Zusammenfassung
Bei der zervikalen Myelopathie kommt es zu einer Einengung des zervikalen Rückenmarks mit entsprechenden Ausfallerscheinungen. Ursache sind häufig degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, aber auch Traumata, Blutungen oder Entzündungen können zu einer Einengung des Spinalkanals und damit zur Kompression des Myelons führen.
Definition
Die zervikale Myelopathie bezeichnet eine Kompression des zervikalen Rückenmarks. Die Nervenwurzelkompression wird Radikulopathie genannt.
Ätiologie
- Prädisponierende Faktoren
- Anlagebedingte Enge des Spinalkanals im HWS-Bereich
- Ursachen
- Degenerativ
- Zervikale spondylotische Myelopathie bei:
- Morbus Bechterew
- Chronische Polyarthritis
- Diskogene, zervikale Myelopathie
- Zervikale spondylotische Myelopathie bei:
- Traumatisch
- Entzündlich
- Neoplastisch
- Degenerativ
Pathophysiologie
Durch eine intra- oder extramedulläre Raumforderung kommt es zur Kompression des Myelons und der versorgenden Gefäße. Es resultiert eine ischämische und mechanische Axonschädigung. Das konsekutive intramedulläre Ödem führt zur weiteren Einengung und ist im MRT gut abgrenzbar.
Symptomatik
Das klinische Erscheinungsbild ist abhängig vom genauen Ort der Schädigung. Es können auftreten:
- Progrediente Querschnittssymptomatik, bis hin zum tetraspastischen Syndrom
- Breitbasiges, ataktisches Gangbild
- Störung der Sensibilität, Feinmotorik, Schwächegefühl
- Schmerzen im Halswirbel- und Schulterbereich
- Blasen- und Mastdarmfunktionsstörungen
Für das Notfallmanagement bei akut dekompensierter zervikaler Myelopathie siehe auch: Akutes Querschnittsyndrom - AMBOSS-SOP
Diagnostik
Klinische Untersuchung
- Symptomatik auf Läsionshöhe
- Atrophien, Paresen an den Handmuskeln
- Reflexabschwächung an den Armen
- Radikuläre Schmerzsyndrome im Bereich der oberen Extremität
- Symptomatik unterhalb der Läsion
- Spastik an den Beinen, aber auch die Arme können je nach Schädigungshöhe mit betroffen sein
- Gangataxie
- Reflexsteigerung an den Beinen
- Kloni
- Pyramidenbahnzeichen
- Weitere Symptome
- Positives Lhermitt'sches Zeichen
Apparative Diagnostik
- MRT der HWS
- Evtl. Elektromyografie, Nervenleitgeschwindigkeit und evozierte Potenziale des N. medianus und N. tibialis durchführen
- Bei Blasenstörungen: Restharnsonografie
Differenzialdiagnosen
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Die Therapie ist abhängig von der Ursache und dem Krankheitsverlauf. Bei den häufigen, degenerativen, nur langsam progredienten Prozessen steht die konservative Therapie mit adäquater Schmerzmedikation und Physiotherapie im Vordergrund. Entwickelt sich dagegen akut ein zervikales Myelonkompressionssyndrom mit deutlicher Beeinträchtigung insbesondere der Blasen- und Mastdarmfunktion, ist eine operative Therapie indiziert. Ein entzündliches Ödem im Rahmen einer Multiplen Sklerose oder einer Neuromyelitis optica spricht häufig auf Corticosteroidgabe an.
Die akute zervikale Myelopathie mit Blasen- und Mastdarmstörung ist ein Notfall und sollte umgehend chirurgisch dekomprimiert werden!
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- M43.-: Sonstige Deformitäten der Wirbelsäule und des Rückens
- M43.3: Habituelle atlanto-axiale Subluxation mit Myelopathie
- M47.-: Spondylose
- M47.1-: Sonstige Spondylose mit Myelopathie [0–9]
- M50.-: Zervikale Bandscheibenschäden
Lokalisation der Muskel-Skelett-Beteiligung
- 0 Mehrere Lokalisationen
- 1 Schulterregion
- 2 Oberarm
- 3 Unterarm
- 4 Hand
- 5 Beckenregion und Oberschenkel
- 6 Unterschenkel
- 7 Knöchel und Fuß
- 8 Sonstige
- 9 Nicht näher bezeichnete Lokalisation
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.