Zusammenfassung
Bei der Hypothyreose handelt es sich um eine Unterversorgung des Körpers mit den Schilddrüsenhormonen T3 und T4. Es wird zwischen einer erworbenen Form (hier primär dargestellt) und einer angeborenen Form (siehe Abschnitt: Kongenitale Hypothyreose) unterschieden.
Die erworbene Hypothyreose betrifft überwiegend Erwachsene und beruht meist auf einer autoimmunen Genese (Hashimoto-Thyreoiditis). Die Symptomatik ist i.d.R. unspezifisch und umfasst u.a. Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme und Kälteintoleranz. Zentrales diagnostisches Instrument sind Laboruntersuchungen (TSH-, fT4- und ggf. TPO-Antikörper-Bestimmung), anhand derer auch die Differenzierung in eine latente oder eine manifeste Hypothyreose erfolgt. Als sehr seltene Komplikation einer unbehandelten schweren Hypothyreose kann es zu einem Myxödemkoma kommen.
Die kongenitale Hypothyreose ist meist auf einen Iodmangel in der Schwangerschaft oder eine thyreoidale Aplasie zurückzuführen. Sie macht sich durch Gedeihstörungen, Apathie und Intelligenzminderung bemerkbar und muss so früh wie möglich behandelt werden. Folge einer unbehandelten kongenitalen Hypothyreose ist der sog. Kretinismus (irreversible, schwere Intelligenzminderung). Daher ist die Kontrolle des TSH-Wertes in Deutschland Bestandteil des (erweiterten) Neugeborenenscreenings.
Therapeutisch steht bei allen Formen der Hypothyreose die (teils lebenslange) L-Thyroxin-Substitution unter regelmäßigen Verlaufskontrollen der Laborparameter im Vordergrund.
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.
Epidemiologie
Ätiologie
- Primäre Hypothyreose
- Häufigste Ursache: Autoimmune Genese (i.d.R. Hashimoto-Thyreoiditis)
- Iatrogen
- Extremer Iod- oder Selenmangel (äußerst selten in Deutschland)
- Sekundäre Hypothyreose
- Hypophysenvorderlappeninsuffizienz → Mangel an Thyreoidea-stimulierendem Hormon (TSH)
- Tertiäre Hypothyreose
- Hypothalamische Insuffizienz (TRH-Mangel)
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Ursache für eine Hypothyreose!
Medikamenteninduzierte Schilddrüsenfunktionsstörungen
Amiodaron-induzierte Hypothyreose
- Häufigkeit: 5–15% der mit Amiodaron behandelten Patient:innen [2][3]
- Pathophysiologie: Iodid in hoher Dosis (>5 mg) senkt die Iodaufnahme in die Schilddrüse und die Hormonsynthese (Iod-Plummerung)
- Labor: Wie bei anderen Formen der Hypothyreose
- Therapie: L-Thyroxin-Substitution (unter Fortführung von Amiodaron)
- Indikationen
- Manifeste Hypothyreose
- Latente Hypothyreose: Insb. bei TSH >10 mU/L und/oder klinischen Auffälligkeiten
- Alternativ: Absetzen von Amiodaron und Verlaufskontrolle der Schilddrüsenwerte
- Voraussetzung: Keine bereits vorher bestehend Autoimmunthyreoiditis
- Prognose: Nach ca. 3 Monaten spontane Remission in 50% der Fälle
- Indikationen
Amiodaron kann sowohl eine Hypo- als auch eine Hyperthyreose auslösen! Unter Amiodaron-Dauertherapie sollten daher alle 6 Monate TSH, fT4 und fT3 kontrolliert werden!
Amiodaron-induzierte Hyperthyreose
Lithium-induzierte Hypothyreose
- Häufigkeit: Ca. 20% der mit Lithium behandelten Patient:innen
- Pathophysiologie: Lithium-Anreicherung in den Thyreozyten → Hemmung der Produktion und Freisetzung von T3 und T4, der Iodaufnahme sowie der TSH-Wirkung
- Therapie: L-Thyroxin-Substitution, großzügige Indikationsstellung bereits ab latenter Hypothyreose
Weitere medikamenteninduzierte Funktionsstörungen der Schilddrüse
- Therapeutische Relevanz: Bei (Dauer‑)Therapie mit einem der folgenden Medikamente sollte verstärkt auf Symptome geachtet werden, die auf eine veränderte Schilddrüsenfunktion hindeuten
Weitere medikamenteninduzierte Funktionsstörungen der Schilddrüse | ||
---|---|---|
Gruppe bzw. Wirkstoff | Funktionsstörung | Therapeutische Konsequenz |
Atypische Antipsychotika, insb. Clozapin und Quetiapin |
|
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Carbamazepin |
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Tyrosinkinaseinhibitoren, insb. Imatinib und Sunitinib | ||
Gruppe der Anti-CTLA4-Antikörper, z.B. Ipilimumab |
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Alemtuzumab |
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Interferon-α |
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|
Pathophysiologie
- Physiologisch
- Hypothalamus schüttet TRH aus → TSH-Freisetzung im Hypophysenvorderlappen → Bildung und Sekretion der Schilddrüsenhormone T3 und T4
- Anstieg von T3/T4 hemmt Freisetzung von TSH und TRH (negative Rückkopplung)
- Hypothyreose
- Primäre Hypothyreose: Periphere Störung (Bildungsstörung oder Sekretionsstörung) → T3/T4↓ (fehlende Bildung) → TSH↑ (kompensatorischer Anstieg)
- Sekundäre Hypothyreose: Hypophysäre Störung → TSH↓ → T3/T4↓
- Tertiäre Hypothyreose: Hypothalamische Störung → TRH↓ → TSH↓ → T3/T4↓
Symptomatik
Die Symptomatik der Hypothyreose ist relativ unspezifisch und entwickelt sich i.d.R. schleichend. [4]
- Allgemeinsymptome
- Gesteigerte Ermüdbarkeit, schnelle Erschöpfung, Verlangsamung
- Antriebsarmut, Teilnahmslosigkeit, Depressivität
- Kälteintoleranz
- Gewichtszunahme
- Obstipation
- Haut, Haar und Gesicht
- Kühle, trockene Haut
- Brüchiges, trockenes Haar
- Haarausfall
- Hypohidrose
- Hertoghe-Zeichen (selten) [5][6]
- Kardiologisch: Bradykardie, ggf. Herzinsuffizienz
- Neurologisch: Neuromuskuläre Erregbarkeit↓
- Hyporeflexie und verlangsamte Erholung der Reflexe
- Gut zu prüfen anhand des Achillessehnenreflexes!
- Gynäkologisch: Sekundäre Amenorrhö bzw. Zyklusanomalien
- Generalisiertes Myxödem
- Auftreten: Bei schwerer Hypothyreose
- Pathogenese: Einlagerung von Glykosaminoglykanen in Haut, Subkutis und Muskulatur
- Symptomatik
- Teigige Schwellung der Haut (nicht eindrückbar) und Schleimhäute
- Hauptmanifestationsorte
- Initial häufig prätibial
- Augenlider, Lippen und Zunge
- Hände und Füße
- Ggf. Beteiligung der Stimmbänder: Heiserkeit durch ödematös verdickte Stimmbänder bzw. raue Stimme, langsame und mühsame Sprache
- Ggf. kardiale Beteiligung: Myxödemherz mit Herzvergrößerung, Bradykardie, ggf. Herzinsuffizienz
- Differenzialdiagnose: Myxödem bei Morbus Basedow (Manifestation insb. prätibial)
- Therapie: Hormonsubstitution der Hypothyreose [7]
Bei Symptomen einer Depression sollte zu Beginn der Abklärung stets die Schilddrüsenfunktion geprüft werden!
Die Hypothyreose kann bei älteren Menschen oligosymptomatisch verlaufen und einer Depression oder Demenz ähneln!
Diagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung
Anamnese
- Vorliegen von Symptomen (siehe auch: Klinisches Bild der Hypothyreose)
- Risikofaktoren für eine Hypothyreose
- Vorerkrankungen
- Schilddrüsenerkrankungen/-eingriffe
- Autoimmunerkrankungen
- Neuropsychiatrische Erkrankungen
- Kardiometabolische Erkrankungen
- Medikamentenanamnese: Dauermedikation mit Amiodaron oder Lithium
- Familienanamnese: Schilddrüsenerkrankungen Verwandter ersten Grades
- Vorerkrankungen
Körperliche Untersuchung
- Schwerpunkte auf
- Schilddrüse und Halsregion
- Symptomorientierter Untersuchung
Labordiagnostik
Schilddrüsenspezifische Diagnostik
- TSH-Referenzbereich
- Allgemein (altersunabhängig): 0,4–4,0 mU/L
- Altersabhängig (gemäß DEGAM)
- 18–70 Jahre: 0,4–4,0 mU/L
- >70–80 Jahre: 0,4–5,0 mU/L
- >80 Jahre: 0,4–6,0 mU/L
Schilddrüsenhormonprofil bei erworbener Hypothyreose | ||||
---|---|---|---|---|
Form der Hypothyreose | Zentrale Hormone | Periphere Hormone | ||
Manifeste Hypothyreose | Primäre Hypothyreose | TSH↑ | fT4↓ → Mangelnde Schilddrüsenhormonsynthese | |
Sekundäre/tertiäre Hypothyreose | TSH↓ | |||
Latente Hypothyreose | TSH↑ |
Stufendiagnostik der primären Hypothyreose
- TSH: Bei klinischem V.a. Hypothyreose
- fT4: Entsprechend bei
- Schilddrüsenantikörper: Bei latenter Hypothyreose (einmalig) [8]
Bei TSH-Bestimmung zu beachten
- TSH-Bestimmung unterliegt interindividuellen (bis zu 40%), intraindividuellen und laborspezifischen Schwankungen
- Passagere TSH-Erhöhung nach Krankenhausaufenthalten möglich : Poststationäre TSH-Kontrolle nach 4 Wochen
- TSH-Fehlbestimmungen möglich durch
- Medikamente: Hochdosiertes ASS, Heparin, Glucocorticoide, Biotin [9] → TSH↓
- Kongenitale Anomalien der Schilddrüsenhormonbindungsproteine
- Akute Erkrankungen: Low-T3-Syndrom
Ein normaler TSH-Spiegel schließt eine Hypo- oder Hyperthyreose mit hoher Wahrscheinlichkeit aus und ist damit der entscheidende diagnostische Parameter!
Begleitende Stoffwechseldiagnostik
- Akutdiagnostik bei schwerer Hypothyreose: Blutzucker, Elektrolyte (Risiko für Hyponatriämie und Hypoglykämien) [10]
- Metabolisches Monitoring
- Screening auf Hyperlipidämie/Hypercholesterinämie [11]
- Bei Diabetes mellitus: Engmaschigere Überwachung des Blutzuckers und Anpassung der Therapie (siehe Akutdiagnostik)
Bildgebende Diagnostik
- Sonografie: Bei auffälligem Palpationsbefund oder bei Hashimoto-Thyreoiditis
- Szintigrafie: Ausschließlich in Einzelfällen bei unklaren Befunden
Differenzialdiagnosen
Low-T3-Syndrom (Euthyroid-Sick-Syndrom, Non-Thyroidal-Illness-Syndrom) [10][12]
- Definition: Nicht-schilddrüsenbedingte Störung der Schilddrüsenhormonkonzentration, i.d.R. mit vermindertem fT3 bei normalem (oder seltener erniedrigtem) TSH einhergehend
- Vorkommen: Bei ca. 60% der schwer kranken intensivpflichtigen Patient:innen im Krankheitsverlauf, insb. bei
- Sepsis
- Polytrauma
- Verbrennungen
- Akuter Pankreatitis
- Hungerzuständen
- Myokardinfarkt
- Langzeitbeatmung
- Pathophysiologische Aspekte
- Zytokin-vermittelte (Interleukin-6) Dysregulation der Deiodasen mit konsekutiv verminderter Umwandlung von T4 in T3 bzw. vermehrtem Abbau von T4 und T3
- Dysregulation des hypothalamisch-hypophysären Feedback-Mechanismus bei schweren Erkrankungen
- Gestörte Bindung der Schilddrüsenhormone an Transportproteine (Thyreoglobulin) bzw. an die nukleären Rezeptoren
- Labordiagnostik
- Therapie: Behandlung der Grunderkrankung, keine Substitution von Schilddrüsenhormonen erforderlich
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Indikationen zur Hormonsubstitution
- Manifeste Hypothyreose: Generelle Indikation zur L-Thyroxin-Substitution (z.T. lebenslang)
- Latente Hypothyreose: Indikationsstellung abhängig von TSH-Wert, Alter und Symptomatik
Indikationsstellung zur Hormonsubstitution (L-Thyroxin) bei latenter Hypothyreose | |||
---|---|---|---|
Serum-TSH-Wert (in mU/L) | Alter | Therapie | |
≤10 | Jedes Alter | Asymptomatisch: —* | |
Symptomatisch: (—)* | |||
>10 | <20 | ≤75 Jahre | (✓)* |
>75 Jahre | (—)* | ||
≥20 | Jedes Alter | ✓ | |
Legende: — Keine Therapieindikation, (—) i.d.R. keine Therapieindikation, (✓) i.d.R. Therapieindikation, ✓ Therapieindikation, *Bei Therapieverzicht: Regelmäßige TSH-Kontrollen, bspw. zunächst halbjährlich, bei stabilen Werten anschließend jährlich |
Bei unklarer Indikation sollte die Fortführung einer L-Thyroxin-Dauertherapie kritisch geprüft werden! Besteht keine Indikation (mehr), sollte das L-Thyroxin kontrolliert abgesetzt werden!
Vorgehen bei Hormonsubstitution
- Dosierung: Substitution i.d.R. nur mit L-Thyroxin-Präparaten (syn. Levothyroxin, entspricht dem körpereigenen T4)
- Anwendung
- Auf nüchternen Magen
- Mit klarer Flüssigkeit
- Unabhängig von anderen Medikamenten
- Verlaufskontrollen
- Beachte
- Bei persistierenden oder sich verschlechternden Beschwerden unter Therapie: Evaluierung anderer Ursachen
- Medikamentenabusus von L-Thyroxin aufgrund von Stimulierung des Energiestoffwechsels möglich
Therapieanpassung in Abhängigkeit vom TSH-Spiegel (beachte: TSH-Referenzbereich) | ||
---|---|---|
TSH | Stoffwechsellage | L-Thyroxin-Dosierung |
↑ | Hypothyreot | Erhöhen |
✓ | Euthyreot | Beibehalten |
↓ | Hyperthyreot | Reduzieren |
Pflegewissen
Für Grundlagen der Anatomie und Physiologie siehe auch: Schilddrüse
Beobachten/Überwachen
Die klinischen Verläufe der Hypothyreose reichen von symptomlosen Betroffenen bis hin zu Patient:innen mit stark ausgeprägter Symptomatik. Treten die Symptome erstmalig auf oder verschlechtern sich unter einer bestehenden medikamentösen Therapie, sollte dies mit dem ärztlichen Personal besprochen werden.
- Basismonitoring
- Blutdruck: Im Rahmen einer Herzinsuffizienz ggf. erniedrigt
- Herzfrequenz: Bradykardie
- Temperatur: Erniedrigt, Kälteintoleranz
- Blutzucker: Hypoglykämie, insb. bei insulinpflichtigen Diabetiker:innen
- Körpergewicht: Gewichtszunahme ohne anderweitige Ursache
- Haut: Kalt, trocken, evtl. teigig, siehe auch: Myxödem
- Stuhlgang: Insb. auf Obstipation
- Neuropsychiatrisch: Schnelle Erschöpfung, Antriebsarmut, Teilnahmslosigkeit, Depressivität
Medikamentöse Therapie
Die Patient:innen erhalten i.d.R. eine Hormonsubstitution mit L-Thyroxin, siehe auch: L-Thyroxin-Substitution
- Beratungsschwerpunkte bei medikamentöser Hormonsubstitution mit L-Thyroxin
- Einnahmehinweise
- Nüchtern, mind. 30 min vor dem Essen, idealerweise morgens vor dem Frühstück
- Immer zur selben Uhrzeit
- Notwendigkeit der regelmäßigen Hormoneinnahme
- Bei Kinderwunsch oder bestehender Schwangerschaft: Rücksprache mit ärztlichem Personal
- Notwendige, regelmäßige Kontrollen der Schilddrüsenwerte im Blut
- Regelmäßigen Kontrollen von Blutdruck und Puls: Insb. bei älteren und/oder kardial vorerkrankten Patient:innen zu Beginn einer medikamentösen Hormonsubstitution
- Einnahmehinweise
Weitere pflegerische Maßnahmen
- Körperpflege
- Trockene Haut: Regelmäßige Hautpflege mit feuchtigkeitsspendenden Pflegeprodukten
- Brüchige Haare, Haarausfall: Schonende Haarpflegeprodukte verwenden, Föhnen der Haare (mit hoher Temperatur) vermeiden
- Kleidung: Ausreichend warm bei Kälteintoleranz
- Prophylaxen: Bedarfsgerecht, insb. Obstipationsprophylaxe
- Ernährung
- Ballaststoffreich im Rahmen der Obstipationsprophylaxe
- Vor Beginn der Therapie neigen die Patient:innen häufig zu Übergewicht, ggf. kalorienbewusste Ernährung
- Iodhaltig bei Iodmangel
Beratung
- Siehe auch: Beratungsschwerpunkte bei medikamentöser Hormonsubstitution mit L-Thyroxin
- Aufklärung der Patient:innen über (mögliche) Symptome der Hypothyreose, bei Veränderung der Symptomatik soll der Arzt/die Ärztin aufgesucht werden
- Weibliche Patientinnen darüber aufklären, dass die Schilddrüsenhormone Einfluss auf den Zyklus und die Fruchtbarkeit haben können
- Einnahme von Biotinpräparaten kann zu verfälschten Schilddrüsenwerten bei der Blutentnahme führen → Patient:innen müssen die behandelnden Ärzt:innen über die Einnahme informieren
Komplikationen
Myxödemkoma [13][14]
Diese extrem seltene Dekompensation des bestehenden Schilddrüsenhormonmangels kann u.a. durch Infekte, Operationen und Traumen ausgelöst werden. Die Letalität beträgt bis zu 15%.
- Klinisches Bild
- Vigilanzminderung bis Koma
- Hypothermie
- Hypoventilation mit Hyperkapnie
- Hypotonie und Bradykardie
- Hypovolämie, Elektrolytstörungen
- Hyporeflexie
- Myxödem (muss nicht vorliegen!)
- Schocksymptomatik
- Therapie: Intensivmedizinische supportive Behandlung mit balancierter Zufuhr von Flüssigkeit, Elektrolyten und ggf. Ernährungstherapie [15][16]
- L-Thyroxin i.v.
- Glucocorticoide [17]
- Langsame Erwärmung
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Besondere Patientengruppen
Frauen mit Kinderwunsch [18][19][20]
Schilddrüsendiagnostik
- Allgemein: Siehe Diagnostik der Hypothyreose
- Zusätzlich
- TSH-Bestimmung : Bei
- Kinderwunsch und bekannten positiven TPO-Antikörpern
- Wiederholten Spontanaborten
-
Sterilität/Infertilität mit geplanter künstlicher Befruchtung
- Siehe hierzu auch: Sterilitätsabklärung bei der Frau
- TPO-Antikörper-Bestimmung: Vor geplanter künstlicher Befruchtung bei TSH >2,5 mU/L
- TSH-Bestimmung : Bei
Indikation zur Hormonsubstitution
- Manifeste Hypothyreose: Generelle Indikation zur L-Thyroxin-Substitution
- Latente Hypothyreose: Bei
- TSH ≥10 mU/L: L-Thyroxin-Therapie empfohlen
- TSH <10 mU/L: Niedrig dosierte L-Thyroxin-Therapie erwägen
- Besonderheiten bei Sterilität/Infertilität mit geplanter künstlicher Befruchtung: Bei
- TSH ≥2,5 mU/L: L-Thyroxin-Therapie empfohlen (Ziel-TSH: <2,5 mU/L)
- Positiven TPO-Antikörpern: L-Thyroxin-Gabe auch bei Euthyreose erwägen [20]
Schwangere [21]
Schilddrüsendiagnostik
- Indikationen [22]
- Verdacht auf Hypothyreose
- Vorliegen von Risikofaktoren für eine Hypothyreose (siehe auch: Hypothyreose - Diagnostik)
- Alter: >30 Jahre
- Adipositas: BMI >40 kg/m2
- Geburtsmedizinische Gründe
- Z.n. Abort, Frühgeburtlichkeit, Infertilität
- Mehrgeburtlichkeit
- Z.n. Kontrastmittelgabe
- Iodmangel (moderat/schwer)
- Vorgehen
- Initial: TSH-Bestimmung (Referenzbereich: 0,4–4,0 mU/L ) [22]
- Bei TSH-Erhöhung: Kontrolle
- Bei anhaltender TSH-Erhöhung: Weiterführende Diagnostik, ggf. inkl. TPO-Antikörper [20]
- Siehe auch: Hypothyreose - Diagnostik
Hormonsubstitution
- Indikationen zur L-Thyroxin-Therapie
- Empfohlen: Bei
- Manifester Hypothyreose
- Latenter Hypothyreose mit TSH >10 mU/L [20]
- Erwägen: Bei Z.n. Spontanabort und positiven TPO-Antikörpern (auch bei Euthyreose) [20]
- Empfohlen: Bei
- Dosierung
- Bei bereits vorher bestehender Hypothyreose
- Fortführung der L-Thyroxin-Substitution, ggf. Dosiserhöhung
- Postpartal: Bei bereits vorher bestehender Hypothyreose auf Dosis vor Konzeption reduzieren
- Bei neu diagnostizierter Hypothyreose siehe: Therapie der Hypothyreose
- Ziel: Euthyreose mit TSH-Wert im Normbereich von 0,4–4,0 mU/L
- Bei bereits vorher bestehender Hypothyreose
TSH-Kontrollen
- Mind. 1×/Trimenon bei latenter und manifester Hypothyreose
- Postpartal: Kontrolle nach 6 Wochen
Kongenitale Hypothyreose
Epidemiologie [23][24]
- Inzidenz: ca. 1:4.000 Neugeborene, häufigste kongenitale Endokrinopathie
- Meistens primäre Form (Pathologie auf Schilddrüsenebene), selten zentrale Form (Defekt auf Hypothalamus-/Hypophysenebene)
Formen
- Permanente primäre kongenitale Hypothyreose
- Entwicklungsstörung des Schilddrüsengewebes (85% der Fälle)
- Ektopie des Schilddrüsengewebes (mit 70% häufigste Entwicklungsstörung)
- Athyreose
- Hypoplasie/Hemiagenesie
- Gendefekte in der Hormonsynthese (15% der Fälle, hier ggf. Strumabildung möglich)
- Entwicklungsstörung des Schilddrüsengewebes (85% der Fälle)
- Transiente primäre kongenitale Hypothyreose
- Häufigste Ursache: Iodmangel während der Schwangerschaft
- Akuter Iodexzess
- Maternale Schilddrüsen-Autoantikörper
- Maternale Thyreostatikatherapie
Die kongenitale Hypothyreose ist weltweit eine der häufigsten vermeidbaren Ursachen für eine Intelligenzminderung und geht meist auf einen Iodmangel zurück!
Symptomatik
- Allgemeine Zeichen: Struppiges Haar, teigige Haut, Makroglossie
- Nach der Geburt
- Hypothermie
- Apathie
- Trinkschwäche
- Icterus prolongatus
- Muskelhypotonie
- Obstipation
- Nabelhernie
- Im weiteren Verlauf
- Gedeihstörungen (u.a. Kleinwuchs, verzögerter Fontanellenschluss, verzögerte Skelettentwicklung)
- Intelligenzminderung, Hirnschäden
- Innenohrschwerhörigkeit
Diagnostik
- Neugeborenenscreening am 2.–3. Lebenstag: TSH↑
- Unverzüglich Bestätigungsdiagnostik bei erhöhten TSH-Werten im Screening
- Serum-TSH, -fT4 bzw. Gesamt-T4 , ggf. Thyreoglobulin, Schilddrüsen-Autoantikörper
-
Schilddrüsen-Sonografie
- Bei vorhandener Schilddrüse: Am ehesten transiente Form, Bestimmung von Schilddrüsen-Autoantikörpern, Anamnese bzgl. Iodkontamination
- DD Hormonsynthesedefekt: Ggf. genetische Untersuchung
- Bei fehlender Schilddrüse: Permanente Form → Bestimmung von Thyreoglobulin zur Unterscheidung von Ektopie (Thyreoglobulin↑) vs. Athyreose (Thyreoglobulin↓)
- Bei vorhandener Schilddrüse: Am ehesten transiente Form, Bestimmung von Schilddrüsen-Autoantikörpern, Anamnese bzgl. Iodkontamination
- Ggf. Schilddrüsenszintigrafie (nur bei unklarem Sonografiebefund erforderlich)
- Röntgen des Knies: Fehlende Epiphysenfugen als Hinweis auf schwere intrauterine Hypothyreose beim Termingeborenen
Durch die plazentäre Aufnahme des mütterlichen Schilddrüsenhormons sind die meisten Kinder bei der Geburt unauffällig. Deshalb hat das Neugeborenenscreening trotz fehlender Symptomatik eine hohe Relevanz!
Therapie der kongenitalen Hypothyreose
-
L-Thyroxin-Substitution
- Schneller Therapiebeginn direkt nach Diagnosebestätigung durch die Serumwerte, möglichst in den ersten 14 Lebenstagen
- Ziel: Normalisierung der TSH- und T4-Werte innerhalb von 14 Tagen
- Unbehandelt kommt es zum Vollbild des Kretinismus mit irreversiblen Hirnschäden
-
Regelmäßige Laborkontrollen und ggf. Anpassung der L-Thyroxin-Dosis
- Zunächst 1, 2 und 4 Wochen nach Therapiebeginn
- <2 Jahre: Alle 3 Monate
- >2 Jahre: Alle 6 Monate
- >6 Jahre: Jährlich
- Nach jeder Dosisanpassung Laborkontrollen nach 4–6 Wochen
- Testung der kognitiven Entwicklung und des Hörvermögens in den ersten zwei Jahren sowie vor der Einschulung
- Auslassversuch nach dem 2. oder 3. Lebensjahr nach endokrinologischer Konsultation möglich (bei sonografisch unauffälligem Befund und normwertigen TSH-Werten)
- Falls TSH und T4 normwertig bleiben: Transiente Form der kongenitalen Hypothyreose
- Bei TSH-Anstieg: Lebenslange L-Thyroxin-Substitution
- Bei Z.n. Iodkontamination: Ggf. Auslassversuch bereits nach 3 Monaten möglich
- Prävention: Ausreichende Iodzufuhr in der Schwangerschaft, ggf. Iodsupplementation
Allen Schwangeren soll eine Iodsupplementation angeboten werden!
Eine unentdeckte Hypothyreose führt im Verlauf zur Intelligenzminderung (Kretinismus). Über eine frühzeitige, angemessene Therapie ist diese irreversible Komplikation vermeidbar!
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 280-2024-1/3: L-Thyroxin bei Hypothyreose: A new low?
- DGIM-Sonderausgaben zu Überversorgung in der Inneren Medizin
- DGIM-Studientelegramm 1-2019-3/8: Kein Vorteil einer L-Thyroxin-Therapie bei älteren Patienten mit latenter Hypothyreose
Hast du Interesse an regelmäßigen Updates zu aktuellen Studien aus dem Bereich der Inneren Medizin? Dann abonniere das Studien-Telegramm! Den Link zur Anmeldung sowie zu weiteren spannenden AMBOSS-Formaten findest du am Seitenende unter „Tipps & Links“.
AMBOSS-Podcast zum Thema
Erhöhter TSH-Wert: Praktische Tipps für Diagnostik und Therapie (Juni 2024)
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Meditricks
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L-Thyroxin
Hashimoto-Thyreoiditis
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- E03.-: Sonstige Hypothyreose
- Exklusive: Hypothyreose nach medizinischen Maßnahmen (E89.0), Jodmangelbedingte Hypothyreose (E00–E02)
- E03.0: Angeborene Hypothyreose mit diffuser Struma
-
Struma congenita (nichttoxisch)
- Parenchymatös
- o.n.A.
- Exklusive: Transitorische Struma congenita mit normaler Funktion (P72.0)
-
Struma congenita (nichttoxisch)
- E03.1: Angeborene Hypothyreose ohne Struma
- Angeboren:
- Atrophie der Schilddrüse
- Hypothyreose o.n.A.
- Aplasie der Schilddrüse (mit Myxödem)
- Angeboren:
- E03.2: Hypothyreose durch Arzneimittel oder andere exogene Substanzen
- E03.3: Postinfektiöse Hypothyreose
- E03.4: Atrophie der Schilddrüse (erworben)
- Exklusive: Angeborene Atrophie der Schilddrüse (E03.1)
- E03.5: Myxödemkoma
- E03.8: Sonstige näher bezeichnete Hypothyreose
- E03.9: Hypothyreose, nicht näher bezeichnet
- Myxödem o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.