Zusammenfassung![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Thyreostatika können im Wesentlichen in Thionamide und Perchlorate unterschieden werden. Während Thionamide über eine Hemmung der Thyreoperoxidase die Schilddrüsenhormonsynthese hemmen, inhibieren Perchlorate die Aufnahme von Iod in Thyreozyten. Haupteinsatzgebiet der Thyreostatika ist die Behandlung der Hyperthyreose und thyreotoxischer Krisen, Perchlorate hingegen werden insb. auch in speziellen Situationen mit erhöhter Iodbelastung (z.B. i.v. Kontrastmittelgabe) protektiv verabreicht. Beide Medikamentengruppen können über die reaktive Erhöhung des TSH-Werts eine diffuse Struma bedingen, wobei Perchlorate allgemein über eine hohe Nebenwirkungsrate verfügen (Gastritis, Allergien).
Wirkstoffe und Dosierungshinweise![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Thionamide
- Indikationen: Hyperthyreose, Thyreotoxikose
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Mittel der 1. Wahl: Bei nicht-iodinduzierter Hyperthyreose
- Thiamazol oder
- Carbimazol
- Mittel der 2. Wahl: Bei Unverträglichkeit gegenüber Mitteln der 1. Wahl und bei Hyperthyreose in der Schwangerschaft
- Propylthiouracil
- Mittel der 1. Wahl: Bei nicht-iodinduzierter Hyperthyreose
Der Wirkungseintritt von Thionamiden ist verzögert nach etwa 6–8 Tagen zu erwarten; zur Therapie der Hyperthyreose ist eine begleitende symptomatische Therapie erforderlich!
Therapiemonitoring der Thionamid-Thyreostatika
- Hämatotoxizität: Bei Thiamazol und Carbimazol dosisabhängig, bei Propylthiouracil dosisunabhängig
- Insb. in der Eindosierungsphase engmaschige Kontrollen des Differenzialblutbildes (wöchentlich, danach vierwöchentlich)
- CAVE: Eine Agranulozytose tritt plötzlich auf; Patienten sollte daher bei Halsschmerzen, Fieber und Unwohlsein eine umgehende ärztliche Vorstellung angeraten werden
- Milde transiente Leukopenien sind i.d.R. kein Grund zum Absetzen der Therapie
- Hepatotoxizität: Bei Propylthiouracil häufiger als bei den anderen Substanzen
- Regelmäßige Kontrolle der Transaminasen und des Serum-Bilirubins, nach Absetzen der Medikation i.d.R. reversibel
- Absetzen in jedem Fall bei Zeichen der Lebersynthesestörung und/oder Hyperbilirubinämie
- Arthralgien: Bei Auftreten unter Therapie schnellstmögliche Therapiebeendigung, da destruktive Arthritiden (sog. „antithyroid arthritis syndrome“) beschrieben wurden
- Exanthem bzw. Urtikaria als Hautreaktion: Vor Therapieabbruch Therapieversuch mit einem Antihistaminikum, z.B. Cetirizin
Gelenkschmerzen bzw. Halsschmerzen und Fieber sind die wichtigsten Warnsignale, auf die Patienten unter Thionamid-Therapie hingewiesen werden müssen!
Natriumperchlorat [1]
- Indikation: Prophylaxe einer Hyperthyreose vor Gabe iodhaltiger Kontrastmittel
- Dosierungen
- Rote-Hand-Brief zu Irenat-Tropfen aus Österreich: Risiko einer Fehldosierung aufgrund einer abweichenden Dosierung im Vergleich zu Irenat-Tropfen aus Deutschland (Tropfenanzahl pro Milliliter) [2]
- Protokoll bei elektiven Untersuchungen: Prophylaktische Gabe von Natriumperchlorat vor und nach der Kontrastmittelgabe
- Protokoll für den vital bedrohlichen Notfall (bei manifester Hyperthyreose): Unmittelbare Prämedikation mit Natriumperchlorat und Thiamazol intravenös
- Perchlorat-Gabe je nach Schilddrüsenfunktion
- Bei latenter Hyperthyreose (TSH↓, fT3 und fT4↔︎ ): Direkte Perchlorat-Gabe
- Bei Risikopatienten für eine iodinduzierte Thyreotoxikose : Großzügige Indikationsstellung zur Prophylaxe mit Natriumperchlorat [3]
- Vorgehen bei manifester Hyperthyreose
- Grundsätzlich Kontraindikation für die Gabe von iodhaltigem Kontrastmittel, außer in lebensbedrohlichen Notfällen, bei der eine Kontrastmittelgabe für Diagnostik und Therapie erforderlich ist
- Ggf. muss das Risiko individuell abgewogen und in Kauf genommen werden [3]
Patienten, die trotz einer manifesten Hyperthyreose iodhaltiges Kontrastmittel verabreicht bekommen, müssen engmaschig endokrinologisch überwacht werden!
Keine Gewähr für Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte. Die Angaben erfolgen nach sorgfältigster redaktioneller Recherche. Insbesondere aktuelle Warnhinweise und veränderte Empfehlungen müssen beachtet werden. Soweit nicht anders genannt, beziehen sich die genannten Empfehlungen auf Erwachsene.
Übersicht![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Wirkstoffe | Wirkmechanismus |
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Wirkung![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Thionamide
-
Hemmung der Thyreoperoxidase (TPO-Inhibitoren) → Inhibierung der Iodisation → Schilddrüsenhormone↓ (Wirkungseintritt mit einer Latenz von 6–8 Tagen)
- Konversion von T4 zu T3 wird durch Propylthiouracil zusätzlich gehemmt
Perchlorate
- Hemmung der Aufnahme von Iodid in die Schilddrüse (rascher Wirkungseintritt)
Sonstige
- Lithium: Inhibierung der Freisetzung von Schilddrüsenhormonen
- Iodid: In hohen Dosen >5 mg/d hemmt Iod die Freisetzung von T3/T4. Es kann daher auch zur präoperativen Behandlung einer Hyperthyreose oder bei der nicht-iodinduzierten thyreotoxischen Krise eingesetzt werden, da es einen raschen Wirkeintritt (24 h) und eine relativ kurze Wirkdauer (1–2 Wochen) zeigt. Eine Iodid- oder Lithium-Gabe hemmt die Hormonfreisetzung über die Hemmung der proteolytischen Abspaltung von Thyreoglobulin.
Nebenwirkung![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Thionamide
-
Schilddrüse: Diffuse Struma durch TSH-induzierten Wachstumsreiz für die Schilddrüse
- Kombination von Thionamiden und L-Thyroxin nach Erreichen einer Euthyreose sinnvoll, um die Entstehung einer Struma zu verhindern
- Geschmacksstörungen
- Allergie/Überempfindlichkeit: Häufig Hauterscheinungen (Exanthem, Pruritus) nach Therapie mit Carbimazol/Thiamazol
- Vorgehen: Umstellung auf Propylthiouracil
- Knochenmark: Reversible Knochenmarksuppression (aplastische Anämie, Thrombozytopenie) und Agranulozytose
- Leber: Transaminasen↑, Cholestaseparameter↑, cholestatischer Ikterus, akutes Leberversagen
- Siehe auch: Therapiemonitoring der Thionamid-Thyreostatika
Perchlorate
-
Viele und häufige Nebenwirkungen wie Gastritis, Allergien, Struma oder Lymphadenopathie
Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Indikation![toggle arrow icon](https://manus-media.amboss.com/icons/chevron_up.svg)
Thionamide
- Hyperthyreose
- Thyreotoxische Krise
- Vor Radioiod-Therapie und Thyreoidektomie
Perchlorate
- Hyperthyreose
- Protektiv vor Kontrastmittelgabe oder Szintigrafie bei speziellen Indikationen
Siehe auch: Thyreostatische Therapie (inkl. Dosierungen und Verordnungshinweisen)