ambossIconambossIcon

Schilddrüsenchirurgie

Letzte Aktualisierung: 11.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Eine komplette oder teilweise Resektion der Schilddrüse kann aufgrund unterschiedlicher Krankheitsbilder der Schilddrüse (bspw. Malignome, Hyperthyreose oder mechanische Komplikationen durch große Struma) indiziert sein. Präoperativ sollte eine euthyreote Stoffwechsellage eingestellt werden, insb. um eine thyreotoxische Krise zu vermeiden. Neben einer Hypothyreose und allgemeinen Operationskomplikationen wie Blutungen und Infektionen kann es zu Verletzungen des N. laryngeus recurrens sowie zur Ausbildung eines postoperativen Hypoparathyreoidismus (durch Entfernung der Nebenschilddrüsen) kommen. Letzterer wird durch eine Substitution von Calcium und Calcitriol therapiert. Bei einer Nachblutung muss aufgrund des Risikos für einen Atemstillstand eine umgehende operative Revision erfolgen.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Definitiontoggle arrow icon

In der Schilddrüsenchirurgie werden verschiedene Operationstechniken angewendet, die sich v.a. im Resektionsausmaß unterscheiden.

  • Enukleation: Knoten wird aus seiner Kapsel geschält
  • Knotenexzision: Knoten wird mit einem Saum unveränderten Schilddrüsengewebes entfernt
  • Isthmusresektion: Prätracheales Schilddrüsengewebe wird entfernt
  • Subtotale Hemithyreoidektomie: Ein Schilddrüsenlappen wird entfernt, wobei ein Parenchymrest von 1–4 mL belassen wird
  • Fast-totale Hemithyreoidektomie: Ein Schilddrüsenlappen wird entfernt, wobei ein Parenchymrest von <1 mL belassen wird
  • Hemithyreoidektomie: Ein Schilddrüsenlappen wird mit dem Schilddrüsenisthmus entfernt
  • Operation nach Riedel-Hartley–Dunhill: Ein Schilddrüsenlappen wird komplett und der kontralaterale Schilddrüsenlappen teilweise entfernt, wobei ein Parenchymrest von 1–4 mL am oberen Pol oder dorsal belassen wird
  • Subtotale Thyreoidektomie: Beide Schilddrüsenlappen werden entfernt, wobei beidseitig ein Parenchymrest von 1–4 mL belassen wird
  • Fast-totale Thyreoidektomie: Beide Schilddrüsenlappen werden entfernt, wobei ein Parenchymrest von <2 mL belassen wird
  • Thyreoidektomie: Beide Schilddrüsenlappen, der Isthmus und der Lobus pyramidalis werden entfernt
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Indikationtoggle arrow icon

Operationsverfahren

Patient:innen sollten immer auch über alternative Therapieoptionen wie bspw. die Radioiodtherapie aufgeklärt werden!

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Anatomische Grundlagentoggle arrow icon

Gefäße

Nerven

  • R. externus n. laryngei superioris: Über-, hinter- oder durchkreuzt Äste des oberen Gefäßpols und die A. thyreoidea superior von kranial [1]
  • N. laryngeus recurrens : Nähert sich rechts und links unterschiedlich der Rückseite des unteren Schilddrüsenpols an
    • Rechts: Schräg von laterokaudal
    • Links: Steil von kaudal
    • Über-, hinter- oder durchkreuzt die (Äste der) A. thyreoidea inferior kapselnah
    • Zwischen Trachea und Ösophagus
  • N. vagus: In der Gefäßscheide zwischen A. carotis communis und V. jugularis interna

Nebenschilddrüsen

Gefährdete Strukturen in der Schilddrüsenchirurgie

Gefährdete Strukturen bei Operationen der Schilddrüse
Lokalisation der OP Gefäße Nerven Nebenschilddrüsen
Oberer Pol
  • A. thyreoidea superior
  • Oberer Gefäßpol
  • R. externus n. laryngei superioris
  • Variablen möglich
Lateraler Rand
  • Obere und untere
Rückseite
  • A. thyreoidea inferior
Unterer Pol
  • A. thyreoidea inferior
  • Unterer Gefäßpol
  • Untere

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Vorbereitungtoggle arrow icon

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Ablauf/Durchführungtoggle arrow icon

Unmittelbare Vorbereitung

Für ein symmetrisches Ergebnis der Narbe ist darauf zu achten, dass der Kopf vor dem Hautschnitt unbedingt gerade gelagert ist!

Zugang

Alternative Zugänge [1][10]

  • Voraussetzungen: Große Erfahrung, unilateraler Knoten ≤3 cm, betroffener Schilddrüsenlappen <6 cm bzw. <30 mL, kein Malignomverdacht
  • Kontraindikationen: Große/retrosternale Strumen, Malignität, Rezidive, Z.n. OP/Bestrahlungen im Bereich des Zugangs
  • Techniken
    • Minimalinvasive zervikale Technik: Minimalinvasive videoassistierte Thyreoidektomie (MIVAT)
    • Extrazervikale Techniken
      • Axillo-bilateraler Brustkorbzugang (ABBA oder BABA)
      • Transaxilläre Roboter-assistierte Thyreoidektomie (TRAT)
      • Transoraler Zugang (TOETVA)
      • Retroaurikulärer Zugang
  • Vorteile: Besseres kosmetisches Ergebnis, Komplikationsraten vergleichbar zur konventionellen Technik

Präparation der Schilddrüse

  1. V. thyroidea media (sog. Kocher-Vene) aufsuchen, darstellen und zwischen Ligaturen durchtrennen
    • Alternativ: Vorgehen von kranial mit Versorgen des oberen Gefäßpols vor der Kocher-Vene
  2. Mit Finger oder kleinem Stieltupfer seitlich einsteigen, um die Schilddrüse zu mobilisieren, gründliche Blutstillung, ggf. mit Ligaturen
  3. Schilddrüse mit einer Kompresse fassen und vorsichtig nach kaudal luxieren
  4. Obere Polgefäße (vereinigtes Venengeflecht und A. thyroidea superior) aufsuchen, darstellen und kapselnah zwischen Ligaturen durchtrennen
  5. Ggf. vorhandenen Lobus pyramidalis abpräparieren
  6. A. thyreoidea inferior aufsuchen, darstellen und zwischen Ligaturen durchtrennen
  7. Lig. suspensorium thyroideae lösen
  8. Untere Polgefäße aufsuchen, darstellen und kapselnah zwischen Overholt-Klemmen und Ligatur durchtrennen
  9. Schilddrüsenisthmus teils scharf, teils stumpf mobilisieren und Trachea schonen
  10. Blutstillung
  11. Schilddrüsenisthmus zwischen Overholt-Klemmen durchtrennen und Schilddrüsenlappen entnehmen
  12. Durchstechungsligatur des verbliebenen Isthmusanteils
  13. Bei geplanter Thyreoidektomie: Vorgehen auf der kontralateralen Seite wiederholen

Um eine Nervenschädigung zu vermeiden, sollten Präparation und insb. Ligatur der oberen sowie unteren Polgefäße stets kapselnah erfolgen und der Nerv immer unter Beobachtung sein!

Eine Dokumentation der Erfassung des Nervenverlaufs und der Nebenschilddrüsen wird aus rechtlichen Gründen empfohlen!

Eine ungenügende Blutstillung bei der Präparation der Schilddrüse kann zu lebensgefährlichen Nachblutungen führen!

Vorgehen bei Lymphknotendissektion

Vorgehen bei intraoperativem Schnellschnitt

  • Indikationen: Prä- oder intraoperativer Malignitätsverdacht, fast-totale Thyreoidektomie
  • Abgabe und Versand: Unmittelbar nach Resektion
  • Narkoseausleitung: Erst nach Ergebnisübermittlung

Wundverschluss

Ausleitung

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Postoperatives Managementtoggle arrow icon

Aufwachraum und Station

Druckgefühl, Husten, Weichteilschwellung, Dyspnoe oder Asphyxie können Zeichen einer lebensbedrohlichen Nachblutung sein, die ein unmittelbares Eröffnen der Operationswunde erfordert!

Auf Stationen zur postoperativen Versorgung nach Schilddrüsenchirurgie sollte immer ein steriles Wundset griffbereit sein!

Poststationär

  • Bei fortbestehendem Calciummangel
    • Regelmäßige Kontrolle des Serumcalciums
    • Ggf. Anpassung/Reduktion der Medikation
  • Schilddrüsenspezifische Medikation
    • Meist unmittelbar postoperativ fortsetzen/initiieren
    • Regelmäßige Kontrollen erstmals nach 4–6 Wochen
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Komplikationentoggle arrow icon

Nach jeder Schilddrüsenoperation können allgemeine postoperative Komplikationen auftreten. Insb. nach Rezidivoperationen ist das Komplikationsrisiko allerdings besonders hoch, da in diesen Fällen der N. laryngeus recurrens und die Nebenschilddrüsen schwerer zu identifizieren sind.

Nachblutungen nach Schilddrüsenchirurgie können zu einer lebensbedrohlichen Hemmung des Atemantriebs führen!

Das Planen einer Revisions-OP ersetzt nicht das unverzügliche Eröffnen der OP-Wunde!

Ein steriles Wundset zum Eröffnen der Naht sollte auf jeder nachbehandelnden Station griffbereit sein!

Bei Behandlung mit Digitalis-Präparaten niemals Calcium i.v. verabreichen, da dies ein Kammerflimmern auslösen könnte! CX

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Alternative Methodentoggle arrow icon

  • Verfahren
  • Indikationen: Bei Malignitätsausschluss grundsätzlich analog zu chirurgischen Verfahren , insb. bei Patientenwunsch nach nicht- oder minimal-invasiven Verfahren
  • Limitationen, bspw.
    • Volumen
    • Schmerzhaftigkeit
    • Komplikationen
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

AMBOSS-Pflegewissen: Pflege bei Eingriffen an der Schilddrüsetoggle arrow icon

Spezielle präoperative Pflege

Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Präoperative Pflege

  • Präoperative Hygienemaßnahmen im OP-Gebiet: Es gelten die hausinternen Standards!
    • Haar-Clipping: Kürzen der Haare, eine Rasur wird nicht empfohlen
    • Anschließend gründliche Reinigung des OP-Gebiets

Spezielle postoperative Pflege

Siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Postoperative Pflege

Beobachten/Überwachen

Neben den allgemeinen postoperativen Überwachungsaspekten stehen nach einer Operation an der Schilddrüse insb. folgende Symptome im Fokus

Mobilisation/Bewegung

  • Positionierung: Oberkörperhochlage
    • Überdehnung der Operationswunde vermeiden: Kleines Kissen oder Rolle im Nacken
  • Mobilisation: Langsam und kontrolliert, insb. ruckartige Bewegungen des Kopfes vermeiden
    • Überdehnung der Operationswunde vermeiden: Bei Drehung des Kopfes den Oberkörper mitdrehen

Ernährung

  • Beim ersten postoperativen Schlucken: Dysphagiezeichen beobachten
  • Kostaufbau: Nach ärztlicher Anordnung bzw. hausinternen Standards, wenn keine Anzeichen einer Dysphagie vorliegen
  • Nahrungsmittel mit erhöhter Aspirationsgefahr vermeiden: Bspw. trockene Kekse
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Kinder und Jugendliche

  • Besonderheiten
    • Ektope Thymusanteile können in der Schilddrüse vorkommen
    • Niedrigere Remissionsrate bei Autoimmunthyreopathien unter thyreostatischer Therapie
  • Präoperative Diagnostik: Großzügige Indikation zur präoperativen Feinnadelpunktion
  • Indikationen zur Thyreoidektomie
    • Persistierende Erkrankung trotz konservativer Therapie
    • Nachweis prädisponierender Mutationen (MEN 2, FMTC): Präventive Thyreoidektomie
    • Schilddrüsenknoten nach externer Strahlentherapie im Halsbereich
    • Kongenitale Hormonsynthesestörungen
    • Grundsätzlich wie bei Erwachsenen, siehe: Schilddrüsenchirurgie-Indikation
  • Therapie: Operation als bevorzugtes Verfahren
  • Postoperativ: Engmaschige Kontrolle von Hormonsubstitution, ggf. Calcium- und Vitamin-D-Medikation
Icon of a lock

Anmelden oder Einloggen , um den ganzen Artikel zu lesen.

Probiere die Testversion aus und erhalte 30 Tage lang unbegrenzten Zugang zu über 1.400 Kapiteln und +17.000 IMPP-Fragen.
disclaimer Evidenzbasierte Inhalte, von festem ärztlichem Redaktionsteam erstellt & geprüft. Disclaimer aufrufen.