Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden verschiedene messbare Reaktionen des Körpers auf Entzündungsreaktionen behandelt: Als einfache und nicht-invasiv messbare Zeichen der Inflammation besitzen die sog. Kardinalzeichen der Entzündung (Rubor, Calor, Tumor, Dolor und Functio laesa) sowie Fieber seit jeher einen großen Stellenwert in der ärztlichen Diagnostik. Je nach Temperaturkurve können manchmal sogar Aussagen über mögliche Erreger getroffen werden (z.B. bei Malaria) – in einigen Fällen bleibt die Ursache der Temperaturerhöhung jedoch unklar („fever of unknown origin“).
Die febrile Neutropenie ist eine gefährliche Komplikation und stellt eine Notfallsituation dar. Das Immunsystem der Patienten ist krankheits- und therapiebedingt stark geschwächt, wodurch die Abwehrreaktion herabgesetzt sein kann und ein breiteres Erregerspektrum inkl. opportunistischer Pathogene in Betracht kommt.
Weiterhin finden sich bei entzündlichen Prozessen typischerweise humorale und zelluläre Veränderungen, die sich durch Messung im Serum diagnostisch verwerten lassen („Akute-Phase-Proteine“). Wichtigste Vertreter der Entzündungsparameter im Blut sind das C-reaktive Protein (CRP), die Leukozyten und die Blutsenkungsgeschwindigkeit. Zunehmende Bedeutung in der Verlaufskontrolle bei septischen Prozessen besitzt darüber hinaus das Procalcitonin.
Eine Erläuterung des gesamten Immunsystems und aller beteiligten Prozesse bei einem Entzündungsgeschehen bietet das Kapitel Immunsystem.
Lokale Entzündungsreaktion
Akute lokale Entzündung
- Kardinalzeichen der Entzündung
- Pathomechanismus
- Gewebeschädigung
- Ischämische Phase: (Kurzzeitige) Minderdurchblutung des Gewebes
- Akute Abnahme des Gefäßtonus der Arteriolen und Konstriktion der Venolen mit konsekutiver Hyperämie („Rubor“ und „Calor“) → Hoher intravasaler Druck → Austritt von Blutplasma ins Gewebe → Ödembildung ("Tumor")
- Verlangsamung des Blutflusses und Aktivierung der Endothelzellen → Adhäsion von Leukozyten an die Endothelien → Diapedese (Durchwanderung der Gefäßwand) und Wanderung der Leukozyten aufgrund proinflammatorischer Zytokine und Interleukine (= Chemotaxis) an den Ort der Entzündung
Chronische lokale Entzündung
- Granulomatöse Entzündung
- Pathomechanismus: Akute Entzündung → Ursache kann nicht vollständig beseitigt werden → Granulom: Häufig mit bloßem Auge sichtbare Ansammlung von phagozytierenden Zellen (Makrophagen, Riesenzellen, Epitheloidzellen) und Lymphozyten, selten Granulozyten
- Beispiele: Tuberkulose, rheumatoide Arthritis, Sarkoidose, Morbus Crohn, Granulomatose mit Polyangiitis, Riesenzellarteriitis, Fremdkörpergranulom etc.
- Granulierende Entzündung
- Folge einer akuten, eitrigen Entzündung (z.B. Abszess)
- Granulationsgewebe wird durch Fibroblasten (Bindegewebsproliferation) und Endothelzellen (Gefäßneubildung) aufgebaut
Fieber und Fieberformen
Definition
- Fieber
- Rektal: >38 °C
- Sublingual/axillär : ≥37,5 °C/37,7 °C
- Subfebrile Temperatur: Leicht erhöhte Körpertemperatur [1]
- Rektal: 37,5 °C–38 °C
Fieber ist Ausdruck einer systemischen Entzündungsreaktion!
Fiebertypen nach Verlauf | ||
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Fiebertyp | Verlauf | Assoziierte Krankheiten |
Kontinua-Fieber |
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Remittierendes Fieber |
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Intermittierendes Fieber |
| |
Undulierendes Fieber |
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Periodisches Fieber |
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Rekurrierendes Fieber |
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Biphasisches Fieber |
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|
Fever of unknown Origin (FUO, Fieber unklaren Ursprungs)
- Definition (nach Petersdorf und Beeson, 1961)
- Fieber ≥3 Wochen
- Wiederholt Temperatur >38,3 °C
- Diagnostische Abklärung über 1 Woche ohne Klärung der Ursache
- Der Begriff wird in der klinischen Alltagssprache bei unklarem Fieberfokus oftmals auch schon nach einer kürzeren Zeit verwendet
- Weitere Einteilung
- Klassisches FUO
- Nosokomiales FUO → Auftreten nach Aufnahme in ein Krankenhaus
- Neutropenisches FUO (≈ neutropenisches Fieber)
- HIV-assoziiertes FUO
- Als Ursache müssen bedacht werden: Infektionen, Autoimmunerkrankungen, Malignome
- Beispiele für zunächst als FUO klassifizierte Erkrankungen, weil teilweise schwierig nachzuweisen: Organabszess, Osteomyelitis, Morbus Still, Kawasaki-Syndrom, Sarkoidose, maligne Lymphome, Leukämie
- Weitere mögliche Ursachen: Rezidivierende Lungenembolien, Drug Fever, hereditäre Fiebersyndrome
Aufgrund der vorliegenden Immunschwäche besteht bei neutropenischem Fieber Lebensgefahr!
Fieber in Neutropenie
Definitionen
- Fieber: Bereits ab 38,0 °C abklärungs- und interventionspflichtig!
- Neutropenie: Risiko steigt mit abnehmender Neutrophilenzahl
- WHO-Grad 1: >1500 Zellen/μL
- WHO-Grad 2: <1500 Zellen/μL
- WHO-Grad 3: <1000 Zellen/μL
- WHO-Grad 4 (bzw. Agranulozytose): <500 Zellen/μL
Das Infektionsrisiko ist abhängig von Dauer und Tiefe (Tiefpunkt = Nadir) der Neutropenie! Bei einer anhaltenden Neutropenie >10 Tage entwickelt nahezu jeder Patient einen fieberhaften Infekt!
Ätiologie
- Infektionsrisiko: Abhängig von Tumorentität bzw. Art und Aggressivität einer onkologischen Therapie
- Tumorentität: Insb. bei Lymphomen und Leukämien , jedoch auch bei soliden Tumoren
- Onkologische Therapie: Insb. bei aggressiven zytostatischen Therapien mit hohem Neutropenie-Risiko bzw. bei Strahlentherapien mit Bestrahlung des Knochenmarks (Myelotoxizität)
- Ggf. ergänzende immunsuppressive Therapien: Glucocorticoide und teilweise „Targeted Therapies“ mit immunsupprimierendem Effekt
- Weitere Risikofaktoren
- Angeborene Immundefekte mit Neutropenie
- Allgemeine Risikofaktoren, insb. Alter, reduzierter Allgemeinzustand und/oder Komorbiditäten
Erregerspektrum [2]
- Erweitertes Spektrum bei Immunsuppression: Häufige Erreger der physiologischen Kolonisationsflora als opportunistische Erreger
Erregerspezies [2]
- Bakterien
- Viren
- Pilze: Häufig bei AML-/MDS-Patienten oder Z.n. Stammzelltransplantation
- Candida spp.
- Aspergillus
-
Mukormykosen
- Schimmelpilze: Mucorales, Rhizomucor oder Rhizopus
- Pneumocystis jirovecii
Klinik und Diagnostik [2]
- Klinik
- Häufig heterogen
- Abgeschwächte (= attenuierte) Immunreaktion
- Spätere klinische Apparenz und rasch-progredienter Verlauf
- Häufigste Organmanifestationen
- Lunge
- Gastrointestinaltrakt
- Urogenitaltrakt
- Haut bzw. Katheterinfektion
- Diagnostik
- Richtet sich nach der Klinik (siehe Tabelle unten)
- Breiteres Erregerspektrum
Diagnostik bei febriler Neutropenie | ||
---|---|---|
Klinik | Diagnostik | |
Fokusunabhängig | Fieber in Neutropenie | Blutkulturen peripher und ggf. auch zentral (DTP) |
Lunge | Dyspnoe, Husten, Auskultationsbefund | CT-Thorax, <72 h: Legionellen-Antigen im Urin |
Gastrointestinaltrakt | Mukositis | Abstrich der Mundschleimhaut |
Diarrhö | Stuhlprobe | |
Tast- oder Auskultationsbefund | Sono-Abdomen | |
Ableitende Harnwege | Alg-, Dys- und/oder Pollakisurie |
Die Diagnostik läuft parallel zur empirischen Breitbandantibiotikatherapie! Eine Verzögerung der Behandlung kann rasch zu Sepsis und Multiorganversagen führen!
Diagnostik bei anhaltendem FUO >72–96 h
Klinik | Diagnostik | |
---|---|---|
Fokusunabhängig | Anhaltendes Fieber in Neutropenie | Blutkulturen zentral und peripher, Blutbild und PCT |
Lunge | Nach Ablauf einer Woche erneut: CT-Thorax nativ | |
Gastrointestinaltrakt | Schmerzen | Sono-Abdomen |
Obstipation >3 Tage | Sono-Abdomen und Röntgen-Abdomen in 2 Ebenen | |
Diarrhö | Ambulant: Stuhl auf Clostridioides-difficile-Toxin testen; stationär <72 h: Test auf ambulant erworbene Erreger | |
Ableitende Harnwege | Alg-, Dys- und/oder Pollakisurie | Urinstatus |
Differenzialdiagnostik [2]
- Cytokine Release Syndrome als schwerwiegende Nebenwirkung einer Targeted Therapy
Therapie [3][4][5][6][7]
Indikation zur stationären Aufnahme [3]
MASCC-Score [3] | |
---|---|
Klinische Beurteilung |
|
Keine Hypotension | 5 Punkte |
Keine COPD | 4 Punkte |
Solider Tumor / Kein Z.n. Pilzinfektion | 4 Punkte |
Keine schwere Dehydratation | 3 Punkte |
Beginn des Fiebers außerhalb des Krankenhauses | 3 Punkte |
Alter <60 Jahre | 2 Punkte |
- Interpretation
- Orale Therapie möglich, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- MASCC-Score >20
- Erwartete Neutropeniedauer <10 Tage und
- Keine Fluorchinolon-Prophylaxe und
- Keine ESBL- oder MRSA-Kolonisierung
- Ambulante Therapie möglich, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Keine i.v. Therapie nötig
- Stabil in erster Stunde nach Fieberbeginn
- Nicht alleine zuhause
- Klinik in <30 min erreichbar
- Stationäre Aufnahme und intravenöse Therapie bei
- MASCC-Score ≤20 oder
- Tiefer Neutropenie oder
- Erneutem Fieber oder
- Erneuter klinischer Verschlechterung
- Orale Therapie möglich, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
Medikamentöse Therapie [3][4][5][6][7]
- Engmaschige Beobachtung
- Breitbandantibiotikum: Gabe <2 h nach Fieber in Neutropenie
- Therapieanpassung: Ggf. resistogrammgerechte Umstellung auf gezielte Therapie bei Erregernachweis
Fieber in Neutropenie: Empirische Therapie | ||
---|---|---|
Breitbandantibiotikatherapie bei unklarem Fokus | Kein Ansprechen nach 96 h | |
Neutropenie <500/μL für <10 Tage + ambulante Therapie nach MASCC-Score möglich |
| Piperacillin/Tazobactam |
Neutropenie <500/μL für <10 Tage, ambulante Therapie nach MASCC-Score nicht möglich |
| Piperacillin/Tazobactam |
Neutropenie <500/μL für >10 Tage | ||
Z.n. autologer Stammzelltransplantation |
| Keine Änderung |
Bei Patienten mit Fieber in der Neutropenie (Neutrophile < 0,5 G/L oder < 1 G/L mit sinkender Tendenz) soll nach der Abnahme von 2 unabhängigen Blutkulturen und ohne Zeitverzögerung durch weitere Diagnostik eine empirische Therapie mit Breitbandantibiotika begonnen werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme 2)
Therapieende
- Fortführung der Therapie bis
- Kein Nachweis eines Erregers mit spezifischer Therapiedauer/erforderlicher Fortführung der Therapie
- Klinische Verbesserung
- Fieberfrei >48 h und nicht mehr neutropen, oder fieberfrei seit 7 Tagen
Infektionsprophylaxe bei Neutropenie
Prophylaxe | |
---|---|
Neutropenie <500/μL |
|
Neutropenie <500/μL für >10 Tage |
|
Z.n. autologer Stammzelltransplantation |
|
Auf die Anwendung von G-CSF im Kontext einer Chemotherapie-induzierten Neutropenie soll in Situationen ohne belegten klinischen Nutzen verzichtet werden. Dies gilt insb. bei manifester Neutropenie (außer bei Infekt mit zusätzlichen Risikofaktoren) und prophylaktisch bei niedrigem Risiko einer febrilen Neutropenie (<20%) (DGIM - Klug entscheiden in der Hämatologie und medizinischen Onkologie).
Hereditäre Fiebersyndrome
Familiäres Mittelmeerfieber
Das familiäre Mittelmeerfieber ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, bei der die Patienten rezidivierend an selbstlimitierenden Fieberattacken mit heftigen Bauch- und/oder Brustschmerzen leiden, manchmal begleitet von Monarthritiden und Hauterscheinungen. Zwischen den Schüben sind die Patienten unauffällig.
- Epidemiologie: Kommt insb. im östlichen Mittelmeerraum gehäuft vor
- Genetik: Mutationen im MEFV-Gen auf Chromosom 16; autosomal-rezessive Vererbung
- Pathophysiologie: Mutation bewirkt wahrscheinlich eine Überaktivität der Granulozytenfunktion
- Klinik
- Fieber, Peritonitis (manchmal Polyserositis) über 1–3 Tage im Intervall von Wochen bis Monaten
- Typisch ist eine Appendektomienarbe aufgrund mehrfacher Vorstellung in der Klinik wegen akuten Abdomens
- Komplikation: Proteinablagerungen (Amyloidose vom Typ AA)
- Therapie
- Leichte Formen bleiben unerkannt und unbehandelt
- Prophylaxe einer Amyloidose durch Hemmung der Granulozytenfunktion: Colchicin, TNF-α-Antagonisten
Weitere hereditäre Fiebersyndrome
- Hyper-IgD-Syndrom
- Tumornekrosefaktor-Rezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom
- etc.
Akute-Phase-Reaktion
Typische „Entzündungskonstellation“ im Labor: CRP↑, Leukozyten↑, Blutsenkungsgeschwindigkeit↑
Kurzbeschreibung: Komplexe, humorale und zelluläre Immunreaktion auf Gewebeschädigung (die sich diagnostisch zunutze gemacht wird)
Laborchemische Entzündungszeichen
- Leukozytose
- Blutsenkungsgeschwindigkeit↑ (BSG)
- Normwerte
- Relativ unzuverlässig (falsch-positiv oder falsch-negativ), da abhängig von Größe und Form (Mikrozytose↓, Makrozytose↑, Sphärozytose↓), der Dichte (Polyglobulie↓, Anämie↑) sowie der Oberflächenladung der Erythrozyten
- „Sturzsenkung“ = Extrem beschleunigte Senkungsgeschwindigkeit, Werte ab 100 mm in der 1. Stunde (uneinheitliche Angabe)
-
Beteiligung von mehr als 30 Akute-Phase-Proteinen, die durch Freisetzung von Interleukin-6 (IL-6) vermehrt in der Leber gebildet werden . Im Folgenden werden die Wichtigsten genannt:
- C-reaktives Protein (CRP) → Opsonierung von Pathogenen
- Verstärkt die phagozytäre Wirkung der Makrophagen
- Hohe Sensitivität bei der Erkennung von Entzündungen
- Bei bakteriellen Infektionen oft besonders starker Anstieg (unsicher!)
- Anstieg ca. 6–12 h nach Beginn der Entzündungsreaktion
- Halbwertszeit: 24 h
- Keine Organ- oder Krankheitsspezifität
- Ferritin → Erreger erhalten weniger des für sie essenziellen Eisens
- Fibrinogen → Gerinnungsförderung → Wundheilung
- α1-Antitrypsin → Schutz vor Proteasenüberaktivität
- Haptoglobin → Bindung von Hämoglobin
- Procalcitonin
- Wird als sensitiver Verlaufsparameter v.a. bei SIRS und Sepsis bestimmt
- Negative Akute-Phase-Proteine (auch Anti-Akute-Phase-Proteine) : Albumin, Transferrin, Antithrombin etc.
- C-reaktives Protein (CRP) → Opsonierung von Pathogenen
Der Nachweis erhöhter Entzündungswerte wie C-reaktives Protein (CRP) oder Procalcitonin (PCT) allein soll keine Indikation für eine Antibiotikatherapie darstellen. (DGIM - Klug entscheiden in der Infektiologie)
SOP (Standard Operating Procedure)
In den Ergänzungen dieser Sektion können individuelle SOPs eingefügt werden. Diese Sektion ist über die AMBOSS-Suchfunktion mittels dem Begriff „SOP Fieber“ oder „SOP Entzündungsreaktion“ unmittelbar auffind- und ansteuerbar.
AMBOSS-Pflegewissen: Pflege bei Fieber
Beobachten/Überwachen
Die folgenden Beobachtungen sollten in allen Fieberphasen durchgeführt werden.
- Basismonitoring: Temperatur, Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz
- Ausscheidungen: Insb. Oligurie/Anurie und Obstipation
- Neuropsychiatrische Symptome: Bewusstseinsveränderungen, Unruhe, Delir
- Schocksymptomatik: Insb. hypovolämischer Schock und septischer Schock → Umgehend ärztliches Personal informieren!
Fieberphasen
Aus der Einteilung der Fieberphasen können pflegerische Maßnahmen abgeleitet werden. Grundsätzlich gilt:
- Dauer der einzelnen Phasen kann variieren
- Wiederholungen einzelner Phasen möglich
- Exakte Bestimmung der Fieberphase ggf. nicht möglich Übergeordnete pflegerische Ziele
- Auslöser verstehen
- Komplikationen verhindern
- Wohlergehen unterstützen
Spätestens bei einer Körpertemperatur >40 °C sollte unverzüglich das ärztliche Personal informiert und mit der (medikamentösen) Fiebersenkung (nach ärztlicher Anordnung) begonnen werden! Die möglicherweise einsetzende Denaturierung der körpereigenen Proteine ist lebensbedrohlich!
Fieber ist immer ein Symptom und weist ggf. auf eine notwendige Abklärung bzw. Behandlung hin! Sollte bei Patient:innen Fieber neu auftreten, ist immer das ärztliche Personal zu informieren!
Symptome und pflegerische Maßnahmen der Fieberphasen | ||
---|---|---|
Fieberphasen | Symptome | Maßnahmen |
Fieberanstieg |
|
|
Fieberhöhe |
|
|
Fieberabfall |
|
|
Insb. bei kardialen Infektionserkrankungen (bspw. Myokarditis) und kardialen Vorerkrankungen besteht die Gefahr einer akuten Herzinsuffizienz bzw. kardialen Dekompensation!
Patient:innen mit Fieber sollten nicht überfordert werden! Oftmals sind sie weniger belastbar und sollten dann auch die Ruhe und Erholung bekommen, die sie brauchen!
Fiebersenkende Pflegemaßnahmen
Medikamentöse Fiebersenkung
- Indikation
- I.d.R. ab 38,5 °C nach ärztlicher Anordnung und hausinternen Standards
- Insb. bei (drohendem) Flüssigkeitsmangel, durch Fieber reduziertem Allgemeinzustand, kardialen Vorerkrankungen oder Hypotonie
- Wirkstoffe: Antipyretika (bspw. Metamizol, Ibuprofen, Paracetamol)
- Häufige Nebenwirkungen bei Metamizol : Blutdruckabfälle und allergische Reaktionen → Darf insb. nicht bei Hypotonie oder bereits bekannter Allergie verabreicht werden!
- Basismonitoring: Vor und nach Medikamentengabe, um Wirksamkeit der Maßnahme zu überprüfen
Nicht jedes Fieber muss medikamentös gesenkt werden!
Nicht-medikamentöse fiebersenkende Pflegemaßnahmen
- Wadenwickel
- Kontraindikationen: Kreislaufzentralisation, kühle Extremitäten, pAVK, diabetisches Fußsyndrom
- Bettschutz unterlegen, Temperatur vor und nach der Maßnahme messen
- 2 Tücher mit lauwarmem (nicht >10 °C kälter als Körpertemperatur) Wasser und ggf. Zusätzen anfeuchten
- Tücher faltenfrei und locker um den Unterschenkel wickeln, für ca. 10 min / bis zur Erwärmung dort belassen
- Kann 2–3× durchgeführt werden, die Temperatur sollte jedoch nicht >1 °C absinken
- Waschungen
- Mit lauwarmem (nicht >10 °C kälter als Körpertemperatur) Wasser und ggf. Zusätzen Patient:innen von den Extremitäten zum Körperstamm waschen
- Nur zu waschende Körperstelle aufdecken , feuchte Haut trocknen lassen und erst dann Stelle wieder zudecken → Verdunstungskälte!
- Für ausreichende Wärme nach der Waschung sorgen
- Zusätze
- Durchblutungsfördernd, können das Wohlbefinden durch angenehmen Geruch steigern
- Ca. 2–4 Tropfen ätherisches Öl/4–6 L Wasser (= eine Waschschüssel) ausreichend
- Um allergische Reaktionen und Hautreizungen zu vermeiden: Patient:innen nach Allergien befragen, Wasser mit Zusätzen vor großflächiger Anwendung an einer kleinen Stelle testen
- Für Gesicht (insb. um die Augen) und Intimbereich darf niemals mit Zusätzen versehenes Wasser verwendet werden
- Kühlelemente
- Keine Anwendung bei kognitiv eingeschränkten Patient:innen oder Menschen mit Sensibilitätsstörungen
- Direkten, längerfristigen Hautkontakt mit Kühlelementen aus dem Gefrierfach aufgrund der Gefahr von lokalen Erfrierungen vermeiden → Kühlelemente in ein Tuch wickeln und nicht >3–4 min unbeaufsichtigt auf einer Stelle lassen
- Patient:innen anweisen, Kühlelement bei zu starker Kälte zu entfernen
- In der Nähe großer Blutgefäße positionieren
- Körpertemperatur um max. 1 °C senken, bei ausbleibender Wirkung innerhalb von 30 Min. Maßnahmen abbrechen
- Kühlmatte
- Nur bei therapieresistentem Fieber mit engmaschiger Überwachung
- Schnelle Wirkung aufgrund der großen Kühlfläche
- Wird zwischen Laken und Matratze positioniert, automatische aber auch manuelle Temperatureinstellung möglich
Engmaschiges Basismonitoring vor, während und nach den Maßnahmen durchführen! Abbruch bei pathologischen Veränderungen der Vitalzeichen!
Fiebersenkende Maßnahmen durch Kühlung sind bei frierenden Patient:innen (und insb. im Fieberanstieg) ungeeignet!
Alle physikalischen Maßnahmen müssen auf das Wohlbefinden der Patient:innen abgestimmt sein und vorher mit ihnen besprochen werden!
Fieber im Alter
- Durch abnehmende Effektivität des Immunsystems: Häufiger Infektionen und Autoimmunerkrankungen
- Bei ca. ⅓ der älteren Personen tritt kein Fieber bei schweren Infekten auf
- Elastizität der Gefäße↓→ Kreislaufsymptomatik↑ bei Infekten
- Durstgefühl↓→ Höhere Gefahr einer Dehydratation
Prophylaxen
- Dekubitusprophylaxe: Hohe Schweißproduktion gehört zu den Dekubitus-Risikofaktoren → Regelmäßige Hautpflege
- Thromboseprophylaxe: Hohes Fieber kann das Thromboserisiko erhöhen
- Pneumonieprophylaxe: Immobilität und schlechter Allgemeinzustand begünstigen eine Pneumonie, insb. bei Influenza bzw. akuter Bronchitis
- Obstipationsprophylaxe: Hoher Flüssigkeitsverlust bei Fieber erhöht das Risiko für eine sekundäre Obstipation
- Candidosenprophylaxe: Störung der Hautflora (schwitzige Haut und Mundtrockenheit) als Risikofaktor für die Entstehung einer Candidose → Regelmäßige Pflege der intertriginösen Hautbereiche und Mundpflege, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Mundpflege
Ernährung
- I.d.R. Wunschkost
- Leicht verdauliche, vitaminreiche, eher kohlenhydratreiche, fettarme Kost
- Ggf. Zwischenmahlzeiten anbieten
- Ggf. zinkhaltige Lebensmittel
- Ggf. Elektrolyt- und Proteinausgleich nach ärztlicher Anordnung
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 269-2023-2/3: Keine Zukunftsmusik: Drahtlose CRP-Messung mit Wearables – Schweißtreibendes Monitoring am Horizont
Hast du Interesse an regelmäßigen Updates zu aktuellen Studien aus dem Bereich der Inneren Medizin? Dann abonniere das Studien-Telegramm! Den Link zur Anmeldung sowie zu weiteren spannenden AMBOSS-Formaten findest du am Seitenende unter „Tipps & Links“.
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Immun-Saga
Immun-Saga – Episode 4: Akute-Phase-Reaktion
Immun-Saga – Episode 7: Fieber
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- R50.-: Fieber sonstiger und unbekannter Ursache
- Exklusive: Fieber unbekannter Ursache: beim Neugeborenen (P81.9), unter der Geburt (O75.2), Fieber o.n.A. im Wochenbett (O86.4)
- R50.2: Medikamenten-induziertes Fieber [Drug fever]
- R50.8-: Sonstiges näher bezeichnetes Fieber
- R50.9: Fieber, nicht näher bezeichnet
- Hyperpyrexie o.n.A.
- Pyrexie o.n.A.
- Exklusive: Maligne Hyperthermie durch Anästhesie (T88.3)
- P81.-: Sonstige Störungen der Temperaturregulation beim Neugeborenen
- P81.9: Störung der Temperaturregulation beim Neugeborenen, nicht näher bezeichnet
- Fieber beim Neugeborenen o.n.A.
- P81.9: Störung der Temperaturregulation beim Neugeborenen, nicht näher bezeichnet
- O75.-: Sonstige Komplikationen bei Wehentätigkeit und Entbindung, anderenorts nicht klassifiziert
- O86.-: Sonstige Wochenbettinfektionen
- Exklusive: Infektion unter der Geburt (O75.3)
- O86.4: Fieber unbekannten Ursprungs nach Entbindung
- Fieber o.n.A.
- Infektion o.n.A.
- im Wochenbett
- nach Entbindung
- Exklusive: Fieber unter der Geburt (O75.2), Puerperalfieber (O85)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.