Zusammenfassung
Bei der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) kommt es vorwiegend durch inhalative Noxen zu einer Entzündung der kleinen Atemwege. Dies führt zu einer irreversiblen Obstruktion der Bronchien mit Dyspnoe und Husten. Betroffen sind vorwiegend langjährige Raucher:innen. Die Diagnose wird anhand der typischen Symptomkonstellation (Dyspnoe, Husten, Auswurf) und dem spirometrischen Nachweis einer Bronchialobstruktion gestellt. Therapeutisch ist v.a. der Verzicht auf das Rauchen relevant – nur dieser kann den Krankheitsverlauf signifikant beeinflussen. Zur symptomatischen Therapie stehen in erster Linie inhalative Bronchodilatatoren zur Verfügung (β2-Sympathomimetika und Anticholinergika). In den Herbst- und Wintermonaten kommt es bei COPD-Patient:innen oftmals zu Exazerbationen, die eine Intensivierung der Therapie und ggf. eine vorübergehende Gabe von Glucocorticoiden erforderlich machen. Bei starker Ausprägung kann auch eine stationäre oder sogar intensivmedizinische Behandlung geboten sein. Schreitet die Erkrankung fort, können im Verlauf ein Lungenemphysem und eine respiratorische Insuffizienz entstehen sowie eine dauerhafte Sauerstofftherapie nötig werden.
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Definition
- Chronische Bronchitis
- COPD (Chronic obstructive pulmonary Disease, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung) [1][2]
- Chronische, meist progrediente Atemwegs-/Lungenerkrankung, die sich durch eine nicht vollständig reversible Atemwegsobstruktion auszeichnet
- Ursache: Chronisch-entzündliche Reaktion nach langjähriger Exposition gegenüber Noxen, entwickelt sich meist aus chronischer Bronchitis
- Im Verlauf häufig Entwicklung eines Lungenemphysems
Epidemiologie
- Geschlecht: ♂ = ♀ [1]
- Prävalenz
- Insg. ca. 6% (erwachsene Bevölkerung) [3]
- Mit dem Alter steigend
- Weltweit dritthäufigste Todesursache [4]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Exogene Faktoren
- Rauchen jeglicher Art (90%), inkl. Cannabiszubereitungen
- „Herkömmliche“ Zigaretten: Ab ca. 20–30 Pack Years ist bei 80–90% der Raucher:innen mit der Entstehung einer chronischen Bronchitis zu rechnen, die in eine COPD übergehen kann
- E-Zigaretten [5]
- Tabakpfeifen, Wasserpfeifen („Shisha“)
- Passivrauchen
- Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung
-
Berufliche Exposition gegenüber organischen und anorganischen Stäuben
- Bspw. Bergmannbronchitis als Berufserkrankung bei Steinkohleabbau
- Krankheiten und Zustände, die eine normale Entwicklung der Lunge in der Kindheit behindern
- Rezidivierende pulmonale Infektionen
- Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft
- Exposition gegenüber Tabakrauch in Kindheit und Jugend
- Tuberkulose in der Vorgeschichte
- Rezidivierende bronchopulmonale Infekte beschleunigen Progression der Erkrankung
- Rauchen jeglicher Art (90%), inkl. Cannabiszubereitungen
- Endogene Faktoren
- α1-Antitrypsin-Mangel
- Antikörpermangelsyndrome (z.B. IgA-Mangel)
- Primäre Ziliendyskinesie (z.B. im Rahmen eines Kartagener-Syndroms)
- Frühgeburtlichkeit (insb. bei bronchopulmonaler Dysplasie)
Klassifikation
Die Einteilung der COPD in Schweregrade ist relevant für die Therapieentscheidung und kann anhand verschiedener Parameter erfolgen. Während sich die Einteilung in der Vergangenheit ausschließlich nach spirometrischen Werten richtete (GOLD-Stadien 1–4), wird die Betrachtung der Symptome in den aktuellen Leitlinien zunehmend wichtiger bewertet. Diese können mittels standardisierter Fragebögen ermittelt (bspw. Einteilung in ABE-Gruppen nach mMRC und CAT) oder rein anamnestisch erhoben werden (pragmatischer Ansatz der aktuellen Nationalen VersorgungsLeitlinie COPD).
Schweregradeinteilung nach Nationaler VersorgungsLeitlinie COPD (2021) [1]
Schweregrade der COPD nach NVL | |||
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Schweregrad | Atemnot | Husten | Auswurf |
Leicht | Unter Belastung leichte Atemnot | (Fast) nur morgens | Nur morgens |
Mittelgradig | Unter Belastung deutliche Atemnot, keine Ruhedyspnoe | Mehrfach tagsüber | Mehrfach täglich |
Schwer | In Ruhe und bei geringer Belastung deutliche Atemnot | Tagsüber ständig, zudem auch nachts | Ständig verschleimt, schweres Abhusten |
Neben der Schwere der Symptomatik bezieht die NVL auch den Verlauf der Erkrankung mit in die Therapieentscheidung ein (dauerhafte Symptomatik vs. Exazerbationen im Vordergrund)!
Stadieneinteilung nach Empfehlungen der GOLD-Leitlinie (2023) [6]
Die GOLD-Leitlinie beinhaltet zwei Möglichkeiten der Klassifikation: nach FEV1 (GOLD 1–4) sowie nach Einschätzung von Symptomen und Exazerbationshäufigkeit (ABE-Gruppen). Letztere ist Basis für alle Therapieentscheidungen, wohingegen die Stadien GOLD 1–4 eher von historischer Bedeutung sind, sich häufig aber noch in Diagnoselisten finden.
Einteilung nach FEV1 (GOLD 1–4) [6]
- Prinzip: Nach Diagnosestellung mittels Tiffeneau-Index (FEV1/FVC <70%) → Einteilung nach FEV1 (Einsekundenkapazität)
- Bedeutung: Für die Therapieentscheidung nach aktuellen Leitlinien nicht mehr ausschlaggebend
COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion | ||
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FEV1 % vom Soll | Schweregrad der Atemwegsobstruktion | |
GOLD 1 | ≥80% | Leicht |
GOLD 2 | 50–79% | Mittel |
GOLD 3 | 30–49% | Schwer |
GOLD 4 | <30% | Sehr schwer |
Der Schweregrad der Obstruktion wird nach inhalativer Bronchodilatation bestimmt! Die Bestimmung sollte nicht während einer akuten Exazerbation erfolgen!
Stadieneinteilung nach Symptomfragebögen und Exazerbationshäufigkeit (ABE-Gruppen) [6]
- Prinzip: Erfassung der Anzahl an Exazerbationen und Schwere der Symptomatik anhand spezifischer Fragebögen
- Fragebögen: Zum Einsatz kommen CAT oder mMRC
- CAT (COPD Assessment Test)
- Beantwortung von 8 Fragen über Beschwerden und deren Schweregrad durch betroffene Person (numerische Skala, siehe: Tipps & Links)
- Interpretation
- 0–10 Punkte: Geringe individuelle Symptomatik
- 11–20 Punkte: Mittelgradige individuelle Symptomatik
- ≥20 Punkte: Ausgeprägte individuelle Symptomatik
- mMRC-Dyspnoe-Skala (Modified medical Research Council)
- Graduierung anhand der Schwere der Dyspnoe (nach Belastungstoleranz) und des Einflusses auf die Alltagsaktivitäten
- 0 – Atemnot nur bei starker körperlicher Belastung
- 1 – Atemnot bei schnellem Gehen und leichtem Bergaufgehen
- 2 – Vermeidungsverhalten, geht langsamer als Gleichaltrige ohne Erkrankung bzw. benötigt beim Gehen Pausen zur Erholung
- 3 – Benötigt beim Gehen nach 100 m Strecke oder wenigen Minuten eine Pause zur Erholung
- 4 – Verlässt das Haus nicht mehr und ist wegen Dyspnoe kaum noch in der Lage, sich selbstständig zu versorgen
- Interpretation: mMRC ≥2 spricht für das Vorliegen einer schweren Symptomatik
- Graduierung anhand der Schwere der Dyspnoe (nach Belastungstoleranz) und des Einflusses auf die Alltagsaktivitäten
- CAT (COPD Assessment Test)
COPD-Einteilung in ABE-Gruppen zur Beurteilung der Symptome und des Exazerbationsrisikos | ||
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Exazerbationen/Jahr | Klinische Symptomatik | |
A |
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B |
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E |
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Da die Anwendung von Symptomfragebögen aufwendig ist und es keine klaren Cut-off-Werte hinsichtlich Stadieneinteilung und Therapie gibt, schlägt die NVL ein pragmatisches Vorgehen zur einfacheren Symptomerfassung vor (siehe auch: Schweregrade der COPD nach NVL)!
Pathophysiologie
- Inhalative Noxen → Chronische Entzündung der kleinen Atemwege (Bronchiolen) → Fibrosierung, Parenchymverlust (u.a. Zerstörung des Flimmerepithels) der Atemwege, bronchiale Instabilität und vermehrte Schleimproduktion → (Forcierte) Exspiration → Bronchialkollaps = FEV1↓ → Chronisch progrediente Obstruktion
- Kombination folgender Faktoren begünstigt Parenchymverlust der Alveolen
- Rauchen und bronchopulmonale Infekte verschieben Proteasen-/Proteaseninhibitor-Gleichgewicht zugunsten der Proteasen
- Oxidativer Stress durch Tabakrauch potenziert Schädigungsmechanismen im pulmonalen Gewebe
- Proinflammatorische Zytokine aus Entzündungszellen begünstigen Migration weiterer destruktiv wirkender Entzündungszellen in das pulmonale Gewebe
- Gestörte Exspiration führt zur Lungenüberblähung (Air Trapping)
- Konsequenz: Residualvolumen↑ + Intrathorakales Gasvolumen↑ + Atemzugvolumen↓ → Emphysem
Eine obstruktive Ventilationsstörung ist bei fortschreitender COPD und Lungenemphysem kaum reversibel, da pathophysiologisch irreversible Prozesse wie Fibrose und Destruktion im Vordergrund stehen!
Symptomatik
Spezifische Symptome
- Leitsymptome
Leitsymptome: „AHA“ = Auswurf, Husten, Atemnot
- Weitere Symptome
- Ggf. Lippen- und Fingernagelzyanose durch Hypoxämie
- Ggf. Zeichen der Rechtsherzdekompensation bei fortgeschrittenem Cor pulmonale
- Unterschenkelödeme
- Gestaute Halsvenen
- Bei langjähriger Hypoxie: Ggf. Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger, ggf. auch als Hinweis auf ein Lungenkarzinom zu werten
- Bei langjähriger COPD (insb. im Emphysemstadium): „Fassthorax“
Veraltet: Pink Puffer (Emphysemtyp) und Blue Bloater (Bronchitis-Typ)
Stereotype Erscheinungsbilder, da sich klinisch i.d.R. ein Mischbild zeigt!
Pink Puffer | Blue Bloater | |
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Pathophysiologie |
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Klinisches Bild |
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Lungenemphysem
- Definition: Irreversible Erweiterung der Lufträume distal der Bronchioli terminales als Folge einer zerstörten Lungenarchitektur
- Ätiologie: Im Erwachsenenalter meist im Rahmen einer COPD, selten durch α1-Antitrypsin-Mangel
- Einteilung des generalisierten Lungenemphysems
- Zentrilobuläres (zentroazinäres) Lungenemphysem : Häufigste Form, i.d.R. bei COPD, vorwiegend im Oberlappen lokalisiert
- Panlobuläres (panazinäres) Lungenemphysem : Seltener, i.d.R. bei α1-Antitrypsin-Mangel, vorwiegend im Unterlappen lokalisiert
- Sonderformen
- Narbenemphysem: Chronische Entzündung mit knotiger Narbenbildung bei Quarzstaubbelastung
- Großbullöses Emphysem: Große Bullae (angeboren oder erworben) mit verdrängendem Effekt; Rupturgefahr, die zu einem Pneumothorax führen kann; je nach Ausprägung muss Resektion der Bullae erwogen werden
- Altersemphysem: Altersbedingte Abnahme der Lungenelastizität, was zu einer emphysematischen Lunge führt; ohne echten Krankheitswert
- Klinisches Bild: Sehr variabel, asymptomatische Verläufe möglich
- Diagnostik
- Körperliche Untersuchung
- Inspektion: „Fassthorax“
- Perkussion: Hypersonorer Klopfschall, Lungengrenzen nach kaudal verlagert, verminderte Atemverschieblichkeit
- Auskultation: Abgeschwächtes Atemgeräusch
- Röntgenbefunde bei Lungenemphysem
- Bild eines „Fassthorax“
- Horizontal verlaufende Rippen, weite Interkostalräume
- Zwerchfell tiefstehend und abgeflacht
- Strahlentransparente Lunge mit Rarefizierung der peripheren Gefäße
- Durch emphysematisch verändertes Lungengewebe vergrößerter Retrosternalraum im Seitenbild
- Bild eines „Fassthorax“
- CT: Sensitivste Nachweismethode, zudem Beurteilung von Größe und Verteilungsmuster der Bullae
- Lungenfunktionsuntersuchung
- Obstruktive Ventilationsstörung mit sog. „Emphysemknick“ in der Fluss-Volumen-Kurve
- Erhöhtes Residualvolumen
- Diffusionskapazität vermindert
- Labordiagnostik: Ggf. Untersuchung auf α1-Antitrypsin-Mangel
- Körperliche Untersuchung
- Therapie
- Behandlung der Grunderkrankung (siehe: COPD - Therapie und α1-Antitrypsin-Mangel)
- Vermeidung von Noxen
- Ggf. Bullektomie/Lungenvolumenreduktion
Bei Personen <50 Jahren mit Lungenemphysem sollte immer ein α1-Antitrypsin-Mangel ausgeschlossen werden!
Akut exazerbierte COPD (AECOPD)
- Definition
- Nach NVL: Akute, über mind. 2 Tage anhaltende Verschlechterung der pulmonalen Beschwerden, die eine Therapieintensivierung erforderlich macht [1]
- Nach GOLD (2023): Zunahme von Dyspnoe und/oder Husten und Auswurf, die innerhalb von weniger als 14 Tagen aufgetreten ist und von Tachypnoe und/oder Tachykardie begleitet sein kann [6]
- Ätiologie: Meist infektbedingt (v.a. in Herbst und Winter)
- Vorwiegend viral, insb. Rhinoviren
- Bei bakteriellen Infektionen: Erregerspektrum ähnlich der Pneumonie (insb. Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae)
- Klinisches Bild
- Zunehmender oder neu aufgetretener Husten mit vermehrtem, ggf. purulentem Sputum
- Zunehmende Atemnot, ggf. mit respiratorischer Insuffizienz
- Ggf. zentrale Zyanose
- Ggf. Fieber
Klinisches Management
Ersteinschätzung
- Inspektion: Tachypnoe, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
- Lungenauskultation: Giemen, Brummen, Silent Lung
- Pulsoxymetrie: Tachykardie, reduzierte spO2
- Beurteilung des Sputums (Volumen, Farbe)
- Wenn möglich BGA, ggf. Blutentnahme (Entzündungszeichen)
- Ggf. Röntgen-Thorax, insb. zum Nachweis möglicher Infiltrate
Schweregrade der AECOPD (nach GOLD 2023) | |
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Schweregrad | Parameter |
Leichtgradige AECOPD |
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Mittelgradige AECOPD (wenn ≥3 der 5 Kriterien zutreffen) |
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Schwere AECOPD |
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Kriterien für eine Krankenhauseinweisung [6][9]
- Schwere, insb. akut zunehmende Dyspnoe
- Schwere pulmonale Infektion
- Stark reduzierter Allgemeinzustand
- Trotz Therapie progrediente oder unzureichend gebesserte Symptomatik
- Schläfrigkeit, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörung
- Keine adäquate häusliche Versorgung gewährleistet
- Schwere Begleiterkrankungen mit Instabilität
- Neuauftreten oder Zunahme von peripheren Ödemen, Zyanose
Kriterien für eine Aufnahme auf Intensivstation bzw. Intermediate Care
- Bewusstseinsstörung
- Hämodynamische Instabilität
- Persistierende arterielle Hypoxämie (pO2 <40 mmHg) trotz Sauerstoffgabe [6]
- Schwere oder unter Sauerstoffgabe progrediente Hyperkapnie (pCO2 >70 mmHg)
- Ausgeprägte, persistierende Tachypnoe (≥25/min) als Risiko für eine Erschöpfung: Überwachung auf der Intensivstation zumindest in Betracht ziehen
Differenzialdiagnosen
- Lungenembolie
- Anamnestische Hinweise: Angabe einer (transienten) Beinschwellung, plötzliches Eintreten einer Dyspnoe
- Klinische Hinweise: Einseitige Beinschwellung, Hypotonie, gestaute Halsvenen, ggf. echokardiografisch akute Rechtsherzbelastung
- Labordiagnostik: D-Dimere
- Pneumonie
- Klinische Abgrenzung gegenüber AECOPD kaum möglich
- Bildgebung: Infiltrate im Röntgen-Thorax
- Pneumothorax (bei bullösem Emphysem)
- Anamnestische Hinweise: Bekannte Emphysembullae
- Leitsymptom: Plötzlich einsetzender, meist einseitig betonter Thoraxschmerz mit (Verschlechterung der) Dyspnoe
- Diagnosesicherung mittels Röntgen-Thorax
- Kardiale Dekompensation mit Lungenödem
- Anamnestische Hinweise: Kardiale Vorerkrankungen, Hinweise auf Ursachen einer akuten Herzinsuffizienz (Myokardinfarkt, HRST)
- Klinische Hinweise: Ödeme, inspiratorische Rasselgeräusche bibasal, abnorme Gewichtszunahme in den letzten Tagen
- Bildgebung: Pulmonalvenöse Stauungszeichen im Röntgen-Thorax, (beidseitige) Pleuraergüsse in der Sonografie
- Myokardinfarkt/Herzrhythmusstörungen
- Klinische Hinweise: Thoraxschmerzen, akuter Beginn, Synkope
- Diagnostik: EKG, Troponin T
Therapie der AECOPD
Je nach klinischer Ausprägung
Basismaßnahmen
- Sitzende Position
- Ausreichende Flüssigkeitsgabe
- Bei Herzinsuffizienz kann jedoch im Rahmen einer begleitenden kardialen Dekompensation auch ein Flüssigkeitsentzug notwendig sein, z.B. durch Gabe des Schleifendiuretikums Furosemid
- Sauerstoffgabe [6]
- Applikation über eine Nasenbrille
- Zielwert: 88–92% → Sauerstofffluss dem Zielwert anpassen, bei höheren Flüssen regelmäßige BGA-Kontrollen (Vermeidung einer Hyperkapnie)
- Evtl. High-Flow-Sauerstofftherapie [10]
- Insb. bei schwerer Exazerbation ggf. Thromboseprophylaxe
Inhalative Therapie
- Kurzwirksame β2-Sympathikomimetika (SABA) wie bspw. Salbutamol
- Kurzwirksame Parasympatholytika (SAMA) wie bspw. Ipratropiumbromid
- Anwendungshinweise für die Akutsituation
- Kombination beider Substanzen sinnvoll
- Inhalative Anwendung über Vernebler sinnvoll, ggf. über die aufsitzende Sauerstoffmaske
Systemische Therapie
- Glucocorticoide: In der Akutsituation für 5 Tage, i.v. oder p.o. [6]
- Morphin: Zur Beruhigung bei starker Dyspnoe
- Antibiotische Therapie der AECOPD [6][11][12]
- Indikation
- Bei purulentem Sputum und Hinweisen auf eine bakterielle Infektion [6]
- Bei Beatmung (auch NIV)
- Durchführung
- Standardtherapie: Aminopenicillin (ggf. + β-Lactamase-Inhibitor), z.B. Amoxicillin oder Ampicillin/Sulbactam
- Bei mittelgradiger AECOPD: Makrolid (z.B. Clarithromycin ) oder Doxycyclin
- Bei schwerer AECOPD: Chinolone (z.B. Levofloxacin ) [13]
- Bei Pseudomonasrisiko (siehe: Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa): Antibiotische Therapie nicht per se indiziert (Einzelfallentscheidung) [12]
- Piperacillin + Tazobactam
- Alternativ: Standardtherapie um Ciprofloxacin erweitern [13]
- Indikation
Medikationskonflikte: Koinzidenz von Tachyarrhythmia absoluta und COPD-Exazerbation
- Frequenzkontrolle
- Verapamil statt Betablocker einsetzen
- Digoxin
- Ggf. dennoch Einsatz von β1-selektiven Betablockern, auch wenn dadurch eine Abschwächung der β2-Sympathomimetika-Wirkung möglich ist
- Begleitend bei tachyarrhythmisch bedingter kardialer Dekompensation: Furosemid
Beatmung
- Grundprinzipien: Bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz: Nicht-invasive Beatmung (NIV); als Ultima Ratio invasive Beatmung
- Nicht-invasive Beatmung (NIV)
- Indikationen
- Respiratorische Azidose (paCO2≥45 mmHg und pH ≤7,35)
- Schwere Dyspnoe mit Zeichen der Atemerschöpfung (Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, zunehmende Muskelerschöpfung)
- Persistierende Hypoxämie unter Sauerstoffgabe
- Grundsätze zur NIV bei COPD
- Start mit niedrigem PEEP: 5 cmH2O, Triggerung durch die betroffene Person, sodass eigene Atemanstrengungen unterstützt werden
- Start mit niedriger Amplitude: Druckunterstützung 5 cmH2O
- Schrittweise Steigerung der Amplitude: Druckamplitude auf 10–15 cmH2O, hierbei persönliche Zuwendung mit beruhigender und trotzdem klarer Kommunikation
- Arterielle Kanülierung: Ermöglicht schmerzlose engmaschige BGA-Kontrollen
- Bei Verschlechterung der Hyperkapnie und Azidose: Intubationsindikation prüfen
- NIV-Toleranz medikamentös unterstützen: Individuelle Dosistitration von Morphin zur Anxiolyse und oberflächlichen Sedierung, Patient:innen sollten jedoch ansprechbar bleiben
- Indikationen
- Invasive Beatmung
- Intubationskriterien
- Hauptkriterien: Apnoe, Schnappatmung, Bewusstseinsverlust, nicht beherrschbare Agitation und Kooperationsmangel, anhaltende Bradykardie <50/min, hämodynamische Instabilität (RR syst. <70 mmHg)
- Nebenkriterien: Atemfrequenz >35/min bzw. im Verlauf ansteigend, pH <7,3 bzw. Abfall unter NIV, pO2<40 mmHg trotz Sauerstoffgabe und NIV, fortschreitende Bewusstseinstrübung
- Folgezustände einer invasiven Beatmung: Dauerhafte Beatmungspflichtigkeit bei Patient:innen, die nicht von der Beatmung entwöhnt werden können
- Prävention: Zunächst Versuch und ggf. Optimierung einer (vollständigen) Entwöhnung vom Beatmungsgerät (Weaning), ggf. auch in spezialisierten Kliniken
- Teilweise Entwöhnung möglich: Teil der Patient:innen benötigt zur Erholung der Atemmuskulatur zwischen Phasen einer Spontanatmung intermittierend eine Druckunterstützung mittels nicht-invasiver Beatmung
- Keine Entwöhnung möglich: Patient:innen müssen dauerhaft invasiv beatmet werden, dies erfordert i.d.R. eine 24-Stunden-Betreuung durch spezialisierte Beatmungspflegeeinrichtungen
- Intubationskriterien
Die invasive Beatmungstherapie kann bei akut erkrankten Patient:innen mit terminaler COPD auch zu einer dauerhaften Abhängigkeit vom Beatmungsgerät führen – darüber sollten Patient:innen im Verlauf ihrer progredienten Erkrankung ärztlich aufgeklärt werden!
Bei schwerer exazerbierter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und kardialem Lungenödem soll frühzeitig eine nicht-invasive Atemunterstützung (NIV beziehungsweise CPAP) eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Nach einer akuten Exazerbation einer COPD, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte, soll eine pneumologische Rehabilitation erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Beatmete Intensivpatienten sollen ohne spezifische Indikation keine tiefe Sedierung erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)
Diagnostik
Bei V.a. COPD (länger bestehende Dyspnoe, Husten, Auswurf) sollte die Basisdiagnostik immer eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, Spirometrie, Pulsoxymetrie sowie ein Röntgen-Thorax umfassen. Ist eine Bronchialobstruktion nachgewiesen, kann die Diagnose gestellt werden. Ggf. sind weitere Untersuchungen zur Beurteilung von Schweregrad und Folgeschäden erforderlich (bspw. Blutgasanalyse, Bodyplethysmografie, CT-Thorax).
Anamnese
Folgende Punkte sind hierbei von besonderer Bedeutung:
- Beschwerden: Welche (Husten, Dyspnoe, Auswurf?), Zeitpunkt (tagsüber/nachts), Sputum (Menge und Aussehen), B-Symptomatik
- Art und Umfang des Tabakkonsums
- Allergien: Bestehen oder bestanden in der Vergangenheit allergische bzw. allergisch-asthmatische Erkrankungen?
- Atemwegsinfekte: Rezidivierende Infektionen der oberen Atemwege (Nasenatmungsbehinderung? Chronische Sinusitiden?)
- Belastbarkeit: Besteht Vermeidungsverhalten in alltäglichen Situationen?
- Schlaf: Schlafstörungen? Tagesmüdigkeit?
- Berufsanamnese: Tätigkeit, die mit Dämpfen, Stäuben, Gasen etc. zu tun hat (z.B. Bergbau, Metallindustrie)?
Körperliche Untersuchung
- Inspektion
- Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
- Zyanose
- Kachexie
- „Fassthorax“
- Periphere Ödeme (meist Knöchelödeme)
- Perkussion: Insb. bei Patient:innen mit ausgeprägter Emphysemkomponente aussagekräftig!
- Hypersonorer Klopfschall
- Tiefstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell
- Relativ verkleinerte Herzdämpfung
- Auskultation
- Zeichen der Obstruktion
- Verlängertes Exspirium
- Giemen und Brummen
-
Abgeschwächtes Atemgeräusch
- Eventuell „Silent Lung“
- Bei Infiltrat: Feuchte Rasselgeräusche
- Oftmals leise Herztöne, ggf. Systolikum 4. ICR parasternal rechts
- Zeichen der Obstruktion
- Pulsoxymetrie: Bei Sauerstoffsättigung (spO2) <94% oder jedem kleinsten V.a. eine Hyperkapnie ist eine BGA indiziert
Lungenfunktionsuntersuchung
- Zur Diagnosestellung erforderlich: Nachweis einer bronchialen Obstruktion
- Nach Nationaler VersorgungsLeitlinie: FEV1/FVC unterhalb der unteren Normgrenze nach Referenzwerten der GLI (Global Lung Initiative)
- Nach GOLD (2023) und Leitlinie der DGP (2018): FEV1/FVC (Tiffeneau-Index) <0,7 („starrer“ Normwert) nach Bronchodilatation
- Pre-COPD: Atembeschwerden und/oder strukturelle und/oder funktionelle Veränderungen der Lunge ohne Obstruktion in der Lungenfunktionsdiagnostik
- PRISm (Preserved Ratio impaired Spirometry): Tiffeneau-Index ≥0,7 nach Bronchodilatation, aber Einschränkungen bei FEV1 oder FVC (<80% vom Sollwert)
- Bei Exazerbation sind die Werte nicht zur Klassifikation geeignet
- Weitere typische Befunde
- FEV1↓, Residualvolumen↑, intrathorakales Gasvolumen↑, Diffusionskapazität↓
- Differenzierung COPD / Asthma bronchiale
- Bronchospasmolyse-Test: Kein wesentlicher Anstieg von FEV1 bei COPD (ΔFEV1 <12% bzw. <200 mL)
- Effekte einer inhalativen Glucocorticoidtherapie: Kein wesentlicher Anstieg der FEV1/VC nach Anwendung über 4–6 Wochen bei COPD
- Spezielle Konstellationen bei COPD und Emphysem
- Indikationen für spezielle Untersuchungen
- (Belastungs‑)Dyspnoe bei normaler FEV1/VC oder bei fehlender Durchführbarkeit einer Spirometrie : Bodyplethysmografie
- Differenzierung zwischen kardialer und pulmonaler Ursache bei Belastungsdyspnoe: Spiroergometrie
Bei normalem Tiffeneau-Index mit TLC↓ und DLCO↓ ist immer differenzialdiagnostisch an eine restriktive Lungenerkrankung zu denken!
Blutuntersuchung
- Entzündungsparameter: Kleines Blutbild (Leukozytose), CRP, ggf. PCT
- Blutgasanalyse: Initial und auch als Verlaufskontrolle während des stationären Aufenthalts
- Typische Befundkonstellationen
- pO2↓ = Hypoxämische respiratorische Insuffizienz durch ventilatorische Verteilungsstörung infolge der Obstruktion von Atemwegen
- pO2↓ und pCO2↑ = Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz
- Spezielle Fragestellungen der BGA bei COPD
- Hyperkapnie mit pH-Erniedrigung (pH↓ und pCO2↑) oder kompensiert (pH 7,35–7,45 und pCO2↑)
- In Ruhe vs. nach körperlicher Belastung: Nachweis latenter Störungen des Gasaustausches
- Ohne O2 vs. mit O2: Prüfung einer Therapieeffektivität vor Verordnung einer Langzeit-Sauerstoff-Therapie (LTOT)
- Typische Befundkonstellationen
- Blutkulturen: Insb. bei Fieber oder Nachweis eines Infiltrats im Röntgen-Thorax
- α1-Antitrypsin: Spiegelbestimmung bei allen Betroffenen <50 Jahren bei Erstdiagnose zum Ausschluss eines α1-Antitrypsin-Mangels
Bildgebende Diagnostik
- Konventionelles Röntgen-Thorax
- Indikationen
- Immer im Rahmen der Erstdiagnostik bei V.a. COPD
- Ausschluss eines Infiltrates
- Befunde
- Siehe: Röntgenbefunde bei Lungenemphysem
- Zeichen eines Cor pulmonale
- Erweiterte Pulmonalarterien
- Indikationen
- CT-Thorax
- Indikation
- Keine standardmäßige Durchführung
- Unklare pathologische Befunde im Röntgen-Thorax
- Unklarheit bzgl. der Diagnose
- Planung operativer/interventioneller Eingriffe zur Lungenvolumenreduktion bei Patient:innen mit Emphysem
- Befunde
- Charakterisierung und Beurteilung der Verteilung eines Lungenemphysems
- Darstellung von Bronchiektasen als Ursache für rezidivierende Infektexazerbation
- Darstellung von Bullae, ggf. vor einer operativen Resektion
- Indikation
Weitere Diagnostik
- Bronchoskopie
- Bei schwerer, infektbedingter akuter Exazerbation einer COPD zur Erregerdiagnostik, insb. nach Versagen einer primären kalkulierten antibiotischen Therapie
- Zum Ausschluss zentraler, bronchusstenosierender Prozesse
- Zur differenzialdiagnostischen Abklärung bzgl. diffuser parenchymatöser Erkrankungen der Lunge (z.B. Sarkoidose, pulmonale Beteiligung bei rheumatologischen Systemerkrankungen, COP), hierbei u.a. auch Bestimmung der CD4/CD8-Ratio
- Zur symptomatisch-therapeutischen Mukolyse und Freispülung der Bronchien bei Schleimverlegung („erweiterte Bronchialtoilette“)
- EKG
- Prüfung auf Rechtsherzhypertrophiezeichen (P pulmonale? Rechtstyp?)
- Ggf. Erfassung von Ischämiezeichen als Korrelat einer KHK als Komorbidität
- Ggf. Erfassung von Herzrhythmusstörungen
- Echokardiografie
- Abmessung der rechten Herzhöhlen zur Prüfung auf eine chronische Rechtsherzbelastung (Cor pulmonale)
- Abschätzung des pulmonalarteriellen Drucks
- Bestimmung der systolischen und diastolischen Funktion des linken Ventrikels als Differenzialdiagnose bzgl. einer Dyspnoe
- Polysomnografie
- Bei V.a. Schlafapnoe-Syndrom
- Mögliche Symptome: Belastungsdyspnoe, Tagesmüdigkeit, schlecht einstellbarer Hypertonus
- Kann als Differenzialdiagnose (eher bei leichteren Beschwerden) sowie als Komorbidität im Rahmen einer COPD auftreten
- Abklärung mittels Polysomnografie und ggf. Therapie mit Überdruckbeatmung sollten nach Möglichkeit immer angeboten werden
- Bei V.a. Schlafapnoe-Syndrom
Differenzialdiagnosen
Asthma bronchiale
- Hauptdifferenzialdiagnose zur COPD (Differenzierung siehe Tabelle)
- Asthma-COPD-Overlap (ACO) [1]
Asthma bronchiale | COPD | |
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Erstdiagnose |
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Ätiologie |
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Klinisches Bild |
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Lungenfunktion |
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Bronchiale Hyperreagibilität |
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Diffusionskapazität für Kohlenstoffmonoxid (DLCO) |
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FeNO |
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Eosinophilie |
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Medikamentöse Besonderheiten |
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Weitere Differenzialdiagnosen
- Lungenkarzinom
- Asthma cardiale
- (Spannungs‑)Pneumothorax
- Lungenembolie
- Sinubronchitis (sinubronchiales Syndrom)
- Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen, insb. jene mit möglicher obstruktiver Komponente (z.B. Sarkoidose)
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemein
- Wichtigste Maßnahme: Kompletter Verzicht auf Rauchen bzw. Expositionsstopp
- Siehe: Rauchentwöhnung
- Verbesserung der respiratorischen Situation
- Patientenschulung: Erlernen spezieller Atemtechniken wie bspw. Lippenbremse , zur besseren Sekretmobilisierung, ggf. im Rahmen einer Physiotherapie (s.u.)
- Sole-Inhalation (Kochsalzlösung), Drainagelagerung
- Erhalt der allgemeinen Belastbarkeit
- Körperliche Aktivität, bspw. im Rahmen von Lungensportgruppen
- Ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen
- Ernährungsberatung bei Kachexie
- Impfungen: Gemäß STIKO (insb. Grippeimpfung, Pneumokokken-Impfung, COVID-19-Impfung)
- Osteoporoseprophylaxe mit Vitamin D3 und Calcium
- Optimierung der ambulanten Versorgung
- Teilnahme am DMP COPD empfehlen (für allgemeine Informationen zu DMP siehe auch Disease-Management-Programme)
- Schriftlichen „Aktionsplan“ für Eskalation der Therapie bei Verschlechterung erstellen
Die Therapie der COPD kann lediglich eine Symptomlinderung und somit einen Erhalt der Alltagskompetenz ermöglichen. Eine Verzögerung der Krankheitsprogression ist für die medikamentösen Therapien nicht nachgewiesen! Therapieziel ist die Vermeidung von Exazerbationen.
Medikamentös
- Leitsubstanzen
- SABA – Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salbutamol, Fenoterol
- SAMA – Inhalative kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Ipratropiumbromid
- LABA – Inhalative langwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salmeterol, Formoterol, Indacaterol
- LAMA – Inhalative langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Tiotropiumbromid
- ICS („Inhaled Corticosteroids“) – Inhalative Glucocorticoide: Budesonid, Fluticason, Beclometason
- PDE-4-Hemmer: Roflumilast
COPD-Stufentherapie
COPD-Stufentherapie nach Nationaler VersorgungsLeitlinie COPD (2021) [1]
Medikamentöse Langzeittherapie der COPD nach NVL | |||
---|---|---|---|
Symptome im Vordergrund | Exazerbationen im Vordergrund | ||
Leichte bis mittelgradige Symptome | Mittelgradige bis schwere Symptome | ||
|
COPD-Stufentherapie nach Leitlinie der GOLD (2023) [6]
Die aktuelle Leitlinie der GOLD (2023) unterscheidet zwischen einem Stufenschema zur Initialtherapie der COPD und einem (stufenunabhängigen) Vorgehen zur Eskalation der Therapie, die sich nach dem Verlauf der Erkrankung richtet (Dyspnoe im Vordergrund vs. Exazerbationen im Vordergrund).
Initialtherapie nach COPD-Einteilung in ABE-Gruppen (nach GOLD 2023) | |
---|---|
A |
|
B | |
E |
- Eskalationstherapie nach Verlauf und Vorbehandlung
- Dyspnoe im Vordergrund
- Vorbehandlung mit LABA oder LAMA → Erweitern auf LAMA + LABA
- Vorbehandlung mit LABA + LAMA → Wirkstoff- und/oder Inhalatorwechsel erwägen
- Exazerbationen im Vordergrund
- Vorbehandlung mit LAMA oder LABA → Erweitern auf LAMA + LABA
- Bei Eosinophilie ≥300/μL → Zusätzlich ICS
- Vorbehandlung mit LAMA + LABA
- Bei Eosinophilie ≥100/μL → Erweitern auf LAMA + LABA + ICS
- Bei Eosinophilen <100/μL → Weitere Optionen zur Therapieeskalation (s.u.)
- Vorbehandlung mit LAMA + ICS
- Bei guter Therapieeinstellung: Beibehalten möglich
- Bei unzureichendem Ansprechen: Umstellung auf LAMA + LABA + ggf. ICS
- Weitere Optionen zur Therapieeskalation
- Roflumilast bei FEV1 <50% und chronischer Bronchitis (insb. bei mind. 1 Hospitalisierung wegen COPD im Vorjahr)
- Azithromycin
- Vorbehandlung mit LAMA oder LABA → Erweitern auf LAMA + LABA
- Dyspnoe im Vordergrund
Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Physiotherapie
- Effekte der Physiotherapie
- Ökonomisierung der Atemarbeit
- Verbesserung der Sekretmobilisation
- Verbesserung der Beweglichkeit des Thorax
- Therapeutische Optionen
- Relaxations- und Atemtechniken
- Huffing: Auf eine tiefe Inspiration folgt eine forcierte Exspiration bei maximal weiter Glottis
- Lippenbremse zur Verhinderung eines endexspiratorischen Kollapses
- Dehnlagerungen und bestimmte Sitzhaltungen (Kutschersitz) können thorakale Beweglichkeit und Effektivität der Atemhilfsmuskulatur steigern
- Maßnahmen zur Sekretelimination
- Technische Hilfsmittel wie Flutter oder Cornet-Systeme können zur Sekretmobilisation eingesetzt werden
- Vibrax-Massagen mit Anwendung einer hochfrequenten Perkussion des Thorax, zuvor unbedingt Wirbelkörperfrakturen bzw. deren Instabilität und/oder Schmerzhaftigkeit ausschließen
- Drainagelagerungen
- IPPB („Intermittent positive Pressure Breathing“) zur zeitweisen Anwendung eines positiven endexspiratorischen Druckes kann bei regelmäßiger Anwendung die Sekretretention bessern
- Kombination aus Atemtechniken und Maßnahmen zur Sekretelimination sind sinnvoll und zeitlich effektiv durchführbar
- Kooperation und Lernfähigkeit von Patient:innen bzgl. einer Eigenanwendung der Maßnahmen sind absolut entscheidende Faktoren für therapeutischen Erfolg
- Relaxations- und Atemtechniken
Palliative Therapie
Medikamentöse Therapie in der klinischen Anwendung
Optimierungsmöglichkeiten der inhalativen Therapie
- Schulung und Anleitung im Umgang mit dem Präparat und dessen Applikationsform
- Verwendung von Dampfinhalationsverneblern, auch zu Hause (z.B. Pariboy®)
- Inhalationstherapien in atemtherapeutische Beübung einbinden, ggf. Rücksprache mit Physiotherapeut:innen
- Für Hinweise zur praktischen Umsetzung inhalativer Therapien siehe auch:
Der Nutzen neuer Inhalatoren und inhalativer Wirkstoffe ist häufig ungenügend belegt. Daher sollten bewährte Substanzen eingesetzt, möglichst effektive Applikationswege gefunden und so die Compliance der Patient:innen gestärkt werden!
β2-Sympathomimetika (SABA & LABA)
- Indikation: Als Basistherapie jeder COPD symptomlindernd, beugen Exazerbationen vor, akut bei COPD bedingter Dyspnoe
- Wirkstoffe
- Inhalativ und kurzwirksam (SABA)
- Leitsubstanz: Salbutamol
- Alternativ: Fenoterol
- Auch als Kombinationspräparat verfügbar: Fenoterol + Ipratropiumbromid
- Wirkdauer: 3–6 h
- Inhalativ und langwirksam (LABA)
- Leitsubstanz: Formoterol
- Als Dosieraerosol
- Als Pulverinhalator
- Alternativ
-
Salmeterol
- Als Dosieraerosol
- Als Pulverinhalator
- Indacaterol als Pulverinhalator
-
Salmeterol
- Wirkdauer: 12 h
- Leitsubstanz: Formoterol
- Intravenöse Gabe im Notfall
- Leitsubstanz: Reproterol i.v.
- Bolusinjektion: Dosierung ab 18 Jahren
- Dauerinfusion: Dosierung ab 18 Jahren
- Leitsubstanz: Reproterol i.v.
- Subkutane Gabe
- Leitsubstanz: Terbutalin s.c.
- Wenn Gabe p.o. erforderlich
- Leitsubstanz: Bambuterol p.o.
- Alternativ: Salbutamol
- Inhalativ und kurzwirksam (SABA)
Anticholinergika (SAMA & LAMA)
- Indikation und Einsatzmöglichkeiten
- Ab Gruppe A (gemäß COPD-Einteilung in ABE-Gruppen) einsetzbar
- In kurzwirksamer Form als Inhalation über den Vernebler zur symptomatischen Therapie
- In langwirksamer Form als Dauertherapie zur Symptomkontrolle und Vorbeugung von Exazerbationen
- Wirkstoffe
- Inhalativ und kurzwirksam (Short acting muscarinic Antagonist, SAMA): Ipratropiumbromid
- Standardsubstanz zur Inhalation über Vernebler, auch als Kombinationspräparation mit Salbutamol erhältlich
- Wirkdauer: Ca. 6 Stunden
- Inhalativ und langwirksam (Long acting muscarinic Antagonist, LAMA)
- Leitsubstanz: Tiotropiumbromid
- Als Inhalationslösung (z.B. Spiriva® Respimat®)
- Als Pulverinhalator (z.B. Spiriva® Hartkapseln)
- Alternativ
- Aclidinium als Pulverinhalator (z.B. Bretaris® Genuair® bzw. Eklira® Genuair®)
- Glycopyrroniumbromid als Pulverinhalator (z.B. Seebri® Breezhaler®)
- Wirkdauer: Ca. 24 Stunden
- Leitsubstanz: Tiotropiumbromid
- Inhalativ und kurzwirksam (Short acting muscarinic Antagonist, SAMA): Ipratropiumbromid
β2-Sympathomimetika und Anticholinergika können bei nicht ausreichender Wirksamkeit einer Monotherapie oder bei Nebenwirkungen unter Dosiserhöhung auch miteinander kombiniert werden. Es besteht eine synergistische Wirkung!
Inhalative Glucocorticoide (ICS)
- Wirkung: Entzündungshemmend, beugt Exazerbationen vor, allenfalls geringe Bronchodilatation
- Indikation: Nur in Kombinationstherapie zu Bronchodilatatoren, nie als Monotherapie
- Bei Exazerbationen in der Vorgeschichte, bei denen unter LAMA + LABA eine unzureichende Symptomkontrolle erzielt werden konnte [1]
- Indikation regelmäßig kritisch prüfen!
- Gängige Wirkstoffe bei inhalativer Therapie
- Budesonid inhalativ (Standardsubstanz)
- Budesonid als Dosieraerosol (z.B. Budiair®)
- Budesonid als Pulverinhalator (z.B. Novopulmon® Novolizer)
- Fluticason inhalativ : Dosierungen von 25–500 μg werden vertrieben, für die COPD sind Dosierungen von 250–500 μg relevant
- Beclometason inhalativ (z.B. Junik® Dosieraerosol)
- Budesonid inhalativ (Standardsubstanz)
- Auswahl eines geeigneten Corticoids: Grundsätzlich sollten die Anwendungspraktikabilität eines Präparats bei Patient:innen und die persönliche Erfahrung der verordnenden Person in die Entscheidung zugunsten eines Wirkstoffes einfließen
- Hinweise für Patient:innen
- Mundspülung nach Anwendung immer empfehlen, da dies Pilzinfektionen (Soor) der Mundschleimhaut vorbeugt
- Aufklärung über einen/den allenfalls mittelfristig zu erwartenden symptomatischen Effekt
- Absetzen bei [1]
- Keiner Symptomverbesserung unter ICS
- Keiner asthmatischen Komponente
- Auftreten einer Pneumonie unter ICS-Therapie
- Eosinophile <100 Zellen/μL im Differenzialblutbild
Die Indikation für eine ICS-Therapiesollte streng gestellt und regelmäßig kritisch geprüft werden! Diese erhöht das Risiko für Pneumonien und ist keine Standardtherapie der COPD!
Systemische Glucocorticoidtherapie bei COPD
- Indikation: Akut bei exazerbierter COPD, Anwendung so kurz wie möglich, keine Dauertherapie empfohlen
- Wirkstoffe
- Prednisolon (Standardsubstanz)
- Dexamethason
- Einsatz: Häufig in der intravenösen Akuttherapie als Alternative angewendet
- Zur Therapie per os ebenfalls verfügbar
- Nachteile einer langfristigen Anwendung
- Alle systemischen unerwünschten Wirkungen bis hin zum Cushing-Syndrom
- Speziell die Steroidmyopathie kann auch bei niedrigen Dosierungen unter 10 mg Prednisolon täglich auftreten
Die systemische Anwendung sollte nur bei Exazerbation erfolgen und immer so kurz wie möglich gehalten werden. Nach aktuellen Erkenntnissen ist eine Therapiedauer von 5 Tagen einer 10- bis 14-tägigen Therapie nicht unterlegen (s.u.)!
Kombinationspräparate LABA + LAMA
Kombinationspräparate verschiedener Hersteller stehen zur Verfügung, die Dosierungsfrequenz beträgt 1× oder 2× täglich.
- Indikation: Ab Gruppe B (gemäß COPD-Einteilung in ABE-Gruppen) einsetzbar
- Gängige Kombinationen aus LABA und LAMA
- Indacaterol + Glycopyrronium (z.B. Ultibro® Breezhaler® bzw. Xoterna® Breezhaler® bzw. Ulunar® Breezhaler®)
- Vilanterol + Umeclidinium (z.B. Anoro®)
- Formoterol + Aclidiniumbromid (z.B. Duaklir® Genuair® bzw. Brimica® Genuair®)
- Olodaterol + Tiotropium (z.B. Spiolto® Respimat®)
Kombinationspräparate ICS + LAMA + LABA (sog. „Triple-Therapie“ der COPD)
Die Dreifach-Kombination aus ICS + LAMA + LABA kann bei der Gruppe E (gemäß COPD-Einteilung in ABE-Gruppen) eingesetzt werden, wenn unter Therapie mit LAMA + LABA keine ausreichende Kontrolle der COPD erreicht werden kann.
- Beclometason + Formoterol + Glycopyrronium als Dosieraerosol (z.B. Trimbow® Druckgasinhalation)
- Fluticason + Umeclidinium + Vilanterol als Pulverinhalator (z.B. Trelegy® Ellipta®)
Kombinationspräparate LABA + ICS
Die Kombination aus LABA + ICS wird nach aktuellen Leitlinien (NVL und GOLD 2023) nicht mehr zur Ersttherapie empfohlen. Bei Patient:innen, die unter dieser Therapie gut eingestellt sind, kann diese jedoch fortgesetzt werden (siehe auch: Stufentherapie der COPD).
- Eigenschaften
- Verschiedene Applikationssysteme (z.B. Diskus-Inhalator mit Pulver, Dosieraerosole)
- Vereinfachung der Compliance → Aufnahme beider Wirkstoffe mittels Inhalation
- Gängige Kombinationen aus ICS und LABA
- Budesonid + Formoterol als Pulverinhalator
- z.B. Symbicort® Turbohaler®
- z.B. DuoResp® Spiromax®
- Beclometason + Formoterol als Dosieraerosol (z.B. Foster® Dosieraerosol)
- Fluticason + Salmeterol inhalativ
- Fluticason + Vilanterol als Pulverinhalator (z.B. Relvar® Ellipta® 92/22)
- Budesonid + Formoterol als Pulverinhalator
Roflumilast
- Wirkung: Hemmung der entzündlichen Aktivität, keine bronchodilatatorische Wirkung
- Indikation
- Als letzte Eskalationsstufe, wenn unter Triple-Therapie (LAMA + LABA + ICS) unverändert häufig Exazerbationen, FEV1 <50% und Symptome der chronischen Bronchitis im Vordergrund [1][6]
- Nicht eindeutig geklärt, ob mit ICS + LABA behandelte Patient:innen tatsächlich von einer zusätzlichen Roflumilast-Gabe profitieren
- Vorsichtsmaßnahmen bei der Anwendung
- Langsames Aufdosieren zur Vermeidung gastrointestinaler Nebenwirkungen
- Keine Anwendung bei Kachexie
- Keine Anwendung bei Depression und Suizidalität
Theophyllin als Therapieoption bei COPD
- Wirkung: Wahrscheinlich über unspezifische Phosphodiesterase-(PDE‑)Hemmung und Adenosin-Rezeptor-Blockade
- Indikation
- In der Therapie der COPD nur in begründeten Ausnahmefällen [12]
- Bei akuten Exazerbationen nicht mehr empfohlen [12]
- Dosierung
- Niedrige therapeutische Breite: Therapie niedrig dosiert beginnen, Serumspiegel nach einer Woche bestimmen , dann ggf. Dosisanpassung nach Zielbereich
- Pharmakokinetische Besonderheit: Raucher:innen metabolisieren Theophyllin schneller, benötigen also ggf. eine höhere Dosierung
- Serumspiegel-Zielbereich: 10–15 mg/L, individuelle Dosisanpassung erforderlich
- Dauertherapie: Retardpräparate per os
- Akutbehandlung: Intravenös, unretardiertes Theophyllin (Serumspiegel irrelevant)
- Nebenwirkungen (sehr geringe therapeutische Breite und individuell unterschiedliche Eliminationszeit von Theophyllin → Drug Monitoring durch Plasmaspiegelbestimmung notwendig)
-
ZNS
- Tremor
- Unruhe und Schlaflosigkeit
- Psychotische Veränderungen
- Epileptische Anfälle
- Herz-Kreislauf: Tachykarde Herzrhythmusstörungen
- Vegetativ
- Gesteigerte Diurese
- Übelkeit, gastrointestinale Nebenwirkungen
-
ZNS
- Kontraindikationen
- Insb. kardiale Schädigung (frischer Herzinfarkt, Tachyarrhythmie, HOCM)
- Interaktionen
- Steigerung der Ausscheidung und Verkürzung der Wirkdauer durch Rauchen (siehe auch Dosierung)
- Verlangsamung der Ausscheidung und Verlängerung der Wirkdauer durch zahlreiche Medikamente (u.a. Ciprofloxacin, Makrolide, Allopurinol), Infekte, Herz- oder Leberinsuffizienz
- Prüfung des Therapieerfolges vor Dauerverordnung
- Theophyllin ist nur in ca. 50% der Fälle symptomatisch effektiv
- Zur Prüfung der Wirksamkeit wird die Therapie 3 Tage ausgesetzt
- Bei Verschlechterung der COPD-Symptomatik: Weiterverordnung und Wiederbeginn der Therapie
- Bei unveränderter Symptomatik: Absetzen des Theophyllins
Sonstige medikamentöse Therapieoptionen
- Mukolytika
- Indikation
- Anwendung möglich bei Patient:innen, die symptomatisch profitieren
- Therapieversuch bei häufigen Exazerbationen gerechtfertigt
- Wirkstoffe
- Leitsubstanz: N-Acetylcystein (NAC)
- Alternativen: Ambroxol, Cineol und Myrtol
- Indikation
Bei der Verordnung sollte N-Acetylcystein mit „NAC“ abgekürzt werden – und nicht mit dem bekannten Handelsnamen „ACC®“. Andernfalls besteht Verwechslungsgefahr mit „ASS“, was zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann (vermutlich hohe Dunkelziffer!).
- Antitussiva
- Indikation
- Kritische Indikationsstellung!
- Kurzfristig zur symptomatischen Linderung (bspw. bei gestörter Nachtruhe durch Reizhusten)
- Kontraindikation: Chronische respiratorische Insuffizienz
- Bei dringlichem Patientenwunsch: Antitussive Therapie mit dem nicht-atemdepressiven Noscapin
- Therapiehinweis: Effektive Dosierung einsetzen
- Wirkstoffe
- Nicht atemdepressive Antitussiva: Leitsubstanz Noscapin
- Potenziell atemdepressive Antitussiva
- Indikation
- Antibiotika [1][6]
- Indikation
- Prophylaktische Gabe in Einzelfällen sinnvoll zur Prophylaxe von Exazerbationen
- Aufgrund der möglichen Resistenzentwicklung und Nebenwirkungen jedoch sehr zurückhaltend zu stellen
- Wirkstoffe: I.d.R. Makrolide (Azithromycin , Erythromycin ) [6]
- Indikation
- Opioide zur symptomatischen Linderung der Luftnot
- Wirkung: Keine Verbesserung der respiratorischen Parameter, jedoch des Empfindens, der Belastungstoleranz und daher der Lebensqualität
- Indikation: Palliative Therapie
- Leitsubstanz: Retardiertes Morphin
- Alternative: Transdermales Fentanyl
- Risiko: Hyperkapnie
- BGA zur Prüfung auf Hyperkapnie 2–3 Tage nach Therapiebeginn
- Therapie absetzen, wenn klinisch negative Effekte oder bei massiver Zunahme der Hyperkapnie
AMBOSS-Pflegewissen: COPD
Die Pflege konzentriert sich auf die Beobachtung der Atmung, die Überwachung der Inhalations- und Sauerstofftherapie und Unterstützung der ATL bei eingeschränkter Belastbarkeit. Darüber hinaus berät die Pflegekraft beim Umgang mit der Medikation, beim Lebensstil und bei der Alltagsbewältigung.
Beobachten/Überwachen
Atmung
- SpO2-Messung: Nach ärztlicher Anordnung, i.d.R. 1–3× tgl.
- Situative Messungen: Insb. bei (Verschlechterung) einer Dyspnoe und eingeleiteten Therapiemaßnahmen engmaschigere Messungen
- BGA-Messungen: Auf peripherer Station i.d.R. kapilläre BGA zur Messung des CO2-Gehalts des Blutes
- Atemfrequenz
- Tachypnoe: Leichtgradig erhöhte Atemfrequenz ist im fortgeschrittenen Stadium der COPD häufig
- Bradypnoe: Insb. bei längerem Bestehen Hinweis und Risiko für eine Hyperkapnie und respiratorische Azidose
- Atemgeräusche: Ausmaß und Änderungen von insb. exspiratorischen Atemgeräuschen
- Atemhilfsmuskulatur: Ausmaß der Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur
Ein ausgeprägter Einsatz der Atemhilfsmuskulatur sowie eine gleichzeitig auftretende Dyspnoe können auf eine Ermüdung der Atemmuskulatur und somit auf einen lebensbedrohlichen Zustand hinweisen!
Weitere Parameter
- Herzfrequenz: Bei fortgeschrittener COPD ist eine Tachykardie häufig; zu achten ist auf plötzlich auftretende, ansonsten eher unübliche Ausmaße einer Tachykardie, ggf. unregelmäßige Schlagfolgen
- Blutdruck: Gute, normnahe Einstellung zur Entlastung der Herztätigkeit und Vorbeugung einer kardialen Dekompensation
- Temperaturmessung: Nach ärztlicher Anordnung, häufig 1–3×/Tag, zusätzlich bei
- Klinischer Verschlechterung der Atmung bzw. des Allgemeinzustandes
- Jedem Verdacht auf Fieber
- Haut: Zyanosezeichen bei exazerbierter COPD
- Bewusstsein
- Somnolenz
- Unruhe und Aufregung
- Schlaf: Schlafstörungen und eine daraus resultierende Tagesmüdigkeit sind häufig und sollten vom Pflegepersonal dokumentiert werden
- Blutzucker: Blutzuckermessung nach ärztlicher Anordnung
- Ödeme: Periphere Ödeme (meist Knöchelödeme)
Medikamentöse Therapie
Das wichtigste Ziel der medikamentösen Therapie ist es, die verengten Atemwege zu weiten, was eine entspanntere, effektivere Atmung und einen erleichterten Abtransport von Sekret fördert. Hierfür werden verschiedene Medikamentengruppen nach einem Stufenschema eingesetzt, siehe auch: COPD-Stufentherapie.
Aufgabe der Pflege ist neben dem Stellen, Verabreichen und Sicherstellen der medikamentösen Therapie auch die Beratung zum Umgang mit der Medikation:
- Schulung der effektiven Inhalationstherapie: Patient:innen sollten mit den verschiedenen verordneten inhalativen Medikamenten und ihrer Nutzung vertraut gemacht werden
- Intensivierte inhalative antiobstruktive Therapie: Im stationären Aufenthalt häufig Verabreichung der inhalativen Medikation über Feuchtvernebler
- Antibiotische Therapie: Nicht routinemäßig, jedoch bei Risikofaktoren bzw. Nachweis einer Infektion, siehe auch: Antibiotische Therapie der AECOPD
- Systemische Glucocorticoidtherapie: Erfolgt i.d.R. insb. zu Beginn der Therapie einer Exazerbation
- Mukolytika: Unterstützen die Sekretolyse, die insb. auch durch ausreichende Flüssigkeitsmenge und atemtherapeutische Maßnahmen erfolgt
- Antitussiva: Einsatz zur Nacht nach strenger Indikationsstellung, wenn der Schlaf durch (trockenen) Reizhusten gestört ist
- Im Notfall: Siehe auch Therapie der AECOPD
- Siehe auch COPD - Medikamentöse Therapie in der klinischen Anwendung
Sauerstofftherapie
- Sauerstoff über Nasenbrille: Aufgrund der drohenden schweren Hyperkapnie langfristig nicht mehr als 1–2 Liter pro Minute geben
- Zielwert der SpO2: 85–95%
- Ggf. Einleitung einer häuslichen Versorgung: Für COPD-Patient:innen sollte im Rahmen eines individuellen Verlaufes erfasst werden, ob eine Indikation zur Langzeitsauerstofftherapie oder auch zu einer Form der Heimbeatmung besteht
- Siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Pflege bei Sauerstofftherapie
Bei zu hochdosierter O2-Gabe im Rahmen einer höhergradigen COPD mit chronischer respiratorischer Insuffizienz besteht die Gefahr eines nachlassenden Atemantriebs!
Hygiene
- Erhöhte Infektanfälligkeit der Patient:innen: Insb. bei fortgeschrittener COPD besteht eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen
- Hygienischer Umgang mit Sputum: Patient:innen zum hygienischen Umgang mit Sputum anleiten; ausreichend Taschentücher, eigene Müllbeutel und Händedesinfektion am Nachttisch bereitstellen
- Isolationspflichtigkeit prüfen: Bei entsprechenden Erregernachweisen Isolationspflicht prüfen und ggf. einleiten
Mobilisation und Bewegung
Der Umfang der Mobilisation richtet sich nach der Belastbarkeit des/der Patient:in. Der Erhalt der Belastbarkeit durch körperliche Aktivität sollte, wenn es Atmung und Allgemeinzustand erlauben, kontinuierlich gefördert werden.
- Eine ggf. als Bedarfsmedikation verordnete atemwegserweiternde Medikation sollte vor der Mobilisation gegeben werden
- Bei Zeichen von Dyspnoe sollten Pausen ermöglicht werden
Zwischen Überforderung und adäquater Mobilisation ist ein schmaler Grat; i.d.R. sollte sich jedoch an das höchste Ausmaß möglicher Mobilisation herangetastet werden!
Atemunterstützende Maßnahmen
- Oberkörperhochlagerung
- Kutschersitz
- Lippenbremse
- Kontaktatmung
- V-A-T-I-Positionierungen
- Einsatz von Atemtrainingsgeräten
Prophylaxen
- Pneumonieprophylaxe: Erhöhtes Risiko für eine Pneumonie durch erschwerte Atemarbeit, Minderbelüftung einzelner Lungenabschnitte und vermehrte Sekretbildung
- Weitere Prophylaxen: Bedarfsgerechte Prophylaxen, insb.
- Sturzprophylaxe
- Dekubitusprophylaxe
- Thromboseprophylaxe
- Infektionsprophylaxe
- Obstipationsprophylaxe
Haut- und Körperpflege
- Körperpflege: Unterstützung oder Übernahme der Körperpflege je nach Belastbarkeit des/der Patient:in
- Hautpflege: Ggf. auf Pergamenthaut achten
Ernährung
- Hochkalorische Kost: Eine COPD-Exazerbation ist anstrengend und bedarf einer ausreichenden Energiezufuhr
- Vermeidung blähender Lebensmittel: Durch einen aufgeblähten Magen-Darm-Trakt wird das Zwerchfell nach oben gedrückt, was die Entfaltung der Lungen behindert
- Gewichtsreduktion: Bei übergewichtigen Patient:innen entsteht unausweichlich eine Restriktion der Lungen, d.h. eine verminderte Belüftung
- Unterstützung einer Sekretolyse: Auf ausreichende Trinkmenge achten
Spezielle Kommunikation und Beratung
- Beratungsansätze bei der Pflege von COPD-Patient:innen
- Informieren über Unterstützung bei der Raucherentwöhnung und deren Wichtigkeit
- Schadstoffbelastete Luft meiden
- Kalte und sehr trockene Luft meiden
- Über die Wichtigkeit von Impfungen, insb. gegen Influenza und Pneumokokken informieren
- Siehe auch: Influenza-Impfung, Pneumokokken-Impfung
- Beratung zur Infektionsprophylaxe bei erhöhter Infektanfälligkeit
- Patient:in zur Selbstbeobachtung der Atmung anleiten
- Aufklärung über Ziele von ambulanten oder stationären Rehabilitationsmaßnahmen
- Angehörige über Verhalten in Notfallsituationen aufklären
- Über Disease-Management-Programme im hausärztlichen Bereich informieren
- Über die Notwendigkeit regelmäßiger Bewegung aufklären
- Ggf. über Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente aufklären
Prävention
- Rauchstopp: Die wichtigste Prävention ist, auf das Rauchen zu verzichten, siehe auch: Tabakrauchentwöhnung
- Infektionsprophylaxe: Fokus auf Prävention, wenn bereits eine COPD vorliegt
Thematisch verwandte AMBOSS-Pflegeinhalte
Komplikationen
Chronische respiratorische Insuffizienz
Definition
- Kurzbeschreibung
- Entsteht häufig durch zunehmenden emphysematischen Umbau und Verlust der effektiven Diffusionsfläche in fortgeschrittenen Stadien der COPD
- Therapiemöglichkeiten (je nach Ausmaß und führender Ursache): Langzeit-Sauerstofftherapie, Heimbeatmung, lungenvolumenreduktive Verfahren, Lungentransplantation als Ultima Ratio
- Kriterien: Dauerhafte hypoxämische (pO2 in Ruhe <60 mmHg) bis hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (zusätzlich pCO2 >45 mmHg)
Therapie
Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT) [1]
- Definition und Bedeutung: Sauerstofftherapie über mind. 16 Stunden täglich → Senkung der Mortalität
- Indikation: COPD Grad IV und schwere respiratorische Insuffizienz, trotz optimaler Medikation dauerhaft pO2-Werte von <55 mmHg
- Indikation sollte geprüft werden bei spO2 in Ruhe <92%
- Voraussetzung: Adäquater Anstieg des pO2 unter Sauerstoffgabe und kein Anstieg des pCO2 über 60–70 mmHg (bzw. keine Hyperkapnie mit respiratorischer Azidose/Bewusstseinstrübung)
- Nachweis mittels BGA mit und ohne Sauerstoffgabe
- Bei erhaltener Eigenmobilität können auch mobile Sauerstoffkonzentratoren mit Akku und Triggerfunktion verordnet werden
Bei Patienten, denen im Krankenhaus wegen einer akuten Verschlechterung ihrer Erkrankung eine Langzeit-Sauerstofftherapie verordnet wurde, soll ohne Überprüfung der Notwendigkeit (weiter andauernde Hypoxämie) keine Weiterverordnung erfolgen (Klug entscheiden in der Pneumologie).
Heimbeatmung [1]
- Prinzip: Es erfolgt eine nicht-invasive Beatmung (NIV) über Nacht, die eine Erholung der Atemmuskulatur erlaubt, damit auch tagsüber eine bessere respiratorische Funktion erzielt werden kann
- Indikation: Chronische Hyperkapnie von
Volumenreduzierende Verfahren
- Prinzip
- Mittels operativer oder endoskopischer Verfahren werden stark emphysematische Areale von der Ventilation ausgeschaltet
- Ziel: Verringerung von Überblähung und Dyspnoe und Verbesserung der Lungenfunktion
- Präinterventionelle Diagnostik: CT, Lungenfunktionsuntersuchung und ggf. Bronchoskopie
- Verfahren
- Operative Lungenvolumenresektion: Am ehesten bei Emphysem mit Betonung der Oberlappen und eingeschränkter Belastbarkeit, die FEV1 sollte noch oberhalb von 20–25% liegen. Die operative Sterblichkeit ist hoch, der Gewinn an Lebensqualität ist im Einzelfall schwer vorherzusehen
- Endoskopische Lungenvolumenreduktion: Bronchoskopisches Verfahren mit Einsatz von Okklusions- oder Ventilsystemen in überblähte Lungenanteile, ahmt den Effekt einer operativen Volumenreduktion nach
- Bullektomie: Operative Resektion von Bullae, die mehr als ⅓ eines Lungenflügels einnehmen und benachbartes funktionales Lungengewebe komprimieren, Option bei rezidivierenden schweren Hämoptysen bzw. schwer sanierbaren rezidivierenden Infekten in bullaetragenden Arealen
Lungentransplantation
- Bedeutung: Als Ultima Ratio bei fortgeschrittener COPD mit Lungenemphysem und schwerster Diffusionsstörung
- Indikationsstellung
- Insb. Patient:innen <60 Jahren mit ansonsten guter Prognose
- Weitere Indikationen und Voraussetzungen
- Rauchabstinenz seit mind. 6 Monaten und(!) FEV1 <20–25%, DLCO <20%
- Langzeit-Sauerstofftherapie oder Heimbeatmung
- Pulmonale Hypertonie
- Hyperkapnie mit pCO2 >50–55 mmHg oder progrediente Leistungsminderung
- Kontraindikationen
- Altersgrenze bei 60, max. 65 Jahren
- Extrapulmonale Morbidität und schlechte Prognose (KHK, Leberzirrhose, hochgradige Niereninsuffizienz, Adipositas)
Weitere (Spät‑)Komplikationen
- Alveoläre Hypoventilation → Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) → Pulmonale Hypertonie → Cor pulmonale
- Pulmonale Kachexie
- Sekundärer Spontanpneumothorax durch Ruptur einer Bulla (insb. bei bullösem Emphysem)
Palliative Therapie der COPD im Endstadium
- Es gibt keine klar definierten Kriterien, wann Patient:innen palliativ zu betreuen sind
- In der Palliativsituation bewährte Therapieoptionen
- Einsatz von Opioiden zur Linderung einer (finalen) Dyspnoe
- Im Endstadium auch als Perfusortherapie mit Morphin 1 mg/mL, Beginn mit 1–2 mL/h, Dosistitration nach Wirkung
- Alternativ transdermale Fentanyltherapie
- Seelsorgerische und psychotherapeutische Betreuung bei aufgeschlossenen Patient:innen
- Einübung von Entspannungstechniken
- Befeuchtende Mundpflege zur Linderung der Mundtrockenheit bei erschwerten Atmungsbedingungen
- Sauerstoffgabe, sofern die Dyspnoe hierdurch subjektiv gelindert wird
- Einsatz von Opioiden zur Linderung einer (finalen) Dyspnoe
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Insb. bei anhaltendem Rauchen: Zunehmende und irreversible Funktionseinschränkung der Lunge mit stark eingeschränkter Lebenserwartung
- Fehlende kausale Therapieansätze
- Endstadium
- Gehäufte Exazerbationen
- Chronische respiratorische Insuffizienz (nur supportiv behandelbar)
- Körperlicher Verfall mit wiederholten, sehr leidvollen „Erstickungszuständen“'
- BODE-Skala: Validierter Score zur Beurteilung der Prognose
Checkliste stationäres Management
Einschätzung bei Erstkontakt
- Anamnese (Patient:in orientiert? Vorausgehender Infekt? Signifikante Verschlimmerung der „bekannten“ Dyspnoe?)
- Inspektion (Atemfrequenz >20/min? „Fassthorax“ als Ausdruck einer langjährigen Erkrankung?)
- Pulsoximetrie (Hypoxie? spO2 <93%? Akute respiratorische Insuffizienz?)
- Siehe auch: AECOPD - Intubationskriterien
- Herzfrequenz (Tachykardie? Arrhythmisch?)
- Blutdruck (Entgleisung, ggf. auch hypertensives Lungenödem bei bibasal feuchten Rasselgeräuschen in der Auskultation?)
- Auskultation (Obstruktion mit Giemen und Brummen bei verlängertem Exspirium? „Silent Lung“ bei Emphysem?)
Akute Therapiemaßnahmen
- Allgemeine Therapiemaßnahmen
- Bei Dyspnoe: Sitzende Lagerung, ggf. Kissen als Unterlage für die Arme zur Optimierung des Einsatzes der Atemhilfsmuskulatur
- Bei Hypoxie: Sauerstoffgabe mit Zielwert 88–92%, Vorsicht bei chronischer Hyperkapnie!
- Spezielle Therapiemaßnahmen
- Zur Behandlung der Obstruktion: Vernebelung bei Salbutamol – i.d.R. Zufuhr mit Sauerstoffmaske möglich
- Bei Ineffektivität der Inhalation: Systemische Applikation von β2-Mimetika (Reproterol i.v. oder Terbutalin s.c. )
- Glucocorticoid-Stoß
- Für weitere Optionen siehe: AECOPD
- Zur Behandlung der Obstruktion: Vernebelung bei Salbutamol – i.d.R. Zufuhr mit Sauerstoffmaske möglich
Es sollte fortlaufend evaluiert werden, ob die Person auf die eingeleitete Therapie anspricht!
Aufnahme auf die Intensivstation bei Vigilanzminderung, unter Erstmaßnahmen ausbleibender Besserung von Hypoxie und/oder Hyperkapnie und persistierender Tachypnoe!
Akutdiagnostik komplettieren
- BGA (Ausmaß der Hyperkapnie? Kompensierte oder akute respiratorische Azidose?)
- EKG (Rhythmusstabilität? Tachykardie?)
- Venöse Blutentnahme: Blutbild, Kreatinin, Harnstoff, Na, K, AST, ALT, CRP, Gerinnung
- Blutkulturen (Infektion?)
- Röntgen-Thorax (Infiltrat? Pulmonalvenöse Stauungszeichen? Pneumothorax?)
Anordnung für Normalstation
- Ausreichende Hydrierung gewährleisten
- Glucocorticoide p.o. und insb. ihren geplanten Stopp anordnen
- Inhalative Therapie anordnen: Dampfverneblung von Salbutamol 4×/Tag
- Inhalative Dauertherapie optimieren: Benötigt der/die Patient:in ein langwirksames β2-Sympathikomimetikum (LABA) oder ein langwirksames Anticholinergikum (LAMA) ?
- Patient:in zur Nutzung ggf. neuer Inhalatoren anleiten
- Bedarfsmedikation für obstruktive Episoden: Reproterol i.v. oder Terbutalin s.c.
- Sauerstoffgaben anordnen und limitieren: 1–2 L O2/min, spO2-Ziel 88–92%
- Antibiotika anordnen, wenn erforderlich (CRP? Infiltrat? Auskultationsbefund? Fieber?)
- Thromboseprophylaxe mit NMH
- Medikation prüfen
- Begleiterkrankungen wie Hypertonus und Herzinsuffizienz optimal behandelt?
- Zwischenzeitlich neue Medikamente als mögliche Auslöser einer Exazerbation ?
- Physiotherapie: Zur Atemtherapie und Mobilisation
Verlaufsdiagnostik
- 1–3×/Tag spO2-Bestimmung
- BGA mit und ohne Sauerstoffgabe (Sauerstoffgabe effektiv? Oxygenierung verbessert? Verschlechterung einer Hyperkapnie?)
- CRP-Kontrolle an den Tagen 4 und 7 bei antibiotischer Therapie, weitere Laborkontrollen individuell
Im Verlauf des stationären Aufenthaltes
- Lungenfunktionsuntersuchung: Bei Patient:innen nach Rekompensation im stabilen Zustand (entlassungsnah)
- Echokardiografie: Bei V.a. Komorbidität Herzinsuffizienz und diesbezüglichem Optimierungsbedarf
- Chronische respiratorische Insuffizienz: Prüfen anhand der BGA-Kontrollen
- Blutzucker und Blutdruck auf Entgleisungen prüfen (Glucocorticoide!)
- Handhabung der Inhalatoren seitens des/der Patient:in wiederholt prüfen und ansprechen, ggf. Angehörige schulen
- Rauchentwöhnung thematisieren
- Ggf. Verordnung eines Sauerstoffgerätes zur Langzeit-Sauerstofftherapie (BGA mit und ohne O2 erforderlich zur Übernahme durch Krankenkasse)
- Optimierung der Therapie häufiger Komorbiditäten, insb. einer Herzinsuffizienz
- Ggf. früh Optimierungsbedarf bzgl. häuslicher Versorgung eruieren, Sozialdienst hinzuziehen
- Weitere Diagnostik abhängig von den Komorbiditäten
Bei nahender Entlassung
- Geriatrische Rehabilitation erwägen, wenn Mobilisation und Belastungstoleranz nicht ausreichend für Alltagsbewältigung
- Nochmalige Rückversicherung über ggf. eingeleitete sozialdienstliche Maßnahmen (wann wird das Sauerstoffgerät geliefert? Ist jemand zu Hause?)
- Änderungen insb. der inhalativen Therapien kommunizieren (ggf. auch mit betreuenden Angehörigen!)
- Weiterverordnung der Medikation durch die hausärztliche Praxis sicherstellen (ggf. telefonischer Kontakt, angebrochene Inhalatoren bei Entlassung mit Einnahmeanweisung mitgeben)
Ambulante Versorgung
Ziele
- Bestmögliche Lungenfunktion bei so wenig Nebenwirkungen wie möglich
- Vermeidung/Reduktion von Symptomen und Exazerbationen, insb. Klinikaufenthalte
- Vermeidung von Folgeerkrankungen und Komorbiditäten
- Erhalt der Alltagsaktivitäten und der sozialen Teilhabe
- Vermeidung einer Progredienz, Reduktion der Letalität
Für jede Person mit COPD sollten individuelle Therapieziele festgelegt werden!
Kriterien für eine pneumologische Überweisung
- Allgemein
- Dauerhaft hohe Instabilität trotz intensivierter Therapie
- Schwerer Krankheitsverlauf
- Bei Diagnosestellung
- Bei Unsicherheiten bzgl. der Diagnose COPD (insb. Abgrenzung gegenüber Asthma bronchiale)
- Bei V.a. berufsbedingte COPD
- Raucher:innen mit COPD (zumindest einmal nach Diagnosestellung)
- Im Verlauf
- Unklare Verschlechterung der Lungenfunktion unter intensiver Therapie
- Nach schwerer Exazerbation
- Neu aufgetretene respiratorische Insuffizienz oder deutliche Verschlechterung (>15% vom Ausgangswert)
- Bei speziellen Therapieoptionen
- Vor Verordnung von Roflumilast oder längerfristiger oraler Glucocorticoid-Gabe
- Indikation und Verlaufskontrolle bei Langzeitsauerstofftherapie, nicht-invasiver Beatmung oder Volumenreduktion
- Bei ausdrücklichem Wunsch der betroffenen Person
Wenn möglich, sollte eine COPD langfristig hausärztlich behandelt werden!
Besondere Aspekte in der ambulanten Versorgung
- Hoher Stellenwert nicht-medikamentöser Maßnahmen
- Regelmäßige Motivation zur Rauchentwöhnung
- Überprüfung der Inhalationstechnik
- Betrachtung des Ernährungsstatus
- Bei Untergewicht und insb. progredientem Gewichtsverlust ggf. hochkalorische Nahrungsergänzung empfehlen
- Bei Untergewicht oder Adipositas Ernährungsberatung anbieten
- Impfungen
- Häufige Komorbiditäten beachten
- Verlauf mit respiratorischer Insuffizienz frühzeitig besprechen
- Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: Ansprechen und zur Erstellung animieren
- DMP COPD: Teilnahme empfehlen (für allgemeine Informationen zu DMP siehe auch: Disease-Management-Programme)
Rehabilitative Maßnahmen [1]
Pneumologische Rehabilitation (stationär/teilstationär)
- Indikationen
- Mittel- bis schwergradige COPD-Beschwerden (siehe: Schweregrade der COPD nach NVL)
- Exazerbationen: ≥2 ambulant oder ≥1 stationär zu behandelnde in den letzten 12 Monaten
- Gefährdung der Erwerbsfähigkeit
- Drohende Pflegebedürftigkeit
- Starke, alltagsrelevante psychosoziale Folgen
- Keine ausreichende Möglichkeit, die erforderlichen nicht-medikamentösen Therapieverfahren ambulant durchzuführen
- Anschlussrehabilitation (AHB) nach akutstationärer Behandlung
- Antragstellung und Kostenträger
- Antragstellung durch Versicherte:n
- Kostenträger je nach Fall gesetzliche Rentenversicherung oder gesetzliche Krankenversicherung
Eine pneumologische Rehabilitation sollte immer angeboten werden, wenn trotz optimaler Therapie weiterhin starke Beeinträchtigungen in der beruflichen und privaten Teilhabe bestehen!
„Reha-Sport“
- Insb. im Anschluss an stationäre Rehabilitationsmaßnahme empfohlen
- Antragstellung mittels ärztlicher Verordnung
- Kostenträger je nach Fall gesetzliche Rentenversicherung oder gesetzliche Krankenversicherung
DMP COPD
Für allgemeine Informationen zu DMP siehe auch: Disease-Management-Programme
Aktuelle Anamnese und Diagnostik
- Dokumentation
- 1. Indikationsübergreifender Teil (inkl. Körpergewicht, Blutdruckmessung)
- 2. Indikationsspezifischer Teil
-
Aktuelle Anamnese mit Fokus auf
- Einschätzung des Osteoporoserisikos (siehe: Tabelle): Alle 12 Monate
- Häufigkeit der Exazerbationen
- Ungeplante ärztliche Konsultationen
-
Aktuelle Anamnese mit Fokus auf
- Vorgesehene Untersuchungen (siehe: COPD - Diagnostik)
- Blutdruckmessung
- Lungenfunktionstest mit FEV1-Wert (vor Spasmolyse): Alle 6–12 Monate
- Überprüfung der Inhalationstechnik: Mind. 1× pro Dokumentationszeitraum
Behandlungsplanung
- Prozedere
- Therapieplanung
- Überprüfung
- Ggf. Anpassung
- Individuelle Therapieziele definieren anhand
- Individueller Risikoabschätzung
- Allgemeiner Therapieziele
- Alter
- Therapeutische Maßnahmen bei COPD (siehe: Therapie der COPD)
- Nicht-medikamentöse Therapie
- Allgemeine Maßnahmen
- Aufklärung
- Raucherberatung und Tabakentwöhnung
- Körperliches Training
- Schulungen
- (Atem‑)Physiotherapie
- Langzeit-Sauerstofftherapie
- Häusliche Beatmung
- Rehabilitation
- Operative Verfahren
- Psychosoziale Betreuung
- Allgemeine Maßnahmen
- Medikamentöse Therapie
- Bedarfs- und Dauertherapie
- Therapeutische Maßnahmen bei Exazerbationen/Atemwegsinfekten (siehe: Exazerbation bei COPD)
- Impfungen (insb. Grippeimpfung, Pneumokokkenimpfung, COVID-19-Impfung)
- Diagnostik und Therapie bei Komorbidität
- Nicht-medikamentöse Therapie
- Schulung
- Überweisungen/Einweisung, ggf. Einleitung einer Reha-Maßnahme
- Erhöhung der Adhärenz: Durch Information über Verlauf, Einbeziehung in Behandlungsplanung
COPD - Dokumentation [16] | ||
---|---|---|
Laufende Nummer* | Parameter | Ausprägung |
Anamnese- und Befunddaten | ||
1 | Aktueller FEV1-Wert (alle 6–12 Monate) | x Prozent des Soll-Wertes / Nicht durchgeführt |
1a | Klinische Einschätzung des Osteoporoserisikos durchgeführt | Ja / Nein |
Relevante Ereignisse | ||
2 | Häufigkeit von Exazerbationen seit der letzten Dokumentation | Anzahl |
3 | Ungeplante, auch notfallmäßige (ambulant und stationär) ärztliche Behandlung wegen COPD seit der letzten Dokumentation | Anzahl |
Medikamente | ||
4 | Kurz wirksame β2-Sympathomimetika und/oder Anticholinergika | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
5 | Lang wirksame β2-Sympathomimetika | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
6 | Lang wirksame Anticholinergika | Bei Bedarf / Dauermedikation / Keine / Kontraindikation |
7 | Inhalationstechnik überprüft | Ja / Nein |
8 | Sonstige diagnosespezifische Medikation | Nein / Inhalative Glucocorticoide / Systemische Glucocorticoide / Andere |
Schulung | ||
9 | COPD-Schulung empfohlen (bei aktueller Dokumentation) | Ja / Nein |
9a | Schulung schon vor Einschreibung in DMP wahrgenommen | Ja / Nein |
10 | Empfohlene Schulung wahrgenommen | Ja / Nein / War aktuell nicht möglich / Bei letzter Dokumentation keine Schulung empfohlen |
Behandlungsplanung | ||
12 | Empfehlung zum Tabakverzicht ausgesprochen | Ja / Nein |
13 | Empfehlung zur Teilnahme an Tabakentwöhnungsprogramm ausgesprochen | Ja / Nein |
14 | An einem Tabakentwöhnungsprogramm seit der letzten Empfehlung teilgenommen | Ja / Nein / War aktuell nicht möglich |
15 | Empfehlung zum körperlichen Training ausgesprochen | Ja / Nein |
*Zeile 11: „Weggefallen“ |
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 136-2020-1/3: In thunder, lighting, or in rain – Unwetter und Vorstellungen in der Rettungsstelle
- Studientelegramm 86-2019-1/3: CRP-gesteuerte Antibiotika-Therapie bei AECOPD?
- Studientelegramm 37-2018-1/3: Antibiotikatherapie bei COPD-Patienten mit akuter Exazerbation?
- Studientelegramm 24-2018-3/3: COPD - Triple-Inhalatoren der dualen Therapie überlegen?
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 108-2024-1/3: Can high-intensity NIPPV prevent intubation in AECOPD?
- One-Minute Telegram 108-2024-2/3: Is 24/7 oxygen necessary for severe hypoxemia?
- One-Minute Telegram 99-2024-1/3: Specialized care of newly diagnosed asthma and COPD leads to better outcomes
- OMT 94-2024-2/3: Gabapentinoids and risk of severe AECOPD
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AMBOSS-Podcast zum Thema
COPD: Von der Erstdiagnostik bis zur Palliation (September 2023)
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Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
COPD – Teil 1: Pathogenese
COPD – Teil 2: Diagnostik
COPD – Teil 3: Therapie (GOLD ABE)
COPD – Teil 4: Exazerbation
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- J44.-: Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit
- Inklusive: Chronische:
- Bronchitis:
- asthmatisch (obstruktiv)
- emphysematös
- mit Emphysem
- obstruktiv:
- Bronchitis
- Tracheobronchitis
- Die aufgeführten Krankheitszustände zusammen mit Asthma bronchiale
- Bronchitis:
- Exklusive:
- J44.0-: Chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Infektion der unteren Atemwege
- J44.1-: Chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation, nicht näher bezeichnet
- J44.8-: Sonstige näher bezeichnete chronische obstruktive Lungenkrankheit
-
Chronische Bronchitis:
- asthmatisch (obstruktiv) o.n.A.
- emphysematös o.n.A.
- obstruktiv o.n.A.
- Exklusive: Mit akuter Exazerbation(J44.1‑), Mit akuter Infektion der unteren Atemwege (J44.0‑)
-
Chronische Bronchitis:
- J44.9-: Chronische obstruktive Lungenkrankheit, nicht näher bezeichnet
- Chronische obstruktive Krankheit der Atemwege o.n.A.
- Chronische obstruktive Lungenkrankheit o.n.A.
- Inklusive: Chronische:
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.