Zusammenfassung
Die Infektion mit Echinococcus granulosus (Hundebandwurm) oder Echinococcus multilocularis (Fuchsbandwurm) führt zum Krankheitsbild der Echinokokkose. Klinisch kann es nach der peroralen Aufnahme der Eier zur Zystenbildung in theoretisch jedem Organ kommen, wobei aber meistens die Leber betroffen ist. Beim Hundebandwurm ist eine singuläre Zyste typisch, die operativ reseziert werden kann. Im Gegensatz dazu zeigt der Fuchsbandwurm häufig ein invasives (Metastasen-ähnliches) Wachstum und ist nur in einem Viertel der Fälle in kurativer Intention therapierbar. Wie andere Wurmerkrankungen werden beide medikamentös mit Anthelminthika (z.B. Albendazol oder Mebendazol) behandelt.
Definition
Grundsätzlich werden zwei Formen der Echinokokkose unterschieden:
- Zystische Echinokokkose: Wird durch E. granulosus verursacht, geht häufig mit singulären (Leber‑)Zysten einher und verläuft i.d.R. benigne
- Alveoläre Echinokokkose: Wird durch E. multilocularis verursacht, neigt zu infiltrativem Wachstum und verläuft ähnlich einer malignen Erkrankung
Epidemiologie
- Echinococcus granulosus: Weltweite Verbreitung
- In Europa: Insb. in Mittelmeerländern und in Südosteuropa
- In Deutschland: Ca. 50–100 Fälle/Jahr
- Echinococcus multilocularis: Verbreitung nur auf der nördlichen Halbkugel
- In Europa: Insb. in Mitteleuropa
- In Deutschland: Weite Verbreitung, ca. 50 Fälle/Jahr
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger
- Infektionsweg
- Würmer leben im Dünndarm der jeweiligen Endwirte
- Hundebandwurm: Insb. Hunde, seltener Katzen
- Fuchsbandwurm: Insb. Füchse, seltener Hunde oder Katzen
- Wurmeier bzw. mit Eiern gefüllte Bandwurmglieder (Proglottiden) werden mit dem Kot ausgeschieden
- Orale Aufnahme der Eier durch Zwischenwirte
- Hundebandwurm: Huftiere, insb. Schafe
- Fuchsbandwurm: Nagetiere
- Im Zwischenwirt: Wurmlarven schlüpfen (im Dünndarm) und reifen (u.a. in Leber und Lunge)
- Endwirt nimmt Würmer beim Verzehr infizierter Zwischenwirte auf
- Infektion des Menschen (Fehlwirt): Orale Aufnahme von Wurmeiern
- Direkt: Über Kot oder Fell des Endwirts
- Indirekt: Über kontaminierte Erde
- Würmer leben im Dünndarm der jeweiligen Endwirte
Symptomatik
- Inkubationszeit
- Wochen bis Jahre
- Symptome
- Die Symptome sind abhängig vom Organbefall
- Echinococcus granulosus
-
Echinococcus multilocularis besiedelt initial fast ausschließlich die Leber → Oberbauchschmerzen
- Im Verlauf: Infiltratives Wachstum mit Kompression und Destruktion (Cholestase, portale Hypertension, Leberzirrhose) sowie lymphogener und/oder hämatogener Streuung in andere Organe möglich
E. granulosus: Singuläre Zyste; E. multilocularis: Infiltratives Wachstum!
Diagnostik
- Labordiagnostik (unspezifisch, geringer diagnostischer Wert): Ggf. milde Eosinophilie, Serum-IgE-Erhöhung, Leukopenie, Thrombozytopenie, Leberfunktionsstörungen
- Serologie: ELISA, indirekte Hämagglutination, Immunfluoreszenz (falsch-negative Befunde sind häufig)
- Bildgebung
- Ultraschall
-
Zystische Echinokokkose: Unilokuläre, echofreie, glatte, gut definierte Leberzyste
- Ggf. Tochterzysten und hyperdense inneren Septen
- Ggf. Eierschalenverkalkungen innerhalb der Wand einer Hydatidenzyste
-
Alveoläre Echinokokkose: Läsionen mit unregelmäßigen, schlecht definierten Rändern
- Ggf. zentrale Nekrose
- Ggf. unregelmäßige Verkalkungen innerhalb der Zyste und der Zystenwand
-
Zystische Echinokokkose: Unilokuläre, echofreie, glatte, gut definierte Leberzyste
- CT/MRT: Zur weiteren Beurteilung von Zysten (insb. bei extrahepatischem Befund)
- Ultraschall
Eine negative Serologie schließt eine Echinokokkose nicht aus!
Diagnostische Punktionen sollen wegen der Gefahr der weiteren Ausbreitung i.d.R. nicht durchgeführt werden!
Therapie
- Zystische Echinokokkose
- Singuläre Zyste
- Operativ: Resektion der singulären Zyste
- Interventionell: Sonografie/CT-gesteuerte Punktion der Zyste mit Alkoholinstillation
- Streuung der Zysten innerhalb der Leber
-
Medikamentös: Anthelminthika
- Mittel der 1. Wahl: Albendazol
- Mittel der 2. Wahl: Mebendazol, Praziquantel
- Operativ: Resektion der Zysten
-
Medikamentös: Anthelminthika
- Singuläre Zyste
- Alveoläre Echinokokkose
- Kurative Resektion mit anschließender Langzeitbehandlung mit Albendazol: Vor allem im Frühstadium empfohlen
-
Palliativ: Anthelminthika
- Mittel der 1. Wahl: Albendazol
- Mittel der 2. Wahl: Mebendazol, Praziquantel
Die Therapie der Echinokokkose sollte in Zentren mit hoher Expertise durchgeführt werden!
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Echinokokkose
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- B67.-: Echinokokkose
- Inklusive: Hydatidose
- B67.0: Echinococcus-granulosus-Infektion [zystische Echinokokkose] der Leber
- B67.1: Echinococcus-granulosus-Infektion [zystische Echinokokkose] der Lunge
- B67.2: Echinococcus-granulosus-Infektion [zystische Echinokokkose] der Knochen
- B67.3: Echinococcus-granulosus-Infektion [zystische Echinokokkose] an mehreren und sonstigen Lokalisationen
- B67.4: Echinococcus-granulosus-Infektion [zystische Echinokokkose], nicht näher bezeichnet
- B67.5: Echinococcus-multilocularis-Infektion [alveoläre Echinokokkose] der Leber
- B67.6: Echinococcus-multilocularis-Infektion [alveoläre Echinokokkose] an mehreren und sonstigen Lokalisationen
- B67.7: Echinococcus-multilocularis-Infektion [alveoläre Echinokokkose], nicht näher bezeichnet
- B67.8: Nicht näher bezeichnete Echinokokkose der Leber
- B67.9: Sonstige und nicht näher bezeichnete Echinokokkose
- Echinokokkose o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.