Zusammenfassung
Die IgA-Nephropathie (auch Morbus Berger genannt) ist eine Nierenerkrankung, die durch mesangiale Ablagerungen von IgA-Immunkomplexen gekennzeichnet ist. Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht sicher geklärt, es besteht jedoch eine Assoziation u.a. mit Autoimmun-, Infektions- und Lebererkrankungen. Betroffene sind häufig asymptomatisch, gelegentlich kommt es zu einer intermittierenden Hämaturie (insb. nach Infekten). Allerdings ist auch ein Verlauf als nephritisches oder nephrotisches Syndrom oder als Rapid-progressive Glomerulonephritis (nephrologischer Notfall!) möglich. Zur Diagnosesicherung ist i.d.R. eine Nierenbiopsie erforderlich. Therapeutisch steht die nephroprotektive Therapie im Vordergrund, für eine Immunsuppression ist die Evidenz schwach.
Definition
Epidemiologie
Häufigste primäre Glomerulonephritis weltweit [1][2]
- Prävalenz in Deutschland ca. 1–2% [3][4]
- Weltweit starke regionale Unterschiede
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Ätiologie noch nicht sicher geklärt
- Hinweise auf genetische Komponente und immunologische Veränderungen
- Assoziation mit diversen Autoimmun- , Infektions- und Lebererkrankungen sowie monoklonalen Gammopathien
Pathophysiologie
- Charakteristisch: Mesangiale Ablagerungen von IgA-Immunkomplexen → Entzündliche Proliferation des Mesangiums → Mikrohämaturie
- Zusätzlich möglich:
- Subendotheliale Ablagerungen → Verlauf als akutes nephritisches Syndrom oder rapid-progressive Glomerulonephritis (RPGN) möglich
- Subepitheliale Ablagerungen → Verlauf als nephrotisches Syndrom
Symptomatik
- Meist asymptomatisch
- Ggf. rezidivierende Phasen mit Makrohämaturie, insb. wenige Tage nach Infekten
- Selten Verlauf als nephrotisches oder nephritisches Syndrom oder als RPGN
Diagnostik
- Körperliche Untersuchung: Hypertonie
- Urindiagnostik
- (Mikro‑)Hämaturie: Häufig als Zufallsbefund, im Sediment dysmorphe Erythrozyten und/oder Erythrozytenzylinder
- Ggf. Proteinurie (meist <2 g/Tag)
- Blutuntersuchung: Ggf. erhöhte Retentionswerte
- Nierenbiopsie: Zur Diagnosesicherung immer erforderlich
- Immunfluoreszenz oder Elektronenmikroskopie zum Nachweis von IgA-Ablagerungen subendothelial oder subepithelial (siehe auch Pathophysiologie)
- Ausschluss wichtiger Differenzialdiagnosen: Insb. SLE und IgA-Vaskulitis
- Ausschluss assoziierter Erkrankungen (siehe: Ätiologie)
Therapie
- Ziel: Verbesserung der Prognose, insb. durch Senkung von Blutdruck und Proteinurie
- Allgemeinmaßnahmen (bei allen Betroffenen)
- Blutdruckeinstellung (Zielwert <130/80 mmHg )
- Bei Proteinurie >0,5 g/Tag: ACE-Hemmer oder AT1-Blocker [ [5]
- Salzrestriktion (<5 g/Tag)
- Nikotinverzicht
- Bei metabolischem Syndrom: Therapie aller Komponenten
- Milde Proteinrestriktion (1,3 g/kgKG)
- Bei persistierender Proteinurie (>1 g/Tag über 3–6 Monate): Ggf. Prednison-Therapie für 6 Monate
- Bei Verlauf als nephrotisches Syndrom oder als RPGN siehe: Nephrotisches Syndrom - Therapie bzw. RPGN
Prognose
- Risikofaktoren für ungünstigen Verlauf: Arterielle Hypertonie, Proteinurie (>1 g/Tag), erhöhtes Kreatinin bereits bei Diagnosestellung, histopathologisch interstitielle Fibrose und fortgeschrittene Tubulusatrophie, Hyperurikämie, Adipositas
- Betroffene mit Risikofaktoren entwickeln zu 20–30% innerhalb von 20–25 Jahren eine Niereninsuffizienz [3][4]
Da die Prognose stark von den vorliegenden Risikofaktoren abhängt, sollten diese bei Diagnosestellung vollständig erfasst und wenn möglich Maßnahmen zur Risikoreduktion eingeleitet werden!
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 270-2023-1/3: IgA-Nephropathie – Applaus für eine neue Therapieoption?
- Studientelegramm 254-2023-3/3: Sparsentan: Neue Therapieoption bei IgA-Nephropathie?
- Studientelegramm 253-2023-1/3: Mycophenolat-Mofetil bei IgA-Nephropathie
- Studientelegramm 244-2022-2/3: Metaanalyse: Kardio- und Nephroprotektion durch SGLT2-Inhibitoren unabhängig vom Diabetesstatus
- Studientelegramm 188-2021-3/3: Neue KDIGO-Leitlinie zur Glomerulonephritis
- Studientelegramm 142-2020-1/3: STOP-IgAN: Kein Vorteil einer Immunsuppression bei IgA-Nephritis
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 51-2022-3/3: Are glucocorticoids a safe and effective treatment for IgA nephropathy?
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