Zusätzlich: i.v. Antibiotikatherapie für 7–10 Tage, bspw. mit Clindamycin und Meropenem
- Ultima Ratio: Operative Sanierung (je nach Ausprägung der Thrombose von Ligatur der Ovarialvene bis zu Adnexektomie/Hysterektomie)
- Differenzialdiagnosen: U.a. Endomyometritis puerperalis, Appendizitis, Pyelonephritis, Ovarialtorsion
- Komplikationen: Lungenembolie, septische Ovarialvenenthrombose (lebensgefährlich!)
Beckenringlockerung (Symphysenschaden)
- Definition: Symphysenruptur (selten) oder Symphysenschaden während der Schwangerschaft oder unter der Geburt
- Ursache
- Östrogenbedingte, physiologische Auflockerung der faserknorpeligen Symphyse während der Schwangerschaft in Vorbereitung auf den Geburtsvorgang → Bei Geburt Läsion der Symphyse möglich
- Funktionell bedingt
- Befund/Klinik
- Diagnostik: Ggf. Sonografie (Spaltbildung, ggf. Stufenbildung erkennbar) und/oder Beckenübersichtsaufnahme
- Therapie: Analgesie z.B. mit Paracetamol , Physiotherapie, ggf. fixierender Stützgürtel
Postpartale Miktionsstörungen
Die erste spontane Blasenentleerung sollte innerhalb von 4–6 h nach der Geburt erfolgen.
- Ursache: Läsionen an Blase und Urethra durch Geburtsvorgang/Geburtsmodus , PDA , Sphinkterkrampf
- Befund/Klinik: Erschwerte/verzögerte und/oder schmerzhafte Blasenentleerung mit Restharnbildung
- Diagnostik: Sonografische Restharnmessung (>200 mL gilt als pathologisch), Ausschluss einer Harnwegsinfektion
- Therapie: Behandlung der Ursache, i.d.R. selbstlimitierend nach spätestens einer Woche
- Bei Restharnmenge >200 mL: Ggf. Einmalkatheterisierung (siehe auch: Transurethraler Einmalkatheter) und Analgesie (z.B. mit Ibuprofen), sonografische Kontrolle nach 2 h, bei erneuter Restharnmenge >200 mL: Anlage eines transurethralen Blasenverweilkatheters erwägen
- Bei Persistenz >3 Tage: Ggf. Anlage eines transurethralen Blasenverweilkatheters, Blasentraining, ggf. medikamentöse Therapie mit Parasympathomimetika (z.B. Pyridostigmin oder Distigmin) [26][58]
Postpartale Harninkontinenz
- Epidemiologie: Ca. 5–22%
- Ursache: Trauma des Beckenbodens (vaginale Geburt), insb. bei Forcepsentbindung
- Befund/Klinik
- Unkontrollierter Urinverlust bei Erhöhung des abdominellen Drucks (Belastungsinkontinenz)
- Plötzlicher Harndrang (Dranginkontinenz)
- Diagnostik: Siehe Diagnostik bei Harninkontinenz
- Therapie: Oftmals selbstlimitierend innerhalb von ca. 6 Monaten nach Geburt
- Nach Abschluss des Wochenbettes: Physiotherapie und Beckenbodentraining (ggf. mit Biofeedback, Elektrostimulation)
- Mechanische Hilfsmittel wie z.B. Einlage eines Urethrapessars
- Ggf. Medikamentöse Therapie mit Parasympatholytika bei Dranginkontinenz [8][26]
- Ultima Ratio: Operative Einlage von Bändern (z.B. „tension-free vaginal tape“, TVT)
Hämorrhoidalleiden im Wochenbett
- Definition: Symptomatische Hämorrhoiden
- Ursache
- Auftreten oftmals bereits in der Schwangerschaft: Intraabdomineller Druck↑, Peristaltik↓ (Obstipation)
- Während der Geburt: Verstärkung durch Pressen
- Befund/Klinik: U.a. erschwerte/stark schmerzhafte Defäkation, Juckreiz, Brennen, Nässen
- Siehe auch: Symptome des Hämorrhoidalleidens
- Diagnostik: Anamnese und klinische Untersuchung
- Therapie: Stuhlregulierung, bspw. mit Macrogol , Hämorrhoidalia (Salben und Suppositorien), Sitzbäder , ballaststoffreiche Ernährung, regelmäßige Bewegung
- Siehe auch: Therapie des Hämorrhoidalleidens
Postpartale Anämie
- Definition: Hb <10 g/dL
- Ursache: Physiolog. Anämie in der Schwangerschaft, Blutungen im Wochenbett
- Befund/Klinik: (Belastungs‑)Dyspnoe, Schwindel, Tachykardie, Müdigkeit, Laktationsstörungen, depressive Stimmung, Infektionsrisiko↑
- Diagnostik: Routinemäßige postpartale „Hb-Kontrolle“
- Therapie: Abhängig von Hb-Wert und Allgemeinzustand der Wöchnerin (unter Beachtung klinikinterner Standards)
- Hb <10 g/dL: Orale Eisensubstitution
- Hb <8 g/dL: Parenterale Eisensubstitution, z.B. mit Eisencarboxymaltose (Ferinject®)
- Hb <6 g/dL: Transfusion erwägen; siehe auch: Transfusion von Erythrozytenkonzentraten - Klinische Anwendung
Rektusdiastase [7]
- Siehe: Rektusdiastase im Wochenbett
Studientelegramme zum Thema
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 92-2024-1/3: Perinatal depression and risk of death
- One-Minute Telegram 81-2023-1/3: Swift lift for postpartum depression
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AMBOSS-Podcast zum Thema
Stillen fördern – Ärztliches Wissen teilen (Oktober 2021)
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- Wochenbett
- Peripartale Depression und Wochenbettdepression